Anforderungen an eine Revisionsbegründung
Gesetze: FGO § 120 Abs. 3
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Verfassungsmäßigkeit der körperschaftsteuerrechtlichen Umgliederungsregelungen im Zusammenhang mit dem Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 732 abgedruckt.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat ihre Revision mit einem Schriftsatz begründet, in dem es im Anschluss an den Revisionsantrag und eine kurze Darstellung der Verfahrensgeschichte heißt, dass das FG auf die im Klageverfahren geäußerten verfassungsrechtlichen Zweifel „nur äußerst unzureichend eingegangen” sei. Sodann folgen ausschließlich Ausführungen, die wörtlich denjenigen in der Klageschrift entsprechen. Die Begründungsschrift schließt mit einem Verweis auf den Schriftverkehr im erstinstanzlichen Verfahren, einem Antrag auf „Hinzuziehung der relevanten Steuerakten” und einem Hinweis auf eine der Begründungsschrift beigefügte Abschrift des erstinstanzlichen Urteils.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG und die ihm vorangegangene Einspruchsentscheidung aufzuheben sowie die angefochtenen Bescheide in einer bestimmten, im Revisionsantrag näher erläuterten Weise zu ändern.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
II. Die Revision ist unzulässig und muss deshalb gemäß § 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verworfen werden. Die von der Klägerin eingereichte Revisionsbegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.
1. Nach § 120 Abs. 2 FGO muss eine Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen angefochtenen Urteils begründet werden. Die Revisionsbegründung muss u.a. eine Angabe derjenigen Umstände enthalten, aus denen sich die geltend gemachte Rechtsverletzung ergibt (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO).
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gehört zu einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung u.a. eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen FG-Urteils. Es muss erkennbar sein, dass der Revisionskläger die Begründung jenes Urteils und sein eigenes bisheriges Vorbringen überprüft hat; zu diesem Zweck muss dargetan werden, welche Ausführungen der Vorinstanz aus welchen Gründen unrichtig sein sollen (, BFHE 192, 169, BStBl II 2000, 700, m.w.N.). Dem genügt eine wörtliche Wiederholung der in der Klageschrift enthaltenen Ausführungen regelmäßig nicht (Senatsurteil vom I R 71/82, BFHE 136, 521, BStBl II 1983, 48; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz. 61, m.w.N.). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn der Revisionskläger sich schon in der Klageschrift umfassend und abschließend mit denjenigen Argumenten auseinander gesetzt hat, auf die das FG in der Folge seine Entscheidung gestützt hat (, BFH/NV 2001, 333; Ruban in Gräber, a.a.O., § 120 Rz. 61, m.w.N.).
3. Die im Streitfall zu beurteilende Revisionsbegründung wird den hiernach zu stellenden Anforderungen nicht gerecht. Die Klägerin hatte im Klageverfahren vorgebracht, dass die von ihr beanstandeten Vorschriften gegen Art. 14 des Grundgesetzes (GG) verstießen und zudem eine verfassungswidrige Rückwirkung entfalteten. Auf beide Argumente ist das FG in seinem Urteil eingegangen. Es hat dabei vor allem darauf abgehoben, dass die Klägerin auch nach dem früheren Recht ihr belastetes verwendbares Eigenkapital nicht für eine Minderung der Körperschaft-steuer hätte nutzbar machen können, da dies eine Gewinnausschüttung vorausgesetzt hätte und das hierfür erforderliche Eigenkapital nicht vorhanden war. Mit dieser Begründung hat es sowohl die Existenz einer von Art. 14 GG geschützten Rechtsposition als auch ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin auf die Möglichkeit einer Minderung der Körperschaftsteuer verneint. Die Klägerin, die in ihrer Klageschrift auf den vom FG für maßgeblich erachteten Gesichtspunkt nicht eingegangen war, hätte sich daraufhin in der Revisionsbegründung zumindest kurz mit dieser Erwägung auseinander setzen müssen. Wenn sie sich statt dessen auf eine wörtliche Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags beschränkt, zeigt dies, dass sie sich mit dem angefochtenen Urteil letztlich nicht auseinander gesetzt hat. Angesichts dessen liegt keine ordnungsgemäße Revisionsbegründung vor, was zur Unzulässigkeit der Revision führt.
4. Ein Ruhen des Verfahrens gemäß § 155 FGO i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die bei diesem anhängige Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2192/05 gegen das Senatsurteil vom I R 107/04 (BFHE 210, 256, BStBl II 2005, 884) kam damit nicht mehr in Betracht (vgl. z.B. , BFHE 172, 197, BStBl II 1994, 119, 121).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 2088 Nr. 11
EAAAC-09326