Leitsatz
[1] a) Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist erforderlich, aber auch ausreichend, daß der den Nachprüfungsantrag stellende Bieter schlüssig behauptet, welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen und er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so daß der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist.
b) Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A. Deshalb sind Angebote, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in "Mischkalkulationen" auf andere Leistungspositionen umlegt, grundsätzlich von der Wertung auszuschließen (§ 25 Nr. 1, Abs. 1 Buchst. b VOB/A).
Gesetze: GWB § 117 Abs. 2; VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b; VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 1
Instanzenzug: KG Berlin
Gründe
I. Das Land Berlin hat im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung die Lose 4 A und 4 B für den Bau des Autobahnzubringers Dresden BAB A 113 (neu) im offenen Verfahren ausgeschrieben. Das Los 4 A betrifft die Herstellung von Stützwänden im Zuge des Einschnittes zwischen den Tunneln Altglienicke und Rudower Höhe (TRH 60), das Los 4 B betrifft die Herstellung einer Fuß- und Radwegbrücke im Zuge des Gerosteiges (TRH 20). Für die Ausschreibung wurde eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis zum Angebot nach Einheitspreisen erstellt. Maßgebende Kriterien für die Angebotswertung sind nach Nr. 8 der Aufforderung zur Angebotsabgabe Preis, Betriebs- und Folgekosten, technischer Wert und Gestaltung. In Teil C der Bewerbungsbedingungen ist unter Nummer 3 bestimmt, daß zur Prüfung der Angemessenheit des Angebotes dem Auftraggeber die Kalkulation des Auftragnehmers unter Einschluß der Kalkulation der Nachunternehmer vor Zuschlagserteilung zur Einsichtnahme vorzulegen ist. Die Antragstellerin hat sich an der Ausschreibung beteiligt. Nach dem Protokoll des Eröffnungstermins vom war ihr über einen Gesamtpreis von 3.879.318,98 € lautendes Angebot das preisgünstigste.
In ihrem Angebot hat die Antragstellerin zahlreiche Positionen des Leistungsverzeichnisses zu Einheitspreisen von 0,01 € angeboten. Daraufhin hat die Vergabestelle die Antragstellerin unter anderem aufgefordert, Aufklärung ihres Angebots zu den mit einem Einheitspreis von 0,01 € ausgepreisten Leistungen zu geben und zu erklären, mit welchen anderen Positionen des Angebots die Kosten dieser Positionen abgegolten werden sollen. Mit Schreiben vom erläuterte die Antragstellerin ihr Angebot dahin, daß es auf der Basis eines Mischkalkulationsverfahrens erstellt worden sei, verwies auf das Formblatt IFB-Preis 1 B, das dem Angebot beilag, versicherte, daß das Angebot auskömmlich sei und benannte verschiedene andere Positionen, in denen die Preise für die mit 0,01 € ausgepreisten Leistungen berücksichtigt seien. Nachdem zwei Aufklärungsgespräche stattgefunden hatten, gab die Antragstellerin die aus dem Schreiben vom ersichtlichen weiteren Erklärungen ab. Nach Prüfung der Angebote wurde der Antragstellerin mitgeteilt, es sei beabsichtigt, den Zuschlag einem anderen Bieter zu erteilen, ihr Angebot werde nicht berücksichtigt, weil es nicht das wirtschaftlichste Angebot sei, der Nachunternehmeranteil 41,3 % betrage, Widersprüche in der Aufklärung zur Preisermittlung festgestellt worden seien und ihre Erklärungen nicht erkennen ließen, mit welchen Positionen die abgewerteten Positionen abgegolten würden; die Angemessenheit des Angebots habe anhand der eingereichten Preisermittlungsgrundlagen nicht aufgeklärt werden können; das Angebot werde nach § 24 Nr. 2 VOB/A nicht berücksichtigt.
Die Antragstellerin hat gegen die Entscheidung der Vergabestelle das Nachprüfungsverfahren eingeleitet und geltend gemacht, die Nichtberücksichtigung ihres Angebots sei rechtswidrig, der Zuschlag müsse auf ihr Angebot erteilt werden, so daß ihr ein Schaden drohe. Sie hat dazu im wesentlichen vorgetragen, die Preisstellung in ihrem Angebot sei nicht zu beanstanden. Sie habe ein zulässiges Mischkalkulationsverfahren angewendet, nicht dagegen Preise ohne technischen Zusammenhang auf- und abgewertet, um auf Mengenänderungen zu ihren Gunsten zu spekulieren. Selbst ein Spekulationsangebot habe nicht von vornherein ausgeschlossen werden dürfen. Auch im übrigen lägen keine Gründe vor, ihr Angebot bei der Vergabe nicht zu berücksichtigen.
Das Land Berlin hat im wesentlichen geltend gemacht, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Das Angebot der Antragstellerin habe wegen fehlender Preisangaben und weil die in verschiedenen Positionen angebotenen Gegenstände statt mit der geforderten Typenangabe mit dem Zusatz "o. glw." versehen seien, nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A ausgeschlossen werden müssen. Die Preise von 0,01 € für die betreffenden Arbeiten des Leistungsverzeichnisses seien nicht an den Kosten der Einzelleistung orientiert. Im übrigen sei die Antragstellerin zu Recht wegen fehlender Eignung ausgeschlossen worden, weil sie ein Spekulationsangebot abgegeben habe, bei dem nach dem Mischkalkulationsverfahren ohne technischen Zusammenhang Positionen aufgewertet würden, bei denen die Antragstellerin Einfluß auf die Mengen habe, um so eine für sie günstige Abrechnung von nachträglichen Mehrleistungen bewirken zu können. Weiter habe sie Positionen aufgewertet, die zu Beginn der Baumaßnahmen ausgeführt und abgerechnet würden, um auf diese Weise eine unzulässige Kreditierung zu erlangen. Das Angebot der Antragstellerin sei schließlich auch aus weiteren Gründen zu Recht ausgeschlossen worden.
Die Beigeladene hat das Vorbringen des Landes Berlin ergänzt.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag für unzulässig gehalten, weil das Angebot wegen fehlender oder unvollständiger Preisangaben auszuschließen sei und der Antragstellerin deshalb kein Schaden entstehen könne; der Antrag sei jedenfalls unbegründet, weil die Antragstellerin wegen der spekulativen Auf- und Abpreisungen einzelner Positionen in ihrem Angebot als ungeeignet auszuschließen sei.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Sachvortrag ergänzt und vertieft und - soweit im Verfahren vor dem erkennenden Senat noch zu bescheiden - beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Zuschlag auf kein anderes Angebot als dasjenige der Antragstellerin zu erteilen,
hilfsweise,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Angebote unter Einbeziehung des Angebots der Antragstellerin und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu werten.
Das Land Berlin vertieft und ergänzt sein erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Mit Beschluß vom hat das Kammergericht das Nachprüfungsverfahren dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Es ist der Auffassung, ein Angebot sei nicht schon dann zwingend auszuschließen, wenn Positionen des Leistungsverzeichnisses mit einem ersichtlich unzutreffenden, zu niedrigen Preis angeboten werden und der diese Positionen betreffende Preis in andere Positionen eingestellt sei. An dieser Entscheidung sieht sich das Kammergericht gehindert, weil das Oberlandesgericht Düsseldorf die Frage gegenteilig entschieden habe ().
II. 1. Die Vorlage des Nachprüfungsverfahrens zur Entscheidung durch den Bundesgerichtshof ist zulässig. Nach § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB legt ein Oberlandesgericht, das über eine sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung der Vergabekammer zu befinden hat, die Sache dem Bundesgerichtshof vor, wenn es von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Das ist der Fall, wenn das vorlegende Gericht als tragende Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt (vgl. BGHZ 154, 32, 35 f. m.w.N.).
Eine solche Divergenz liegt vor.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat seinem Beschluß vom - Verg 53/03 (veröffentlicht in ZfBR 2004, 298 ff.) den die Entscheidung tragenden und aus der Rechtsprechung des beschließenden Senats abgeleiteten Rechtssatz zugrunde gelegt, daß nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A Angebote, die den Anforderungen des § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht genügen, zwingend von der Wertung auszuschließen seien. Der Ausschlußgrund sei nicht erst dann gegeben, wenn das Angebot im Ergebnis mit den anderen abgegebenen Angeboten nicht verglichen werden könne. Zum Ausschluß des Angebots zwinge vielmehr bereits, daß Angaben und Erklärungen fehlten, die der Auftraggeber in seinen Ausschreibungsunterlagen zulässigerweise gefordert habe und infolge dessen als Umstände ausgewiesen seien, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollten. Zu den Erfordernissen eines wertbaren Angebots gehöre es deshalb auch, daß jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag angegeben werde, der für die betreffende Leistung beansprucht werde. Daran fehle es, wenn einzelne Leistungen nicht mit ihren tatsächlichen Preisen angeboten würden, weil die Aufwendungen für die betreffende Leistungsposition bei anderen Kostenpositionen eingestellt worden seien.
Demgegenüber ist das vorlegende Oberlandesgericht der Auffassung, die Kalkulationsweise der Antragstellerin, einzelne Positionen im Vergleich zu den durchschnittlichen Positionspreisen anderer Bieter markant auf- oder abzupreisen, sei im öffentlichen Auftragswesen seit langem geläufig und vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Ein Bieter, der bei einzelnen Positionen einen Einheitspreis von 0,01 € einsetze, gebe seine Preise vollständig an, auch wenn er gleichsam zum "betriebswirtschaftlichen Ausgleich" andere Positionen deutlich höher kalkuliere. Wer auf diese Weise kalkuliere, nehme lediglich im Wege von betriebswirtschaftlich motivierten kalkulatorischen Rechenoperationen eine angebotsbezogene Umgruppierung verschiedener jeweils unselbständiger Kalkulationsposten innerhalb des Gesamtangebots vor. Das könne ihm wettbewerbs- und vergaberechtlich auch unter Berücksichtigung der wohlverstandenen und berechtigten Interessen der Auftraggeberseite nicht verwehrt werden; die Angebotskalkulation berühre den Kernbereich unternehmerischen Handelns im Wettbewerb. Angebote mit sogenannten spekulativen "Auf- und Abpreisungen" seien daher nicht gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ohne sachliche Prüfung von der Wertung auszuschließen.
Mit diesen Erwägungen will das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen, der von den tragenden Erwägungen der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf abweichen will. Für diesen Fall ist durch § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB die Vorlage an den Bundesgerichtshof zwingend vorgeschrieben.
2. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt worden (§ 117 GWB) und enthält nicht nur die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird (§ 117 Abs. 2 Satz 1 GWB), sondern auch die erforderlichen Angaben zu den Tatsachen und Beweismitteln, auf die sich die Beschwerde stützt (§ 117 Abs. 2 Satz 2 GWB). Soweit der Antragsgegner meint, mit der Beschwerde hätten erneut alle Schriftstücke vorgelegt werden müssen, die bereits im Vergabenachprüfungsverfahren vorgelegt worden oder durch Beiziehung der Akten der Vergabestelle Gegenstand des Verfahrens vor der Vergabekammer gewesen sind, findet diese Auffassung in den Regelungen des § 117 GWB keine Stütze.
3. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
Nach § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag zulässig, wenn ein Unternehmen ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend macht. Diesem Erfordernis ist genügt, wenn mit dem Nachprüfungsantrag eine Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften schlüssig vorgetragen wird. Darüber hinaus ist gemäß § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB erforderlich, daß mit dem Nachprüfungsantrag auch dargelegt wird, daß dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Dieser Zulässigkeitsvoraussetzung des Nachprüfungsantrags ist jedoch bereits dann genügt, wenn mit dem Antrag schlüssig vorgetragen wird, daß dem Antragsteller infolge der behaupteten Rechtsverletzung ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht; nicht erforderlich ist, daß bereits festgestellt werden kann, daß der behauptete Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften tatsächlich vorliegt und den behaupteten Schaden ausgelöst hat oder auszulösen droht, der Nachprüfungsantrag also in der Sache begründet ist. Einem Bieter, der auf die Ausschreibung hin ein Angebot abgegeben und damit sein Interesse an dem Auftrag bekundet hat, und im Nachprüfungsverfahren die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Auftraggebers, sein Angebot nicht als das beste Angebot zu bewerten, zur Überprüfung stellt, kann der Zugang zum Nachprüfungsverfahren daher nicht mit der Begründung verwehrt werden, sein Angebot sei aus anderen als mit dem Nachprüfungsantrag zur Überprüfung gestellten Gründen auszuscheiden gewesen, so daß ihm wegen der von ihm behaupteten Rechtswidrigkeit kein Schaden erwachsen sei oder drohe. Dem entspricht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v. - Rs C-249/01, zu 29., NZBau 2003, 509). Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags ist daher erforderlich, aber auch ausreichend, daß der den Nachprüfungsantrag stellende Bieter schlüssig behauptet, daß und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen und daß er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so daß der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
4. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Angebot der Antragstellerin ist nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A von der Wertung auszuschließen.
a) Der Bundesgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, daß Angebote, die dem § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht entsprechen, weil ihnen geforderte Erklärungen fehlen, zwingend von der Vergabe auszuschließen sind (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A). Dem steht nicht entgegen, daß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 als Sollvorschrift formuliert ist. Denn nach der Rechtsprechung des Senats ist der Ausschlußtatbestand nicht etwa erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot wegen fehlender Erklärungen im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Ein transparentes, gemäß § 97 Abs. 2 GWB auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren, wie es die VOB/A gewährleisten soll, ist nur zu erreichen, wenn in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebender Hinsicht und grundsätzlich ohne weiteres vergleichbare Angebote abgegeben werden. Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist deshalb jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so wie gefordert vollständig und mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird (Sen.Urt. v. - X ZR 67/00, NJW 2002, 2558; Urt. v. - X ZR 50/01, BGHZ 154, 32, 45 = VergabeR 2003, 558 m. Anm. Kus). Für in der Ausschreibung geforderte Einheitspreisangaben zu einzelnen Leistungspositionen gilt daher nichts anderes als für sonstige Erklärungen nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A. Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen nicht nur zum Hersteller oder zum Fabrikat eines zu liefernden Bauteils gefordert, sondern sind auch Angaben zum Typ eines anzubietenden Produkts zu machen, dann kann das Fehlen der geforderten Angabe zum Typ eines Produkts nach der Rechtsprechung des Senats zur Gewährleistung der erforderlichen Vergleichbarkeit der Angebote nicht schon deshalb ohne weiteres als unerheblich betrachtet werden, weil es innerhalb der Produktpalette eines Fabrikats/Herstellers ein Modell gibt, das die in den Ausschreibungsunterlagen ansonsten verlangten Kriterien erfüllt (BGHZ 154, 32, 46). Ein Angebot, das die erforderlichen Erklärungen nicht enthält, ist daher regelmäßig nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A von der Wertung auszuschließen.
An der danach für die Berücksichtigung eines Angebots erforderlichen vollständigen und den Betrag, der für die betreffende Leistung beansprucht wird, benennenden Erklärung über den Preis fehlt es beim Angebot der Antragstellerin schon deshalb, weil dieses - wie die Antragstellerin im Verfahren nach § 24 VOB/A eingeräumt hat - auf einer Mischkalkulation beruht, bei der durch sogenanntes "Abpreisen" bestimmter ausgeschriebener Leistungen auf einen Einheitspreis von 0,01 € und sogenanntes "Aufpreisen" der Einheitspreise anderer angebotener Positionen Preise benannt werden, die die für die jeweiligen Leistungen geforderten tatsächlichen Preise weder vollständig noch zutreffend wiedergeben. Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten Preise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A, sondern "versteckt" die von ihm geforderten Angaben zu den Preisen der ausgeschriebenen Leistungen in der Gesamtheit seines Angebots. Ein solches Angebot widerspricht dem in § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A niedergelegten Grundsatz, weil es grundsätzlich ungeeignet ist, einer transparenten und alle Bieter gleichbehandelnden Vergabeentscheidung ohne weiteres zu Grunde gelegt zu werden. Deshalb sind Angebote, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in "Mischkalkulationen" der vorliegenden Art auf andere Leistungspositionen umlegt, grundsätzlich von der Wertung auszuschließen (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A).
b) Demgegenüber macht die Antragstellerin ohne Erfolg geltend, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beurteilung der Frage, ob zwischen Preis und Leistung ein "offenbares Mißverhältnis" im Sinne des § 25 Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 VOB/A besteht, nicht auf einen Vergleich einzelner Positionen des Leistungsverzeichnisses mit einem angemessenen "auskömmlichen" Preis ankommt, sondern auf den Gesamtpreis des Angebots (, BauR 1977, 52, 53; vgl. auch Katzenberg in: Ingenstau/Korbion, VOB Kommentar, 15. Aufl., § 25 VOB/A Rdn. 14; Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 10. Aufl., § 25 Rdn. 41).
Die Frage, ob ein als Grundlage der Wertung der Angebote in einem transparenten und die Bieter gleichbehandelnden Verfahren geeignetes, weil § 5 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A genügendes Angebot vorliegt, ist von der Frage zu trennen, ob ein solches Angebot einen unangemessen hohen oder niedrigen Gesamtpreis beinhaltet. Das aus § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A abgeleitete Erfordernis, alle geforderten Erklärungen abzugeben und insbesondere jeden in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Preis so wie gefordert vollständig mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird, dient nicht dem Zweck, unangemessen hohe oder niedrige Angebote aus der Wertung auszuscheiden; vielmehr soll sichergestellt werden, daß die Wirtschaftlichkeit des Angebots im Vergleich zu anderen Angeboten auf transparenter und alle Bieter gleichbehandelnder Grundlage festgestellt wird. Werden einzelne Leistungen infolge einer "auf-" und "abpreisenden" Mischkalkulation unrichtig ausgewiesen und damit die in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Preise teilweise oder insgesamt nicht wie durch § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A geboten angegeben, ist es der Vergabestelle nicht möglich, die Wirtschaftlichkeit des Angebots im Vergleich zu anderen Angeboten zu bewerten.
Da ein sich an der Ausschreibung nach Einheitspreisen beteiligender Bieter gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A bei Meidung des Ausschlusses seines Angebots von der Wertung gehalten ist, die für die jeweiligen Leistungen geforderten tatsächlichen Preise vollständig und zutreffend anzugeben, kommt es für die Frage, ob ein Angebot dieser Voraussetzung genügt, nicht auf die Frage an, aus welchen Gründen ein Bieter in seinem Angebot Einheitspreise für bestimmte Leistungspositionen auf andere Leistungspositionen verteilt und so die tatsächlich für die jeweiligen Leistungen geforderten Preise nicht wie in der Ausschreibung gefordert angibt. Maßgeblich ist, ob das Angebot die tatsächlich geforderten Einheitspreise für die jeweilige Leistungsposition ausweist, so daß die Vergabestelle auf transparenter und alle Bieter gleich behandelnder Grundlage regelmäßig ohne weiteres in die Wertung der Angebote eintreten kann. Für den Ausschluß eines Angebots nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ist daher unerheblich, ob es sich bei dem Angebot des Bieters um ein sogenanntes "Spekulationsangebot" (vgl. dazu Thormann, BauR 2000, 953 ff.; Katzenberg, aaO, § 25 VOB/A Rdn. 44; Heiermann/Riedl/Rusam, aaO, § 25 Rdn. 154) handelt, mit dem der Bieter infolge einer Mischkalkulation durch "Aufpreisung" bereits bei Beginn der Ausführung des Auftrags fälliger Leistungen überhöhte oder durch "Abpreisung" verminderte Abschlagzahlungen auslösen und so eine Vorfinanzierung des Auftrags im Verhältnis zu anderen Angeboten eintreten lassen oder der Anschein eines besonders günstigen Angebots erwecken will; unerheblich ist auch, wie sich die Wirtschaftlichkeit der zu vergleichenden Angebote unter Berücksichtigung des Umstandes darstellt, daß es bei Angeboten zu Einheitspreisen zu Mengenänderungen kommen kann und sich infolge der "Aufpreisung" von Positionen des Leistungsverzeichnisses, bei denen eher mit Mengenerhöhungen zu rechnen ist, und infolge der "Abpreisung" von Positionen, bei denen eher mit Mengenreduzierungen zu rechnen ist, erhebliche Verschiebungen des Gesamtpreises ergeben können. Ein Bieter, der in seinem Angebot Positionen des Leistungsverzeichnisses mit Preisen versieht, bei denen Teile des tatsächlich geforderten Entgelts nicht bei der jeweils ausgewiesenen Position erklärt werden, sondern in andere Positionen eingerechnet werden, ohne daß aus dem Angebot der tatsächlich geforderte Preis für die Leistung etwa infolge erläuternder Zusätze ersichtlich wird, gibt schon objektiv die geforderten Erklärungen nicht vollständig im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A ab, so daß sein Angebot als Grundlage eines transparenten und alle Bieter gleich behandelnden Wertung ungeeignet und daher nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A von der Wertung auszuscheiden ist.
Das vorlegende Oberlandesgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend ausgeführt, daß es im Verantwortungsbereich des Bieters liegt, wie er seine Preise kalkuliert und zu welchen Preisen er welche Leistungen des Leistungsverzeichnisses anbietet. Die vergaberechtlichen Vorschriften enthalten keine Regelungen, nach denen die Vergabestelle gehalten wäre, die Preiskalkulation eines Bieters auf ihre Richtigkeit oder Angemessenheit zu überprüfen und zu bewerten. Grundlage der Wertung sind die von den Bietern nach Maßgabe der Ausschreibungsunterlagen abgegebenen Angebote. Enthalten diese Einheitspreise für die einzelnen ausgeschriebenen Leistungen, welche die für die jeweiligen Leistungen geforderten Preise ersichtlich nicht ausweisen, ist die Vergabestelle nicht gehalten, die Gründe zu ermitteln, die den Bieter veranlaßt haben, die tatsächlich geforderten Preise für die betreffenden Leistungspositionen nicht auszuweisen, sondern andere Preise anzugeben. Ist zweifelhaft, ob das Angebot die tatsächlich geforderten Preise für die jeweiligen Leistungspositionen ausweist, kann sich die Vergabestelle gemäß § 24 Nr. 1 VOB/A über die Angemessenheit der Preise unterrichten. Ergibt sich durch die Erklärungen des Bieters, daß die ausgewiesenen Preise die von ihm für die Leistungen geforderten Preise vollständig wiedergeben, kann das Angebot nicht nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A ausgeschlossen werden. Ergibt die Aufklärung dagegen wie im Streitfall, daß die Preise für die ausgeschriebenen Leistungen nicht in der nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A erforderliche Weise das tatsächlich für die Leistung geforderte Entgelt ausweisen, ist die Vergabestelle nicht verpflichtet, Ermittlungen darüber anzustellen, welche Preise für welche Leistungen tatsächlich gefordert werden, um auf diese Weise die Vergleichbarkeit der Angebote herzustellen. Vielmehr ist das Angebot gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A von der Wertung auszuschließen.
5. Der Inhalt des Angebots der Antragstellerin die umstrittenen Einheitspreisangaben betreffend steht fest, so daß die Sache zur Entscheidung reif ist. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten. Das von der Antragstellerin eingeleitete Nachprüfungsverfahren ist zwar zulässig, aus den dargelegten Gründen aber in der Sache unbegründet, so daß die sofortige Beschwerde zurückzuweisen ist.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung der §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO (vgl. BGHZ 146, 202, 217; zur Kostenentscheidung im Verhältnis zur Beigeladenen vgl. Sen.Beschl. v. - X ZB 44/03, Umdruck S. 21 zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 12 a Abs. 2 GKG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
UAAAC-04831
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja