BGH Beschluss v. - 5 StR 536/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: StPO § 349 Abs. 4; StPO § 349 Abs. 2; StPO § 354a; AsylVfG § 61 Abs. 1; AuslG § 92 Abs. 1 Nr. 1; AuslG § 92 Abs. 1 Nr. 3; AuslG § 92 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 138 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 2; StGB § 73 Abs. 1 Satz 2; StGB § 181a; StGB § 180a Abs. 1 Nr. 2

Instanzenzug:

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten T wegen Förderung der Prostitution in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, mit Zuhälterei, mit gewerbsmäßiger Hilfeleistung zum Verstoß gegen § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG sowie mit Beihilfe zum Verstoß gegen § 92 Abs. 1 Nr. 3 AuslG und zur nach § 61 Abs. 1 AsylVfG unerlaubten Ausübung einer Erwerbstätigkeit, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, mit tateinheitlich in vier Fällen begangener Zuhälterei, mit gewerbsmäßiger Hilfeleistung zum Verstoß gegen die §§ 92 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AuslG sowie mit Beihilfe zur nach § 61 Abs. 1 AsylVfG unerlaubten Ausübung einer Erwerbstätigkeit, in einem Fall in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Hilfeleistung zum Verstoß gegen § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG sowie mit Beihilfe zur nach § 61 Abs. 1 AsylVfG unerlaubten Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision hat in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Die tateinheitlichen Verurteilungen wegen Förderung der Prostitution nach § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB a. F. haben aus Rechtsgründen keinen Bestand. Dieser Straftatbestand ist durch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten - ProstG - vom (BGBl I S. 3983) aufgehoben worden. Diese Rechtsänderung hat das Revisionsgericht nach § 354a StPO zu berücksichtigen. Die Korrektur des Schuldspruches führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruches, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß ohne die Berüccksichtigung des mittlerweile außer Kraft getretenen Straftatbestandes das Landgericht geringere Einzelstrafen und eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte.

Die Anordnung des Verfalls unterliegt durchgreifenden Bedenken. Insoweit hat das Landgericht die durch die Zuhältereihandlungen des Angeklagten betroffenen Frauen zu Unrecht nicht als Verletzte im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB angesehen. Das Landgericht hat seine Auffassung darauf gestützt, daß diese Frauen im Hinblick auf ihre gesetz- und sittenwidrigen Einkünfte keine Ansprüche gegen den Angeklagten T hätten. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob diese Rechtsauffassung vor der Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten zutreffend war. Jedenfalls nach der nunmehr getroffenen Wertentscheidung (§ 1 ProstG) sind weder die Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig noch sind rechtliche Hinderungsgründe ersichtlich, wonach Prostituierte rechtswidrige Einbußen ihres (jedenfalls auch) aus den Prostitutionserlösen bestehenden Vermögens nicht im Wege eines Schadensersatzanspruches geltend machen könnten. Da die Strafvorschrift des § 181a StGB gerade auch dem Schutz der Prostituierten dient und sie vor finanzieller Abhängigkeit und Ausbeutung durch den Zuhälter bewahren will (vgl. BGHSt 42, 179, 180 f.), ist diese Regelung auch Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.

Der neue Tatrichter wird deshalb festzustellen haben, inwieweit - über die vom Angeklagten im Vergleichswege bereits zugesagten Schadensersatzzahlungen in Höhe von 104.000 DM an die Nebenklägerinnen hinaus - entsprechende Schadensersatzansprüche bestehen. Dabei sind die Möglichkeiten der Zurückgewinnungshilfe (§ 111b Abs. 5 StPO) in Betracht zu ziehen. Weiterhin sind, da Gegenstand des Verfalls nach dem Wegfall des § 180a Abs. 1 Nr. 2 StGB a. F. nur noch die Vorteile aus den verbleibenden ausländerrechtlichen Taten sein können, nur diese aus dem Gesamtumfang der Prostitutionserlöse zu berücksichtigen. Die hierzu noch vorzunehmenden Ermittlungen berühren die vom Landgericht bislang getroffenen Feststellungen nicht, weshalb diese im vollen Umfang aufrechterhalten werden können. Der neue Tatrichter ist nicht gehindert, zusätzliche Feststellungen zu treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

Bei der Neubemessung der Strafen wird die unerklärlich lange Zeitdauer des Revisionsverfahrens (Übersendung der Akten an den Generalbundesanwalt erst ein Jahr nach Eingang der Revisionsbegründung) zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen sein (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13).

Fundstelle(n):
PAAAC-07455

1Nachschlagewerk: nein