BGH Beschluss v. - 5 StR 592/04

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 265; StPO § 349 Abs. 2; StGB § 27 Abs. 2 Satz 2; StGB § 28 Abs. 2; StGB § 49 Abs. 1; AO § 370; AO § 373; AO § 373 Abs. 1

Instanzenzug:

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Beihilfe zum Schmuggel" in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt sowie deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Revision des Angeklagten hat im Ergebnis keinen Erfolg.

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH, welche in der Nähe des Hamburger Freihafengeländes unter anderem Lagerfläche für Container vermietete. Gegen das Versprechen, jeweils in etwa das Doppelte des gewöhnlich erzielbaren Entgeltes zu erhalten, beteiligte sich der Angeklagte im Auftrag von Mitgliedern einer Schmuggelbande in zwei Fällen an der Abwicklung des Transports jeweils eines Containers aus dem Freihafen auf das Gelände der GmbH. In den Containern befanden sich unversteuerte und unverzollte Zigaretten, die aus dem Freihafen herausgeschmuggelt worden waren. Insgesamt verursachten die Täter einen Steuerschaden von rund zwei Millionen Euro.

Das Landgericht hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, daß der Angeklagte vom tatsächlichen Inhalt der Container positive Kenntnis hatte. Der Angeklagte habe aber "von vornherein mit der Möglichkeit (gerechnet), daß sich in den Containern Zigaretten befanden". Er habe dies - so die Urteilsfeststellungen - "geahnt". Eine Bandenmitgliedschaft des Angeklagten hat der Tatrichter ausdrücklich verneint. Feststellungen zu einem gewerbsmäßigen Handeln des Angeklagten oder zu weiteren - über seine gewöhnliche Geschäftstätigkeit hinausgehenden - Tatbeiträgen hat das Landgericht nicht getroffen.

Rechtlich seien die Handlungen des Angeklagten als "Beihilfe zum Grundtatbestand des Schmuggels" zu werten. Der Tatrichter hat die Strafen daher jeweils dem nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 373 Abs. 1 AO entnommen und dabei einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu drei Jahre neun Monate zugrunde gelegt. Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat das Landgericht "den bestreitenden Angaben des Angeklagten in der Hauptverhandlung keine ausschlaggebende Bedeutung für die Strafhöhe zugemessen" und auf Einzelstrafen von jeweils zehn Monaten erkannt.

II.

Das Rechtsmittel des Angeklagten führt lediglich zur Änderung des Schuldspruchs. Im übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Schuldspruch wegen "Beihilfe zum Grundtatbestand des Schmuggels" ist rechtsfehlerhaft. Bei § 373 AO handelt es sich um eine unselbständige tatbestandliche Abwandlung des § 370 AO, so daß es einen "Grundtatbestand des Schmuggels" schon begrifflich nicht gibt. Die strafschärfenden Merkmale der Gewerbsmäßigkeit und Bandenzugehörigkeit in § 373 AO stellen besondere persönliche Merkmale im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB dar (BGH wistra 1987, 30). Mithin kommt § 373 AO nur dann zur Anwendung, wenn der Täter oder Teilnehmer die besonderen persönlichen Merkmale in seiner Person verwirklicht. Da das Landgericht eine Bandenzugehörigkeit des Angeklagten ausdrücklich verneint und ein gewerbsmäßiges Handeln nicht festgestellt hat, stellt der Senat den Schuldspruch auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung um. Da der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können, steht § 265 StPO dem nicht entgegen.

2. Die Berechnung der hinterzogenen Einfuhrabgaben, die das Landgericht in einer dem Urteil beigefügten, nicht unterschriebenen Anlage mitgeteilt hat, begegnet unter mehreren Gesichtspunkten erheblichen Bedenken: Zum einen können durch diese Verfahrensweise Zweifel am von den richterlichen Unterschriften gedeckten Urteilsinhalt entstehen (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Bezugnahme 1), zum anderen liegt nahe, daß der Tatrichter seiner Aufgabe zur umfassenden Feststellung und Prüfung der Besteuerungsgrundlagen (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 Berechnungsdarstellung 5 m.w.N.) nicht gerecht geworden sein könnte. Vorliegend ist jedoch durch die Bezugnahme im Urteil auf die Tabellen im Anhang gerade noch eine ausreichende Verklammerung zwischen Urteilsurkunde und Anhängen hergestellt; auch hat der Angeklagte keine Einwendungen gegen die steuerlichen Berechnungen erhoben. Der Senat sieht daher trotz der aufgezeigten Bedenken von einer Aufhebung ab.

3. Auch die Feststellungen zur inneren Tatseite halten gerade noch sachlichrechtlicher Prüfung stand. Bei berufstypisch neutralen Handlungen läßt es der Bundesgerichtshof für den Beihilfevorsatz allerdings nicht ausreichen, daß der Hilfeleistende lediglich die Möglichkeit eines strafbaren Handelns durch den Haupttäter erkennt. Vielmehr muß hinzukommen, daß das von dem Hilfeleistenden erkannte Risiko strafbaren Tuns des von ihm Unterstützten derart hoch ist, daß er sich die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein läßt (BGHSt 46, 107, 112 m.w.N.). Der Senat entnimmt dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, namentlich auch der ungewöhnlichen Höhe des jeweils versprochenen Entgelts, daß diese Voraussetzungen hier gegeben sind.

4. Der Strafausspruch ist ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern.

Bereits der vom Landgericht herangezogene Strafrahmen ist fehlerhaft bestimmt worden. Die nach §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB vorgenommene Milderung des § 373 Abs. 1 AO führt zu einer Mindeststrafe von einem Monat (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 38 Abs. 2 StGB), nicht zu der vom Landgericht angenommenen Mindeststrafe von drei Monaten.

Darüber hinaus hätte das Landgericht den Angaben des bestreitenden Angeklagten im Rahmen der konkreten Strafzumessung nicht nur keine "ausschlaggebende Bedeutung", sondern überhaupt keine strafschärfende Bedeutung beimessen dürfen. Zulässiges Verteidigungsverhalten ist grundsätzlich nicht geeignet, das Maß der individuellen Schuld zu vertiefen (Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 46 Rdn. 50 ff. m.w.N.). Ein Fall, in dem das Verteidigungsverhalten ausnahmsweise als Ausdruck einer rechtsfeindlichen Gesinnung strafschärfend berücksichtigt werden kann (vgl. Tröndle/Fischer aaO), liegt nach den Feststellungen des Landgerichts ersichtlich nicht vor.

Der Senat sieht gleichwohl von der Aufhebung des Ausspruchs über die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe ab, weil die verhängte Rechtsfolge angesichts der Höhe des von den Tätern verursachten Steuerschadens aus Rechtsgründen nicht noch geringer hätte ausfallen können.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV-Beilage 2006 S. 84 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 11/2008 S. 950
NWB-Eilnachricht Nr. 23/2006 S. 1928
AAAAC-07541

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