BGH Beschluss v. - VI ZB 23/00

Leitsatz

[1] a) Im Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen einen Beschluß nach § 519 b Abs. 2 ZPO a.F., durch den die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen worden ist, ist die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Sinne des § 233 ZPO grundsätzlich nicht zu prüfen.

b) Hat das Berufungsgericht durch gesonderten Beschluß einen Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten zurückgewiesen, so muß diese Entscheidung gesondert nach § 238 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 519 b Abs. 2 ZPO a.F. angefochten werden, um sie nicht in Rechtskraft erwachsen und für die Entscheidung über die Verwerfung bindend werden zu lassen.

Gesetze: ZPO § 238 Abs. 2; ZPO § 519 b Abs. 2 a.F.

Instanzenzug: OLG München LG München I

Gründe

I.

Der Beklagte hat gegen das ihm am zugestellte Urteil des Landgerichts am per Fax Berufung eingelegt. Die am ablaufende Berufungsbegründungsfrist ist vom Oberlandesgericht bis zum verlängert worden. Am ist die - teilweise unleserliche - Berufungsbegründung unter der Fax-Nummer des Landgerichts eingegangen und am zur allgemeinen Einlaufstelle der Justizbehörden gelangt. Das Original ist dort am eingegangen. Das Oberlandesgericht hat - nach einer dem Prozeßbevollmächtigten des Beklagten am zugegangenen Ankündigung - mit Beschluß vom die Berufung des Beklagten wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gemäß § 519 b i.V.m. § 519 Abs. 2 ZPO a.F. als unzulässig verworfen. Gegen den ihm am zugestellten Beschluß hat der Beklagte am (sofortige) Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt, welche das Oberlandesgericht ihm mit Beschluß vom wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO versagt hat. Mit seiner vorliegenden Beschwerde wendet sich der Beklagte ausschließlich gegen den seine Berufung als unzulässig verwerfenden . Zur Begründung trägt er vor, sein Prozeßbevollmächtigter habe am zwischen 22.30 Uhr und 22.45 Uhr mehrfach erfolglos versucht, die Berufungsbegründungsschrift an die Fax-Nummer des Oberlandesgerichts zu übersenden. Da das Empfangsgerät zu dieser Zeit nicht in Betrieb gewesen sei, habe dieser das Fax schließlich an eine Fax-Nummer gesendet, von der er davon ausgegangen sei, daß über sie unter den gegebenen Umständen auch Sendungen an das Oberlandesgericht wirksam übermittelt werden könnten.

II.

Die gemäß §§ 519 b Abs. 2, 567 Abs. 4 Satz 2, 547 ZPO a.F. zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten ist nicht begründet.

Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten mit Recht gemäß § 519 b i.V.m. § 519 Abs. 2 ZPO a.F. als unzulässig verworfen, da die Berufungsbegründung erst nach Ablauf der bis zum verlängerten Berufungsbegründungsfrist am bei der allgemeinen Einlaufstelle der Justizbehörden eingegangen ist. Ihr vorausgegangener Eingang auf dem Faxgerät des Landgerichts am vermochte die Berufungsbegründungsfrist dagegen nicht zu wahren. Der an ein unzuständiges Gericht übermittelte Schriftsatz geht erst dann beim zuständigen Gericht ein, wenn er nach Weiterleitung durch das zunächst angegangene Gericht tatsächlich in die Verfügungsgewalt des zuständigen Gerichts oder - bei richtiger Adressierung - zur allgemeinen Einlaufstelle, zu der auch das zuständige Gericht gehört, gelangt (vgl. IVa ZB 9/86 - VersR 1987, 48, 49). Da das Gesetz nur auf den tatsächlichen Vorgang des Eingangs abhebt, kommt es für die Rechtzeitigkeit des Eingangs nicht darauf an, aus welchen Gründen die Frist nicht gewahrt werden konnte (vgl. BGH, aaO). War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten, so ist ihr gegebenenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. § 233 ZPO). Im vorliegenden Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen einen Beschluß nach § 519 b Abs. 2 ZPO a.F., durch den die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen worden ist, ist die Frage der Wiedereinsetzung gegen die Fristversäumung jedoch nicht zu prüfen (vgl. IVb ZB 825/81 - NJW 1982, 887 m.w.N.). Da das Berufungsgericht im vorliegenden Fall durch gesonderten Beschluß (vom ) den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten zurückgewiesen hat, hätte diese Entscheidung gesondert nach § 238 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 519 b Abs. 2 ZPO a.F. angefochten werden müssen, um sie nicht in Rechtskraft erwachsen und für die Entscheidung über die Verwerfung bindend werden zu lassen (vgl. BGH, aaO; - BGHR ZPO § 519 b Abs. 2 Wiedereinsetzungsgrund 1). Es liegt auch kein Verfahrensfehler vor, weil sich das Berufungsgericht nicht nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO von Amts wegen mit den erst später vorgetragenen Wiedereinsetzungsgründen zu befassen hatte (vgl. Beschluß vom 7. Oktoberr 1981 - IVb ZB 825/81 - aaO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BB 2002 S. 1448 Nr. 28
FAAAC-02506

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein