Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 3; StPO § 349 Abs. 4; StPO § 136 a Abs. 1 Satz 3; StGB § 66 Abs. 2; StGB § 66 Abs. 3 Satz 1
Instanzenzug: LG Lüneburg vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit deren Einfuhr sowie mit versuchter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die auf Verfahrensrügen und Beanstandungen der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat nur den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.
1. Dem Angeklagten ist es gelungen, ein Kilogramm Kokain in die Bundesrepublik einzuführen. Seine Bemühungen, mit demselben Transport aus Venezuela weitere 46 Kilogramm einzuführen, sind hingegen gescheitert. Dieser Versuch tritt hinter dem Verbrechen der vollendeten Einfuhr zurück. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Die Strafzumessung ist von dem Fehler nicht beeinflußt, da der weitergehende Tatvorsatz, auch wenn er im Schuldspruch nicht zum Ausdruck kommt, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen ist.
2. Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. In Ergänzung der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
a) Die Behandlung der Beweisanträge auf Inaugenscheinnahme mehrerer Straßen in St. (Revisionsbegründung S. 118) sowie auf Vernehmung der Zeugin M. (Revisionsbegründung S. 123) ist nicht zu beanstanden, da die Beweiswürdigung und die Feststellungen des Urteils zu den als wahr unterstellten Beweistatsachen nicht in Widerspruch stehen und sich das Landgericht angesichts der auf einer Fülle von Indizien beruhenden Feststellungen in den Urteilsgründen mit ihnen nicht auseinandersetzen mußte.
b) Soweit sich die Revision mit der Rüge einer Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren gegen die Anordnung der Sicherungsverwahrung wendet, trägt sie folgenden Verfahrensgang vor: Am zweiten Tag wurde die Verhandlung unterbrochen, um unter Ausschluß der Öffentlichkeit und des Angeklagten zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Frage zu erörtern, ob eine "einvernehmliche Verfahrenserledigung" in Betracht komme. Dabei stellte die Kammer im Falle eines umfassenden Geständnisses eine Freiheitsstrafe von höchstens zwölf Jahren in Aussicht. Der Vorsitzende äußerte, daß die Sicherungsverwahrung in diesem Fall nicht angeordnet werde, kündigte aber zugleich an, daß im Fall der Nichteinigung "ab Montag die Begutachtung" des Angeklagten "durch den Sachverständigen Dr. S." im Hinblick auf die Sicherungsverwahrung "im Raum" stehe. Nach Wiedereintritt in die öffentliche Hauptverhandlung gab der Vorsitzende den Vorschlag der Kammer zur Verfahrenserledigung (höchstens zwölf Jahre bei umfassendem Geständnis) bekannt, ohne dabei seine Ausführungen zur Maßregelanordnung zu erwähnen. Nachdem der Angeklagte eine geständige Einlassung nicht abgab, veranlaßte die Strafkammer die Ladung des Sachverständigen für den nächsten Verhandlungstag.
Sollte der Strafkammervorsitzende, wie von der Revision behauptet, versucht haben, die Sicherungsverwahrung zum Gegenstand einer Urteilsabsprache zu machen und etwa durch die Androhung, andernfalls die Maßregel zu verhängen, den Angeklagten zu einem Geständnis zu bewegen, läge hierin ein schwerwiegender Rechtsverstoß. Die Frage der Anordnung der Sicherungsverwahrung ist, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Maßnahme vorliegen, ebenso wenig wie die rechtliche Beurteilung der Tat einer Verständigung im Strafprozeß zugänglich (BGH NStZ-RR 2005, 39; ; Beschl. vom - 4 StR 268/98). Dabei spielt es keine Rolle, daß vorliegend die Anordnung der Maßregel nur nach § 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 StGB in Betracht kam und deshalb im Ermessen der Strafkammer stand. Ein nach einem gerichtlichen Höchststrafangebot abgegebenes Geständnis wäre angesichts der weiteren Umstände nicht geeignet gewesen, die Ermessensausübung entscheidend zu beeinflussen.
Die in der Revisionsbegründung geäußerte Besorgnis, die Strafkammer könne im Anschluß an die behaupteten Äußerungen ihres Vorsitzenden in ihrer Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht mehr frei gewesen sein, vermag - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - eine den Bestand des Urteils gefährdende Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren nicht zu begründen. Insofern sind die Regeln der Strafprozeßordnung über die Richterablehnung vorgreiflich. Der Angeklagte hätte die behaupteten Verfahrensvorgänge berechtigterweise zum Anlaß nehmen können, ein Ablehnungsgesuch anzubringen. Soweit die Revision in ihrer Erwiderung nach § 349 Abs. 3 StPO (S. 7 f.) einwendet, Ablehnungsgesuche lägen bei im Zusammenhang mit Vorgesprächen geäußerten Strafvorstellungen des Tatgerichts nicht nahe, kann dies jedenfalls nicht für den Fall gelten, in dem - wie hier vorgetragen - beanstandete Äußerungen zur Herbeiführung einer Urteilsabsprache die Voraussetzungen des § 136 a Abs. 1 Satz 3 StPO erfüllen.
Der Senat braucht den Sachverhalt nicht aufzuklären, da der Beschwerdeführer das behauptete Geschehen nicht zum Gegenstand eines Ablehnungsgesuchs gemacht hat.
c) Das Landgericht hat in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen in Ansehung der Rückfallgeschwindigkeit, der sich steigernden Intensität der Straftaten sowie der Vorbereitung der letzten Tat während des vorangegangenen Strafvollzugs und der Persönlichkeit des Angeklagten bei diesem einen Hang zur Begehung erheblicher Straftaten bejaht. Bei der Ermessensausübung hat es das Alter des Angeklagten und die Dauer der von ihm zu verbüßenden Freiheitsentziehung berücksichtigt. Auf die sachlichrechtliche Überprüfung ist bei der Maßregelanordnung kein Rechtsfehler zutagegetreten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
MAAAC-09264
1Nachschlagewerk: nein