Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 92 Abs. 1 Satz 1; ZPO § 93; ZPO § 272 Abs. 2; ZPO § 276; ZPO § 276 Abs. 1 Satz 1; ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; ZPO § 574 Abs. 3 Satz 2; EGBGB Art. 229 § 4 Satz 1; EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1
Instanzenzug: LG München I 4 O 24740/04 vom OLG München 19 W 1464/05 vom
Gründe
I.
Die Rechtsvorgängerin der beklagten Hypothekenbank (im Folgenden: Beklagte) gewährte der Klägerin 1995 ein Darlehen. Im Jahre 2000 bewilligte sie die vorzeitige Ablösung gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Sie berechnete die Höhe der Entschädigung nach der so genannten Aktiv-Passiv-Methode und legte dabei als Rendite aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage des frei gewordenen Betrages die Rendite öffentlicher Anleihen zugrunde. Die Klägerin machte mit Schreiben vom unter Bezugnahme auf ein Gutachten einer Verbraucherzentrale geltend, die Berechnung sei unzutreffend, bat, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des erkennenden Senats vom , um Überprüfung und setzte im Hinblick auf die drohende Verjährung eine Frist bis zum . Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom , die Umsetzung der Entscheidung vom sei noch nicht möglich, weil die schriftlichen Urteilsgründe noch nicht vorlägen. Sie verzichte deshalb bis zum auf die Einrede der Verjährung und werde noch mitteilen, ob ein Nachberechnungsanspruch bestehe. Ein Anerkenntnis auf Nachberechnung sei damit nicht verbunden. Dieses Schreiben ging der Klägerin am zu.
Die Klägerin hat mit einem am eingegangenen Schriftsatz vom Klage auf Rückzahlung eines Teils der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 20.855,11 € erhoben. Nach gerichtlicher Veranlassung des schriftlichen Vorverfahrens hat die Beklagte einen Tag nach Ablauf der Frist gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO mitgeteilt, sie sei bereit, eine Neuberechnung vorzunehmen und einen etwaigen Überschuss auszuzahlen. Entsprechend der Neuberechnung werde sie den Klageantrag gegebenenfalls ganz oder teilweise anerkennen. Sie werde sich gegen die Klage nur verteidigen, soweit diese nach der Neuberechnung unbegründet sei. Derzeit sei eine Neuberechnung noch nicht sinnvoll, weil die Entscheidungsgründe des Urteils vom noch nicht vorlägen.
Am hat die Beklagte einen Betrag in Höhe von 6.837,74 € unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt und im Übrigen Klageabweisung beantragt. Die Klägerin hat die Klage daraufhin, soweit sie über den anerkannten Betrag hinausging, zurückgenommen. Das Landgericht hat die Beklagte durch Anerkenntnisurteil zur Zahlung von 6.837,74 € verurteilt und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Auf deren sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht durch den angefochtenen Beschluss die Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils dahin abgeändert, dass die Klägerin zwei Drittel und die Beklagte ein Drittel der Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beklagte mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO zulässige (, NJW-RR 2004, 999) Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO liege nicht vor. Die Beklagte habe zwar keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben. Die Klägerin habe im Schreiben vom eine zu knappe Frist gesetzt und die Verjährungsfrist bis zum Jahresende weitergehend ausschöpfen müssen. Außerdem habe sie nur eine Neuberechnung der Vorfälligkeitsentschädigung verlangt und den eingeklagten Betrag vor Klageerhebung nicht geltend gemacht. Die Beklagte habe den Anspruch aber nicht sofort anerkannt. Ein Anerkenntnis erfolge in der Regel nur dann sofort, wenn es spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Erklärung über die Verteidigungsbereitschaft gemäß § 276 ZPO erklärt werde. Dies sei hier nicht geschehen. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie erst nach Vorlage der schriftlichen Gründe des Urteils vom zu einer Neuberechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in der Lage gewesen sei. Anders als eine gesetzliche Neuregelung ändere eine neue höchstrichterliche Rechtsprechung die objektive Rechtslage nicht.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Das Berufungsgericht hat der Beklagten gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu Recht die auf ihr Anerkenntnis entfallenden Kosten auferlegt. Die Voraussetzungen, unter denen diese Kosten gemäß § 93 ZPO von der Klägerin zu tragen wären, liegen nicht vor.
a) Ob nach Veranlassung eines schriftlichen Vorverfahrens (§ 272 Abs. 2, § 276 ZPO) ein Anerkenntnis nur dann sofort erklärt wird, wenn es, anders als im vorliegenden Fall, bereits im ersten Erklärungsschriftsatz erfolgt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (vgl. Bork, in: Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 93 Rdn. 6 m.w.Nachw. zum Meinungsstand; Vossler NJW 2006, 1034, 1035 zur Rechtslage nach der Neufassung des § 307 ZPO durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz vom , BGBl. I S. 2198). Diese Frage braucht nicht entschieden zu werden, weil die Beklagte jedenfalls Anlass zur Klageerhebung gegeben hatte.
b) Das vorprozessuale Verhalten eines Beklagten gibt Anlass zur Erhebung der Klage, wenn es vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt (, WM 1979, 884, 885; Zöller/Herget, ZPO 25. Aufl. § 93 Rdn. 3, jeweils m.w.Nachw.). Diesen Schluss durfte die Klägerin berechtigterweise ziehen, weil ihre Forderung gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 Satz 1 EGBGB mit Ablauf des zu verjähren drohte und die Beklagte ihr Schreiben vom nicht innerhalb der gesetzten Frist bis zum beantwortet hatte. Die Beklagte konnte zwar innerhalb dieser Frist das Schreiben der Klägerin nicht abschließend bearbeiten, weil die Klägerin um Berücksichtigung der Senatsentscheidung vom gebeten hatte, deren schriftliche Gründe noch nicht veröffentlicht waren. Sie konnte aber kurzfristig auf die Einrede der Verjährung verzichten und eine Neuberechnung der Vorfälligkeitsentschädigung verbindlich in Aussicht stellen. Hierzu bestand vor allem deshalb Anlass, weil die Beklagte unabhängig von dem Senatsurteil vom wissen musste, dass sie die Vorfälligkeitsentschädigung fehlerhaft berechnet hatte. Der Senat hatte bereits durch Urteil vom (BGHZ 146, 5, 12) entschieden, dass einer Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nach der Aktiv-Passiv-Methode die Rendite einer Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen und nicht, wie in der Berechnung der Beklagten, die Rendite von Wertpapieren der öffentlichen Hand zugrunde zu legen ist. Daran hatte sich durch das Urteil des Senats vom (BGHZ 161, 196 ff.) nichts geändert. Die Beklagte konnte der Pressemitteilung des und der anschließenden Berichterstattung in den Medien entnehmen, dass der Senat sich in seinem Urteil vom nur gegen eine Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung anhand der Wiederanlagerenditen des so genannten PEX-Index ausgesprochen hatte, den die Beklagte bei ihrer Berechnung ohnehin nicht herangezogen hatte. Selbst wenn sie angesichts des ausdrücklichen Wunsches der Klägerin um Berücksichtigung des Urteils vom nicht verpflichtet war, die Neuberechnung bereits vor der Veröffentlichung der schriftlichen Urteilsgründe vorzunehmen, war sie aufgrund der offensichtlichen Unrichtigkeit ihrer bisherigen Berechnung jedenfalls gehalten, auf das Schreiben der Klägerin vom sofort, d.h. innerhalb der gesetzten Frist bis zum , auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Der Klägerin war es nicht zuzumuten, die zur Verjährungsunterbrechung erforderliche Klageerhebung über den hinaus bis zum Zugang des Schreibens der Beklagten am zurückzustellen.
3. Die Rechtsbeschwerde war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
RAAAC-05334
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein