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BGH Beschluss v. - XII ZB 205/01

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: SGB IV § 18; VAHRG § 2; VAHRG § 3 b Nr. 1; VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1; VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 2; BGB § 1587 b Abs. 5; BGB § 1587 b Abs. 6; BGB § 1587 a Abs. 3; BGB § 1587 a Abs. 4; BGB § 1587 a Abs. 1; BGB § 1587 b Abs. 1; BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 3

Instanzenzug: OLG München

Gründe

I.

Die am 26. Februar 1972 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den dem Ehemann (Antragsgegner) am zugestellten Antrag der Ehefrau (Antragstellerin) durch Urteil vom geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde abgetrennt und mit Beschluß vom geregelt.

Während der Ehezeit ( bis ; § 1587 Abs. 2 BGB) erwarben die Ehegatten nach den Feststellungen des Amtsgerichts jeweils Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz (weitere Beteiligte, LVA). Die am geborene Ehefrau erwarb Anwartschaften in Höhe von 160,63 DM und angleichungsdynamische Anwartschaften in Höhe von 650,98 DM, jeweils monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit. Der am geborene Ehemann erwarb Anwartschaften in Höhe von 323,22 DM und angleichungsdynamische Anwartschaften in Höhe von 915,55 DM, jeweils monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit. Daneben besteht für den Ehemann ein auf die Ehezeit entfallendes Anrecht auf eine statische Betriebsrente bei der Textilwerke D. GmbH in Höhe von jährlich 1.200 DM.

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es angleichungsdynamische Rentenanwartschaften des Ehemanns bei der LVA in Höhe von 132,29 DM und Rentenanwartschaften in Höhe von 81,30 DM, jeweils monatlich und bezogen auf den , auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA übertragen hat. Außerdem hat es - im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG, § 1587 b Abs. 1 BGB - von dem Versicherungskonto des Ehemanns bei der LVA weitere Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 7,46 DM, bezogen auf den , auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA übertragen. Für die Umrechnung des statischen Anrechts des Ehemanns auf eine Betriebsrente in eine dynamische Anwartschaft hat es dessen Barwert nicht nach der Barwertverordnung, die es für verfassungswidrig erachtet, sondern unter Bezugnahme auf in der Literatur veröffentlichte "Ersatztabellen" mit 3.252,21 DM ermittelt und es auf dieser Grundlage in eine dynamische Anwartschaft in Höhe von monatlich 14,93 DM umgerechnet.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde hat die LVA gerügt, das Amtsgericht habe bei der Umrechnung der statischen Anwartschaften nicht von der zwingend angeordneten Anwendung der Barwertverordnung absehen dürfen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene weitere Beschwerde der LVA, mit der sie weiterhin die Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich begehrt.

II.

Die weitere Beschwerde ist begründet.

1. Das Oberlandesgericht hat unter Bezugnahme auf seinen in FamRZ 1999, 1432 ff. veröffentlichten Beschluß angenommen, die Barwertverordnung sei verfassungswidrig. Deshalb seien anstelle der Tabellen der Barwertverordnung die im Jahre 2000 veröffentlichten "Ersatztabellen" (Glockner/Gutdeutsch FamRZ 2000, 270, 271) für die Barwertermittlung heranzuziehen. Dies habe das Amtsgericht korrekt getan.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Wie der Senat (mit Beschluß vom - XII ZB 121/99 - FamRZ 2001, 1695 ff.) entschieden hat, sind die Gerichte bei der Ermittlung der Barwerte für statische und teildynamische Anwartschaften grundsätzlich auch weiterhin an die Barwertverordnung und deren Tabellen gebunden; auf "Ersatztabellen" kann nicht zurückgegriffen werden. Auf diesen Beschluß, dessen Abdruck beigefügt wird, wird verwiesen. Da auch keine Besonderheiten vorliegen, bedarf es keiner individuellen Wertermittlung der Anrechte.

