Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 543 Abs. 2 a.F.
Instanzenzug:
Tatbestand
Der Kläger verlangt mit seiner Klage von dem Beklagten, einem Tierarzt, Schadensersatz, weil der Beklagte ihn beim Kauf des Hengstes "D. " fehlerhaft beraten habe. Nachdem der Kläger das Tier zunächst anderweitig hatte untersuchen lassen, stellte er es am dem Beklagten in dessen tierärztlicher Praxis zur Untersuchung vor. Das Pferd zeigte eine Gangunreinheit. Über die Untersuchung erstellte der Beklagte ein Protokoll. Nach der Untersuchung fand ein Telefongespräch zwischen den Parteien statt, über dessen Inhalt sie streiten. Der Kläger stützt seine Klage darauf, daß der Beklagte den ihm erteilten Auftrag, dem Kläger auf der Grundlage einer zuvor vorzunehmenden Untersuchung mitzuteilen, ob Bedenken gegen den Erwerb des Tieres zum Zwecke des Springsports bestünden, schuldhaft fehlerhaft durchgeführt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung blieb ohne Erfolg.
Das Berufungsurteil enthält keinen Tatbestand. Das Berufungsgericht hat den Wert der Beschwer im Berufungsurteil auf 26.322,-- DM festgesetzt. Nachdem der Kläger gegen das Urteil des Berufungsgerichts Revision eingelegt und gleichzeitig Streitwertbeschwerde erhoben hatte, ist durch Beschluß des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs der Wert der Beschwer des Beklagten auf mehr als 60.000,-- DM festgesetzt worden.
Gründe
Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsverfahren unterlag dem vor dem geltenden Recht (§ 26 Nr. 5 EGZPO).
Die Rüge der Revision, das gänzliche Fehlen eines Tatbestands verletze § 543 Abs. 2 ZPO a.F., greift danach durch.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Berufungsurteil grundsätzlich aufzuheben, wenn es keinen Tatbestand enthält (BGHZ 73, 248, 250 f.; , NJW 1999, 1720). Einem solchen Urteil kann in der Regel nicht entnommen werden, welchen Streitstoff das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, so daß diese einer abschließenden Überprüfung in der Revisionsinstanz nicht zugänglich ist. Aufzuheben ist eine solche Entscheidung auch dann, wenn aus der Sicht des Berufungsgerichts ein Urteilstatbestand entbehrlich erschien, weil es sein Urteil mangels Überschreitung der Beschwersumme von 60.000,-- DM für nicht revisibel hielt. Von einer Aufhebung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn das Ziel, die Anwendung des Rechts auf den festgestellten Sachverhalt nachzuprüfen, im Einzelfall erreicht werden kann, weil sich der Sach- und Streitstand aus den Entscheidungsgründen in einem für die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage ausreichenden Umfang ergibt (vgl. , NJW 1995, 3120, 3121; Urt. v. - I ZR 232/89, NJW 1991, 3038, 3039, jeweils m.w.N.).
2. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils läßt sich kein ausreichendes Bild von dem Sach- und Streitstand gewinnen, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Das Berufungsgericht führt zur Begründung seiner Entscheidung aus, dem Kläger stehe schon deshalb kein Schadensersatzanspruch zu, weil er wegen der entgangenen Nutzung des Pferdes keinen ersatzfähigen Vermögensschaden erlitten habe. Ersatz der Untersuchungs- und Behandlungskosten für das Pferd könne der Kläger deshalb nicht beanspruchen, weil dem Beklagten eine Pflichtverletzung nicht vorwerfbar sei. Der Beklagte habe für die Richtigkeit des Untersuchungsergebnisses nicht einstehen wollen. Der Kläger habe auch nicht dargelegt, daß es für den Beklagten voraussehbar gewesen sei, daß der im Untersuchungsbericht diagnostizierte Befund zu den ein halbes Jahr später eingetretenen Folgen habe führen können. Der Kläger habe angesichts des Umstands, daß das Pferd noch ein halbes Jahr habe eingesetzt werden können, nähere Umstände darlegen müssen, die den Schluß zuließen, daß die eingetretene Verschlechterung für den Beklagten vorhersehbar gewesen sei.
Aus diesen Ausführungen läßt sich nicht entnehmen, was der Kläger dem Beklagten im einzelnen als schuldhafte Pflichtverletzung anlastet, und damit auch nicht, ob das Berufungsgericht diesen Vortrag der gebotenen Prüfung unterzogen hat; eine revisionsrechtliche Kontrolle erweist sich daher als nicht möglich. Es läßt sich dem Urteil schon nicht entnehmen, worin die nach dem Vertrag geschuldete Leistung des Beklagten bestanden haben soll. Die gebotene Auslegung des schriftlichen Vertrages unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage hat das Berufungsgericht unterlassen. Mangels eines Urteilstatbestands kann auch seine Annahme, trotz des Inhalts des schriftlichen Untersuchungsvertrags habe der Beklagte für die Richtigkeit des Untersuchungsergebnisses nicht einstehen wollen, rechtlich nicht beurteilt werden; die Gründe, insbesondere die tatsächlichen Feststellungen, die das Berufungsgericht zu einer vom Wortlaut des Vertrags abweichenden Interpretation veranlaßt haben, sind der Entscheidung nicht in einer Weise zu entnehmen, die eine Überprüfung ermöglichen würde. Das gilt auch für die rechtlichen Maßstäbe, die hierbei zugrunde zu legen sind. Insoweit kann schon nicht geprüft werden, welchen rechtlichen Vorschriften - auch zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast - die Vereinbarung der Parteien unterliegt. Untersuchungs- und Gutachtenaufträge über den Zustand und Wert einer Sache oder eines Tieres sind grundsätzlich als Werkvertrag einzuordnen (BGHZ 127, 378, 384). In Betracht kommt jedoch auch ein - zu anderen rechtlichen Maßstäben führender - Dienstvertrag. Ob hier ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt, läßt sich mangels Wiedergabe des Sach- und Streitstandes nicht beurteilen. Die fehlenden Angaben lassen sich auch der in Bezug genommenen erstinstanzlichen Entscheidung nicht entnehmen. Schließlich ist eine Beurteilung der Frage nicht möglich, welcher Maßstab hinsichtlich eines eventuellen Verschuldens des Beklagten nach den Vereinbarungen der Parteien anzulegen ist.
II. Das Berufungsgericht wird nunmehr die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Es wird zunächst den Vertragsinhalt zu klären haben, insbesondere, zu welchem Zweck nach der Vereinbarung der Parteien der Kläger dem Beklagten das Pferd vorgeführt hat. Wollte der Kläger sich Gewißheit darüber verschaffen, ob er das Pferd trotz des bestehenden Gesundheitsrisikos kaufen sollte, so könnte eine Pflichtverletzung des Beklagten schon dann zu bejahen sein, wenn er keine diesbezüglichen Bedenken geäußert hat, ohne daß es auf die Vorhersehbarkeit der weiteren Entwicklung ankommt. Dabei wird das Berufungsgericht auch zu berücksichtigen haben, daß der Beklagte in der Klageerwiderung vorgetragen hat, nach der erkennbaren Unregelmäßigkeit im Gang des Pferdes habe nur ein Kauf mit Vereinbarung einer Probezeit bzw. eines Rückgaberechts empfohlen werden können. Dies könnte dafür sprechen, daß es auch nach dem Verständnis des Beklagten zu seinen Vertragspflichten gehört hätte, dies dem Kläger mitzuteilen.
Soweit das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers verneint hat, weil ein ersatzfähiger Vermögensschaden nicht vorliege, und soweit es damit auf den eingeklagten Schadensbetrag von 10.000,-- DM eingegangen ist, hat es jedenfalls die in der Klageschrift (GA 12) gegebene Hilfsbegründung nicht berücksichtigt. Falls ein Schadensersatzanspruch besteht, wird auch dies nachzuholen sein.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
HAAAC-05158
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein