Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 4; StPO § 354 Abs. 1; StPO § 206 a Abs. 1; StPO § 264 Abs. 1
Instanzenzug: LG Wuppertal vom
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagte unter Freispruch im übrigen wegen Untreue zu einer Geldstrafe von "210 Tagessätzen zu 20 Euro" verurteilt.
Mit ihrer Revision rügt die Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Verurteilung und insoweit zur Einstellung des Verfahrens, weil die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung ergibt, daß es für die Verurteilung an der Verfahrensvoraussetzung einer zugelassenen Anklage fehlt.
In der - unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen - Anklage war der Angeklagten gewerbsmäßige Untreue in 38 Fällen sowie besonders schwere Brandstiftung und Vortäuschen einer Straftat zur Last gelegt worden. Gegenstand des Untreuevorwurfs war, daß sie unter Mißbrauch ihrer Stellung als angestellte Geschäftsführerin eines Mensavereins zwischen dem und dem an 38 Tagen pflichtwidrig Teile der täglichen Bareinnahmen zur Bestreitung ihres sowie des Lebensunterhalts ihrer Familie verwendet und ihrem Arbeitgeber hierdurch einen Gesamtschaden von 109.291,58 DM zugefügt habe. Von dem Vorwurf der Untreue durch Entnahme von Bargeld, der Brandstiftung und des Vortäuschens einer Straftat wurde die Angeklagte freigesprochen. Die Verurteilung der Angeklagten beruht auf der vom Landgericht getroffenen Feststellung, "durch die unordentliche Geschäftsführung der Angeklagten" seien dem Mensaverein im einzelnen aufgelistete "Säumnis-, Rechtsverfolgungs- und sonstige Kosten entstanden", die sich auf insgesamt 5.542,30 DM addiert hätten.
Anklage und Urteil betreffen danach nicht dieselbe Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO. Der verfahrensrechtliche Tatbegriff umfaßt den von der zugelassenen Anklage betroffenen geschichtlichen Vorgang, innerhalb dessen die Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht haben soll (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 10, 396; 22, 307; 25, 388; 27, 170, 172; 29, 341; 32, 215). Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt. Zu ihr gehört nicht nur das tatsächliche Geschehen, wie es Anklage und Eröffnungsbeschluß beschreiben, sondern auch das gesamte Verhalten der Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang bildet (RGSt 62, 112; BGHSt 13, 320; 23, 141, 145).
Bei dem im Anklagesatz geschilderten Fehlverhalten, der pflichtwidrigen Entnahme von Geld für eigene Zwecke an nach Datum bezeichneten Tagen, handelt es sich um einen geschichtlichen Vorgang, der sich von der abgeurteilten "unordentlichen Geschäftsführung" der Angeklagten und ihre den Mensaverein schädigenden Folgen unterscheidet. Auch im wesentlichen Ermittlungsergebnis der Anklageschrift werden eine schuldhaft unordentliche Geschäftsführung der Angeklagten und daraus entstandene Schäden nicht erwähnt. Mit dem bloßen Hinweis, die Angeklagte habe ab 1998 nicht mehr ordnungsgemäß Buch geführt und sie habe sich dahin eingelassen, "möglicherweise falsch gewirtschaftet und das alles gar nicht mehr in den Griff bekommen zu haben", ist der zur Verurteilung führende Vorwurf weder hinreichend konkret beschrieben, noch in den angeklagten geschichtlichen Lebenssachverhalt einbezogen. Die abgeurteilte Tat hätte daher nur im Wege einer Nachtragsanklage (§ 266 StPO) in das Verfahren einbezogen werden können (s. auch BGH NStZ 1981, 299); eine solche ist nicht erhoben worden.
Das Urteil ist daher aufzuheben und das Verfahren einzustellen, soweit die Angeklagte verurteilt wurde.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
OAAAC-08890
1Nachschlagewerk: nein