Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StGB § 69; StGB § 69 Abs. 2; StGB § 69 a; GVG § 132
Instanzenzug: LG Gera vom
Gründe
1. Die Revision ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und gegen die Verurteilung zur Freiheitsstrafe von vier Jahren wendet.
2. Soweit sich die Revision gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Festsetzung einer Sperrfrist für deren Neuerteilung richtet, wird die Entscheidung zurückgestellt.
a) Über Teile einer Revision kann ausnahmsweise vorab entschieden werden, wenn dies im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz geboten ist ( -, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Dies gilt gleichermaßen für das Urteilsverfahren wie für das Beschlußverfahren gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO.
b) Die Frage, ob in Fällen wie dem vorliegenden die Anordnung einer Maßregel gemäß §§ 69, 69 a StGB zulässig ist, wenn die Feststellung charakterlicher Mängel auf die Begehung von Straftaten der allgemeinen Kriminalität unter mißbräuchlicher Verwendung eines Kraftfahrzeugs gestützt ist, ohne daß ein Regelfall im Sinne des § 69 Abs. 2 StGB vorliegt und ohne daß ein die Sicherheit des Straßenverkehrs konkret gefährdendes Verhalten des Angeklagten festgestellt ist, ist zwischen den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs streitig.
Der Senat hat sich im Urteil vom (2 StR 161/03 = NStZ 2004, 144) dem vom 4. Strafsenat in mehreren Entscheidungen angesprochenen und im Anfragebeschluß vom (4 StR 85/03, 4 StR 155/03, 4 StR 175/03 = NStZ 2004, 86) näher ausgeführten Vorschlag einer einschränkenden Auslegung angeschlossen (vgl. hierzu auch ), ebenso der 3. Strafsenat (Beschluß vom - 3 ARs 30/03) und der 5. Strafsenat (Beschluß vom - 5 ARs 67/03 = NStZ 2004, 148); der 1. Strafsenat ist dem entgegengetreten (Beschluß vom - 1 StR 113/03 = NStZ 2003, 658; Beschluß vom - 1 ARs 31/03; vgl. dazu auch Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl., § 69 Rdn. 42 ff. m. w. N.).
Es ist zu erwarten, daß der Große Senat für Strafsachen mit der Rechtsfrage befaßt wird. Ein Vorlagebeschluß des 4. Strafsenats liegt bislang nicht vor.
Auf die streitige Rechtsfrage kommt es auch im vorliegenden Fall an. Verkehrsspezifische Straftaten oder konkrete Gefährdungen der Sicherheit des Straßenverkehrs sind nicht festgestellt; jedoch verwendete der Angeklagte ein Kraftfahrzeug, um als Kurier die übernommenen knapp sechs Kilogramm Haschisch von Erfurt nach Bayreuth zu bringen. Er mißbrauchte daher seine Fahrerlaubnis zur Begehung einer Straftat. Würde ein solcher Mißbrauch als ausreichender Anhaltspunkt für die Feststellung angesehen, der Täter sei auch zur Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit bereit (vgl. BGH NStZ 2003, 658 ff.), so wäre die Maßregelanordnung rechtsfehlerfrei. Würden hingegen weitergehende konkrete, sich aus dem Tatgeschehen ergebende Anhaltspunkte für eine solche Bereitschaft vorausgesetzt (vgl. BGH NStZ 2004, 144 ff.), so begegnete die Maßregelanordnung hier rechtlichen Bedenken.
3. Da eine Befassung des Großen Senats für Strafsachen mit der Rechtsfrage zu erwarten ist, erscheint es geboten, entsprechende Einzelfallentscheidungen bis zu einer grundsätzlichen Entscheidung des Großen Senats zurückzustellen, die voraussichtlich nicht vor Mitte des Jahres 2005 ergehen kann.
Die vom 4. Strafsenat im Urteil vom - 4 StR 85/03 - dargelegten Voraussetzungen für eine Vorabentscheidung über die entscheidungsreifen Teile der Revision sind daher hier gegeben. Das angefochtene Urteil ist bereits am ergangen, so daß es der Beschleunigungsgrundsatz gebietet, das Revisionsverfahren nunmehr zumindest mit einer Teilentscheidung über den Schuld- und Strafausspruch zu fördern. Der Angeklagte befindet sich seit der Tatbegehung am in Haft. Wegen der zu erwartenden Dauer des Verfahrens gemäß § 132 GVG ist mit einer baldigen Klärung der Rechtsgrundsätze für die Maßregelentscheidung nicht zu rechnen. Daher ist hier eine Teilentscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten ausnahmsweise zulässig. Der Generalbundesanwalt und der Beschwerdeführer haben dieser Verfahrensweise zugestimmt.
Fundstelle(n):
KAAAC-09966
1Nachschlagewerk: nein