Leitsatz
[1] Vereinbaren die Parteien in einem Vergleich Kostenaufhebung, steht dem Streithelfer einer Partei selbst dann kein prozeßrechtlicher Kostenerstattungsanspruch zu, wenn diese Vereinbarung bezweckte, Kostenerstattungsansprüche des Streithelfers auszuschließen. Etwa bestehende materiellrechtliche Kostenerstattungsansprüche bleiben davon unberührt.
Instanzenzug: LG Potsdam
Gründe
I.
Die Streithelfer zu 1 bis 4 der Beklagten wenden sich gegen einen Beschluß, wonach sie die Kosten, die ihnen als Streithelfer entstanden sind, selbst zu tragen haben.
Der Kläger hat die Beklagte auf Zahlung von Werklohn, hilfsweise Schadensersatz für Garten- und Landschaftsarbeiten in Anspruch genommen. Die Streithelfer sind auf Seiten der Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten.
Der Kläger und die Beklagte schlossen einen Vergleich auf Widerruf, wonach die Beklagte sich im Wesentlichen verpflichtete, 14.500 € an den Kläger zu zahlen. Die Vergleichskosten sollten gegeneinander aufgehoben, die Kosten des Rechtsstreits sollten zu 75 % von dem Kläger und zu 25 % von der Beklagten getragen werden. Der Kläger widerrief diesen Vergleich. Danach schlossen der Kläger und die Beklagte einen Vergleich, wonach die Beklagte 10.721 € an den Kläger zu zahlen hatte. Die außergerichtlichen Kosten trug jede Partei selbst, die Gerichtskosten wurden geteilt.
Die Streithelfer haben um eine Kostengrundentscheidung über ihre außergerichtlichen Kosten gebeten. Das Landgericht hat entschieden, daß die Streithelfer ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen müssen. Die sofortige Beschwerde der Streithelfer zu 1 bis 4 ist erfolglos geblieben.
II.
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, nach dem Grundsatz der Kostenparallelität könnten die Streithelfer keine Kostenerstattung vom Kläger verlangen. Die Beklagte müsse nach der im Vergleich vereinbarten Kostenregelung ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Für die Streithelfer könne nichts anderes gelten. Das rechtfertige sich aus der prozessualen Stellung des Streithelfers im Zivilprozeß. Dieser habe keinen Einfluß auf die Prozeßhandlungen der unterstützten Partei und müsse sie auch dann gegen sich gelten lassen, wenn sie für ihn nachteilig seien. Eine Abweichung vom Grundsatz der Kostenparallelität sei auch dann nicht geboten, wenn die Parteien die Kostenregelung in dem letztlich geschlossenen Vergleich nur oder jedenfalls auch in dem Bewußtsein und mit dem Willen getroffen hätten, dadurch eine Kostenerstattungspflicht des Klägers gegenüber den Streithelfern der Beklagten zu verhindern. Weder eine Anwendung des § 91a ZPO komme in Betracht noch eine Korrektur nach § 242 BGB.
III.
Dagegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Streithelfer zu 1 bis 4, mit der sie beantragen, der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen, ohne Erfolg.
1. Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen, § 101 Abs. 1 ZPO. Die Hauptparteien des Rechtsstreits haben vereinbart, daß sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Diese Vereinbarung ist im Anwendungsbereich der §§ 101 Abs. 1, 98 ZPO maßgeblich (, NJW 1961, 460).
Danach haben auch die Streithelfer ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen. Der Bundesgerichtshof hat in Abkehr von einer älteren Rechtsprechung (BGH, aaO.) entschieden, daß der Streithelfer im Falle einer Vereinbarung der Hauptparteien, nach der die Kosten gegeneinander aufgehoben werden oder jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, nicht besser stehen kann als die von ihm unterstützte Partei. Das bedeutet, daß er von dem Gegner der unterstützten Partei keine Kostenerstattung verlangen kann. Auch die Aufhebung der Kosten bedeutet, daß jede Partei ihre Kosten selbst trägt. Dieses Ergebnis entspricht der Rolle des Streithelfers im Rechtsstreit. Er kann nur unterstützen in einem Prozeß, den die beiden Hauptparteien führen. Der Streithelfer muß auch sonst die für ihn nachteiligen Auswirkungen von Prozeßhandlungen der Hauptpartei tragen, so daß es keinen Anlaß gibt, den Grundsatz der Kostenparallelität aufzugeben (, BGHZ 154, 351, 354 ff.; Beschluß vom - II ZB 15/02, NJW 2003, 3354). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.
Zutreffend hat das Beschwerdegericht entschieden, daß es nicht darauf ankommt, inwieweit der Streithelfer tatsächlich auf den Vergleich Einfluß nehmen konnte. Etwas anderes folgt nicht aus dem , aaO.) In diesem Beschluß wird lediglich darauf hingewiesen, daß für den Streithelfer die Möglichkeit besteht, sich an den Vergleichsverhandlungen zu beteiligen und es sinnvoll sein kann, dies zu tun.
2. Eine andere Entscheidung ist grundsätzlich auch dann nicht geboten, wenn die Parteien die Aufhebung der Kosten mit dem Ziel vereinbart haben, Kostenerstattungsansprüche des Streithelfers auszuschließen. Die Regelung des § 101 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 98 ZPO ist zwingend. Eine Anwendung des § 91a ZPO, wie sie vereinzelt erwogen wird (vgl. Schwarz, MDR 1993, 1052, 1054 m.w.N.), ist nicht zulässig. Die gesetzliche Regelung läßt keinen Spielraum für die Prüfung, inwieweit die Interessen des Streithelfers durch die im Vergleich erzielte Einigung gewahrt sind. Diese materiellrechtlichen Erwägungen hängen von vielen Umständen ab, deren Überprüfung sich im Rahmen der §§ 101 Abs. 1, 98 ZPO verbietet. Es kann nachvollziehbare Gründe für eine Einigung dahin geben, daß durch die Aufhebung der außergerichtlichen Kosten ein Kostenerstattungsanspruch des Streithelfers ausgeschlossen sein soll. Diese Gründe können z.B. in der Person oder in dem Verhalten des Streithelfers liegen. Eine derartige Vereinbarung muß nicht zwingend eine sittenwidrige Schädigung oder ein kollusives Zusammenwirken der Hauptparteien zu Lasten des Streithelfers bedeuten. Es ist zu berücksichtigen, daß die Vereinbarung, die außergerichtlichen Kosten aufzuheben, der gesetzlichen Lösung für den Fall entspricht, daß keine Kostenregelung getroffen wird, § 98 ZPO. Das gilt auch für die Kosten der Streithilfe. Auch in diesem Fall kommt es nicht darauf an, inwieweit die Kostenaufhebung die materiellrechtlich orientierten Interessen der Hauptparteien oder des Streithelfers wahrt. Der Senat sieht deshalb, anders als teilweise vertreten (vgl. OLG Zweibrücken, NJW-RR 2003, 142, 143; OLG Celle, NJW 1976, 2170, 2171), grundsätzlich keinen Ansatz für eine materiellrechtliche Gesichtspunkte berücksichtigende Beurteilung, die erforderlich ist, wenn von dem Streithelfer ein Verstoß gegen Treu und Glauben, § 242 BGB, oder auch eine sittenwidrige Schädigung durch die unterstützte Partei ins Feld geführt wird.
3. Eine andere Frage ist, inwieweit die unterstützte Partei sich durch den Vergleichsschluß schadensersatzpflichtig gegenüber dem Streithelfer macht, sei es wegen eines vertragswidrigen Verhaltens, sei es wegen einer sittenwidrigen Schädigung. Etwa daraus entstehende materiellrechtliche Schadensersatzansprüche müssen anderweitig geltend gemacht werden (vgl. Schubert, JR 2004, 64; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 101 Rdn. 7).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2005 S. 1159 Nr. 16
VAAAC-03179
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja