Leitsatz
[1] Wurde bei der Ausgabe eines Erbbaurechts an einem mit Wohngebäuden bebauten Grundstück im Beitrittsgebiet der Erbbauzins nur vorläufig bestimmt, weil der Grundstückswert nicht feststellbar war, bedeutet die nach der Feststellbarkeit des Grundstückswerts vorgenommene Neufestsetzung des Erbbauzinses keine Anpassung des Erbbauzinses an eine Änderung der Wertverhältnisse im Sinne von § 9a Abs. 1 ErbbauVO.
Gesetze: ErbbauVO § 9a Abs. 1
Instanzenzug: LG Potsdam
Tatbestand
Die klagende Stadt ist Eigentümerin eines Grundstücks, das mit mehreren in Plattenbauweise errichteten Wohnblöcken bebaut ist. Zu Beginn des Jahres 1991 bestellte sie an dem Grundstück ein Erbbaurecht. Dieses teilte sie in Wohnungserbbaurechte auf. Mit Notarverträgen vom verkaufte sie eine Vielzahl der Wohnungserbbaurechte. Dem Beklagten verkaufte sie das mit dem Eigentum an der 55,79 qm großen Wohnung Nr. 92/5.1 verbundene Wohnungserbbaurecht für 94.446,38 DM. Den ab dem zu zahlenden Erbbauzins vereinbarten die Parteien nach dem Anteil der Fläche der Wohnung des Beklagten an der Fläche aller Wohnungen des Objekts mit 160,94 DM jährlich. Gleichlautend mit den übrigen am geschlossenen Kaufverträgen heißt es in dem Vertrag zwischen den Parteien hierzu weiter:
§ 3 ...
[4] Der Gesamterbbauzins, der auf sämtliche Wohnungserbbaurechte verteilt ist, ist auf folgender Grundlage berechnet:
[5] Er beträgt jährlich 4 % des angenommenen Verkehrswertes des Grundstückes in Höhe von derzeit 460.800 DM, ausgehend von 100 DM pro qm bei 4.608 qm Grundstücksfläche. Derzeit beträgt damit der Erbbauzins insgesamt für alle Wohnungserbbaurechte 18.432 DM jährlich. Sofern sich bei der Vermessung des Grundstückes eine abweichende qm-Zahl ergeben sollte, verzichten die Parteien auf eine Anpassung des derzeitigen Erbbauzinses.
[6] Hinsichtlich der Höhe des Erbbauzinses vereinbaren Grundstückseigentümer und Käufer (Erbbauberechtigter) schuldrechtlich folgende Anpassungsklausel:
[7] Ausgehend davon, daß ein geregelter Grundstücksverkehr im Land B. erst im Entstehen ist, gilt der vorstehende Erbbauzins zunächst bis zum als fest vereinbart.
[8] Per ermittelt der Grundstückseigentümer an Hand eines Gutachtens des Gutachterausschusses der Stadt P. oder einer gleichartigen Stelle den dann geltenden Verkehrswert des Grund und Bodens. Auf dieser Grundlage setzt der Grundstückseigentümer, dem insoweit ein Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 BGB zusteht, den Erbbauzins für die Zeit ab fest.
[9] Die Parteien sind sich darüber einig, daß diese erste Angleichung des Erbbauzinses billig im Sinne des § 9 a ErbbauVO ist, da sich der Grundstücksmarkt im Land B. erst bildet." (...)
Ein von der Klägerin beauftragter, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger ermittelte den Verkehrswert des Grundstücks zum mit 1.625.000 DM (352,64 DM/qm). Auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen bestimmte die Klägerin mit Schreiben vom den von dem Beklagten ab dem zu zahlenden Erbbauzins auf 567,56 DM jährlich. Der Beklagte erachtet die Bestimmung als unwirksam. Er bezahlt weiterhin den in dem Kaufvertrag vereinbarten Betrag von 160,94 DM jährlich.
Mit der Klage hat die Klägerin die Zahlung des Differenzbetrages für die Jahre 1996 bis 1999 verlangt. Der Beklagte hat Widerklage mit dem Antrag erhoben, festzustellen, daß das Erhöhungsverlangen der Klägerin unwirksam sei und daß die Klägerin bis zum Jahr 2045 nicht berechtigt sei, den auf jährlich 160,94 DM vereinbarten Erbbauzins um mehr als 100 % zu erhöhen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.
Gründe
I.
Das Berufungsgericht hält das Erhöhungsverlangen der Klägerin für berechtigt. Es qualifiziert die zur Änderung des Erbbauzinses vereinbarten Regelungen als von der Klägerin vorgegebene Allgemeine Geschäftsbedingungen und meint, diese hielten einer Überprüfung nach § 3 AGBG und nach §§ 9 ff AGBG stand. Die für die Erhöhung des Erbbauzinses vereinbarten Voraussetzungen seien erfüllt. Die Bestimmung des Erbbauzinses durch die Klägerin verstoße auch nicht gegen § 9 a ErbbauVO.
Das bekämpft die Revision ohne Erfolg.
II.
Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Zinsanpassungsregelung in § 3 Abs. 8 des Kaufvertrages wirksam ist (1.), die dort geregelten Erhöhungsvoraussetzungen im Streitfall erfüllt sind (2.) und der Neubestimmung des Erbbauzinses durch die Klägerin § 9 a ErbbauVO nicht entgegen steht (3.).
1. Zugunsten des Beklagten kann unterstellt werden, daß es sich bei den Regeln zur Änderung des Erbbauzinses im Kaufvertrag zwischen den Parteien um von der Klägerin verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Dies führt nicht zur Unwirksamkeit der Regelungen.
a) Die im Streitfall verwendete Zinserhöhungsklausel ist nicht so ungewöhnlich, daß sie nicht Vertragsbestandteil geworden wäre (§ 3 AGBG). Es ist allgemein üblich, daß der Erbbauzins bei der Begründung des Erbbaurechts oder seiner erstmaligen Ausgabe nach einem Prozentsatz des Grundstückswerts bestimmt wird. Der Kaufvertrag vom trägt dabei dem von beiden Parteien erkannten Umstand Rechnung, daß es im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Beitrittsgebiet noch keinen geregelten Grundstücksmarkt und damit keine verläßliche Grundlage für eine endgültige Bemessung des Verkehrswertes von Grundstücken gab (Senat, BGHZ 146, 331, 336 f; Senatsurt. v. , V ZR 491/99, WM 2001, 1305, 1306; u. v. , V ZR 251/00, ZIP 2002, 808 ff). Aus diesem Grund sah bereits Anlage IX Nr. 4 des Vertrages über die Schaffung einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion vom (BGBl II, S. 518, 566) für die Zeit vor dem Beitritt eine Nachbewertung zunächst vereinbarter Grundstückspreise durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vor. Bis zum Abschluß des Vertrages vom hatten sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht wesentlich geändert. Die Privatisierung der Volkswirtschaft der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik war zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht abgeschlossen. Ein geregelter Grundstücksmarkt hatte sich noch nicht gebildet. Im Hinblick auf die Vielzahl von Geschäften, bei denen die Höhe der Leistung einer Vertragspartei von dem Wert eines Grundstücks im Beitrittsgebiet bestimmt wurde, mußte mit Vertragsklauseln gerechnet werden, nach denen die Höhe der Zahlungsverpflichtung einer Vertragspartei nur vorläufig beziffert war und zu einem späteren Zeitpunkt eine Anpassung der Zahlungsverpflichtung an die tatsächlichen Verhältnisse zu erfolgen hatte.
b) Die zur Anpassung des Erbbauzinses an die nachzuholende Bestimmung des Grundstückswerts vereinbarte Regelung hält der Überprüfung nach §§ 9 ff AGBG stand.
aa) Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob die Regelung als Preishauptabrede gemäß § 8 AGBGB der Überprüfung entzogen ist. Zu den nach der Wiedervereinigung Deutschlands vereinbarten Kaufpreisen für Grundstücke hat der Bundesgerichtshof mehrfach ausgesprochen, daß formularmäßige Vereinbarungen in Privatisierungsverträgen der Treuhandanstalt, die wegen Fehlens eines funktionsfähigen Grundstücksmarkts im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Erhöhung des zunächst vereinbarten Kaufpreises aufgrund einer späteren Nachbewertung der Grundstücke vorsehen, als Preishauptabreden gemäß § 8 AGBGB keiner Überprüfung nach §§ 9 ff AGBG unterliegen (vgl. Senat, BGHZ 146, 331, 338 f; Senatsurt. v. , V ZR 491/99, aaO; , unveröffentlicht; Senats-urt. v. , V ZR 251/00, aaO). Das könnte im vorliegenden Fall deshalb anders zu beurteilen sein, weil die Änderung des Erbbauzinses aufgrund der Feststellung des Grundstückswerts nach dem Vertrag vom nicht auf diesen Tag zurückwirkt und sich schon vor dem ein Grundstücksmarkt im Beitrittsgebiet entwickelt hatte, der die Festestellung des Verkehrswerts eines Grundstücks möglich machte.
bb) Daß die Höhe des von dem Beklagten geschuldeten Erbbauzinses im Vertrag vom nicht von Anfang an eine abschließende Regelung gefunden hat, sondern auf der Grundlage der Bestimmung des Grundstückswerts zum nachzuholen ist, bedeutet keinen Verstoß gegen den Grundsatz der abschließenden Preisbestimmung. Bei der Überlassung eines Grundstücks aufgrund eines Erbbaurechts handelt es sich nicht um ein Rechtsverhältnis, das mit dem einmaligen Austausch der beiderseitigen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses feststehenden Leistungen erfüllt ist. Die Verpflichtung des Eigentümers besteht vielmehr darin, dem Erbbauberechtigten den Besitz an dem Grundstück zu übertragen und für die Dauer des Bestehens des Rechts zu belassen. Die hierfür von dem Erbbauberechtigten geschuldete Gegenleistung, der Erbbauzins, wird in der Regel als wiederkehrende während der gesamten - üblicherweise langen - Dauer der Berechtigung geschuldete Zahlungsverpflichtung vereinbart. Damit aber gewinnen nach der Begründung oder der Übertragung des Rechts eintretende Umstände für die Bemessung des Erbbauzinses wesentliche Bedeutung. Die Erbbaurechtsverordnung geht dementsprechend davon aus, daß der Erbbauzins nicht für die gesamte Laufzeit des Rechts in derselben Höhe geschuldet ist, sondern an eine Änderung der Verhältnisse, die seiner Bemessung zugrunde liegen, anzupassen ist. Hierauf beruht § 9 a ErbbauVO.
cc) Die Bestellung eines Erbbaurechts zugunsten eines Dritten oder die Übertragung eines Erbbaurechts auf einen Dritten gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Erbbauzins bedeutet für den Eigentümer wirtschafltlich die Nutzung des Eigentums, für den Erbbauberechtigten die Übernahme einer Zahlungsverpflichtung für die Gewährung des Rechts zum Besitz. Die Höhe des Erbbauzinses wird bei der Begründung des Rechts sachgerecht gemeinhin nach einem Prozentsatz des Wertes des Grundstücks vereinbart. Kann der Wert des Grundstücks bei der erstmaligen Ausgabe des Rechts nicht festgestellt werden, ist es daher nicht unangemessen, die Höhe des Erbbauzinses für eine gemessen an der Dauer des Rechts verhältnismäßig kurze Zeit nur vorläufig zu bestimmen und die endgültige Bestimmung nachzuholen, wenn der Wert des Grundstücks bestimmbar geworden ist.
dd) Ob die Begründung eines einseitigen Bestimmungsrechts durch allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart werden kann, kann nur unter Berücksichtigung des konkreten Vertrages, der typischen Interessen der Vertragsschließenden und der die jeweilige Klausel begleitenden Regelungen beurteilt werden (vgl. RegEntw. zum AGBG, BT-Drucks. 7/3319, S. 22; BGHZ 93, 252, 257). Dies führt im vorliegenden Fall dazu, die getroffenen Regelungen als wirksam anzusehen.
