BGH Beschluss v. - VI ZB 25/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 85 Abs. 2; ZPO § 519 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 574 Abs. 2

Instanzenzug: AG Bonn 4 C 174/04 vom LG Bonn 5 S 46/05 vom

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat die von der Klägerin gegen die Beklagten erhobene Schadensersatzklage durch Urteil vom abgewiesen. Mit am beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin "namens der Klägerin und der Berufungsklägerin" gegen das "am verkündete und am zugestellte Urteil des Amtsgerichts B. , Aktenzeichen " Berufung eingelegt. In dem Schriftsatz hat sie fälschlicherweise "Herrn S. B. aus B. " als Kläger und Berufungskläger angegeben. Am Ende der Berufungsschrift heißt es: "Die Urteilsausfertigung, deren Rückgabe erbeten wird, sowie zwei beglaubigte Abschriften sind beigefügt." Die Berufung wurde am begründet.

Mit Verfügung vom wurde die Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass es an einer wirksamen Berufungseinlegung fehle. Nicht Herr S. B. sondern Frau N. B. sei Klägerin in dem in der Berufungsschrift angegebenen Verfahren vor dem Amtsgericht B. gewesen. Dass das Rechtsmittel für diese eingelegt werde, ergebe sich auch nicht mit Hilfe weiterer Unterlagen, die innerhalb der Berufungsfrist beim Landgericht eingegangen seien. Entgegen der Angaben in der Berufungsschrift seien dieser keine Abschriften des amtsgerichtlichen Urteils beigefügt gewesen. Die mit Verfügung vom angeforderte Verfahrensakte sei erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist am beim Landgericht eingegangen.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat daraufhin mit einem am eingegangenen Schriftsatz die Auffassung vertreten, die Berufung sei erkennbar für die Klägerin eingelegt gewesen. Hilfsweise hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, weil sie ein Verschulden an der Fristversäumung nicht treffe. Sie habe nämlich anlässlich der Erstellung der Berufungsschrift ihrer Mitarbeiterin die Anweisung erteilt, der Berufungsschrift das angefochtene Urteil sowie zwei beglaubigte Abschriften beizufügen. Nicht die falsche Bezeichnung des Rechtsmittelführers in der Berufungsschrift, sondern der Fehler der Mitarbeiterin, die das amtsgerichtliche Urteil nicht beigefügt habe, habe zur Versäumung der Berufungsfrist geführt.

Das Berufungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Wiedereinsetzung als unbegründet zurückgewiesen und die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil als unzulässig verworfen. Es könne dahinstehen, ob die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Anweisung gegeben habe, das Urteil sowie zwei Kopien des Urteils als Anlage mit zu übersenden. Unabhängig davon liege ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten darin, dass sie die Berufungsschrift unterzeichnet habe, obwohl die Person des Rechtsmittelführers nicht korrekt benannt gewesen sei. Da mithin erst nach Ablauf der Berufungsfrist die Person des Rechtsmittelführers erkennbar gewesen sei, sei die Berufung als unzulässig zu verwerfen gewesen.

Mit der Rechtsbeschwerde beantragt die Klägerin, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ihr Wiedereinsetzung in die abgelaufene Berufungsfrist zu gewähren.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt, insbesondere eine Zulassung nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin zu Recht zurückgewiesen und infolgedessen die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen.

a) Die Rechtsbeschwerdeführerin geht selbst nicht mehr davon aus, dass die Berufung innerhalb der Berufungsfrist ordnungsgemäß für die Klägerin eingelegt worden sei. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Rechtsmittelschrift den Erfordernissen des § 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (früher: § 518 Abs. 2 ZPO a.F.) nicht genügt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dieser Vorschrift nämlich nur entsprochen, wenn bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist zweifelsfrei angegeben wird, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll (vgl. Senat, Urteil vom - VI ZR 316/97 - VersR 1999, 900, 901 und Beschluss vom - VI ZB 53/03 - VersR 2004, 1622, 1623 m.w.N.). Daran fehlt es, wenn in der Berufungsschrift - wie hier - anstelle des wirklichen Berufungsklägers eine andere, mit ihm nicht identische Person bezeichnet wird und die erforderliche Klarheit über die Person des Rechtsmittelklägers auch nicht im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der etwa sonst im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsfrist vorliegenden Unterlagen, insbesondere des erstinstanzlichen Urteils, gewonnen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom - VI ZB 53/03 - aaO; - VersR 1998, 1529, 1530). Da hier die Ausfertigung und die Abschriften des erstinstanzlichen Urteils der Berufungsschrift nicht beigefügt waren, ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die erforderliche Klarheit über die Person der Klägerin als Rechtsmittelklägerin nicht gewinnen konnte.

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführerin hat diese auch zum Wiedereinsetzungsantrag keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass sie ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Unter den gegebenen Umständen liegt ein Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten vor, das der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.

Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die Prozessbevollmächtigte habe anlässlich der Erstellung der Berufungsschrift ihrer Mitarbeiterin die Anweisung erteilt, der Berufungsschrift das angefochtene Urteil sowie zwei beglaubigte Abschriften beizufügen. Deshalb habe nicht der Fehler der Prozessbevollmächtigten, die den falschen Namen in der Berufungsschrift nicht bemerkt habe, sondern der Fehler der Mitarbeiterin, die das amtsgerichtliche Urteil nicht beigefügt habe, zur Versäumung der Berufungsfrist geführt. Dieses Vorbringen lässt ein Verschulden der Prozessbevollmächtigten nicht entfallen.

Diese hat die Berufungsschrift unterzeichnet, obgleich die Person des Rechtsmittelführers nicht korrekt bezeichnet war. Damit hat sie gegen ihre anwaltlichen Pflichten verstoßen, weil sie die Rechtsmittelschrift auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit prüfen musste. Das weisungswidrige Verhalten der Mitarbeiterin, die ihrerseits gegen Pflichten verstoßen hat, steht einem für die Fristversäumung ursächlichen Verschulden der Prozessbevollmächtigten nicht entgegen. Zwar wären die Parteien des Berufungsverfahrens und die Person des Berufungsführers mit Hilfe des Ersturteils zu erkennen gewesen, so dass auch das Verhalten der Mitarbeiterin für die Versäumung der Frist ursächlich geworden ist. Dies lässt jedoch die Mitursächlichkeit der Pflichtverletzung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht entfallen. Die Pflichtwidrigkeit der Mitarbeiterin kann deshalb weder deren Pflichtenverstoß noch dessen Ursächlichkeit für die Unzulässigkeit des Rechtsmittels beseitigen. Wiedereinsetzung kann demgemäß nicht gewährt werden, wenn neben dem Verschulden des Prozessbevollmächtigten andere von ihm nicht verschuldete Umstände mitgewirkt haben (vgl. - FamRZ 2003, 1176). Da hier auch ein eigenes Verschulden der Prozessbevollmächtigten vorliegt, ist ein anderer Sachverhalt gegeben als bei dem Beschluss des Senats vom (VI ZB 26/03, VersR 2005, 138), bei dem dem Prozessbevollmächtigten die falsche Bezeichnung des Berufungsführers aufgefallen war und er sodann seiner Kanzleiangestellten eine konkrete Einzelanweisung erteilte, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
JAAAC-02509

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