BGH Beschluss v. - XII ZB 92/03

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 114

Instanzenzug: OLG Braunschweig vom

Gründe

I.

Die Parteien sind getrennt lebende Ehegatten; sie streiten um Kindes- und Trennungsunterhalt. Die am geborene gemeinsame Tochter M. wohnt bei der Kindesmutter.

Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 465 DM (ab Januar 2002: 231 €) sowie monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 857 DM (ab Januar 2002: 438,18 €) zu zahlen. Die weitergehende Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie einen um 175,37 € erhöhten Trennungsunterhalt begehrt. Für diesen Antrag und für eine beabsichtigte Berufungserweiterung auf monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 1.487,39 DM hat die Klägerin Prozeßkostenhilfe beantragt.

Das Berufungsgericht hat der Klägerin Prozeßkostenhilfe für die Verteidigung gegen eine unzulässige Anschlußberufung bewilligt, ihren Antrag auf Prozeßkostenhilfe für die eigene Berufung und die beabsichtigte Berufungserweiterung hingegen zurückgewiesen. Eine Gegenvorstellung der Klägerin hat es mit Beschluß vom ebenfalls zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Beschluß vom hat das Berufungsgericht eine weitere Gegenvorstellung der Klägerin zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde wegen der Frage zugelassen, "ob hinreichende Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels zu bejahen sind, wenn deren Verneinung eine Begründung erfordert, die eine bestimmte Anzahl von Seiten überschreitet". Gegen diesen Beschluß richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Berufungsgericht sie in dem angefochtenen Beschluß zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig. Zwar kann die Rechtsbeschwerde im Verfahren über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nur wegen solcher Fragen zugelassen werden, die das Verfahren selbst oder die persönlichen Voraussetzungen der Prozeßkostenhilfe, nicht aber die Erfolgsaussicht der Hauptsache betreffen ( - FamRZ 2003, 671). Die Zulassung des Berufungsgerichts betrifft allerdings eine solche verfahrensrechtliche Frage, nämlich ob eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO allgemein schon bei einem gewissen Begründungsaufwand des die Prozesskostenhilfe versagenden Beschlusses gegeben ist.

2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Ein Rechtsschutzbegehren hat dann hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 114 ZPO, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt.

a) Die Rechtsfrage, wegen der das Berufungsgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, ist einer solchen generellen Klärung allerdings nicht zugänglich, denn der Umfang einer die Prozeßkostenhilfe versagenden Entscheidung läßt allein regelmäßig keine Rückschlüsse auf die Bedeutung der zu Grunde liegenden Rechtsfrage zu, sondern wird eher vom persönlichen Stil des erkennenden Gerichts bestimmt.

b) Auch die in der Hauptsache relevante Rechtsfrage, nämlich ob vom Einkommen des Beklagten vorab ein Erwerbstätigenbonus in Höhe von 1/7 abgesetzt werden kann, ist in der ständigen Rechtsprechung des Senats hinreichend geklärt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muß dem Unterhaltspflichtigen bei der Bemessung des ehebedingten Unterhaltsbedarfs ein die Hälfte des verteilungsfähigen Einkommens maßvoll übersteigender Betrag verbleiben ( IVb ZR 59/88 - FamRZ 1989, 842, 843 und vom - XII ZR 74/89 - FamRZ 1990, 1090, 1091). Diesen Berufstätigenbonus hat der Senat stets damit begründet, daß der mit der Erwerbstätigkeit verbundene höhere Aufwand abzugelten und zugleich ein Anreiz für die weitere Erwerbstätigkeit zuzubilligen sei. Die Höhe des Erwerbstätigenbonus steht dabei grundsätzlich im Ermessen des Tatrichters und ist deswegen nur bedingt nachprüfbar.

An dieser Rechtsprechung hat sich auch durch die neuere Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts zur Bewertung der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung während bestehender Ehe nichts geändert. Nach dieser Rechtsprechung des Senats werden die ehelichen Lebensverhältnisse nicht nur durch die Bareinkünfte des erwerbstätigen Ehegatten, sondern auch durch die Leistungen des anderen Ehegatten im Haushalt und bei der Kindererziehung mitbestimmt und hierdurch verbessert. In welchem Umfang Haushaltstätigkeit und Kindererziehung die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben, ergibt sich hingegen aus dem Wert der als Surrogat an ihre Stelle tretenden späteren Erwerbstätigkeit (vgl. - FamRZ 2004, 1170, 1172; vom - XII ZR 343/99 - BGHZ 148, 105, 120 f. und vom - XII ZR 336/99 - FamRZ 2001, 1693, 1694), bei der - wie bei dem unterhaltspflichtigen Ehegatten - ebenfalls ein Erwerbstätigenbonus zu berücksichtigen ist. Somit ist selbst die hier hinter der Zulassungsfrage stehende (die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung betreffende) Frage im Sinne des angefochtenen Beschlusses entschieden und weder von grundsätzlicher Bedeutung noch im Sinne einer einheitlichen Rechtsprechung klärungsbedürftig.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
RAAAC-06306

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein