Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 4; StGB § 24 Abs. 1
Instanzenzug: LG Hagen vom
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen eingelegte Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge Erfolg; eines Eingehens auf die Verfahrensrügen bedarf es deshalb nicht.
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht den Angeklagten der zum Nachteil des Heiko K. begangenen gefährlichen Körperverletzung für schuldig befunden. Dagegen hält die Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichten versuchten Totschlags der rechtlichen Prüfung deshalb nicht stand, weil die Begründung, mit der das Landgericht einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch gemäß § 24 Abs. 1 StGB verneint hat, durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
Nach den Urteilsfeststellungen stach der Angeklagte im Streit mit einem Klappmesser auf den Zeugen K. ein; dabei handelte er mit bedingtem Tötungsvorsatz. Drei wuchtige Stiche trafen das Tatopfer in den Hals, in den Oberbauch bis in die Nähe des Herzbeutels sowie in den Bereich der Leber und verursachten lebensgefährliche Verletzungen. Gleichwohl rannte der Geschädigte davon, wobei ihm der Angeklagte nachrief: "Lauf weg, sonst bring ich Dich um" und ihm mit dem Messer in der Hand eine kurze Strecke nachlief. Schließlich stellte der übergewichtige Angeklagte die Verfolgung des wesentlich jüngeren und wendigeren Zeugen K. ein und rief diesem nach "Geh weg, Du Penner".
Das Landgericht meint, es liege ein fehlgeschlagener Versuch vor. Von diesem habe der Angeklagte nicht freiwillig zurücktreten können, da er an der weiteren Tatausführung durch die Flucht des Geschädigten, dessen Verfolgung er aufgrund körperlicher Probleme habe abbrechen müssen, gehindert worden sei.
Diese Begründung trägt den Ausschluß eines strafbefreienden Rücktritts vom Totschlagsversuch nicht. Das Landgericht hat nicht hinreichend dargetan, daß der Angeklagte die Tat überhaupt noch vollenden wollte, als er dem Fliehenden mit dem Messer in der Hand eine kurze Strecke hinterherlief. Insbesondere könnte die Äußerung des Angeklagten "Lauf weg, sonst bring ich Dich um" gegen das Fortbestehen eines Tötungsvorsatzes sprechen. Mit dieser Äußerung hat sich das Landgericht nur im Zusammenhang mit der Abgrenzung des unbeendeten vom beendeten Versuch auseinandergesetzt. Es hat nicht bedacht, daß diese Äußerung auch für die Frage des Vorsatzes von Bedeutung sein kann, da ihr Wortlaut darauf hindeuten könnte, daß der Angeklagte, als er dem Fliehenden nacheilte, nur noch seinen Gegner verjagen und nicht mehr töten wollte.
Die Sache bedarf daher neuer Entscheidung. Im Hinblick auf die vom Landgericht angenommene tateinheitliche Verwirklichung von versuchtem Totschlag und - für sich rechtsfehlerfrei festgestellter - gefährlicher Körperverletzung hat der aufgezeigte Rechtsfehler die Aufhebung des Urteils insgesamt zur Folge (vgl. BGHR StPO § 353 Aufhebung 1).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
PAAAC-07750
1Nachschlagewerk: nein