Leitsatz
[1] Wird in der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO die "weitere" Vollstreckung aus einem bestimmten Titel für unzulässig erklärt, ist regelmäßig auf die Aufhebung der Vollstreckbarkeit des Titels erkannt.
Gesetze: ZPO § 767; ZPO § 775 Nr. 1 Fall 3; ZPO § 776 Satz 1
Instanzenzug: LG Traunstein AG Laufen
Gründe
I.
Die Gläubiger betreiben gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung einer notariellen Urkunde.
Auf Antrag der Gläubiger hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - am und am zwei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse erlassen und angebliche Ansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldner gepfändet. Auf eine Vollstreckungsabwehrklage des Schuldners hat das Landgericht T. durch Urteil vom die "weitere Zwangsvollstreckung" aus der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde für unzulässig erklärt. Der Schuldner hat daraufhin beantragt, die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom und aufzuheben. Mit Beschluß vom hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - diese Anträge zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Beschwerdegericht den Beschluß des Amtsgerichts - Vollstreckungsgerichts - sowie die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom und aufgehoben.
Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Gläubiger. Nach Einlegung der Rechtsbeschwerde hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts M. durch Urteil vom das Urteil des Landgerichts T. vom aufgehoben und die Vollstreckungsabwehrklage des Schuldners abgewiesen. Der Schuldner hat daraufhin das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Gläubiger sind der Erledigungserklärung entgegengetreten.
II.
Das Verfahren hat sich in der Hauptsache erledigt. Das ist unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde festzustellen. Die Gläubiger tragen die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Gläubiger war unbegründet.
1. Die Erledigung der Hauptsache kann vom Antragsteller im Rechtsbeschwerdeverfahren jedenfalls dann einseitig erklärt werden, wenn das erledigende Ereignis als solches außer Streit steht (, ZIP 1986, 397, 398; vgl. zum Revisionsverfahren: , NJW 2004, 1665; , NJW 1996, 1814; , NJW 1991, 221, 222).
Erledigendes Ereignis ist der Erlaß des Urteils des Oberlandesgerichts M. vom . Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß das Urteil des Landgerichts T. vom durch das Urteil des Oberlandesgerichts M. vom aufgehoben und die Vollstreckungsabwehrklage des Schuldners abgewiesen worden ist. Damit ist die Grundlage für die Aufhebung der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse entfallen. Der Umstand, daß das Urteil des Oberlandesgerichts M. noch nicht rechtskräftig ist, ist nach § 717 Abs. 1 ZPO ohne Belang (vgl. dazu Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 717 ZPO Rdn. 2). Der Schuldner war daher berechtigt, im Rechtsbeschwerdeverfahren die Erledigung zu erklären.
2. Der Antrag des Schuldners auf Aufhebung der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse war zum Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereig- nisses, wie das Beschwerdegericht im Ergebnis zu Recht entschieden hat, zulässig und begründet.
a) Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, aufgrund des Urteils des Landgerichts T. vom seien die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse nach §§ 775 Nr. 1 Fall 3, 776 Satz 1 ZPO aufzuheben gewesen. Das Urteil des Landgerichts stelle einen Titel im Sinne des § 775 Nr. 1 Fall 3 ZPO dar. Etwas anderes ergebe sich vorliegend nicht daraus, daß im Tenor des Urteils lediglich die "weitere" Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde für unzulässig erklärt worden sei. Der Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses biete die Grundlage für die Vornahme der eigentlichen Vollstreckungshandlungen, also für die Pfändung eingehender Geldbeträge und für ihre Überweisung an die Gläubiger. Die erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse böten dafür die Möglichkeit, solange sie existierten. Würden diese aufrechterhalten, wäre aus ihnen eine weitere Pfändung und Überweisung bis zur vollständigen Erfüllung der Forderung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde möglich. Genau dies würde aber dem Inhalt der Entscheidung des Landgerichts T. vom widersprechen.
b) Die Rechtsbeschwerde hält dem entgegen, nach dem eindeutigen Tenor des Urteils des Landgerichts T. , nach dem lediglich die "weitere" Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt worden ist, seien nur neuerliche Vollstreckungshandlungen aus der notariellen Urkunde untersagt. Die bereits erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse seien hingegen aufrecht zu erhalten.
c) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand. Das Beschwerdegericht hat die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zu Recht gemäß §§ 775 Nr. 1 Fall 3, 776 Satz 1 ZPO aufgehoben.
aa) Gemäß § 776 Satz 1 ZPO sind im Fall des § 775 Nr. 1 ZPO die bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben. Hierzu zählen auch Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl., Rdn. 744; Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 776 Rn. 3).
bb) Das für vorläufig vollstreckbar erklärte Urteil des Landgerichts T. vom , mit dem die weitere Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde für unzulässig erklärt worden ist, stellt eine vollstreckbare Entscheidung im Sinne von § 775 Nr. 1 Fall 3 ZPO dar. Eine vollstreckungsrechtlich zu beachtende Beschränkung der Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung enthält diese Entscheidung nicht.
(1) Bei dem Urteil des Landgerichts T. vom handelt es sich um eine Entscheidung über eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO. Die Vollstreckungsabwehrklage ist eine prozessuale Gestaltungsklage, deren Streitgegenstand auf die vollständige oder teilweise Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Titels gerichtet ist (, BGHZ 55, 255, 256; , BGHZ 85, 367, 371; Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 767 ZPO Rdn. 11 und 12). Mit der Vollstreckungsabwehrklage kann nicht beantragt werden, die Zwangsvollstreckung aus einem Titel nur insoweit für unzulässig zu erklären, als es sich um bestimmte Vollstreckungsmaßnahmen handelt (, NJW 1960, 2286, 2287).
(2) Nach dieser Maßgabe ist entgegen der Rechtsbeschwerde durch das Urteil des Landgerichts Traunstein vom die gänzliche Vernichtung der Vollstreckbarkeit des streitgegenständlichen Titels ausgesprochen worden. Der Umstand, daß in dem Urteil lediglich die "weitere" Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt worden ist, ist vollstreckungsrechtlich ohne Belang. Zwar kann der Tenor eines einer Vollstreckungsabwehrklage stattgebenden Urteils dahin gehen, die Zwangsvollstreckung nur zeitweilig für unzulässig zu erklären (vgl. Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 767 ZPO Rdn. 40; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 10. Aufl., § 40, S. 457). Darum geht es vorliegend aber nicht. Nicht gefolgt werden kann daher der Rechtsbeschwerde, die den Tenor des genannten Urteils so verstanden wissen möchte, daß hiermit lediglich neuerliche Vollstreckungshandlungen untersagt worden sind und die bereits getroffenen Vollstreckungshandlungen aufrecht erhalten werden sollen. Dieses Verständnis geht dahin, nur einzelne, nach zeitlichen Abschnitten bestimmte Vollstreckungshandlungen für unzulässig zu erklären. So läßt sich der Tenor des landgerichtlichen Urteils nicht auffassen. Dies wäre mit der Rechtsnatur einer Vollstreckungsabwehrklage nicht vereinbar.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2006 S. 356 Nr. 5
WM 2005 S. 1991 Nr. 42
TAAAC-03119
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja