Leitsatz
[1] Hat der Auftraggeber eines Vertrages, in dem die VOB/B vereinbart worden ist, nicht binnen zwei Monaten nach Zugang der Schlussrechnung Einwendungen gegen deren Prüfbarkeit erhoben, wird der Werklohn auch dann fällig, wenn die Rechnung objektiv nicht prüfbar ist. Es findet die Sachprüfung statt, ob die Forderung berechtigt ist (Bestätigung von , BauR 2004, 1937 = ZfBR 2005, 56 = NZBau 2005, 40).
Gesetze: VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 1 C
Instanzenzug: Saarländisches OLG 7 U 436/02 -100 vom LG Saarbrücken 9 O 217/99 vom
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten restlichen Werklohn. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob die Schlussrechnung des Klägers prüffähig ist.
Die Beklagte beauftragte den Kläger als Subunternehmer in einem Einheitspreisvertrag mit Erd-, Entwässerungs- und Anlagearbeiten an einem Bauvorhaben in S. Die VOB/B war vereinbart. Der Kläger schloss seine Arbeiten im Jahr 1989 ab. Auf seine Schlussrechnung vom zahlte die Beklagte am unter Berücksichtigung von Abschlagszahlungen 14.871,44 €.
Die Klage auf Zahlung des Restwerklohns in Höhe von 75.454,43 € hat das Landgericht abgewiesen. Dieses Urteil hat das Berufungsgericht aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Das Landgericht hat die Klage erneut abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen worden ist. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter.
Gründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das für die Beurteilung maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).
I.
Das Berufungsgericht meint, die Werklohnforderung des Klägers sei nicht fällig, da dieser seine Leistungen nicht prüfbar abgerechnet habe. Die Schlussrechnung des Klägers vom erfülle nicht die zwingenden Anforderungen des § 14 Nr. 1 Satz 2 VOB/B: Sie sei nicht übersichtlich und halte die Reihenfolge des Leistungsverzeichnisses nicht ein; außerdem seien die einzelnen Rechnungspositionen nicht klar bezeichnet. Darüber hinaus genügten auch die von dem Kläger vorgelegten Unterlagen ganz überwiegend nicht den Voraussetzungen des § 14 Nr. 1 Satz 3 VOB/B.
Der Umfang der Leistungen des Klägers sei auch nicht auf andere Weise als durch Vorlage eines Aufmaßes festzustellen. Der Kläger könne sich insoweit nicht darauf berufen, dass die Erd- und Entwässerungsarbeiten ausschließlich ihm übertragen worden seien und die Tätigkeit anderer Firmen in seinem Leistungsbereich nicht einmal 1 % des ihm übertragenen Leistungsumfangs ausgemacht habe. Insoweit könne dahinstehen, ob die Beklagte die Leistungen des Klägers dadurch hätte feststellen können, dass sie von dem Gesamtaufmaß die von ihr erbrachten und aufgrund ihres eigenen Aufmaßes festzustellenden Leistungen abgezogen hätte. Denn der Auftraggeber sei zu einer Überprüfung der Rechnung anhand eigener Unterlagen nur verpflichtet, wenn ihm dies unschwer möglich sei. Dies sei vorliegend bereits wegen des Umfangs der ausgeführten Arbeiten zweifelhaft. Jedenfalls hätten die Parteien eine Verpflichtung der Beklagten, zur Abgrenzung des Leistungsumfangs des Klägers ihre Feststellungen im Verhältnis zu ihrem Bauherrn heranzuziehen, vertraglich ausgeschlossen.
II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass sich die Beklagte auf die fehlende Prüfbarkeit der Rechnung als Fälligkeitsvoraussetzung des Werklohns nicht mehr berufen kann.
Der Senat hat entschieden, dass ein Auftraggeber gegen Treu und Glauben verstößt, wenn er Einwendungen gegen die Prüffähigkeit einer Rechnung im Sinne des § 8 Abs. 1 HOAI später als zwei Monate nach deren Zugang erhebt. Er ist dann mit dem Einwand der fehlenden Prüffähigkeit ausgeschlossen mit der Folge, dass die Honorarforderung fällig wird (, BGHZ 157, 118, 124 ff.). Die Erwägungen, mit denen der Verstoß gegen Treu und Glauben begründet worden ist, gelten auch für einen Bauvertrag, dem die VOB/B zugrunde liegt (, BauR 2004, 1937, 1939 = ZfBR 2005, 56 = NZBau 2005, 40).
Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Beklagte innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zugang der Schlussrechnung Einwendungen gegen deren Prüfbarkeit vorgebracht hat.
III.
Das Berufungsurteil hat danach keinen Bestand. Es ist aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Der Kläger hat vorgetragen, dass die Beklagte für das Gesamtbauvorhaben ein eigenes Aufmaß genommen und auf dieser Grundlage die erbrachten Leistungen auch in dem ihm übertragenen Bereich gegenüber ihrem Auftraggeber abgerechnet habe. Die insoweit angefallenen Arbeiten habe weitestgehend er ausgeführt, die Tätigkeit der Beklagten und anderer Unternehmen habe insoweit nicht einmal 1 % seines Leistungsumfangs ausgemacht. Sollte dies zutreffend sein, könnte sich die Beklagte auch aus diesem Grund nach Treu und Glauben nicht auf eine fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung des Klägers berufen. Hat der Besteller nämlich gegenüber seinem Auftraggeber die Leistungen des Unternehmers abgerechnet, ist seinem Kontroll- und Informationsinteresse insoweit Genüge getan. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn die Arbeiten aus dem Leistungsbereich des Unternehmers zu einem Bruchteil vom Besteller selbst oder von Dritten ausgeführt worden sind.
2. Auch weitere Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Prüfbarkeit verneint, sind rechtsfehlerhaft.
a) Die fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung lässt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht aus § 14 Nr. 1 Satz 2 VOB/B herleiten. Der Kläger hat die Rechnung bereits im ersten Berufungsverfahren handschriftlich ergänzt und im Schriftsatz vom erläutert. Derartige spätere schriftliche Erläuterungen, die auch Bestandteil des Prozessvortrags sein können, können die Prüfbarkeit der Rechnung herbeiführen (, BGHZ 140, 365, 370). Es liegt nahe, dass jedenfalls in Verbindung mit diesen schriftsätzlichen Ergänzungen die Schlussrechnung des Klägers vom den Anforderungen des § 14 Nr. 1 Satz 2 VOB/B entsprach.
b) Rechtsfehlerhaft sind auch die Erwägungen, nach denen das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 14 Nr. 1 Satz 3 VOB/B als nicht erfüllt ansieht. Ob die Angaben aus der so bezeichneten "Massenaufstellung" des Klägers weitestgehend nicht in die Schlussrechnung übernommen worden sind, ist ohne Bedeutung. Bei der "Massenaufstellung" handelt es sich lediglich um eine Übersicht, die von § 14 Nr. 1 Satz 3 VOB/B nicht gefordert wird. Entscheidend ist, ob die in der Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom vorgelegten Unterlagen den Anforderungen des § 14 Nr. 1 Satz 3 VOB/B entsprechen. Dies hat das Berufungsgericht nicht untersucht. Bei der nachzuholenden Prüfung wird es auch zu bedenken haben, ob derartige Unterlagen zur Klärung oder zum Nachweis der einzelnen Rechnungspositionen überhaupt erforderlich sind (vgl. , BauR 1990, 605, 607).
c) Soweit sich nach dem Vorstehenden ergeben sollte, dass lediglich einzelne Positionen der Schlussrechnung nicht hinreichend im Sinne von § 14 Nr. 1 Satz 3 VOB/B belegt sind, hätte das Berufungsgericht zu beachten, dass dies nicht zur Folge hat, dass die gesamte Forderung nicht fällig ist. Vielmehr ist der Teil der Forderung fällig, der prüfbar abgerechnet ist und der nach Abzug der Abschlags- und Vorauszahlungen verbleibt (vgl. , BGHZ 157, 118, 130). Gleiches gilt, soweit sich die Beklagte hinsichtlich weiterer Positionen der Schlussrechnung nach Treu und Glauben nicht auf deren fehlende Prüfbarkeit berufen könnte. Dies kommt in Betracht, soweit die Beklagte, was das Berufungsgericht offen gelassen hat, einzelne Positionen der Schlussrechnung nach Überprüfung als berechtigt angesehen hat. Denn auch hinsichtlich solcher Positionen bestünde für die Beklagte kein weitergehendes Informations- und Kontrollinteresse mehr.
3. Sollte das Berufungsgericht nach dem Vorstehenden im weiteren Verfahren erneut zu der Auffassung gelangen, dass die Schlussrechnung des Klägers nicht oder nicht vollständig prüfbar ist und es der Beklagten auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt ist, sich hierauf zu berufen, hätte dies nicht zwingend zur Folge, dass die Klage abzuweisen ist. Das Berufungsgericht hätte in diesem Fall zu bedenken, dass der Kläger seine Leistungen bereits im Jahr 1989 erbracht hat. Der Senat hat entschieden, dass eine Klage auf Werklohn nicht allein wegen des Fehlens einer prüfbaren Schlussrechnung abgewiesen werden kann, wenn deren Vorlage z. B. infolge Zeitablaufs unmöglich geworden ist. In einem solchen Fall reicht es aus, dass der Unternehmer seine Forderung anderweitig schlüssig darlegt. Die Klage kann dann aufgrund eines Vortrages ganz oder teilweise Erfolg haben, der dem Tatrichter eine ausreichende Grundlage für eine Schätzung nach § 287 ZPO bietet (, BauR 2004, 1937, 1939 = ZfBR 2005, 56 = NZBau 2005, 40; , vollständig dokumentiert in Juris, im Umdruck Seite 2). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hätte das Berufungsgericht, gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien, zu prüfen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2006 S. 455 Nr. 7
WM 2006 S. 1353 Nr. 28
TAAAC-03479
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja