BGH Urteil v. - VII ZR 351/02

Leitsatz

[1] Die Zustellung an eine nicht vertretungsberechtigte Behörde unterbricht nicht die Verjährung.

Gesetze: BGB § 209 Abs. 2 Nr. 1 a.F.

Instanzenzug: OLG Frankfurt am Main vom LG Wiesbaden

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Werklohn. Im Streit ist noch der Nachtrag N 11 in Höhe von 554.141,94 DM.

Die Klägerin war von der Beklagten mit den Bauleistungen für eine Bundesstraße beauftragt. Im Verlauf des Vorhabens kam es zu mehreren Nachträgen. Nach Abnahme erstellte die Klägerin am die Schlußrechnung und übersandte diese an das Hessische Straßenbauamt in B. Dieses lehnte am die Begleichung des Nachtrages N 11 ab. Die von der Klägerin dagegen angerufene vorgesetzte Dienststelle, das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen, lehnte die Anerkennung des Nachtrags erstmals am ab und nach weiteren Widersprüchen erneut am und am .

Am beantragte die Klägerin gegen die Beklagte, vertreten durch das Bundesministerium für Verkehr, dieses vertreten durch die Straßenbauverwaltung des Landes Hessen, endvertreten durch das Amt für Straßen- und Verkehrswesen B., den Erlaß eines Mahnbescheids. Der Mahnbescheid vom wurde dem Amt für Straßen- und Verkehrswesen B. am zugestellt. Dieses legte am Widerspruch ein und teilte unter Angabe der Anschrift mit Schreiben vom gleichen Tage mit, daß das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen in W. endvertretende Behörde sei. Dieses Schreiben wurde auf Anforderung der Klägerin ihrem Prozeßbevollmächtigten am übersandt, der es am erhielt.

Mit Schriftsatz vom hat die Klägerin unter erneuter Bezeichnung des Hessischen Amtes für Straßen- und Verkehrswesen B. als endvertretende Behörde den Anspruch begründet. Nach gerichtlichem Hinweis hat die Klägerin das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen W. als endvertretende Behörde benannt, der die Anspruchsbegründung am zugestellt wurde.

Nach Verweisung an das Landgericht W. hat dieses die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Berufung der Klägerin war ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Gründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

Die rechtliche Beurteilung richtet sich nach den bis zum geltenden Gesetzen.

Der Senat ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO an die Zulassung der Revision gebunden, obwohl ein Zulassungsgrund nicht genannt und auch nicht erkennbar ist.

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Beklagte habe zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Schlußrechnung vom sei unstreitig einige Tage später zugegangen. Daher sei die Klageforderung zwei Monate später, jedenfalls Anfang Dezember 1996 fällig geworden. Daß die Beklagte erst unter dem den Prüfvermerk auf die Schlußrechnung angebracht habe, ändere am Eintritt der Fälligkeit nichts. Objektive Gründe für ein Hinausschieben der Fälligkeit lägen nicht vor. Das Amt B. habe seit die Möglichkeit der Prüfung des Nachtrags N 11 gehabt. Auch wenn über die Genehmigung einzelner Nachträge noch nicht entschieden gewesen sei, sei von einer einheitlichen Fälligkeit auszugehen.

Die am beginnende Verjährungsfrist sei nicht durch die Beantragung des Mahnbescheids am unterbrochen worden. Der Mahnbescheid sei an die falsche endvertretende Behörde zugestellt worden. Die Zustellung an die vertretungsberechtigte Behörde, das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen, am könne nicht mehr als "demnächst" im Sinne des § 270 Abs. 3 ZPO angesehen werden (gemeint im Sinne von § 693 Abs. 2 ZPO). Bei der Verzögerung der Zustellung habe ein schuldhaftes Verhalten der Klägerin mitgewirkt. Ihr sei seit Mitteilung des Schreibens vom im Februar 1999 bekannt gewesen, daß das Amt in B. nicht endvertretende Behörde sei. Ohne Erfolg mache die Klägerin geltend, Adressat des Schreibens vom sei das Gericht gewesen. Daß eine Heilung durch Weiterleitung des Mahnbescheids gemäß § 187 ZPO eingetreten sei, sei nicht dargetan.

Selbst wenn man wegen der Korrespondenz hinsichtlich des Nachtrags N 11 den Zeitraum vom 19. Januar bis zum als Hemmungszeitraum einrechne, sei die Verjährung am abgelaufen gewesen.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, daß die Parteien stillschweigend eine Verlängerung der in § 16 Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 VOB/B vorgesehenen Prüfungsfrist vereinbart hätten.

Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Werklohnforderung gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B zwei Monate nach Zugang der prüffähigen Schlußrechnung vom fällig geworden ist. Es entspricht der Rechtsprechung des , BGHZ 83, 382 m.w.N.), daß spätestens zu diesem Zeitpunkt die Fälligkeit eintritt.

Die Parteien haben keine davon abweichende Vereinbarung über die Fälligkeit getroffen. Aus dem Verhalten der Parteien läßt sich weder ein stillschweigender Antrag auf einvernehmliche Änderung der Fälligkeit noch die Annahme eines derartigen Antrags entnehmen. Die Parteien haben lediglich über die Berechtigung der in der Schlußrechnung geltend gemachten Nachtragsforderungen verhandelt. Die Beklagte hat die Nachtragsforderungen geprüft und, soweit sie diese für berechtigt gehalten hat, jeweils ausbezahlt. Darin liegt keine stillschweigende Vereinbarung, die Fälligkeit der Werklohnforderung hinauszuschieben.

Soweit die Revision einen übereinstimmenden Willen daraus herleiten will, daß keine Verzugszinsen gezahlt oder verlangt worden seien, ist das unrichtig. Die Klägerin hat im Antrag auf Erlaß des Mahnbescheids Zinsen von 6,5 % seit und in erster Instanz 6,5 % Zinsen seit dem verlangt. In der Klagebegründung hat sie dazu ausgeführt, die Forderung sei zwei Monate nach Zugang der Schlußrechnung zu leisten gewesen und die Beklagte sei seit ihrer endgültigen Zahlungsverweigerung am in Verzug.

2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, daß das Berufungsgericht bei der Beurteilung, ob die Verjährung durch den Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids vom unterbrochen worden ist, davon ausgegangen ist, daß die Anspruchsbegründung nicht "demnächst" im Sinne des § 693 Abs. 2 ZPO zugestellt worden ist.

Gemäß § 693 Abs. 2 ZPO wäre die verjährungsunterbrechende Wirkung des Mahnbescheids bereits mit dem Antrag auf Erlaß des Mahnbescheids am eingetreten, wenn dessen Zustellung "demnächst" erfolgt wäre. Nachdem der Mahnbescheid nicht der zuständigen Behörde zugestellt worden ist, hätte die Verjährung allenfalls durch die der zuständigen Behörde am zugestellte Anspruchsbegründung unterbrochen werden können.

Diese Zustellung ist nicht mehr als "demnächst" im Sinne des § 693 Abs. 2 ZPO anzusehen. Nach der Rechtsprechung des , BGHZ 150, 221) schadet eine geringfügige Verzögerung selbst dann nicht, wenn sie auf Nachlässigkeit einer Partei beruht. Die Klägerin hat eine erhebliche Verzögerung der Zustellung schuldhaft verursacht. Dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin war seit der am zugegangenen Mitteilung des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen B. vom bekannt, daß dieses nicht die endvertretende Behörde war. Die Klägerin konnte ab diesem Zeitpunkt die Zustellung an die zuständige Behörde veranlassen. Dies ist nicht unverzüglich erfolgt.

Ohne Erfolg macht die Revision unter Bezug auf die Rechtsprechung des , MDR 1983, 1002) geltend, ein für die Verzögerung mitursächliches Verhalten des Zustellungsempfängers liege vor, so daß das der Klägerin zurechenbare Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) unschädlich sei. Die Beklagte hat zu der Verzögerung nicht beigetragen. Das Amt für Straßen- und Verkehrswesen B. hat die zuständige endvertretende Behörde angegeben, so daß es der Klägerin möglich gewesen wäre, eine wirksame Zustellung alsbald zu veranlassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
DB 2004 S. 1725 Nr. 32
SAAAC-03504

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein