BVerwG Urteil v. - 2 C 6.02

Leitsatz

Eine durch das Versorgungsreformgesetz 1998 gestrichene ruhegehaltfähige Zulage, an deren Stelle eine ruhegehaltfähige aufzehrbare Ausgleichszulage getreten ist, wird bei der Berechnung des Ruhegehalts nicht berücksichtigt.

Gesetze: BeamtVG § 4 Abs. 3; BeamtVG § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3; BBesG § 81; Vormerkung Nr. 23 zu den Besoldungsordnungen A und B in der bis zum geltenden Fassung Versorgungsreformgesetz 1998 vom (BGBl I S. 1666) Art. 5 Nr. 22 Buchst. m

Instanzenzug: VG Frankfurt am Main 9 E 1700/01(V) vom

Gründe

I.

Der Kläger wurde mit Ablauf des Monats Dezember 2000 in den Ruhestand versetzt und bezieht seitdem Ruhegehalt. Während seiner aktiven Dienstzeit hatte er eine Zulage nach Nr. 23 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B in der bis zum geltenden Fassung (Technikerzulage) bezogen. Im Pensionsfestsetzungsbescheid wurde diese Zulage zwar nominell berücksichtigt, führte jedoch zu keiner Erhöhung des Ruhegehalts, weil sie inzwischen aufgehoben und die an ihre Stelle getretene Ausgleichszulage durch die Erhöhung der Besoldung und der Versorgungsbezüge seit dem aufgezehrt worden war.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger, die Technikerzulage als Teil der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge zu behandeln. Das Verwaltungsgericht hat ihr mit der Begründung stattgegeben, bei der Berechnung der Versorgungsbezüge sei auch die Technikerzulage zu berücksichtigen, weil die Übergangsvorschrift des § 81 Abs. 2 BBesG dies so anordne; danach seien ausnahmsweise auch solche Bezüge zu berücksichtigen, die der Beamte bei Eintritt in den Ruhestand nicht mehr bezogen habe. § 81 BBesG sehe als Übergangsvorschrift für die von den Auswirkungen des Versorgungsreformgesetzes von 1998 betroffenen Beamten einen umfassenden Vertrauensschutz in Gestalt einer Besitzstandswahrung vor. Nach § 81 Abs. 2 BBesG sei für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge an den bis zum erreichten Rechtszustand anzuknüpfen. Die Bestimmung regele den hier vorliegenden Fall, dass eine Zulage nicht mehr zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen gehöre, indem sie die weitere Anwendung des bis zu dem genannten Zeitpunkt geltenden Rechts anordne. Da der Kläger am die Technikerzulage noch bezogen habe, sei sie ungeachtet ihres späteren Wegfalls auch für die Versorgungsbezüge zu berücksichtigen. Nur so sei die lange Übergangsfrist des § 81 Abs. 2 BBesG sinnvoll; andernfalls ginge sie ins Leere, da aufzehrbare Ausgleichszulagen regelmäßig bereits vor deren Ablauf aufgezehrt seien.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Sprungrevision der Beklagten. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Vertreter des Bundesinteresses teilt den Rechtsstandpunkt der Beklagten.

II.

Die Revision ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der weggefallenen Technikerzulage bei der Festsetzung seines Ruhegehalts.

Das Ruhegehalt ist gemäß § 4 Abs. 3, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BeamtVG auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge zu berechnen, die dem Beamten zuletzt zugestanden haben und zu denen die sonstigen, im Besoldungsrecht als ruhegehaltfähig bezeichneten Dienstbezüge gehören. Danach ist es grundsätzlich ausgeschlossen, bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge eine Zulage zu berücksichtigen, auf die der Beamte bei Eintritt des Versorgungsfalls keinen Anspruch mehr hat. Dies entspricht dem Prinzip der amtsangemessenen Alimentation auch während des Ruhestands, wonach Grundlage der Versorgungsbezüge diejenigen Zahlungen sind, die der Dienstherr dem Beamten vor Eintritt in den Ruhestand geschuldet hat ( BVerwG 2 C 6.00 - Buchholz 239.2 § 17 SVG Nr. 3 S. 1 f.; BVerwG 2 B 20.02 -).

Der Kläger bezog bis zum eine ruhegehaltfähige Zulage nach Nr. 23 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B (Technikerzulage). Diese Vorschrift wurde durch Art. 5 Nr. 22 Buchst. m des Versorgungsreformgesetzes 1998 vom (BGBl I S. 1666) aufgehoben, so dass die Zulage wegfiel. An ihre Stelle trat die gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 BBesG zu vermindernde Ausgleichszulage in gleicher Höhe. Diese Ausgleichszulage ist zwar ebenfalls ruhegehaltfähig, wie der nachträglich durch Art. 1 Nr. 21 des Gesetzes vom (BGBl I S. 3702) mit Rückwirkung eingefügte Satz 3 des § 81 Abs. 1 BBesG klarstellt, war jedoch beim Eintritt des Versorgungsfalls am durch vorangegangene Besoldungserhöhungen bereits vollständig aufgezehrt. Sie gehörte deshalb nicht mehr zu den nach § 5 BeamtVG ruhegehaltfähigen Dienstbezügen.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bietet § 81 Abs. 2 BBesG keine Grundlage, diese bei Eintritt des Ruhestands nicht mehr vorhandene Zulage bei der Berechnung der Versorgungsbezüge zu berücksichtigen. Die Vorschrift regelt zwar den Fall, dass als Folge des Versorgungsreformgesetzes eine Zulage, die der Berechtigte bezogen hat, nicht mehr zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen gehört. Die Bestimmung betrifft aber nicht die bereits in Absatz 1 der Vorschrift geregelten Fälle, dass die Zulage selbst gestrichen wird, sondern die Fälle, in denen die Ruhegehaltfähigkeit der Zulage ganz oder teilweise wegfällt. Es sind dies einige erhalten gebliebene Zulagen (z.B. nach den Nrn. 25, 26, 30 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B), vor allem aber die Zulagen, deren Ruhegehaltfähigkeit durch Aufhebung der Vorbemerkung Nr. 3 a zu den genannten Besoldungsordnungen weggefallen ist. Nach dieser Vorschrift waren - unter Durchbrechung des Prinzips, dass für die Versorgungsbezüge grundsätzlich die Dienstbezüge aus dem zuletzt innegehabten Amt maßgeblich sind - bestimmte Zulagen auch dann ruhegehaltfähig, wenn sie bei Eintritt in den Ruhestand nicht mehr bezogen wurden, sofern sie nur während der aktiven Dienstzeit eine bestimmte Mindestzeit hindurch bezogen worden waren. Die Ruhegehaltfähigkeit knüpfte also allein an die Dauer des Bezugs der Zulage (vgl. BVerwG 2 C 6.00 - a.a.O.) an. Nur diese Zulagen sind von § 81 Abs. 2 BBesG erfasst. Hieraus erklärt sich auch die lange Geltungsdauer der Übergangsvorschrift, die Versorgungsfälle erfasst, die bis zum , für Empfänger von Dienstbezügen der Besoldungsgruppen A 1 bis A 9 sogar bis zum eintreten.

Dass § 81 Abs. 2 BBesG nur diese Fälle erfasst, ergibt sich auch aus der Systematik und dem Ziel des Versorgungsreformgesetzes (vgl. amtl. Begründung - BTDrucks 13/9527). Durch dieses Gesetz, das der Verminderung der Versorgungslasten dienen soll, wurden zum einen Zulagen gestrichen, zum anderen die Ruhegehaltfähigkeit verschiedener Zulagen beseitigt. § 81 BBesG soll die hierdurch ausgelösten Härten mildern. Dabei regelt das Gesetz in Abs. 1 abschließend den Fall des Wegfalls einer Zulage, indem es eine durch Besoldungserhöhungen abzuschmelzende Ausgleichszulage in gleicher Höhe gewährt. Dass Abs. 2 nicht auch den gänzlichen Wegfall einer - ruhegehaltfähigen - Zulage erfasst, ergibt sich aus der Regelung des § 81 Abs. 1 Satz 3 BBesG. Zum einen hätte es dieser Vorschrift bei einer erweiterten Anwendung des Abs. 2 nicht bedurft. Zum anderen käme es zu dem widersinnigen Ergebnis, dass die an die Stelle der weggefallenen Zulage getretene - noch nicht aufgezehrte - Ausgleichszulage nach § 81 Abs. 1 Satz 3 BBesG und die ursprüngliche Zulage nach § 81 Abs. 2 BBesG nebeneinander ruhegehaltfähig wären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 449 € (entspricht 877,50 DM) festgesetzt (§ 13 Abs. 2 GKG).

Fundstelle(n):
SAAAC-12333