3. Danach können die Entscheidungen der Vorinstanzen keinen Bestand haben. Der Senat kann anhand der vom Tatrichter zugrunde gelegten Versorgungsauskünfte, gegen die von seiten der Beteiligten keine Einwände erhoben wurden und auch sonst keine Bedenken ersichtlich sind, selbst entscheiden.

a) Auf seiten des Ehemanns sind in der Ehezeit erworbene Anwartschaften in Höhe von monatlich 323,22 DM und angleichungsdynamische Anwartschaften in Höhe von monatlich 915,55 DM bei der LVA für den Versorgungsausgleich zu berücksichtigen, sowie das unverfallbare Anrecht auf eine Betriebsrente bei der Textilwerke D. GmbH. Nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB ist nur der zeitratierlich zu berechnende Ehezeitanteil der Betriebsrente auszugleichen, der tatrichterlich mit 524,55 DM jährlich festgestellt ist. Da der Wert der Versorgung nach der Versorgungsregelung der GmbH nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie der Wert der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung, ist der ehezeitlich erworbene Anteil der Versorgung gemäß § 1587 a Abs. 3, 4 BGB in eine dynamische Rente umzurechnen. Dies geschieht, indem zunächst der Barwert des im Anwartschafts- und Leistungsstadium statischen Anrechts, das für den Fall des Alters und der Invalidität zugesagt ist, nach Tabelle 1 BarwertVO ermittelt wird. Bei dem anzuwendenden Barwertfaktor von 4,6 (Alter des Ehemannes zum Ehezeitende: 53) ergibt sich ein Barwert von 2.412,93 DM. Zur Umrechnung in ein dynamisches Anrecht wird dieser Betrag fiktiv in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt. Der Betrag wird daher mit dem für das Ende der Ehezeit geltenden Umrechnungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung in Entgeltpunkte umgerechnet, diese sodann mit Hilfe des aktuellen Rentenwerts nach § 1587 a Abs. 3, 4 BGB in eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies ergibt eine dynamisierte Rente von monatlich 11,07 DM (2.412,93 DM x 0,0000950479 ( 0,2293 Entgeltpunkte x 48,29 DM = 11,07 DM), bezogen auf den . Der Ehemann hat daher während der Ehezeit insgesamt Anwartschaften in Höhe von 334,29 DM und zusätzlich angleichungsdynamische Anwartschaften in Höhe von 915,55 DM, jeweils monatlich, erworben.

Auf seiten der Ehefrau sind in der Ehezeit erworbene Anwartschaften bei der LVA in Höhe von 160,63 DM und angleichungsdynamische Anwartschaften in Höhe von 650,98 DM, jeweils monatlich, zu berücksichtigen.

b) Dementsprechend ist gemäß § 1587 a Abs. 1 BGB der Ehemann, der jeweils die werthöheren Anwartschaften erworben hat, bezüglich der Anwartschaften in Höhe von 81,30 DM [(323,22 - 160,63) : 2] und bezüglich der angleichungsdynamischen Anwartschaften in Höhe von 132,29 DM [(915,55 - 650,98) : 2] ausgleichspflichtig. Das Familiengericht hat richtig bezüglich der bei der LVA erworbenen Anwartschaften das Rentensplitting in Höhe von 81,30 DM und bezüglich der dort erworbenen angleichungsdynamischen Anwartschaften getrennt das Rentensplitting nach § 1587 b Abs. 1 BGB, § 3 Abs. 1 VAÜG in Höhe von 132,29 DM durchgeführt.

c) Das Anrecht des Ehemanns auf eine betriebliche Altersversorgung richtet sich gegen einen inländischen privatrechtlich organisierten Versorgungsträger, der die Realteilung nicht zuläßt. Es unterliegt daher grundsätzlich dem schuldrechtlichen Ausgleich nach § 2 VAHRG. Anstelle des schuldrechtlichen Ausgleichs kann jedoch nach § 3 b Nr. 1 VAHRG bis zur Höhe von 2 % des auf einen Monat entfallenden Teils der am Ende der Ehezeit maßgebenden Bezugsgröße (§ 18 SGB IV), hier 89,60 DM, ein anderes vor oder während der Ehe erworbenes Anrecht des Verpflichteten, das seiner Art nach durch Übertragung oder Begründung von Anrechten ausgeglichen werden kann, zum Ausgleich herangezogen werden. Der Ausgleich erfolgt daher im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Nr. 1 VAHRG in Höhe von 5,53 DM monatlich (11,07 DM : 2). Dieser Betrag entspricht 2,83 €.

d) Der Höchstbetrag nach § 1587 b Abs. 5 BGB von 1.795,32 DM ist nicht überschritten. Die übertragenen Rentenanwartschaften sind nach § 1587 b Abs. 6 BGB, § 3 Abs. 1 VAÜG in Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Fundstelle(n):
KAAAC-06116

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein