Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: SortG § 10a Abs. 6; ZPO § 91a; ZPO § 92 Abs. 2 Nr. 1; ZPO § 574
Instanzenzug: LG Frankfurt/Main 2/6 O 518/00 vom OLG Frankfurt/Main 6 U 99/01 vom
Tatbestand
Die Klägerin nimmt als Vereinigung von Sortenschutzinhabern den beklagten Landwirt im Weg der gewillkürten Prozessstandschaft für eine Vielzahl von Inhabern von Sortenschutzrechten, die nach ihrer Behauptung entweder zu ihren Gesellschaftern gehören oder Mitglieder des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter e.V. sind, der seinerseits Gesellschafter der Klägerin ist, auf Auskunft über vom Beklagten durchgeführten Nachbau in Anspruch.
Für die von der Klägerin zunächst bezeichneten 526 Pflanzensorten besteht oder bestand Sortenschutz nach den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts oder nach nationalem Recht. Die Klägerin hat zunächst Auskunft darüber begehrt, ob der Beklagte in der Vegetationsperiode 1998/99 in seinem Betrieb Erntegut, das er durch Anbau von Vermehrungsmaterial bestimmter Sortenschutzinhaber bzw. Nutzungsberechtigter im eigenen Betrieb gewonnen hat, als Vermehrungsmaterial verwendet hat (Nachbau) und weiter beantragt, bei den Sorten, mit denen er Nachbau betrieben hat, der Klägerin Auskunft über die Menge des von ihm verwendeten Saatguts zu erteilen, und zwar mit der Maßgabe, dass hinsichtlich einzelner, näher bezeichneter Sorten Auskunft erst ab einem bzw. nur bis zu einem bestimmten, jeweils näher bezeichneten Zeitpunkt zu erteilen sein sollte. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. In der Berufungsinstanz hat der Beklagte hinsichtlich einzelner Sorten, für die die Klägerin Anhaltspunkte dafür vorgetragen hat, dass er in seinem Betrieb vor der Vegetationsperiode 1998/99 über Vermehrungsmaterial verfügt hat, Auskunft erteilt. Die Parteien haben daraufhin den Rechtsstreit hinsichtlich dieser Sorten für erledigt erklärt. Hinsichtlich weiterer Sorten und hinsichtlich des Auskunftszeitraums für einzelne Sorten hat die Klägerin ihre Klage mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen. Der von der Klägerin in der Berufungsinstanz zuletzt gestellte Antrag erfasste noch 511 teils national, überwiegend aber europäisch geschützte Sorten; er ist auf den Seiten 5, 5a ff. des Berufungsurteils vollständig wiedergegeben, und auf ihn wird Bezug genommen. Der Beklagte hat beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Das Berufungsgericht hat, soweit nicht die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen hat und die Parteien den Rechtsstreit teilweise für erledigt erklärt haben, das Landgerichtsurteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit der diese ihr zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Der Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Gründe
Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts stehen der Klägerin die geltend gemachten Auskunftsansprüche bezüglich der gemeinschaftsrechtlich geschützten Sorten nicht zu, da die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl. L 227 vom S. 1, nachfolgend: GemSortV) und nach Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom über den gemeinschaftlichen Sortenschutz; ABl. L 173 vom S. 14 (nachfolgend: NachbauV) nicht erfüllt seien. Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom (C-305/00, Slg. 2003 I 3225 = GRUR 2003, 868 = GRUR Int. 2003, 736 = Mitt. 2003, 311 - Schulin./.STV) sei es für den Auskunftsanspruch nach Art. 8 NachbauV zwar erforderlich, aber auch ausreichend, dass Anhaltspunkte für eine Nachbauhandlung des Landwirts vorlägen, wofür etwa der Erwerb von Vermehrungsmaterial ausreiche. Dies lasse sich dahin verallgemeinern, dass Anlasstatsachen immer dann gegeben seien, wenn feststehe, dass der Landwirt über Vermehrungsmaterial einer geschützten Sorte in seinem Betrieb tatsächlich verfügt habe und er deshalb jedenfalls die Möglichkeit gehabt habe, daraus gewonnene Ernteerzeugnisse zum Nachbau einzusetzen. Sei eine die Möglichkeit des Nachbaus eröffnende Anlasstatsache gegeben, beschränke sich der dadurch begründete Auskunftsanspruch aber auf die Nachbauhandlungen, die der Landwirt möglicherweise mit derjenigen Sorte vorgenommen habe, auf die sich die Anlasstatsache beziehe. Aus dem Gesamtzusammenhang der genannten Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ergebe sich, dass dieser die ihm im Vorabentscheidungsverfahren vorgelegte Frage in diesem Sinn habe beantworten wollen. Wenn bereits die Verwendung von Vermehrungsmaterial einzelner geschützter Sorten eine umfassende Auskunftsverpflichtung des Landwirts für alle geschützten Sorten auslöse, wäre das vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Rdn. 66 ff. seiner Entscheidung empfohlene Erfassungssystem im Ergebnis überflüssig, da ein wirtschaftlich rentabler Anbau ohne Verwendung geschützter Sorten praktisch nicht möglich sei. Der Auffassung, es bestehe ein "abstrakter" Auskunftsanspruch, habe der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eine Absage erteilt. Auch Auskunft über den der Anlasstatsache vorausgehenden Zeitraum müsse nicht erteilt werden. Der Schluss vom Besitz von Vermehrungsmaterial einer geschützten Sorte auf die Möglichkeit einer Nachbauhandlung mit aus diesem Vermehrungsmaterial gewonnenen Ernteerzeugnissen sei nur gerechtfertigt, soweit der Nachbau dem Besitz nachfolge. Bei der Annahme, der Landwirt habe bereits vor der Anlasstatsache Nachbau betrieben, handle es sich um eine bloße Vermutung, die einen Auskunftsanspruch nicht rechtfertige.
Zwar habe § 10a Abs. 6 SortG für national geschützte Sorten einen eigenständigen Regelungsgehalt, der den Auskunftsanspruch grundsätzlich davon abhängig mache, dass der Landwirt tatsächlich Nachbau betrieben habe. Die Vorschrift biete jedoch einen gewissen Auslegungsspielraum, mit dem die Durchsetzung des Auskunftsanspruchs für den Berechtigten erleichtert werden könne. Es sei geboten, den Auskunftsanspruch nach nationalem Recht dem nach Art. 8 NachbauV entsprechen zu lassen.
Die Klägerin habe in dem nach der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung weiterverfolgten Umfang der Klage keine vor der streitgegenständlichen Vegetationsperiode liegenden Anlasstatsachen vorgetragen, die sich auf eine der vom zuletzt gestellten Klageantrag erfassten Sorten bezögen.
II. Die Klägerin macht mit ihrer Revision geltend, der Auskunftsanspruch beziehe sich nicht lediglich auf die Sorte, für die eine Anlasstatsache nachgewiesen sei. Er bestehe nämlich gegenüber jedem Landwirt, der zu seinem eigenen Vorteil von der Ausnahmeregelung des Art. 14 GemSortV Gebrauch mache. Die Auskunftspflicht setze auch nicht erst dann ein, wenn hinsichtlich jeder einzelnen Sorte eine Nachbauhandlung zu erwarten sei. Es genüge, dass der Landwirt Vermehrungsgut einer unter den gemeinschaftsrechtlichen Schutz fallenden Sorte gewonnen habe. Ausgenommen von der Auskunftspflicht seien vielmehr nur diejenigen Landwirte, die niemals Vermehrungsgut einer gemeinschaftsrechtlich geschützten Pflanzensorte einer der in Art. 14 Abs. 2 GemSortV aufgeführten Arten erworben oder angebaut hätten. Der Landwirt, der Nachbau betreibe und daher gegenüber der Klägerin ohnehin zur Auskunft verpflichtet sei, werde auch durch eine Erstreckung der Auskunftspflicht auf sämtliche der von ihm tatsächlich angebauten geschützten Sorten nicht unangemessen benachteiligt. Zudem entspreche es der Lebenserfahrung, dass ein Nachbau betreibender Landwirt nicht nur in dem Umfang Nachbau betreibe, der sich bereits aus der konkreten Anlasstatsache ergebe. Anhaltspunkte dafür, dass der Landwirt Vermehrungsgut einer geschützten Sorte in seinem Betrieb gewonnen habe, begründeten daher einen umfassenden Auskunftsanspruch der Klägerin.
Unzutreffend beschränke das Berufungsgericht den Auskunftsanspruch zudem auf zeitlich nach der festgestellten Anlasstatsache liegende Nachbauhandlungen.
Entsprechendes müsse für die nach nationalem Recht geschützten Sorten gelten. Eine bloß sortenspezifische Auskunftspflicht mache die Ansprüche der Sortenschutzinhaber auf Nachbaugebühren praktisch undurchsetzbar.
Schließlich sei das Berufungsurteil auch im Kostenausspruch fehlerhaft. Kostengrundentscheidungen der Oberlandesgerichte nach § 91a ZPO seien nicht mehr grundsätzlich von der Nachprüfung durch den Bundesgerichtshof ausgeschlossen. Im Umfang der Erledigungserklärung seien, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt habe, dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen gewesen. Zu Unrecht habe das Berufungsgericht aber von der Möglichkeit des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Gebrauch gemacht. Die Klägerin habe lediglich einen Auskunftsanspruch durch genaue Angabe der in Betracht kommenden Sorten konkretisiert.
III. Der Revisionserwiderung hält die Auffassung des Berufungsgerichts, dass sich die Auskunftsverpflichtung des Landwirts lediglich auf diejenigen Sorten beziehe, für die der Sortenschutzinhaber eine Anlasstatsache nachgewiesen habe, für zutreffend.
Zu Recht sei das Berufungsgericht auch zu dem Ergebnis gekommen, dass sich bei Nachweis einer Anlasstatsache der Auskunftsanspruch des Sortenschutzinhabers nicht auf zurückliegende Wirtschaftsjahre erstrecke. Aus Art. 8 Abs. 3 NachbauV folge nichts anderes.
IV. Das Berufungsurteil hält im Ergebnis den Angriffen der Revision stand. Die Klägerin hat in der Revisionsverhandlung erklärt, dass eine schriftliche Ermächtigung der Klägerin zur Geltendmachung der aus dem gemeinschaftlichen Sortenschutz folgenden Rechte erfolgt ist; die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten. Vor diesem Hintergrund folgt der Senat der Darstellung der Klägerin. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen damit insgesamt keine Bedenken mehr.
1. Die Klageabweisung durch das Berufungsgericht hält, soweit die Klage nicht übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, der Revision der Klägerin stand.
a) Die Auskunftsansprüche, die die Klägerin für die Sortenschutzinhaber hinsichtlich der gemeinschaftsrechtlich geschützten Sorten geltend macht, stützen sich auf Art. 14 Abs. 3 6. Unterabsatz GemSortV. Art. 8 NachbauV enthält hierzu ergänzende Regelungen.
Die Informationspflicht des Landwirts besteht, wie der Senat, gestützt auf die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (, Slg. 2003 I 3225 = GRUR 2003, 868 - Schulin./.STV; v. - Rs. C-182/01, Slg. 2004 I 2263 = GRUR 2003, 587 - STV./.Jäger, und v. , Rs. C-336/02, Slg. 2004 I 9801 = GRUR 2005, 236 - STV./.Brangewitz) bereits mehrfach entschieden hat und woran er festhält, nur für diejenigen Gemeinschaftssorten, für die der Sortenschutzinhaber über Anhaltspunkte dafür verfügt, dass sie von dem Landwirt nachgebaut worden sind oder nachgebaut werden sollen (Sen.Urt. v. - X ZR 191/03, GRUR 2005, 668 - Aufbereiter I; v. - X ZR 170/04, GRUR 2006, 47 - Auskunftsanspruch bei Nachbau II); er ist mithin sortenbezogen. Dadurch, dass die Klägerin die Rechte einer Vielzahl von Sortenschutzinhabern gebündelt wahrnimmt, verändern sich die Rechte der einzelnen Sortenschutzinhaber weder inhaltlich noch erhält die Klägerin weitergehende Rechte, als sie den einzelnen Sortenschutzinhabern zustehen (Sen. aaO - Auskunftsanspruch bei Nachbau II). Die Gesichtspunkte, die die Klägerin hiergegen vorbringt, geben keine Veranlassung, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Der Klägerin ist es insbesondere nicht gelungen aufzuzeigen, wo anders als auf der sortenbezogenen Linie der bisherigen Rechtsprechung sinnvollerweise eine Abgrenzung vorgenommen werden könnte.
Die danach erforderlichen Anhaltspunkte hat das Berufungsgericht, was die noch im Streit stehenden gemeinschaftsrechtlich geschützten Sorten betrifft, nicht festgestellt. Die Revision rügt nicht, dass der Vortrag der Klägerin damit nicht ausgeschöpft worden sei. Ein Auskunftsanspruch hinsichtlich anderer gemeinschaftsrechtlich geschützter Sorten kommt daher entgegen der Auffassung der Klägerin von vornherein nicht in Betracht.
b) Für die national geschützten Sorten ist Grundlage für den Auskunftsanspruch der im Jahr 1997 in das Gesetz eingefügte § 10a Abs. 6 SortG. Dieser bestimmt, dass Landwirte, die von der Möglichkeit des Nachbaus Gebrauch machen, gegenüber den Inhabern des Sortenschutzes zur Auskunft über den Umfang des Sortenschutzes verpflichtet sind. Auch diese Regelung setzt grundsätzlich voraus, dass der Landwirt Nachbau betrieben hat (Senat BGHZ 149, 165, 171 - Auskunftsanspruch bei Nachbau I).
Für die noch im Streit stehenden national geschützten Sorten, für die die Klägerin einen Auskunftsanspruch für sich in Anspruch nimmt, scheidet ein solcher nach der Rechtsprechung des Senats aus. Denn der Anspruchsberechtigte muss darlegen, dass der Landwirt bestimmte für den Sortenschutzinhaber geschützte Sorten nachbaut oder jedenfalls die konkrete Möglichkeit hierzu hatte. Eine solche Darlegung ist nicht erfolgt. Es reicht auch bei national geschützten Sorten nicht aus, dass allgemein der Nachbau einer Sorte behauptet wird (Sen.Urt. v. - X ZR 191/03 - Aufbereiter I aaO, Entscheidungsgründe unter II. 2.).
c) Soweit demnach Ansprüche der Klägerin in Betracht kamen, sind diese durch die erteilte Auskunft und die nachfolgenden übereinstimmenden Teilerledigungserklärungen weggefallen.
3. Eine Überprüfung der Kosten(misch)entscheidung nach § 91a ZPO ist im Revisionsverfahren nach gefestigter früherer Rechtsprechung als ausgeschlossen angesehen worden. Es ist allerdings vertreten worden, dass nach geltendem Recht bei der Kostenmischentscheidung die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO in Betracht komme und dass diese Zulassung den Bundesgerichtshof binde (, MDR 2004, 1015). Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist indessen hier nicht erfolgt und über eine Rechtsbeschwerde ist auch nicht zu entscheiden. Die an sich unbeschränkte Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht, die insoweit der Zulassung der Rechtsbeschwerde entsprechen könnte, sollte aber ersichtlich die Kostenentscheidung nicht erfassen, soweit sie den erledigten Teil des Rechtsstreits betrifft. Im übrigen wäre sie entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht zu beanstanden, denn die Erledigung betraf nur eine unwesentliche Mehrforderung, die sich nach dem Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kostenrechtlich nicht ausgewirkt hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die von ihr gebündelt geltend gemachten Ansprüche der Sortenschutzinhaber nicht durch die Bündelung zu einem einheitlichen Anspruch geworden.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstelle(n):
GAAAC-05261
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein