Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 261
Instanzenzug: LG Kaiserslautern vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Von dem Vorwurf eines weiteren Betruges hat es ihn freigesprochen.
Mit ihrer vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft mit einer Verfahrens- und der Sachbeschwerde gegen den Teilfreispruch. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Beide Rechtsmittel haben Erfolg.
I.
Revision der Staatsanwaltschaft
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft dringt bereits mit der Sachrüge durch, so dass es eines Eingehens auf die Verfahrensrüge nicht bedarf.
1. Soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist, liegt ihm zur Last, im Juli des Jahres 2000 mit dem Arzt Dr. Z. einen Vertrag über den Erwerb einer Unterbeteiligung an dem ihm angeblich zustehenden Kommanditanteil an der mbH & Co. in B. ( ), 13. und 14. B. KG, abgeschlossen zu haben. Zur Erbringung der Gegenleistung habe Dr. Z. seine Tante, Brigitte Z. , veranlasst, 250.000 DM auf das Konto des Angeklagten zu überweisen, wo das Geld am eingegangen sei. Der Angeklagte habe verschwiegen, dass er an der 13. und 14. B. gar nicht beteiligt gewesen sei, dass bereits am Antrag auf Konkurseröffnung über sein Privatvermögen gestellt und daraufhin die Sequestration über sein Vermögen angeordnet worden sei, er am die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe und er Steuerschulden in zumindest sechsstelliger Höhe gehabt habe.
2. Nach den Feststellungen des Landgerichtes befand sich der Angeklagte vom bis zum wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in Untersuchungshaft. Hier lernte er den wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges - bis zum - ebenfalls inhaftierten Dr. Z. kennen. Die Verbindung zwischen beiden bestand auch nach ihrer jeweiligen Haftentlassung fort. Der Angeklagte, über dessen Vermögen bereits am die Sequestration angeordnet worden war und der am die eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse abgegeben hatte, bot Dr. Z. , der um "finanzielle Unterstützung" gebeten hatte, die Beteiligung an einem Immobilienprojekt in B. an, das er als günstig und gewinnbringend anpries. Seine eigene desolate finanzielle Situation verschwieg er. Zum Erwerb der Beteiligung veranlasste Dr. Z. seine Tante, Brigitte Z. , 250.000 DM auf ein Konto des Angeklagten zu überweisen. Das Geld ging dort am ein; der Angeklagte verfügte bereits am darüber, indem er es auf das Konto seiner Lebensgefährtin überwies. Im Juli oder August 2000 unterschrieben der Angeklagte und Dr. Z. einen "Unterbeteiligungsvertrag" betreffend die Kommanditeinlage des Angeklagten in Höhe von 400.000 DM an der " 13.+14. B. , B. ". Am erkundigte sich der Angeklagte bei dem Sequester, ob er seine B. -B. verkaufen könne, für die inzwischen ein Käufer gefunden worden sei. Von dessen Vertreter erhielt er die Auskunft, er möge den Vertrag unter dem Vorbehalt der späteren Genehmigung durch den Sequester abschließen. Der Sequester, der aufgrund der verhängten Postsperre von der B. -B. des Angeklagten erfahren hatte, erhielt auf seine Nachfrage von der die Auskunft, dass der Angeklagte an der 15. - und nicht an der 13. und 14. B. KG - beteiligt, der Wert der Beteiligung aber "mit DM 0" anzusetzen sei, da für ältere Immobilienfonds kein Markt vorhanden sei.
3. Das Landgericht begründet den Freispruch vom Vorwurf des Betruges damit, dass dem Angeklagten eine Täuschungshandlung nicht nachzuweisen sei. Es habe nicht hinreichend sicher festgestellt werden können, dass der Angeklagte gegenüber Dr. Z. bewusst falsche Angaben zu der Unterbeteiligung gemacht habe. Zwar habe er in dem "Unterbeteiligungsvertrag" die 13. und 14. B. eingetragen, obwohl er nur Teilhaber an der 15. B. gewesen sei; gegen eine bewusste Täuschung des Dr. Z. spreche aber, dass der Angeklagte den Sequester über einen Kaufinteressenten informiert habe, wozu er keinen Anlass gehabt hätte, wenn er in Täuschungsabsicht eine nicht vorhandene Beteiligung habe verkaufen wollen. Für einen bloßen Irrtum über die Bezeichnung der Beteiligung spreche auch, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Unterbeteiligungsvertrages nicht über seine Unterlagen verfügt habe und die von ihm gegenüber Dr. Z. als Gesellschaftsvermögen bezeichneten Grundstücke tatsächlich der 15. B. zustünden, an der er Teilhaber gewesen sei. Schließlich habe der Angeklagte ausweislich eines Schreibens vom gegenüber dem Zeugen Sch. angegeben, an der 13. und 14. B. Kommanditanteile zu besitzen; auch deshalb und wegen seiner damaligen Alkoholprobleme könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Angeklagte über die Bezeichnung der Beteiligung geirrt habe. Es sei auch nicht erweislich, dass der Angeklagte falsche Angaben über die Werthaltigkeit der Beteiligung gemacht habe, da nach der Aussage des Dr. Z. hierüber nicht gesprochen worden sei.
4. Die Staatsanwaltschaft rügt zu Recht, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts lückenhaft und widersprüchlich und damit rechtsfehlerhaft ist (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16).
a) Zum einen berücksichtigt das Landgericht bei seinem Argument, gegen eine Täuschungsabsicht des Angeklagten spreche, dass er mit dem Sequester über den Verkauf der Beteiligung gesprochen habe, nicht, dass die Anfrage des Angeklagten an den Sequester, ob er die B. -B. verkaufen könne, erst mehrere Monate nach Überweisung der Gegenleistung an den Angeklagten und der Unterzeichnung des Unterbeteiligungsvertrages, nämlich am , erfolgte. Diese zeitliche Differenz - und auch der Umstand, dass der Sequester dem Angeklagten das für die Beteiligung gezahlte Geld mit Sicherheit nicht zur freien Verfügung überlassen hätte (vgl. UA 30 f.) - legen nahe, dass zwischen den auf Erhalt des Geldes gerichteten Handlungen des Angeklagten und der Einbeziehung des Sequesters kein Zusammenhang bestand. Damit hätte sich die Wirtschaftsstrafkammer auseinandersetzen müssen.
b) Die angeordnete Sequestration gab auch Anlass zu der Erörterung, ob gegen den Angeklagten - was dem Urteil nicht zu entnehmen ist, sich nach den Feststellungen aber aufdrängt - im Rahmen der Sequesterbestellung ein allgemeines Veräußerungs- und Verfügungsverbot erlassen worden ist und damit die Verfügung des Angeklagten - selbst wenn er den richtigen Gesellschaftsanteil hätte übertragen wollen - unwirksam gewesen sein konnte (vgl. Hess, Kommentar zur Konkursordnung 6. Aufl. § 106 Rdn. 4 ff.) und ob der Angeklagte dies wusste. Wenn das der Fall war, so wäre dies ein gewichtiges Indiz für einen Täuschungsvorsatz des Angeklagten.
c) Soweit im Urteil ausgeführt ist, zwischen Dr. Z. und dem Angeklagten sei über den Wert der Beteiligung nicht gesprochen worden, steht dies im Widerspruch zu der Feststellung, der Angeklagte habe gegenüber Dr. Z. die B. -B. "als günstig und gewinnbringend (angepriesen)" (UA 15). Die Täuschungsrelevanz dieser Behauptung liegt vor allem deshalb nahe, weil nicht ersichtlich ist, welchen Vorteil der nach den Feststellungen mittellose, um finanzielle Unterstützung nachsuchende Dr. Z. aus einem als Steuersparmodell entwickelten, Verluste zuweisenden geschlossenen Immobilienfonds ziehen sollte, bei dem die auf dem Grundstück ruhenden Lasten so hoch sind, dass bis zum Ablauf des Jahres 2012 eine Veräußerung der Beteiligung noch nicht einmal den Kapitaleinsatz der Kommanditisten decken würde (UA 5). Auch das bedurfte der Erörterung.
d) Schließlich hat das Landgericht bei Prüfung der Frage, ob der Angeklagte die B. , die Gegenstand des Unterbeteiligungsvertrages war, bewusst falsch bezeichnet hat, nicht gewürdigt, dass der Angeklagte im Ergänzungsblatt I zu seiner eidesstattlichen Versicherung vom angegeben hat, eine Forderung gegenüber der 15. - und nicht etwa der 13. und 14. - B. zu haben (UA 4 f.). Auch damit hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen.
II.
Revision des Angeklagten
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Rüge der Verletzung des § 261 StPO Erfolg; eines Eingehens auf die weiteren Rügen bedarf es daher nicht.
1. Nach den der Verurteilung zugrunde gelegten Feststellungen des Landgerichts bat Dr. Z. am seine Ehefrau, Felicitas H. -Z. , dem Angeklagten 200.000 DM als Überbrückungsdarlehen für zwei bis drei Wochen zur Verfügung zu stellen, wobei er ihr zusicherte, der Angeklagte sei absolut vertrauenswürdig und biete als Sicherheit die Übertragung einer B. -B. an; außerdem verfüge er in Luxemburg über entsprechende Mittel zur Rückzahlung. Die Ehefrau "sträubte sich zunächst", erklärte sich aber schließlich bereit, das Darlehen zu gewähren, wobei sie die Modalitäten der Darlehenshingabe mit dem Angeklagten selbst besprechen wollte. Dieser rief sie am Folgetag an und bezifferte den kurzfristig benötigten Betrag mit 248.500 DM. Die Rückzahlung sei "kein Problem", da er Millionen an Außenständen habe, deren Begleichung er kurzfristig erwarte. Wegen der angeblich kurzen Darlehensdauer verzichtete Frau H. -Z. auf die angebotene Sicherheit und überwies im Vertrauen auf die tatsächlich nicht vorhandene Rückzahlungsbereitschaft und -fähigkeit des Angeklagten die geforderte Summe am , und zwar vereinbarungsgemäß auf ein Konto der Lebensgefährtin des Angeklagten. Da der Angeklagte den Darlehensbetrag nicht zurückzahlte, erstattete Frau H. -Z. im Februar 2002 Strafanzeige wegen Betruges.
2. Der Angeklagte hat über seine Verteidiger vortragen lassen, dass der Betrag von 248.500 DM eine weitere Ratenzahlung des Dr. Z. zum Ankauf der B. -B. gewesen sei, und allein Dr. Z. seine Ehefrau getäuscht und durch falsche Angaben über eine angebliche Liquiditätslücke des Angeklagten zur Überweisung des Geldbetrages veranlasst habe.
3. Dieses Vorbringen sieht das Landgericht insbesondere als durch die glaubhaften Angaben des Dr. Z. widerlegt an. Dieser habe als Zeuge unter Eid ausgesagt, dass der Angeklagte um den Geldbetrag zur Deckung eines kurzfristigen Liquiditätsengpasses gebeten habe. Die Richtigkeit der Aussage werde dadurch belegt, dass der Angeklagte am den Empfang des Darlehens schriftlich bestätigt habe. Weder gegenüber Frau H. -Z. noch vor der Haftrichterin habe sich der Angeklagte auf seine Version zum Grund der Geldhingabe berufen. Auch die Korrespondenz zwischen Rechtsanwalt W. auf Seiten von Frau H. -Z. und Rechtsanwalt S. auf Seiten des Angeklagten spreche gegen seine Darstellung; denn mit Schriftsatz vom habe Rechtsanwalt S. im Namen des Angeklagten unstreitig gestellt, dass dieser 248.500 DM erhalten habe und erklärt, dass der Angeklagte den gezahlten Betrag "selbstverständlich" zurücküberweisen werde. Obwohl zu diesem Zeitpunkt das Geld noch vorhanden gewesen sei, habe der Angeklagte lediglich Ratenzahlung vereinbaren wollen. Der Angeklagte habe auch zu keinem Zeitpunkt Dr. Z. auf Zahlung des Betrages in Anspruch genommen. Dies wäre aber naheliegend gewesen, wenn Dr. Z. - wie der Angeklagte gegenüber Rechtsanwalt S. geäußert haben solle - den Angeklagten zur Unterschrift unter den Darlehensvertrag gedrängt hätte, um seine Ehefrau zu beruhigen, mit dem gleichzeitigen Versprechen, dass er - Dr. Z. - dem Angeklagten den Geldbetrag wieder beschaffen werde. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb Dr. Z. bereit gewesen sein solle, mehr zu bezahlen als die B. -B. nominal wert gewesen sei. Schließlich spreche auch das vom Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt St. , außerhalb der Hauptverhandlung an Frau H. -Z. unterbreitete Angebot, der Angeklagte sei bereit, 127.000 € zu zahlen, wenn erklärt würde, es bestünden keine Ansprüche mehr gegen ihn, für die Darstellung der Eheleute Z. .
4. Die Revision des Angeklagten rügt zu Recht, das Landgericht habe entgegen § 261 StPO die Beweise nicht erschöpfend gewürdigt, weil es unterlassen habe, das in der Hauptverhandlung verlesene, an den Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt L. , gerichtete Schreiben des Rechtsanwalts S. vom in seine Beweiswürdigung einzubeziehen.
a) Dieses Schreiben hat im Wesentlichen folgenden Inhalt: Der Angeklagte habe Anfang August 2000 Rechtsanwalt S. aufgesucht und ihm mitgeteilt, im Juli 2000 die B. -B. an Dr. Z. veräußert zu haben; der Kaufpreis sei in zwei Raten entrichtet worden. Nunmehr habe Dr. Z. den Angeklagten wegen eines Streites mit seiner Ehefrau, die von dem Erwerb der B. -B. nichts wisse, gebeten, im Nachhinein einen Darlehensvertrag über 248.500 DM mit der Ehefrau des Dr. Z. zu schließen. Hierauf habe Rechtsanwalt S. dem Angeklagten geraten, Dr. Z. anzurufen und zu klären, was der Hintergrund des Darlehensvertrages sein solle. In dem folgenden Telefonat in der Kanzlei des Rechtsanwalts, bei dem Rechtsanwalt S. selbst anwesend gewesen sei, habe Dr. Z. den Angeklagten nochmals gebeten, wegen eines ehelichen Streites einen Darlehensvertrag über die letzte Rate (für die B. -B. ) zu schließen; das Geld zur Rückzahlung des Darlehens werde er (Dr. Z. ) dem Angeklagten zur Verfügung stellen.
Der Angeklagte habe Rechtsanwalt S. dann mitgeteilt, dass der Darlehensvertrag kurze Zeit später geschlossen worden sei. Als im Herbst 2000 der Rechtsanwalt der Ehefrau des Dr. Z. juristische Schritte und "Konsequenzen" angedroht habe, habe der Angeklagte wiederum in Rechtsanwalt S. s Beisein Dr. Z. angerufen und ihm angekündigt, nunmehr dessen Ehefrau vollumfänglich zu informieren, woraufhin Dr. Z. angeboten habe, das Geld dem Angeklagten durch Ratenzahlungen zur Verfügung zu stellen. Den Ratenzahlungsplan habe Rechtsanwalt S. auf Wunsch des Angeklagten dem Rechtsanwalt von Frau H. -Z. unterbreitet. Allerdings habe Dr. Z. sein Zahlungsversprechen nicht eingehalten.
b) Die Angaben des Rechtsanwalts S. , der auch als Zeuge in der Hauptverhandlung vernommen worden ist, in seinem Schreiben vom stützen das Vorbringen des Angeklagten, der Betrag von 248.500 DM sei ursprünglich als Erwerbspreis für die B. -B. bezahlt und erst im Nachhinein als Darlehen deklariert worden. Sie stellen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Dr. Z. in Frage. Zugleich stehen sie der Annahme der Wirtschaftskammer, die Ankündigung im Schreiben des Rechtsanwaltes S. vom an den Rechtsanwalt von Frau H. -Z. , der Angeklagte werde den Betrag zurückzahlen, sei mit der Darstellung des Angeklagten nicht vereinbar, entgegen. Die Wirtschaftskammer war daher gehalten, sich mit dem Schreiben und den Angaben des Zeugen S. hierzu in der Hauptverhandlung im Rahmen der Beweiswürdigung auseinander zu setzen. Da in den Urteilsgründen weder eine Wertung des Schreibens vom noch eine solche der Aussage des Rechtsanwalts S. vorgenommen wurde, ist die Beweiswürdigung unvollständig und damit rechtsfehlerhaft (vgl. BGHSt 38, 14, 16 f.; BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung 7, 15, 22, 25, 30, 41).
III.
Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil - sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Angeklagten - auf der rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung des Landgerichts beruht. Die Sache muss daher neu verhandelt werden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
XAAAC-09632
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