BGH Urteil v. - X ZR 244/01

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: BGB § 633 Abs. 2 Satz 1 n.F.

Instanzenzug:

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der beklagten Stadt Zahlung von Restwerklohn in Höhe von 296.410,41 DM nebst Zinsen für die Ausführung des Gewerks "Badewassertechnik", nämlich die Erstellung einer Wasseraufbereitungsanlage an dem Objekt R. in B. . Die Beklagte, die fünf Abschlagsrechnungen beglichen hat, zahlte auf die Schlußrechnung der Klägerin nur einen Teilbetrag von 100.000,-- DM, der mit der Klage in der Hauptsache geltend gemachte Betrag ist offen geblieben. Die Beklagte hat weitere Zahlungen mit der Begründung verweigert, die Schlußrechnung sei nicht prüffähig, außerdem sei die - seit 1994 von ihr betriebene - Wasseraufbereitungsanlage mangelhaft. Mit Schreiben vom hat die Beklagte eine Vertragserfüllung durch die Klägerin abgelehnt und angekündigt, sie werde von ihrem Recht zur Ersatzvornahme Gebrauch machen.

Das Landgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben, während das Berufungsgericht der Klägerin auf deren Anschlußberufung weitere Zinsen zugesprochen hat. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Gründe

I. Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist. Dabei bedarf es im Revisionsverfahren keiner abschließenden Klärung, ob die beklagte Stadt B. tatsächlich passiv legitimiert oder nur Gesellschafterin der R. GmbH und diese passiv legitimiert ist. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsrechtszug diese Frage erneut zu prüfen haben.

II. 1. a) Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Restwerklohnanspruch der Klägerin fällig sei. Dazu hat es ausgeführt, die Schlußrechnung der Klägerin vom sei prüffähig. Das Berufungsgericht hat hierzu festgestellt, daß die Klägerin den Abschlagsrechnungen jeweils Aufmaßblätter mit fortlaufender Seitenkennzeichnung und der Schlußrechnung die im Berufungsurteil in Bezug genommenen Seiten 34 bis 43 beigefügt habe; im übrigen seien die Formblätter so detailliert, daß die Massen auch auf Grund dieser Auflistungen ohne weiteres nachvollzogen werden könnten. Warum unter diesen Umständen die Schlußrechnung im Gegensatz zu den Abschlagsrechnungen nicht prüffähig sein solle, werde nicht dargetan und sei auch nicht ersichtlich. Nach der Vereinbarung der Parteien komme es lediglich darauf an, daß die Abrechnung nach den Formblättern der seinerzeit für die Bestellerin tätigen K. ("K. ") erfolgt sei. Das Fehlen von Aufmaßblättern und Stundenlohnzetteln sei deshalb unschädlich.

b) Die Revision rügt demgegenüber, das Berufungsgericht habe nicht beachtet, daß der Unternehmer die Vergütung aus einem Einheitspreisvertrag auch nach dem Werkvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs prüfbar abrechnen müsse. Die Schlußrechnung der Klägerin sei nicht prüfbar. Die Einzelpositionen des Aufmaßes seien der Schlußrechnung nicht zuzuordnen, denn der in der Schlußrechnung ausgewiesene Betrag sei nicht nach einzelnen Positionen in den Aufmaßblättern aufgeschlüsselt.

c) Dieser Rüge muß der Erfolg versagt bleiben.

Das Berufungsgericht hat die Prüffähigkeit der Schlußrechnung der Klägerin rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Anwendung der VOB/B war nicht vereinbart. Nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien konnte die Beklagte nicht mehr als die Nachprüfbarkeit und Berechenbarkeit der Schlußrechnung verlangen. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, daß die Klägerin Aufmaßblätter mit fortlaufender Seitenberechnung vorgelegt hat. Das Begehren der Beklagten, eine Schlußrechnung zu erhalten, die eine Zuordnung der einzelnen Positionen zu den einzelnen Aufmaßblättern ermöglichen soll, findet in den vertraglichen Vereinbarungen keine Stütze.

2. Nicht tragfähig ist die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Fälligkeit der Klageforderung bejaht hat. Der Beklagten kann nämlich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts wegen Werkmängeln nicht mit der Begründung abgesprochen werden, mit der das Berufungsgericht dieses verneint.

a) Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann ein Mangel des vertraglich geschuldeten Werks auch hinsichtlich der von ihm festgestellten vom Leistungsverzeichnis und von den Vorgaben in DIN-Normen abweichenden Dimensionierung der Öffnungen der Mannlöcher nicht festgestellt werden, weil diese für Wartung und Reparaturarbeiten ausreichend dimensioniert seien. Dabei geht das Berufungsgericht ersichtlich davon aus, daß sich die Beklagte jedenfalls so behandeln lassen muß, als sei das Werk abgenommen.

b) Die Revision rügt, die Auffassung des Berufungsgerichts beruhe auf einem unzutreffenden Fehlerbegriff und auf unzureichender Sachaufklärung. Die Größe der Mannlöcher entspreche nicht den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses und der DIN-Norm. Den Schluß, daß die Funktionstauglichkeit nicht beeinträchtigt werde, ziehe der Sachverständige selbst nicht. Zudem komme es nicht auf eine allgemeine Funktionstauglichkeit, sondern auf die Tauglichkeit zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch an. Hierfür müßten, was das Berufungsgericht außer Betracht lasse, Wasseraufbereitungsanlagen in öffentlichen Schwimmbädern schon aus Gründen der Verkehrssicherheit den DIN-Normen entsprechen; das gelte erst recht dann, wenn der Vertrag entsprechende Vorgaben enthalte.

c) Diesem Angriff kann der Erfolg nicht versagt bleiben.

aa) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht allerdings an, daß ein Mangel im Sinn des Werkvertragsrechts nicht nur dann vorliegt, wenn die Werkleistung nicht den Regeln der Technik entspricht, sondern schon dann, wenn das Werk von der Beschaffenheit abweicht, die es für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch haben muß. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein Mangel dann vor, wenn die Werkausführung von dem geschuldeten Werkerfolg abweicht und durch diesen Fehler der nach dem Vertrag vorausgesetzte Gebrauch gemindert wird (, NJW 2002, 2543 = BauR 2002, 1536, zum Architektenvertrag; vgl. auch BGHZ 153, 279, 283). Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs demnach allein, daß der dem Werk anhaftende Mangel den angestrebten Erfolg zwangsläufig beeinträchtigt (BGHZ 91, 206, 212; , BauR 1989, 462, 464 = NJW-RR 1989, 849 m.w.N.; Urt. v. - VII ZR 131/93, BauR 1995, 230 = NJW-RR 1995, 472). Das Berufungsgericht meint - sachverständig beraten - jedoch, von einer Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit könne nicht ausgegangen werden. Dabei hat es sich ersichtlich das Ergebnis des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen A. zu eigen gemacht, wonach insbesondere hinsichtlich einiger Behälter bei den Mannlöchern Abweichungen von den Vorgaben des vertraglich vereinbarten Leistungsverzeichnisses oder der DIN-Norm bestehen, diese aber als unerheblich angesehen, weil sie nicht zu einer Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit führten. Dies ist jedoch keine tragfähige Begründung für die Verneinung eines Mangels.

Ein Werk ist nach dem für das vorliegende Rechtsverhältnis weiterhin maßgeblichen Recht mangelhaft, wenn es mit einem Fehler behaftet ist, der den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Gebrauch vorausgesetzten Gebrauch aufhebt oder mindert (§ 633 Abs. 1 BGB in der nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB weiterhin maßgeblichen, vor dem geltenden Fassung - nachfolgend: a.F.). Dabei darf der Begriff des Fehlers nicht rein objektiv verstanden werden; er wird vielmehr subjektiv vom Vertragswillen der Parteien ("geschuldeter Werkerfolg") mitbestimmt (vgl. zu § 459 BGB a.F.: , NJW 1987, 2511), wie dies auch der Neuregelung in § 633 Abs. 2 Satz 1 n.F. entspricht, wonach das Werk dann frei von Sachmängeln ist, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Dies hat im übrigen schon die ganz überwiegende Rechtspraxis vor Inkrafttreten der Neuregelung so vertreten (vgl. Soergel/Teichmann, BGB, 12. Aufl., 1997/1998, vor § 633 Rdn. 17, sowie zu § 459 BGB: Schmidt-Räntsch, Das neue Schuldrecht, 2002, Rdn. 695). Das Berufungsgericht hat das nur unzureichend berücksichtigt, weil es allein auf das Fehlen einer Beeinträchtigung der Funktionstauglichkeit des Werks, also ein objektives Kriterium, abstellt und außer acht läßt, daß vertraglich eine bestimmte Größe festgelegt war; so hat es der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs als unerheblich, weil einem Mangel nicht entgegenstehend, angesehen, daß die Werkausführung wirtschaftlich und technisch besser ist als die vereinbarte (Urt. v. , aaO).

III. Die Auffassung des Berufungsgerichts, daß ein beachtlicher Fehler auch hinsichtlich der Dimensionierung der Mannlöcher nicht vorliege, erweist sich nach alledem nicht als tragfähig. Dies nötigt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dieses wird im wiedereröffneten Berufungsrechtszug zu prüfen haben, ob die von ihm selbst festgestellte Abweichung der Istbeschaffenheit des Werks von seiner Sollbeschaffenheit den vertragsgemäß geschuldeten Erfolg beeinträchtigt. Es wird erforderlichenfalls auch Gelegenheit haben, sich erneut mit den weiteren behaupteten Fehlern auseinanderzusetzen und sich mit der von der Revision aufgegriffenen Frage zu befassen, ob die in der Berufungsinstanz geltend gemachten weiteren Mängel bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist gerügt worden sind.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
LAAAC-05135

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein