Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: JGG § 105 Abs. 1 Nr. 1; StGB § 244 Abs. 1 Nr. 1 a; StGB § 243; StGB § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6; StGB § 243
Instanzenzug: LG München I vom
Gründe
I.
1. Die Jugendkammer hat festgestellt:
a) In der Nacht vom 18. auf hielten sich nur noch der 19jährige Angeklagte und der Kellner P. in einem Münchener Lokal auf und tranken Whisky. Der Angeklagte glaubte, er sei eingeladen. Als er zahlen sollte, gab es Streit, P. drohte mit Anzeige wegen Zechprellerei. Dies erregte den Angeklagten so, daß er aus seiner Jacke, die er abgelegt hatte, ein großes Küchenmesser - er ging "nachts nie unbewaffnet" aus - nahm und P. in Tötungsabsicht in den Rumpf stieß. P. flüchtete; der Angeklagte verfolgte ihn durch die Küche bis in den Innenhof einer Wohnanlage, wo er erneut so heftig auf ihn einstach, daß das Messer nicht unerheblich beschädigt wurde. Der Angeklagte schrie so laut, daß Anwohner der Wohnanlage erwachten. Sie verstanden einzelne Worte, wie z. B. er lasse sich nicht "verarschen" und "Zechprellerei". Der Angeklagte ließ schließlich von P. ab und ging in das Lokal zurück. Er wollte seine Jacke holen, entschloß sich dann aber, dort zu stehlen und nahm die gefüllte Bedienungsgeldtasche P. s an sich. Dann verließ er das Lokal, wobei er das Messer, mit dem er P. niedergestochen hatte, auf den Küchenboden warf. P. starb am nächsten Tag an den Stichverletzungen.
b) Am bemerkten der Angeklagte und der rechtskräftig abgeurteilte frühere Mitangeklagte A. in einem (anderen) Lokal die gut gefüllte Geldtasche des Wirts. Insbesondere auf Drängen von A. beschlossen sie, den Wirt zu überfallen und versteckten sich in der Nähe des Lokals. Als der Wirt und ein Begleiter das Lokal verließen, fielen der Angeklagte und A. über sie her, der Angeklagte schlug mit einem Vierkantholz auf sie ein. Der Begleiter ging bewußtlos zu Boden, der Wirt konnte fliehen. Er ließ dabei eine Tüte mit 4.000 DM zurück, die sich der Angeklagte und A. teilten.
2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat die Jugendkammer den Angeklagten unter Anwendung von allgemeinem Strafrecht (Erwachsenenstrafrecht) wie folgt verurteilt: Im ersten Komplex wegen Totschlags zu zehn Jahren Freiheitsstrafe sowie wegen Diebstahls zu 6 Monaten Freiheitsstrafe; im zweiten Komplex wegen schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu fünf Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe. Aus diesen Strafen hat sie eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren gebildet.
3. Gegen dieses Urteil richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft.
Die uneingeschränkt eingelegte Revision des Angeklagten führt näher aus, es sei zu Unrecht allgemeines Strafrecht angewendet worden. Sie hat zum Strafausspruch Erfolg. Die Staatsanwaltschaft wendet sich allein dagegen, daß der Angeklagte im ersten Komplex nicht wegen aus Habgier begangenen Mordes verurteilt wurde. Insoweit hat sie keinen Erfolg; das Rechtsmittel führt aber zur Aufhebung der Verurteilung wegen Diebstahls und damit auch der Gesamtstrafe.
II.
Die Revision des Angeklagten:
1. Der Schuldspruch enthält keinen Fehler zum Nachteil des Angeklagten. Näherer Ausführung bedarf nur folgendes:
a) Gegen die Begründung, mit der die Jugendkammer Diebstahl an der Bedienungsgeldtasche bejaht, bestehen allerdings rechtliche Bedenken. Gleichwohl tragen die Feststellungen die Annahme eines Diebstahls.
Die Jugendkammer nimmt an, der niedergestochene P. habe zwar wegen seines Zustandes keinen Gewahrsam an seiner Geldtasche mehr gehabt, der Angeklagte habe jedoch den Mitgewahrsam des abwesenden Lokalinhabers gebrochen.
Ein Angestellter, der allein eine Kasse zu verwalten und über deren Inhalt abzurechnen hat, hat in der Regel Alleingewahrsam am Kasseninhalt (BGH NStZ-RR 2001, 268; m.w. N.). Ob für die Geldtasche des allein im Lokal anwesendern Kellners anderes gelten könnte, erscheint fraglich. P. hatte jedoch bis zu seinem Tod Gewahrsam an seiner Habe (BGH NJW 1985, 1911 m.w.N.).
b) Tateinheit (§ 52 StGB) zwischen Totschlag und Diebstahl (vgl. BGHSt 47, 243 m.w.N.) liegt nicht vor. Die Feststellung zum Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte den Vorsatz zur Wegnahme der Bedienungsgeldtasche faßte, beruht nicht auf dem Zweifelssatz, sondern auf der Überzeugung der Jugendkammer.
2. Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Die Jugendkammer hat auf den zur Tatzeit heranwachsenden Angeklagten allgemeines Strafrecht angewendet. Weder sei der Angeklagte noch einem Jugendlichen gleichzusetzen (§ 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG) noch lägen Jugendverfehlungen vor (§ 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG). Die Revision macht zutreffend geltend, daß die Ablehnung der Anwendung von Jugendstrafrecht nicht rechtsfehlerfrei begründet ist.
a) Gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG ist auf einen Heranwachsenden Jugendstrafrecht anzuwenden, wenn die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand. Das JGG geht bei der Beurteilung des Reifegrades nicht von festen Altersgrenzen aus, sondern es stellt auf eine dynamische Entwicklung des noch jungen Menschen zwischen 18 und 21 Jahren ab. Einem Jugendlichen gleichzustellen ist der noch ungefestigte und prägbare Heranwachsende, bei dem Entwicklungskräfte noch in größerem Umfang wirksam sind. Hat der Angeklagte dagegen bereits die einen jungen Erwachsenen kennzeichnende Ausformung erfahren, dann ist er nicht mehr einem Jugendlichen gleichzustellen und auf ihn ist allgemeines Strafrecht anzuwenden. Dabei steht die Anwendung von Jugendstrafrecht oder allgemeinem Strafrecht nicht im Verhältnis von Regel und Ausnahme; § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG stellt keine Vermutung für die grundsätzliche Anwendung des einen oder anderen Rechts dar. Nur wenn dem Tatrichter, dem bei der Entscheidung dieser Frage ein weites Ermessen eingeräumt ist, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten Zweifel verbleiben, muß er die Sanktionen dem Jugendstrafrecht entnehmen (vgl. Senatsurteil vom - 1 StR 211/01 = BGH NJW 2002, 72 ff. m.w.N.).
b) Zur bisherigen Entwicklung des Angeklagten und zu seinem Umfeld hat die Jugendkammer festgestellt:
Die Familie des Angeklagten lebt in einer Unterkunft für "nicht vermittelbare Mieter". Handgreiflichkeiten sind "an der Tagesordnung". Im Umfeld herrschen "schwierige soziale Verhältnisse, Kriminalität, Alkoholismus und Drogenkonsum". Der Angeklagte, "ein wildes, trotziges Kind", wurde nach drei Monaten Schulzeit "in die Sonderschule für Erziehungsschwierige umgeschult". Nach mehreren Schulwechseln wurde er mit 16 Jahren von der Schule verwiesen. Darauf steigerte er seinen früh begonnen Konsum von Alkohol und Drogen. Er lebte "nur noch in den Tag hinein", sämtliche Versuche, ihn zu einer Ausbildung oder einer Arbeit oder auch zum Erwerb des Führerscheins zu veranlassen, scheiterten an seinem Desinteresse. Soweit er nicht von seinem Vater "ausgehalten" wurde, beging er Straftaten.
c) Aus alledem ergibt sich ohne weiteres, daß allgemeines Strafrecht nicht wegen einer "normalen Reifeentwicklung" ohne "Auffälligkeiten in der geistigen und sittlichen Entwicklung" (BGH NStZ 1984, 467 m.w.N.) angewendet worden ist. Die Jugendkammer ist vielmehr nach Beratung durch zwei Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, wegen des beim Angeklagten schon im Vorschulalter einsetzenden Fehlverhaltens und seiner normen- und wertemißachtenden Delinquenz bestünden kaum Chancen einer Nachreifung. "Die Zusammenschau der maßgeblichen Umstände und seiner Delinquenz führt zu dem Schluß, daß die vom Angeklagten ausgehenden Aggressionen auf Störungen beruhen, die bereits bei dem 19 1/2 jährigen Angeklagten unbehebbar waren". Mit dieser Formulierung geht die Jugendkammer ersichtlich davon aus, daß beim Angeklagten Entwicklungsrückstände vorliegen. Sie nimmt jedoch an, diese Rückstände seien nicht behebbar, so daß die Entwicklung des Angeklagten bei den Taten bereits abgeschlossen war. Nur deshalb stehe er einem Jugendlichen nicht mehr gleich.
d ) Wie der Senat bereits ausgeführt hat (BGH NJW 2002, 72 ff.; ebenso ), ist Jugendstrafrecht auch dann unanwendbar, wenn der Heranwachsende zwar noch einem Jugendlichen gleich steht, er seine Entwicklung aber bereits abgeschlossen hat. Kann nicht mehr erwartet werden, daß er über die erreichte Entwicklungsstufe hinaus gelangt und daß die im Jugendstrafrecht vorgesehenen Rechtsfolgen bei ihm noch wirksam werden können, so ist auf ihn allgemeines Strafrecht anzuwenden. Allerdings ist erfahrungsgemäß eine die Chancen jeder Nachreifung gering achtende, pessimistische Einschätzung völliger Entwicklungsunfähigkeit bereits in der Phase zwischen 18 und 21 Jahren nur ausnahmsweise mit der erforderlichen hohen prognostischen Sicherheit möglich; sie erfordert eine Zusammenschau aller für die gesamte Entwicklung maßgeblichen Umstände und deren eingehende Würdigung. Dem werden die Ausführungen der Jugendkammer nicht in jeder Hinsicht gerecht:
(1) So hat der Sachverständige Dr. L. , dem sich die Jugendkammer (ebenso wie dem Sachverständigen Dr. F. ) in vollem Umfang anschließt, ausgeführt, daß der Angeklagte "eine Reihe guter Möglichkeiten aufweise, die sich im Umgang mit seiner materiellen Umwelt und in deren Handhabung niederschlügen". Dies ist nicht näher ausgeführt. Die Feststellungen zur Lebensführung des Angeklagten lassen nicht erkennen, daß sich hierin "gute Möglichkeiten" niederschlagen. Andererseits sprechen "gute Möglichkeiten" eines jungen Menschen hinsichtlich seines Umgangs mit der Umwelt dafür, daß zumindest eine gewisse Aussicht besteht, daß sich diese Möglichkeiten noch realisieren werden. Mit der weittragenden Diagnose unbehebbarer Entwicklungsrückstände erscheint dies jedenfalls ohne nähere Darlegung unvereinbar.
(2) Sind, wie hier, schwerwiegende Gewaltdelikte abzuurteilen, so ist die erforderliche Gesamtwürdigung insbesondere auch auf Erkenntnisse zum Umgang mit Aggression und Gewalt zu erstrecken (Senat aaO, 76).
Hier sind jedoch schon die Feststellungen zu der - auch nur eher pauschal gewürdigten - Delinquenz des Angeklagten nicht klar:
Der Angeklagte wurde zwischen 1997 und 2001 insgesamt sechs Mal vorgeahndet, mehrfach wegen Diebstahls, außerdem wegen Hausfriedensbruchs, Urkundenfälschung, Nötigung und Erwerbs von Betäubungsmitteln. Näheres zu den Taten ist nicht mitgeteilt, es wurden aber nur deutlich unter der Schwelle von Jugendstrafe liegende Maßnahmen nach dem JGG verhängt. Anhaltspunkte für besondere Gewalttätigkeiten ergeben sich aus alledem nicht. Allerdings führt die Jugendkammer aus, der Angeklagte sei viel häufiger und schwerwiegender straffällig geworden, als sich aus den Feststellungen zu den Vorahndungen ergebe; er sei aber "meist nicht erwischt" worden. Grundsätzlich sind in die in Rede stehende Gesamtwürdigung auch Erkenntnisse über nicht abgeurteilte Straftaten einzubeziehen. Dies kann jedoch nur auf der Grundlage konkreter und tatsächlich klarer Feststellungen geschehen. Daran fehlt es.
(a) Der Angeklagte schloß sich mit etwa 14 Jahren "einer Clique aus mehr als 50 Jugendlichen (an), die ihre Zeit mit Alkohol trinken, Haschisch rauchen und Aggressionen gegenüber anderen Leuten verbrachten". Der bloße Hinweis auf nicht näher beschriebene Aggressionen aus einer großen Gruppe heraus (vgl. allgemein zu "Gruppendynamik und Jugendstrafrecht" Hoffmann, StV 2001, 196 ff.) kann jedoch schwerwiegende Gewaltdelinquenz des Angeklagten nicht belegen.
(b) Nach der Schulentlassung verschaffte sich der Angeklagte Geld "durch Kleindealen mit Haschisch, Wohnungs- und Kellereinbrüche und ,Ablinken' von Geld, Schmuck und Kleidung". Näheres hierzu ist nicht mitgeteilt. Es bleibt daher unklar, ob sich der Angeklagte Geld, Schmuck und Kleidung eher betrügerisch oder eher gewaltsam beschafft hat. Es macht jedoch offensichtlich (auch) im Hinblick auf die Frage einer möglichen Nachreifung einen erheblichen Unterschied, ob die hier abgeurteilten Taten Teile einer Kette schwerwiegender Raub- oder sonstiger Gewaltdelikte sind, oder ob der Angeklagte bisher vor allem Straftaten begangen hat, die - wie etwa Einbrüche und Rauschgifthandel - zwar nicht leicht wiegen, aber auch nicht von Gewalttätigkeit gekennzeichnet sind.
e) Auch gegen die Ausführungen, mit denen die Jugendkammer das Vorliegen von Jugendverfehlungen (§ 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG) ablehnt, bestehen rechtliche Bedenken. Zwar hat der Tatrichter auch insoweit einen weiten Beurteilungsspielraum (BGH NStZ - RR 1999, 26, 27 m.w.N.) und die bisherigen Feststellungen zu Taten und Täter drängen die Annahme von Jugendverfehlungen jedenfalls nicht auf. Die Jugendkammer beschränkt sich jedoch auf den Hinweis, die Verneinung von Jugendverfehlungen bedürfe keiner näheren Erörterung. Dies ermöglicht dem Senat nicht die Überprüfung, ob die Jugendkammer dabei von einem rechtlich zutreffenden Maßstab ausgegangen ist (vgl. zu alledem zusammenfassend BGH StV 2001, 181 f. m.w.N.).
3. Um der neu zur Entscheidung berufenen Jugendkammer einheitliche Feststellungen als Grundlage der neuen Strafzumessung zu ermöglichen, hebt der Senat die der Strafzumessung zugehörigen Feststellungen insgesamt auf. Er bemerkt jedoch, daß die Ausführungen der Jugendkammer zur Schuldfähigkeit des Angeklagten bei den Taten für sich genommen Rechtsfehler nicht erkennen lassen.
III.
Die Revision der Staatsanwaltschaft:
1. Die Staatsanwaltschaft hält die Annahme, der Angeklagte habe sich erst zur Wegnahme der Bedienungsgeldtasche entschlossen, nachdem er P. niedergestochen hatte, für rechtsfehlerhaft. Zur Begründung verweist sie nicht zuletzt auf den Akteninhalt sowie auf Gang und Ergebnis der Hauptverhandlung. Das Revisionsgericht gleicht jedoch weder die Urteilsgründe mit dem Akteninhalt ab, noch rekonstruiert es Gang und Ergebnis der Hauptverhandlung (st. Rspr., vgl. zusammenfassend Wahl, NJW - Sonderheft für G. Schäfer 2002, 73 m.N.). Eine zulässige Verfahrensrüge ist insoweit nicht erhoben. Im übrigen erschöpft sich das Vorbringen in dem Versuch, die Beweiswürdigung der Jugendkammer durch eine eigene zu ersetzen, ohne jedoch Rechtsfehler aufzuzeigen, wie auch der Generalbundesanwalt in der Hauptverhandlung vor dem Senat ebenso wie schon in seinem schriftlichen Antrag vom zutreffend ausgeführt hat.
2. Die Prüfung weiterer Mordmerkmale war nicht erforderlich.
a) Der Angeklagte glaubte, er sei von P. eingeladen worden, dessen Vorwurf der Zechprellerei versetzte ihn in Wut (I 1 a). Die Beanstandung der Staatsanwaltschaft, trotz einer Zechprellerei sei Verdeckungsmord nicht geprüft worden, geht ins Leere.
b) Wie der Generalbundesanwalt in der Hauptverhandlung vor dem Senat zutreffend ausgeführt hat, war auch eine Erörterung von Heimtücke nicht geboten.
Die Jugendkammer hat festgestellt, daß der Angeklagte vor dem ersten, bereits in Tötungsabsicht gesetzten Stich "das ... Messer ... holte und auf ... P. losging". Dies legt die Annahme, P. sei bei Beginn dieses Angriffs arglos im Sinne des Mordmerkmals der Heimtücke gewesen (vgl. BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 13 und 17 m. zahlr. N.) nicht nahe. Es ist auch nicht erkennbar, worauf sich nach dem Tode P. s noch Feststellungen darüber stützen ließen, wann er die ihm drohende Gefahr erkannte (vgl. BGHSt 33, 363, 365).
3. Es wäre jedoch Diebstahl mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB) zu prüfen gewesen. Der Angeklagte hat das Messer, mit dem er P. erstochen hatte, erst beim Verlassen des Lokals weggeworfen, hatte es also bei dem Diebstahl bei sich. Ein (großes) Küchenmesser fällt an sich unter § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB (vgl. BGHSt 43, 265, 269; BayObLG NJW 1999, 2535 f.; Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 244 Rdn. 3 jew. m.w.N.). Ob es trotz seiner Beschädigungen (vgl. I 1 a) noch funktionsfähig war (vgl. Tröndle/Fischer aaO Rdn. 12 m.w.N.), bedarf tatrichterlicher Prüfung, ebenso die subjektiven Voraussetzungen von § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB (vgl. hierzu BGH NStZ- RR 2003, 12 f. m.N.).
4. Auch unabhängig davon enthält die Strafzumessung wegen des Diebstahls einen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler, da § 243 StGB nicht geprüft ist, obwohl die Voraussetzungen des Regelbeispiels gemäß § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB vorliegen. Der schwerverletzte P. war hilflos und konnte deshalb die Wegnahme seiner Bedienungsgeldtasche nicht verhindern. Der Grund der Hilflosigkeit des Opfers ist ohne Bedeutung (Tröndle/Fischer aaO § 243 Rdn. 21). Daher fällt es auch unter das Regelbeispiel, wenn der Täter eine von ihm selbst aus anderen Gründen herbeigeführte Hilflosigkeit des Opfers für einen auf Grund neuen Entschlusses begangenen Diebstahl ausnutzt ( ).
5. Läge bewaffneter Diebstahl vor (vgl. III 3), würde § 243 StGB dahinter zurücktreten (BGHSt 33, 50, 53 m.w.N.). Dies stünde der strafschärfenden Berücksichtigung des Umstandes, daß zugleich ein Hilfloser bestohlen wurde, nicht entgegen (vgl. BGHSt 21, 183, 185; BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 498/81 und vom - 3 StR 512/76); das gesteigerte Unrecht eines bewaffnet begangenen Diebstahls steht in keinem inneren Zusammenhang mit dem ebenfalls gesteigerten Unrecht eines Diebstahls zum Nachteil eines Hilflosen (vgl. auch BGH b. Pfister NStZ - RR 2001, 365 m.N.).
6. Mit der Aufhebung der Verurteilung wegen Diebstahls entfällt die Gesamtstrafe. Ein Einfluß der aufgezeigten Mängel auf die Einzelstrafe wegen des Totschlags ist ausgeschlossen. Da sie auch sonst ohne den Angeklagten begünstigenden Fehler festgesetzt wurde, ist die Revision der Staatsanwaltschaft
(auch) insoweit zu verwerfen. Darauf, daß dieses Rechtsmittel auch zu Gunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO), kommt es nicht an, da der Strafausspruch schon auf die Revision des Angeklagten aufzuheben war (; BGH VRS 50, 369, 370; Hanack in
Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 301 Rdn. 9 jew. m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
LAAAC-10549
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