Für die Parteien bestand wegen Fehlens eines funktionsfähigen Grundstücksmarktes bei Vertragsschluß ein billigenswertes Bedürfnis, den zunächst auf einer fiktiven Grundlage vereinbarten Erbbauzins auf einer tatsächlichen Grundlage neu zu bestimmen und so die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung herzustellen (vgl. OLG Karlsruhe, VIZ 1998, 534, 536; OLG Dresden, OLG-NL 2000, 73, 76, jeweils zu Nachbewertungsklauseln der Treuhandanstalt). Der Klägerin war aufgrund der bestehenden Unwägbarkeiten eine weitere Festlegung der preisbildenden Faktoren erkennbar nicht möglich, so daß die Klausel aus diesem Grund keinen Bedenken begegnet (vgl. BGHZ 93, 252, 263).
§ 3 Abs. 8 des Vertrages sieht nach der Auslegung durch das Berufungsgericht keine Schiedsabrede hinsichtlich der Bodenwertermittlung (§ 317 BGB), sondern einen an die Einholung eines Verkehrswertgutachtens gebundenen Bestimmungsvorbehalt des Grundstückseigentümers (§§ 315, 316 BGB) vor. Sie eröffnet die Möglichkeit, die Wertermittlung nicht dem ausdrücklich genannten Gutachterausschuß der Stadt P. zu übertragen, sondern auch einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Diese Auslegung ist im Hinblick auf §§ 133, 157, 242 BGB, § 5 AGBG nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte dafür, daß die Vertragsbestimmungen über den Zuständigkeitsbereich des Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden, bestehen nicht. Die Auslegung des Berufungsgerichts kann daher vom Revisionsgericht nicht unbeschränkt (§ 549 Abs. 1 ZPO a.F.), sondern nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht gesetzliche Auslegungsregeln, allgemein anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt bzw. erheblichen Auslegungsstoff übergangen hat (Senatsurt. v. , V ZR 132/95, LM § 315 BGB Nr. 52 a, u. v. , V ZR 14/01, WM 2002, 598, 599). Ein solcher Rechtsfehler liegt nicht vor. Das der Klägerin zur Bestimmung des ab dem geschuldeten Erbbauzinses eingeräumte Ermessen ist in seinem Umfang eindeutig begrenzt. Der Erbbauzins sollte nach § 3 Abs. 5 des Vertrages 4 % des Grundstückswerts betragen. Damit schied eine Bestimmung durch die Klägerin aus, die zu einer höheren Bemessung führte, § 315 Abs. 1 BGB. Hätte sich aus der Feststellung des Grundstückswerts ergeben, daß der der Vereinbarung des zunächst geschuldeten Erbbauzinses zugrunde gelegte Wert des Grundstücks zu hoch war, hätte die Klägerin die Neubestimmung des Erbbauzinses nicht unterlassen dürfen, sondern hätte den ab dem geschuldeten Erbbauzins auf der Grundlage der Feststellung eines niedrigeren Grundstückswerts bestimmen müssen. Hierzu enthält das Berufungsurteil zwar keine Feststellungen. Zur Auslegung der Klausel ist der Senat insoweit jedoch selbst in der Lage, da weiteres Vorbringen der Parteien hierzu nicht zu erwarten ist und Feststellungen nicht zu treffen sind. (BGHZ 65, 107, 112; 109, 19, 22; 124, 39, 45).
ee) Entgegen der Ansicht der Revision ist die vereinbarte Anpassungsregelung auch nicht deswegen unwirksam, weil sie § 9 a Abs. 1 Satz 3 - 4 ErbbauVO widerspräche. Diese Bestimmung unterwirft nicht die Anpassungsklausel selbst oder ihre Voraussetzungen einer Billigkeitskontrolle, sondern nur den sich hieraus ergebenden Erhöhungsanspruch (vgl. Senat, BGHZ 75, 279, 283; Senatsurt. v. , V ZR 206/75, WM 1979, 1332, 1334; v. , V ZR 31/81, WM 1982, 765; u. v. , V ZR 268/85, WM 1987, 19, 20). Damit ist auch bei einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG der Regelungsgedanke des § 9 a Abs. 1 Satz 3 ErbbauVO nur bei solchen Klauseln zu berücksichtigen, die nicht lediglich das Anpassungsverfahren, sondern zugleich die Anspruchshöhe regeln. § 3 Abs. 8 des Vertrages vom bestimmt aber nur die Bemessungsfaktoren und das einzuhaltende Verfahren, während die Höhe des Anpassungsverlangens in § 3 Abs. 9 eine eigenständige Regelung gefunden hat.
2. Zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, daß die in § 3 Abs. 8 des Vertrages geregelten Anpassungsvoraussetzungen erfüllt sind.
a) Das Berufungsurteil läßt keinen Rechtsfehler bei der Auslegung der für die Neubestimmung des Erbbauzinses vereinbarten Regelung erkennen, soweit es meint, ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger sei eine dem Gutachterausschuß der Klägerin "gleichartige Stelle" im Sinne des Kaufvertrags. Die Auslegung dieser Bestimmung in § 3 Abs. 8 des Kaufvertrages durch das Berufungsgericht liegt insbesondere dann nahe, wenn das von dem Gutachter erstellte Gutachten - wie im vorliegenden Fall - auf der Auswertung der von dem Gutachterausschuß der Klägerin geführten Kaufpreissammlung beruht.
Aus den von dem Beklagten gegen die Neutralität des ausgewählten Gutachters erhobenen Bedenken ergibt sich nichts anderes. Zum einen sollte der Sachverständige nach der vereinbarten Regelung gerade nicht als Schiedsgutachter tätig werden, sondern im Auftrag der Klägerin eine objektivierbare Bemessungsgrundlage für deren Leistungsbestimmung zur Verfügung stellen. Zum anderen ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Beklagte einerseits die Neutralität eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit der Behauptung anzweifelt, der beauftragte Gutachter sei bei Grundstücksgeschäften der Klägerin häufig mit der Verkehrswertermittlung betraut worden, anderseits aber den Gutachterausschuß der Klägerin als unparteiliche Stelle anerkennt.
b) Rechtsfehlerfrei stellt das Berufungsgericht auch fest, daß die Klägerin dadurch, daß sie den von dem Gutachter ermittelten Grundstückswert ohne Abzüge ihrer Zinsbestimmung zugrundegelegt hat, die Vorgaben der Anpassungsklausel erfüllt hat. Da der Klägerin das Recht zugebilligt worden ist, den Erbbauzins auf der Grundlage eines Verkehrswertgutachtens nach billigem Ermessen zu bestimmen, steht ihr hierbei ein Spielraum zu (vgl. Senat, Urt. v. , V ZR 137/71, NJW 1973, 142). Das Berufungsgericht hat sich eingehend mit dem von der Klägerin eingeholten Gutachten und dem von dem Beklagten vorgelegten Gegengutachten auseinandergesetzt. Dabei ist es zu der Überzeugung gelangt, daß das Vorgehen der Klägerin von dem ihr eingeräumten Ermessen gedeckt ist (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Feststellungen in dem von dem Beklagten vorgelegten Gutachten stimmen in ihren wesentlichen Punkten mit dem im Auftrag der Klägerin erstellten Gutachten überein. Beide Sachverständige gehen zur Bestimmung des Grundstückswerts von einem Bodenwert von 532 DM/qm aus. Daß das von dem Beklagten vorgelegte Gutachten letztlich nur zu einem Bodenwert von 220 DM/qm kommt, beruht in erster Linie auf der - ausdrücklich als Vermutung bezeichneten - Annahme, die Erschließungs-kosten seien in die Bemessung des Kaufpreises eingeflossen und daher bei der - zur Bestimmung des Erbbauzinses dienenden - Bodenwertermittlung nicht mehr zu berücksichtigen. Für diese Annahme sind Anhaltspunkte weder ersichtlich, noch zeigt die Revision solche auf. Soweit die Sachverständigen die - ohnehin nur durch Schätzung ermittelbare - Wertminderung des Grundstücks wegen Geräuschbelastungen unterschiedlich bewerten (40 % bzw. 32,5 %), hat das Berufungsgericht den von der Klägerin auf der Grundlage des von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens vorgenommenen geringeren Ansatz rechtsfehlerfrei nicht als unbillig bewertet (§§ 286, 287 ZPO).
3. Dem Verlangen der Klägerin auf Zahlung eines Erbbauzinses in Höhe von 567,57 DM jährlich steht auch nicht § 9 a Abs. 1 ErbbauVO entgegen. Die Anpassungsklausel in § 3 Abs. 8 des Vertrages unterfällt nicht dem Anwendungsbereich dieser Bestimmung.
a) § 9 a ErbbauVO liegt die Zielsetzung zugrunde, die Verbindlichkeit insbesondere solcher Vereinbarungen über die Erhöhung des Erbbauzinses zu beschränken, die an die Entwicklung von Grundstückspreisen anknüpfen und daher wegen des unvorhersehbar starken Ansteigens der Bodenpreise zu sozial unerwünschten und finanziell untragbaren Belastungen führen können (vgl. RegEntw. zur Änderung der ErbbauVO, BT-Drucks. 7/118, S. 5; Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 7/1285, S. 3; Senat, BGHZ 73, 225, 227 f). Die Billigkeitsüberprüfung nach § 9 a ErbbauVO soll sicherstellen, daß der ursprünglich vereinbarte Erbbauzins nur insoweit erhöht wird, als dies zum Ausgleich der Folgen von Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse erforderlich ist. Hierbei soll dem Ansteigen des Grundstückswerts grundsätzlich keine Bedeutung zukommen.
Um eine Anpassung des Erbbauzinses an eine Steigerung des Grundstückswerts handelt es sich bei der Neubestimmung des ab dem geschuldeten Erbbauzinses nicht. § 3 Abs. 8 des Vertrages hat mit einer Änderung des Grundstückswerts nach der Bestellung des Rechts nichts zu tun. Die Klausel regelt vielmehr, in welcher Weise die bei Abschluß des Vertrages nicht mögliche Bestimmung des Grundstückswerts nachzuholen ist und welche Wirkung die nachträgliche Bestimmung auf den Erbbauzins hat. Das ist nicht Gegenstand von § 9 a ErbbauVO.
Bei der Festlegung des anfänglichen Erbbauzinses sind den Vertragsparteien durch § 9 a ErbbauVO keine Grenzen gesetzt. Der Gesetzgeber sah kein Bedürfnis, den Grundsatz der Vertragsfreiheit zum Schutz der Erbbauberechtigten einzuschränken. Daher hat es der Senat auch abgelehnt, Vereinbarungen über die ursprüngliche Höhe des Erbbauzinses im Wege einer Billigkeitsprüfung zu korrigieren (vgl. Senat, BGHZ 73, 225, 228; 77, 194, 202; 90, 227, 231; 119, 220, 224; Senatsurt. v. , V ZR 23/84, NJW 1985, 2524, 2526). Nicht anders verhält es sich hier. Es geht nicht um eine Erhöhung des Erbbauzinses wegen einer Steigerung des Grundstückswerts seit dem , sondern darum, die am wegen des Fehlens eines Grundstücksmarkts nicht mögliche Bestimmung des Grundstückswerts, von der der Erbbauzins abhängen sollte, nachzuholen.
b) § 3 Abs. 8 des Vertrages regelt die Voraussetzungen für die endgültige Festsetzung des Erbbauzinses, die bei Vertragsabschluß nicht möglich war und deshalb nachzuholen ist. Die Bestimmung dient gerade nicht dazu, eine nachträgliche Anpassung eines von vornherein fest vereinbarten Zinses zu ermöglichen. Die hierher gehende Auslegung der Klausel durch das Berufungsgericht verstößt insoweit gegen den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung und ist daher für den Senat nicht bindend (Senatsurt. v. , V ZR 168/98, NJW 1999, 3704 f; u. v. , V ZR 14/01, aaO). Da weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat die erforderliche Auslegung selbst vornehmen (BGHZ 65, 107, 112; 109, 19, 22; 124, 39, 45).
aa) Bei Vertragsabschluß war eine die Äquivalenz der beiderseitigen Leistungen sicherstellende Bezifferung des Erbbauzinses wegen des Fehlens eines funktionsfähigen Grundstücksmarktes nicht möglich. Deswegen haben sich die Parteien mit einer fiktiven Bemessungsgrundlage (Bodenwert von 100 DM/qm) beholfen und die endgültige Festsetzung bis zur Herausbildung eines geregelten Immobilienmarktes zurückgestellt. Beiden Parteien war daran gelegen, den Erbbauzins letztlich auf der Grundlage eines objektivierbaren Verkehrswertes des Grundstücks zu bemessen. Dem bis zum vereinbarten Zins kam daher nur eine auf diesen Zeitraum befristete, vorläufige Bedeutung zu. Die für den Zeitraum ab dem vereinbarte Neufestlegung des letztlich geschuldeten Erbbauzinses entsprach auch dem Interesse des Beklagten. Denn selbst wenn mit einem Sinken des Verkehrswertes erheblich unter 100 DM/qm für bebaute Stadtgrundstücke kaum zu rechnen war, wurde durch die gewählte Vorgehensweise doch vermieden, daß der Bestimmung des Erbbauzinses ein nicht mehr korrigierbarer Verkehrswert des Grundstücks zugrundelegt wurde, der sich im Nachhinein als überhöht erweisen konnte.
bb) Das Berufungsgericht hat die mit § 3 Abs. 8 verfolgte Zielsetzung, den Erbbauzins erst aufgrund von verläßlichen Bemessungsfaktoren endgültig festzulegen, außer acht gelassen und statt dessen auf die gewählte Bezeichnung (schuldrechtliche Anpassungsklausel) sowie auf die in § 3 Abs. 9 des Vertrages getroffene Regelung abgestellt, wonach die zum erfolgende erste Angleichung als billig im Sinne von § 9 a ErbbauVO gelten soll. Angesichts der Interessen der Parteien und der übrigen Bestimmungen in § 3 des Vertrages ist indessen auszuschließen, daß die vereinbarte Neubestimmung des Erbbauzinses zum nach dem Willen der Parteien eine Abänderungsklausel im Sinne des § 9 a ErbbauVO bedeutet. § 3 Abs. 9 des Vertrages bedeutet nicht mehr als den Versuch einer Sicherung, die für den Fall gelten sollte, daß die Nachholung der endgültigen Festsetzung des Erbbauzinses von Gesetzes wegen einer Billigkeitskontrolle nach § 9 a ErbbauVO zu unterwerfen sei.
cc) Soweit das Berufungsgericht meint, eine endgültige Festsetzung des Erbbauzinses auf der Grundlage einer Nachbewertung des Grundstücks stehe mit der bei Vertragsschluß geltenden früheren Fassung von § 9 Abs. 2 ErbbauVO nicht in Einklang, verkennt es, daß diese Vorschrift nur für die Bestimmung des - hier nicht in Frage stehenden - dinglichen Erbbauzinses galt (vgl. v. Oefele/Winkler, aaO., Rdn. 6.68; Ingenstau/Hustedt, Kom. zum Erbbaurecht, 8. Aufl., § 9 ErbbauVO Rdn. 18 - 21, 27).
III.
Die Festsetzung des Erbbauzinses durch die Klägerin für den Zeitraum ab dem entspricht 4 % des auf die Wohnung des Beklagten anteilig entfallenden Wertes des Grundstücks am . Das ist nicht unbillig im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB. Die Klägerin kann mithin für die Jahre 1996 bis 1999 den verlangten Betrag von insgesamt 2270,42 DM abzüglich der unstreitig von dem Beklagten geleisteten Zahlungen von 482,82 DM beanspruchen. Damit steht zugleich fest, daß die auf Feststellung der Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens gerichtete Widerklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) nicht begründet ist.
Soweit der Beklagte die Feststellung verlangt, die Klägerin sei nicht berechtigt, den Erbbauzins für die Jahre 2000 bis 2045 um mehr als 100 % gegenüber dem Ausgangsbetrag von 160,94 DM zu erhöhen, ist die Widerklage unbegründet, da die Klägerin eine weitaus höhere Anhebung verlangen kann.
Die Widerklage ist unzulässig, soweit sich das Feststellungsbegehren auf die Jahre 1996 bis 1999 bezieht. Insoweit steht ihr die Rechtshängigkeit der Zahlungsklage entgegen (vgl. Senatsurt. v. , V ZR 173/87, NJW 1989, 2064 f).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstelle(n):
DB 2003 S. 1383 Nr. 25
SAAAC-02318
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja