BVerwG Urteil v. - 2 C 3.02

Leitsatz

Mit der Zuweisung an die Deutsche Bahn AG sind die Beamten nicht deren Arbeitnehmer geworden.

Gesetze: BBesG § 2 Abs. 1; DBGrG § 12; DBGrG § 19

Instanzenzug: VG Mainz VG 6 K 2616/98 .MZ vom OVG Koblenz OVG 10 A 11383/00 vom

Gründe

I.

Der Kläger war bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand als Leitender Bahndirektor bei der Deutschen Bahn AG beschäftigt. Bis Juni 1996 leitete er eine Organisationseinheit, die für die Planung, Marktforschung sowie Marketing- und Wettbewerbsforschung im gesamten Güterverkehr zuständig war. In den Jahren 1994 und 1995 erhielt er eine einmal jährlich ausgezahlte "Jahresabschlussvergütung" auf der Grundlage des "Zulagentarifvertrags für die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer der DB AG (ZTV)". Nach einer auch seinen Arbeitsbereich betreffenden Neuorganisation war der Kläger nach eigener Darstellung ab Juli 1996 zunächst praktisch beschäftigungslos. Im April 1997 wurde ihm ein neuer Arbeitsplatz zugewiesen. Für die Geschäftsjahre 1997 und 1998 erhielt er wiederum die "Jahresabschlussvergütung". Seinen Antrag auf Bewilligung dieser Zulage auch für das Geschäftsjahr 1996 lehnte die Beklagte ab.

Das Arbeitsgericht Mainz hat die bei ihm erhobene Klage auf Zahlung von 11 000 DM Jahresabschlussvergütung an das Verwaltungsgericht verwiesen. Die Klage hatte in erster und zweiter Instanz keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Das Begehren des Klägers scheitere am Fehlen einer Anspruchsgrundlage. Ein Anspruch ergebe sich weder aus dem Beamtenrecht noch aus dem von der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands abgeschlossenen "Zulagentarifvertrag für die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer der DB AG (ZTV)" vom . Dieser Vertrag gelte nach seinem ausdrücklichen Wortlaut ausschließlich für die Arbeitnehmer der Rechtsvorgängerin der Beklagten und nicht für Beamte wie den Kläger. Zudem erfülle der Kläger nicht die tarifvertraglichen Voraussetzungen, weil er nach eigener Darstellung mindestens im gesamten zweiten Halbjahr 1996 praktisch keine Arbeit verrichtet und damit keine persönliche Leistung im Sinne des § 6 Abs. 2 ZTV erbracht habe.

Ein Anspruch auf die Jahresabschlussvergütung für das Geschäftsjahr 1996 könne nicht aus einer betrieblichen Übung hergeleitet werden, weil im öffentlichen Dienst der "Normvollzug" Vorrang habe und weil es an einer langjährigen Übung für die Gewährung der Jahresabschlussvergütung fehle. Auf der Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ergebe sich kein Anspruch, weil nicht dargetan sei, dass die Beklagte die Jahresabschlussvergütung 1996 generell allen Arbeitnehmern sowie Beamten und auch Beamten ausbezahlt habe, die - wie der Kläger in der gesamten zweiten Hälfte des Jahres 1996 - praktisch keinerlei Arbeit verrichtet hätten oder deren Arbeitsergebnis über das ganze Jahr gesehen ähnlich dürftig gewesen sei wie das des Klägers.

Der Kläger könne schließlich nicht den Ersatz eines Schadens verlangen, weil ihm kein Erfüllungsanspruch auf die Jahresabschlussvergütung zugestanden habe. Zudem habe die Beklagte bei der Umorganisation nicht rechtswidrig gehandelt.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom und des Verwaltungsgerichts Mainz vom aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, an den Kläger 11 000 DM Jahresabschlussvergütung nebst 4 v.H. Zinsen seit dem zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Beigeladene trägt vor, dass im Falle eines Klageerfolges zu prüfen sei, ob und in welchem Umfang eine zugesprochene Jahresabschlussvergütung auf die Besoldung des Klägers anzurechnen sei.

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht tritt der Revision entgegen.

II.

Die Revision ist nicht begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Jahresabschlussvergütung für das Jahr 1996.

Das Besoldungsrecht der Beamten bietet keine Rechtsgrundlage für die vom Kläger verlangte Jahresabschlussvergütung. Davon abgesehen müsste ein solcher Anspruch gegen den Beigeladenen als Dienstherrn geltend gemacht werden (vgl. § 12 Abs. 4 des Gesetzes über die Gründung einer Deutsche Bahn Aktiengesellschaft <Deutsche Bahn Gründungsgesetz - DBGrG> = Art. 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Eisenbahnwesens <Eisenbahnneuordnungsgesetz - ENeuOG> vom , BGBl I S. 2378, 2386). Darüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit. Ob eine über die allgemein festgelegte Besoldung hinausgehende, ohne gesetzliche Grundlage an Beamte, die die amtsgemäß geschuldete Dienstleistung bei einem privatisierten Unternehmen erbringen, gezahlte Vergütung durch § 2 Abs. 1 BBesG ausgeschlossen wird, braucht nicht vertieft zu werden.

Der geltend gemachte Anspruch auf die Jahresabschlussvergütung für das Jahr 1996 ergibt sich nicht aus dem Tarifvertrag, weil der Kläger nicht "Arbeitnehmer" ist. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der für das Geschäftsjahr 1996 noch geltende Zulagentarifvertrag vom nach seinem ausdrücklichen Wortlaut ausschließlich die Arbeitnehmer der Deutschen Bahn AG einbezogen hat. Diese Auslegung ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden und würde auch nicht dadurch erschüttert, dass - wie der Kläger geltend macht - eine Absicht der Tarifvertragsparteien bestanden haben könnte, auch Beamte in den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages einzubeziehen. Auf die insoweit erhobenen Verfahrensrügen des Klägers kommt es dabei nicht an.

Ansprüche auf zivil- bzw. arbeitsrechtlicher Grundlage bestehen nicht. Mit der Zuweisung an die Deutsche Bahn AG hat der Kläger seinen Status als Beamter nicht verloren. Gemäß Art. 143 a Abs. 1 Satz 3 GG können Beamte der Bundeseisenbahnen durch Gesetz "unter Wahrung ihrer Rechtsstellung" und der Verantwortung des Dienstherrn einer privatrechtlich organisierten Eisenbahn des Bundes zur Dienstleistung zugewiesen werden (vgl. auch § 12 Abs. 4 DBGrG). Damit ist eine verfassungsrechtliche Grundlage geschaffen worden, Beamte bei einem privatrechtlich verfassten Unternehmen zu beschäftigen. Mit der Zuweisung an dieses Unternehmen bleibt der Status der Beamten unverändert (vgl. BVerwG 2 C 28.98 - BVerwGE 108, 274 <276>).

Anlässlich der Zuweisung ist kein zusätzliches Arbeitsverhältnis begründet worden. Der Kläger hat keinen Arbeitsvertrag mit der Deutschen Bahn AG abgeschlossen, wie er z.B. bei Ausübung einer Nebentätigkeit oder im Falle einer Beurlaubung durch den öffentlichen Dienstherrn zur Begründung eines weiteren Rechtsverhältnisses in Betracht kommt (vgl. - PersR 2002, 133 = AP Nr. 20 zu § 611 BGB Faktisches Arbeitsverhältnis).

Soweit gemäß § 19 Abs. 1 DBGrG die der Deutschen Bahn AG zugewiesenen Beamten des Bundeseisenbahnvermögens für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmer der Beklagten gelten, wird die Arbeitnehmereigenschaft nur für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes fingiert. Die Beamten sollen in vollem Umfang wie die Arbeitnehmer in die betriebliche Arbeitnehmervertretung einbezogen sein (vgl. BAG, Beschlüsse vom - 10 AZB 28/97 - NVwZ 1998, 1109 und vom - 7 ABR 21/00 - DVBl 2001, 1689). Ausschließlich in diesem Kontext werden sie wie Arbeitnehmer behandelt, ohne unmittelbar durch Gesetz deren Rechtsstatus insgesamt erlangt zu haben.

Auch kraft Integration in den Betrieb der Deutschen Bahn AG ist der Kläger kein Arbeitnehmer geworden (vgl. - DVBl 2001, 1689). Die betriebliche Eingliederung ist Folge der Zuweisung der Beamten an die privatisierten Unternehmen. Ein "Doppelrechtsverhältnis" sollte hierdurch nicht begründet werden. Dass die des Amtes wegen geschuldete Dienstleistungspflicht im Rahmen eines - zu dem Beamtenverhältnis hinzutretenden - Arbeitsverhältnisses erfüllt wird, ist ausgeschlossen.

Die Zahlung von 11 000 DM kann nicht als Ersatz für die entgangene Möglichkeit, die Jahresabschlussvergütung zu erhalten, verlangt werden. Ein Anspruch auf Schadensersatz als Surrogat eines Erfüllungsanspruchs scheidet schon deshalb aus, weil die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht gegeben sind. Soweit die Forderung von Schadensersatz an die vom Kläger geltend gemachte unzureichende Beschäftigung anknüpft, fehlt es an der Passivlegitimation der Beklagten. Denn auch der Anspruch auf amtsgemäße Beschäftigung richtet sich gegen den Beigeladenen. Für eine schuldhafte Verletzung dieses Anspruchs trägt der Dienstherr ebenfalls die Verantwortung. Eine alternative Geltendmachung von Schadensersatz gegen die Beklagte kommt nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 624 ? (entspricht 11 000 DM) festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Fundstelle(n):
HAAAC-12247