BGH Beschluss v. - 4 StR 444/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; StPO § 154 Abs. 2; StPO § 154 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Mißhandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit Verletzung der Fürsorgepflicht sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren (Einzelstrafen 2 Jahre 9 Monate und 8 Monate Freiheitsstrafe) verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen. Die Rechtsmittel bleiben im wesentlichen ohne Erfolg.

1. Der Senat stellt das Verfahren wegen der Tat vom (Fall III 3. b der Urteilsgründe) gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein. Die bisherigen Feststellungen belegen nicht, daß der nicht aktiv handelnde Angeklagte damit rechnen mußte, daß der andere in der besonderen Tatsituation (beide Angeklagten besuchten gemeinsam das Kind im Krankenhaus, aus dem es am nächsten Tag in eine Pflegefamilie entlassen werden sollte), das Kind noch einmal mißhandeln würde, und daß er dies noch hätte verhindern können. Eine Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung zur weiteren Aufklärung insoweit erscheint dem Senat aus den Gründen des § 154 Abs. 1 StPO nicht geboten, zumal die Sache im übrigen entscheidungsreif ist.

2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat nach der Teileinstellung des Verfahrens im übrigen zu den Schuld- und den Einzelstrafaussprüchen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in den Antragsschriften vom . Dem steht die Entscheidung des -, auf die sich die Revision des Angeklagten Carsten W. (RB vom ) beruft, nicht entgegen. Zwar hat das Landgericht nicht festzustellen vermocht, welcher der beiden Angeklagten das Kind aktiv mißhandelt hat; anders als der Tatrichter in jener Sache hat es sich aber aufgrund der Gleichartigkeit der Verletzungsmuster die Überzeugung verschafft, daß nur einer von ihnen, und zwar immer derselbe, der auch schon früher die Tochter mißhandelt hatte, tätlich geworden ist, während der andere die Taten geschehen ließ (UA 52, 65, 72, 105). Diese Beweiswürdigung läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Der Senat hätte allerdings Bedenken, die Rechtsauffassung des Landgerichts zu bestätigen, es sei dem nicht aktiv Handelnden "nicht nur zumutbar, sondern sogar zwingend geboten (gewesen), sich bei der Geburt Gedeons von seinem Ehepartner zu trennen, Gedeon mitzunehmen und ihn so zu schützen" (UA 117). Einer so weit gehenden strafbarkeitsbegründenden Pflicht könnte möglicherweise der durch das Grundgesetz garantierte Schutz der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) entgegenstehen. Darauf kommt es letztlich hier aber nicht an, denn zu Recht nimmt das Landgericht an, daß der nicht aktiv Handelnde - zumal vor dem Hintergrund der der einschlägigen Vorverurteilung zugrundeliegenden Vorgeschichte - spätestens, nachdem am Vortag der Tat vier Hämatome im Stirnbereich als sicheres Zeichen einer Mißhandlung deutlich zu Tage getreten waren, das Kind umgehend von dem "Aktivtäter" hätte trennen und es so dessen Einwirkungsmöglichkeit entziehen müssen. Angesichts der besonderen Gefahren, denen das Kind durch den aktiv mißhandelnden Elternteil ausgesetzt war, ist die Annahme einer solchen Handlungspflicht aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. auch BGHSt 41, 113, 117; BGH NStZ 1984, 164).

Fundstelle(n):
JAAAC-08403

1Nachschlagewerk: nein