Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: MRK Art. 6
Instanzenzug:
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in zehn Fällen, wegen versuchter Steuerhinterziehung und wegen Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Seine mit der Sachrüge begründete Revision hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Die Nachprüfung des Schuldspruches hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler ergeben. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist im Ergebnis zu entnehmen, daß der steuerrechtlich kundige Angeklagte die ihm vorgeworfenen Steuerverkürzungen eingeräumt hat. Es ist daher letztlich gerade noch hinzunehmen, daß der Tatrichter die von der Steuerfahndung vorgenommenen Schätzungen mit einem Sicherheitsabschlag übernommen hat, ohne die Schätzungsgrundlagen und die Schätzungsmethoden jeweils nachprüfbar darzustellen (vgl. BGH wistra 2001, 266 und 308).
2. Dagegen ist der Ausspruch über die bezeichneten Einzelstrafen und die Gesamtstrafe aufzuheben. Zutreffend hat das Landgericht bei der Strafzumessung strafmildernd die lange zurückliegende Tatzeit und die lange Verfahrensdauer in die Abwägung eingestellt. Darüber hinaus hat es ausdrücklich eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung im Sinne von Art. 6 MRK von zumindest zwei Jahren festgestellt, die im Verlauf des Ermittlungsverfahrens durch die Finanzverwaltung verursacht worden ist. Im Hinblick auf diese Verletzung des Gebotes zur Verfahrensbeschleunigung hat der Tatrichter in sechs der davon betroffenen Fällen der Steuerhinterziehung das Ausmaß der Berücksichtigung dieses Umstands im einzelnen durch einen Vergleich der jeweils an sich verwirkten mit der tatsächlich verhängten Strafe konkret bestimmt (vgl. BGH NStZ 2003, 601 m.w.N.).
Sodann heißt es im Urteil: "Dabei ist irrtümlich unterlassen worden, dieselbe Ermäßigung auch für die übrigen Fälle der Steuerhinterziehung (2.2.1.4, 2.2.2.1 bis 2.2.2.3 und 2.2.3, Fälle 9 bis 13 der Anklageschrift) vorzunehmen. Auch für diese Fälle war die Betriebsprüfung einschließlich Bericht im September/Oktober 1998 abgeschlossen und hätte der Strafbericht in Angriff genommen werden können." Die Revision des Angeklagten hat dieses Versehen im Rahmen der Sachrüge ausdrücklich gerügt.
Der aufgezeigte Fehler führt entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts zur Aufhebung der davon betroffenen Einzelstrafen und der erkannten Gesamtstrafe. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß bei ausdrücklicher Berücksichtigung der Verfahrensverzögerungen auch in diesen Fällen eine dem Angeklagten günstigere Strafe gefunden worden wäre. Die zugrundeliegenden Feststellungen können aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter kann ergänzende, den bisherigen nicht widersprechende Feststellungen treffen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
NWB-Eilnachricht Nr. 6/2006 S. 403
BAAAC-07519
1Nachschlagewerk: nein