BGH Urteil v. - V ZR 17/06

Leitsatz

[1] a) Werden mehrere mit einem Vorkaufsrecht belastete Grundstücke zu einem Gesamtpreis verkauft, so kann der Berechtigte die Ausübung des Vorkaufsrechts auf ein Grundstück (oder mehrere Grundstücke) beschränken. Der Verpflichtete kann in einem solchen Fall in entsprechender Anwendung des § 467 Satz 2 BGB verlangen, dass der Vorkauf auf alle Grundstücke erstreckt wird, die nicht ohne Nachteil für ihn ausgenommen werden können.

b) Werden zwei mit einem Vorkaufsrecht belastete Grundstücke unter der irrtümlichen Bezeichnung nur des einen Grundstücks verkauft, so läuft die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts (§ 469 Abs. 2 BGB) hinsichtlich des nicht in dem Vertrag genannten Grundstücks erst nach Empfang der Mitteilung der Falschbezeichnung.

Gesetze: BGB § 467; BGB § 469

Instanzenzug: AG Erkelenz 15 C 32/03 vom LG Mönchengladbach 4 S 188/03 vom

Tatbestand

Die Eheleute S. waren zu je 1/6 Miteigentümer eines Hausgrundstücks und eines dahinter liegenden Gartengrundstücks in H. . Belastet waren beide Grundstücke mit einem dinglichen Vorkaufsrecht des Klägers.

Mit notariellem Vertrag vom erwarben die Beklagten von den Eheleuten S. deren Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz für 85.000 DM. Dabei ist zur Kennzeichnung des Kaufgegenstands in dem Vertrag nur die Flurstücksbezeichnung des Hausgrundstücks, nicht auch des Gartengrundstücks, genannt. Der Kläger, dem der Vertrag übersandt wurde, verzichtete auf sein Vorkaufsrecht "für das Hausobjekt W. 7".

Mit notariellem Vertrag vom überließen die Eheleute S. den Beklagten auch den Miteigentumsanteil an dem Gartengrundstück, und zwar ohne Gegenleistung, weil - wie in dem Vertrag erläutert wird - das Gartengrundstück an sich schon zu dem 1996 veräußerten Grundbesitz gehöre und durch den damaligen Kaufpreis mit abgegolten sei.

Dieser Vertrag wurde dem Kläger nicht angezeigt. Er erfuhr später davon und machte mit Schreiben vom sein Vorkaufsrecht an dem Gartengrundstück geltend.

Das Amtsgericht hat die auf Zustimmung zur Eintragung des Klägers als Eigentümer zu 1/3 Miteigentumsanteil an dem Gartengrundstück gerichtete Klage abgewiesen. Das Landgericht hat ihr Zug um Zug gegen Zahlung von 1.247,30 € (anteiliger Kaufpreis für das Gartenland) stattgegeben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, erstreben die Beklagten die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zur Eigentumsumschreibung nach §§ 1098 Abs. 2, 888 Abs. 1 BGB aufgrund des dinglichen Vorkaufsrechts zustehe.

Der Vorkaufsfall sei eingetreten. Die Übertragung des Anteils an dem Gartengrundstück durch den Vertrag vom sei nicht unentgeltlich erfolgt. Dieser Vertrag sei eine Ergänzung zu dem Kaufvertrag von 1996 gewesen; es sei nur kein gesonderter Kaufpreis mehr vereinbart worden.

Der Kläger habe sein Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt. Seine im Jahre 1996 abgegebene Verzichtserklärung stehe dem nicht entgegen, da sie nur auf den damals mitgeteilten Kaufvertrag bezogen gewesen sei. Der Kläger müsse bei einem einheitlichen Verkauf mehrerer mit Vorkaufsrechten belasteter Grundstücke das Vorkaufsrecht nicht einheitlich ("ganz oder gar nicht") ausüben, sondern könne es gem. § 467 Satz 1 BGB auf ein Grundstück beschränken.

Den Beklagten stehe allerdings ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe des auf den Miteigentumsanteil an dem Gartengrundstück entfallenden Kaufpreisanteils zu. Maßgebend für dessen Bestimmung seien die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts. Dieser Anteil betrage nach den überzeugenden Feststellungen des eingeschalteten Gutachterausschusses 1.247,30 €. Einer beantragten mündlichen Anhörung von dessen Vorsitzendem habe es nicht bedurft, nachdem der Gutachterausschuss zu den Einwendungen gegen das Gutachten schriftlich Stellung genommen habe und die Beklagten dagegen weitere Einwände nicht erhoben hätten.

II.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand.

1. Das angefochtene Urteil ist von Rechtsfehlern frei, soweit das Berufungsgericht den geltend gemachten Anspruch nach §§ 1098 Abs. 2, 888 BGB bejaht hat.

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht dabei davon aus, dass der Vorkaufsfall mit Abschluss des Überlassungsvertrages vom eingetreten ist. Dieser Vertrag diente nach den Feststellungen des Berufungsgerichts allein dem Zweck, den Fehler in dem Kaufvertrag vom durch eine zu enge, nicht dem Willen der Vertragsschließenden entsprechende Bezeichnung des Kaufgegenstands zu beheben, die sich auf den Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück beschränkte. Die Übertragung des Miteigentumsanteils an dem Gartengrundstück erfolgte danach nicht unentgeltlich, sondern war nach Auffassung der Parteien durch den im ursprünglichen Vertrag von 1996 vereinbarten Kaufpreis von 85.000 DM mit abgegolten. Für einen Willen des Veräußerers, die Miteigentumsanteile an dem Gartengrundstück den Beklagten unentgeltlich im Wege einer Schenkung zu übereignen, fehlt es an jedem Anhaltspunkt.

Die gegen diese Feststellungen von der Revision auf eine Verletzung von § 398 Abs. 1 ZPO gestützten Angriffe sind unbegründet. Das Berufungsgericht ist zwar - anders als das Amtsgericht - davon ausgegangen, dass entgegen der Aussage des nur in erster Instanz als Zeuge vernommenen Notars die Miteigentumsanteile in dem Vertrag vom nicht unentgeltlich veräußert werden sollten. Die Rüge der Revision, dass das Berufungsgericht verpflichtet gewesen sei, diesen Zeugen nochmals zu vernehmen, weil es dessen protokollierte Aussage anders verstanden habe als das Amtsgericht (vgl. dazu: , NJW 1999, 2972, 2973), ist gleichwohl nicht begründet. Dieser Grundsatz gilt dann, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einer Würdigung der Zeugenaussage beruht. Anders ist es jedoch, wenn ein gemeinsamer Wille der Vertragsparteien nach dem in der zweiten Instanz unstreitig gewordenen Parteivortrag festgestellt wird. So ist es hier. Die Revision geht selbst, und zu Recht, im Hinblick auf die Erläuterung in dem Überlassungsvertrag vom März 2002 davon aus, dass die Kaufpreisanteile für das Gartengrundstück bereits in dem im Vertrag aus dem Jahre 1996 vereinbarten Gesamtkaufpreis enthalten waren.

b) Rechtsfehlerfrei ist auch die Annahme, dass der Kläger das Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt hat.

aa) Er hat die für die Ausübung des Rechts erforderliche Erklärung gegenüber dem früheren Eigentümer (§ 464 Abs. 1 Satz 1 BGB) in dem Schreiben vom abgegeben, in dem er sein Vorkaufsrecht "verlangt" hat.

bb) Die Ausübung war weder durch den im November 1996 erklärten Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen noch durch Ablauf der in § 469 Abs. 2 Satz 1 BGB bestimmten Ausschlussfrist erloschen.

(1) Die Ausübung des Vorkaufsrechts kann zwar eine mit dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässige Rechtsausübung sein, wenn der Berechtigte sich vor Abschluss des Kaufvertrages dazu verpflichtet, dass er sein Recht nach dem beabsichtigten Verkauf nicht ausüben werde (vgl. Senat, BGHZ 37, 147, 152). Ein solcher Einwand kommt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts indes nicht in Betracht. Die 1996 abgegebene Verzichtserklärung ist auf den damaligen Vertrag über das Hausgrundstück beschränkt. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass - geht man von einem Irrtum der Vertragsparteien aus - in der versehentlichen Falschbezeichnung des Kaufgegenstandes nach den Grundsätzen der falsa-demonstratio-Lehre von einem schon 1996 geschlossenen Kaufvertrag über das Haus- und Gartengrundstück auszugehen ist. Gleichwohl kann der Verzicht auf das Vorkaufsrecht - entgegen der Meinung der Revision - nicht als ein beide Grundstücke betreffender Verzicht ausgelegt werden, da die Falschbezeichnung für den Kläger nicht erkennbar war. Für ihn stellte sich der Vertrag als ein Verkauf nur des Hausgrundstücks dar. Nur darauf konnte sich folglich sein Verzicht beziehen, und zwar - entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht der Revision - auch bei objektiver Betrachtung aus der Sicht des Empfängers, für den die eingeschränkte Verständnismöglichkeit des Vorkaufsberechtigten erkennbar war.

(2) Die Ausschlussfrist von zwei Monaten gem. § 469 Abs. 2 Satz 1 BGB wird erst in Lauf gesetzt, wenn dem Vorkaufsberechtigten der richtige und vollständige Inhalt des das Vorkaufsrecht auslösenden Kaufvertrages mitgeteilt worden ist (RGZ 170, 208, 213; Senat, Urt. v. , V ZR 136/92, NJW 1994, 315, 316). Das gilt - entgegen der Ansicht der Revision - auch dann, wenn die Kaufvertragsparteien den Kaufgegenstand in dem mitgeteilten Vertrag irrtümlicherweise falsch bezeichnet hatten, sich über dessen Umfang jedoch einig waren und somit (s. o.) einen Vertrag mit diesem Inhalt, hier also über beide Grundstücke geschlossen haben. Die Mitteilungspflicht nach § 469 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht darauf, dass der Berechtigte den richtigen und vollständigen Inhalt des Kaufvertrages für seine Entscheidung kennen muss (Senat, Urt. v. , V ZR 126/92, NJW 1994, 315). Er kennt ihn aber erst dann, wenn der Vertragstext für ihn als Dritten den zutreffenden Inhalt offenbart.

c) Zutreffend hält das Berufungsgericht einen Vorkaufsberechtigten, der an mehreren Grundstücken (oder Miteigentumsanteilen daran) Vorkaufsrechte hat, nicht für verpflichtet, das Recht einheitlich für alle verkauften Grundstücke auszuüben. Danach konnte der Kläger die Geltendmachung des Vorkaufsrechts auf das Gartengrundstück beschränken. Das folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 467 Satz 1 BGB.

aa) Das ist allerdings streitig. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (BWNotZ 1958, 218, 219) hat, ausgehend von § 505 Abs. 2 BGB a. F. (jetzt § 464 Abs. 2 BGB), wonach sich der Vorkaufsverpflichtete keine ungünstigeren Bestimmungen gefallen lassen müsse, als die, die er mit dem Dritten vereinbart habe, die Auffassung vertreten, der Vorkaufsberechtigte sei nicht befugt, bei einem Verkauf mehrerer Grundstücke in einem Vertrag die Ausübung seines Rechtes nach seinem Belieben auf einzelne Grundstücke zu beschränken (zust. Palandt/Bassenge, BGB, 65. Aufl., § 1094 Rdn. 2).

Das Berufungsgericht ist demgegenüber der von dem Oberlandesgericht Düsseldorf (NJW-RR 2003, 801, 802) vertretenen Ansicht gefolgt, dass § 467 Satz 1 BGB (entspricht § 508 Satz 1 BGB a. F.) eine Regelung enthalte, die den Grundsatz des § 464 Abs. 2 BGB einschränke und hier entsprechend anwendbar sei (im Anschluss an Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 508 Rdn. 1a).

bb) Letzteres hält der Senat für zutreffend. § 467 Satz 1 BGB sichert das Interesse des Vorkaufsberechtigten an der Ausübung seines Rechts für den Fall des Verkaufs mehrerer Gegenstände, die nur zum Teil dem Vorkaufsrecht unterliegen (Mengenkauf). In diesen Fällen tritt der in § 464 Abs. 2 BGB bestimmte Grundsatz, nach dem die vertraglichen Bestimmungen in dem zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und dem Dritten abgeschlossenen Vertrag mit dem durch die Ausübung des Vorkaufsrechts zwischen dem Verpflichteten und dem Vorkaufsberechtigten zustande kommenden Vertrag übereinstimmen müssen, im Interesse des Vorkaufsberechtigten zurück (vgl. RGZ 123, 265, 270). Diese Durchbrechung des Grundsatzes der sog. Vertragsidentität ist nach der § 467 BGB zugrunde liegenden Wertung für die Fälle des Verkaufs einer Gesamtheit mehrerer Sachen, auf die sich mehrere Vorkaufsrechte beziehen, entsprechend anzuwenden.

(1) Ob beim Mengenkauf dem Grundsatz der Vertragsidentität oder dem Vorkaufsrecht Vorrang einzuräumen ist, war vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs in den Landesrechten unterschiedlich geregelt und im Gemeinen Recht streitig (vgl. dazu die Zusammenstellung von v. Kübel, Vorlage Nr. 32 zum Kauf, S. 68; angedruckt in Schubert [Hrsg.], Die Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB, Schuldrecht 2, S. 80). Der Streit ist im Gesetzgebungsverfahren durch die erste Kommission dahin entschieden worden, dass der Vorkaufsberechtigte durch einen solchen Verkauf an der Ausübung seines Rechts nicht gehindert sein solle (Motive II, S. 349). Ein in der Beratung der zweiten Kommission gestellter Antrag, mit dem das gegenteilige Prinzip im Gesetz angeordnet werden sollte, ist abgelehnt worden. Aus Gründen der Billigkeit ist allerdings die Regelung des (jetzigen) § 467 Satz 2 BGB aufgenommen worden, nach der der Vorkaufsverpflichtete die Übernahme sämtlicher Gegenstände unter der Voraussetzung verlangen kann, dass er den Nachweis erbringt, durch die Trennung einen Nachteil zu erleiden (Prot. II, Bd. II, S. 105).

Danach bestimmt das Vorkaufsrecht, und nicht der den Vorkaufsfall auslösende Kaufvertrag, welche Gegenstände der Berechtigte in der Ausübung seines Rechtes erwerben kann. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den in § 467 Satz 1 BGB unmittelbar geregelten Fall eines Verkaufs einer Sachgesamtheit zu beschränken, bei der nur einzelne Gegenstände von dem Vorkaufsrecht erfasst werden, die Fälle, in denen alle Gegenstände mehreren Vorkaufsrechten unterliegen, jedoch nach dem gegenteiligen Prinzip zu behandeln, führte zu einer Ungleichbehandlung von im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalten.

(2) Dem steht nicht entgegen, dass für das gesetzliche Vorkaufsrecht nach § 4 RSG anderes gilt. Jenes Vorkaufsrecht kann bei einem Verkauf mehrerer Grundstücke auf Grund des begrenzten Zwecks der gesetzlichen Regelung grundsätzlich nur ausgeübt werden, wenn alle verkauften Grundstücke dem Vorkaufsrecht unterliegen (, WM 1974, 539). Nach dem aus § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrdstVG folgenden Schutzgedanken, landwirtschaftliche Besitzungen als Einheit verkaufen zu können, kann dieses Vorkaufsrecht bei einem Verkauf mehrerer Grundstücke grundsätzlich nur einheitlich ausgeübt werden (, RdL 1961, 148, 149; BGHZ 116, 348, 352). Diese Grundsätze beruhen indes auf dem besonderen Zweck des gesetzlichen Vorkaufsrechts nach § 4 RSG und sind auf das durch Rechtsgeschäft begründete Vorkaufsrecht nicht übertragbar.

(3) Gegen die entsprechende Anwendung des § 467 Satz 1 BGB kann - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht eingewandt werden, der Interessenkonflikt der Beteiligten könne für den Verkäufer nicht angemessen gelöst werden. Seine Rechte werden vielmehr durch Satz 2 der Norm gewahrt. Er kann im Einzelfall einredeweise geltend machen, die Ausübung nur eines, auf ein Grundstück (Miteigentumsanteil) bezogenes Vorkaufsrecht bedeute für ihn einen Nachteil. Dass diese Möglichkeit in den Fällen der entsprechenden Anwendung der Norm, verglichen mit dem unmittelbaren Anwendungsbereich, keinen ausreichenden Schutz böte, ist nicht ersichtlich und wird von der Revision auch nicht aufgezeigt.

(4) Unter welchen Voraussetzungen der Käufer berechtigt ist, dem Vorkaufsberechtigten gegenüber die Einrede geltend zu machen, die seinem Verkäufer als Vorkaufsverpflichtetem nach § 467 Satz 2 BGB gegenüber der auf einen Teil des vereinbarten Kaufgegenstands beschränkten Ausübung seiner Vorkaufsrechte zustehen, braucht hier nicht entschieden zu werden (vgl. grundsätzlich Senat, Urt. v. , V ZR 177/64, WM 1966, 893, 894). Jedenfalls können die Befugnisse des Käufers nicht weiter gehen als die des Vorkaufsverpflichteten (vgl. , NJW-RR 1991, 293, 295). Die Beklagten haben indes eine entsprechende Einrede nicht erhoben. Sie haben nur die Unzulässigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts allein für das Gartengrundstück gerügt, nicht aber, was erforderlich wäre, die Ausübung des Vorkaufsrechts auch im Hinblick auf ihr Hausgrundstück gefordert. Darin liegt keine Geltendmachung der Einrede aus § 467 Satz 2 BGB durch die Beklagten, die bei einer Annahme des Begehrens durch den Kläger den Verlust auch des erworbenen Hausgrundstücks zur Folge hätte.

2. Rechtlich zu beanstanden sind demgegenüber die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Bemessung des zu erstattenden anteiligen Kaufpreises, auf den die Beklagten ihr Zurückbehaltungsrecht nach § 1100 BGB stützen.

a) Unbegründet ist allerdings der Einwand der Revision, dass das von dem Berufungsgericht dazu eingeholte Gutachten schon deshalb nicht verwertbar sei, weil es von dem Gutachterausschuss für Grundstückswerte, und nicht von dem von dem Gericht zum Sachverständigen bestellten Vorsitzenden erstellt worden sei. Unabhängig davon, ob der Beweisbeschluss, in dem der Gutachtenauftrag an den nicht namentlich benannten Vorsitzenden des Gutachterausschusses erteilt wurde, nicht ohnehin dahin auszulegen ist, dass nicht die Person, sondern der Ausschuss als Behörde gem. § 193 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt wurde (dazu OLG Stuttgart, RPfleger 1994, 183), ist das von dem Ausschuss durch den Stellvertreter des Vorsitzenden und zwei ehrenamtliche Mitglieder erstattete Gutachten verwertbar. Der Grundsatz, nach dem das auf Grund Delegation von einem anderen als von dem vom Gericht beauftragten Sachverständigen erstellte Gutachten nicht zur Grundlage richterlicher Beweiswürdigung gemacht werden darf, wenn mit dem Beschluss eine bestimmte Person mit besonderer Sachkunde ausgewählt werden sollte (BVerwG NJW 1984, 2645, 2646), kommt hier nicht zum Tragen, weil alle Mitglieder des Gutachterausschusses in der Ermittlung von Grundstückswerten und sonstigen Wertermittlungen sachkundig und erfahren sein müssen, da sie nur dann zu Mitgliedern der Gutachterausschüsse bestellt werden dürfen (§ 192 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

b) Begründet ist jedoch die Verfahrensrüge, dass das Berufungsgericht dem Antrag der Beklagten auf Ladung und Anhörung des stellvertretenden Vorsitzenden des Gutachterausschusses als Sachverständigen mit Rücksicht auf die eingeholte ergänzende schriftliche Stellungsnahme nicht gefolgt ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat eine Partei nach §§ 397, 402 ZPO zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs einen Anspruch darauf, dass sie ihre Fragen und Einreden dem Sachverständigen zur mündlichen Beantwortung in einer Verhandlung vortragen kann. Dies gilt auch dann, wenn das Gericht nach den schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen selbst keinen Erläuterungsbedarf mehr sieht (BGHZ 6, 398, 399; Urt. v. , IV ZR 61/71, VersR 1972, 927, 928; Urt. v. , XII ZR 96/95, NJW-RR 1997, 1487, 1488; Urt. v. , VI ZR 353/01, NJW-RR 2003, 208, 209). Kommt das Gericht dem Antrag auf Anhörung nicht nach und wird das im Revisionsverfahren gerügt, so kann das Revisionsgericht das von dem Verfahrensfehler betroffene Beweisergebnis nicht übernehmen (, VersR 1972, 927, 928).

c) Unabhängig von diesem Verfahrensfehler beruht - was die Revision zu Recht geltend macht - die Bestimmung des von dem Kläger den Beklagten nach § 1100 BGB zu erstattenden, auf das Gartengrundstück entfallenden Anteiles am vereinbarten Kaufpreis auf einer Verletzung des § 467 Satz 1 2. Halbs. BGB.

Allerdings verkennt das Berufungsgericht - entgegen der Auffassung der Revision - nicht grundsätzlich, dass der von dem Vorkaufsberechtigten zu zahlende Betrag dem auf den erworbenen Gegenstand entfallenden Anteil am vereinbarten Gesamtpreis entspricht. Es setzt, im Ansatz zutreffend, den Wert des Miteigentumsanteils ins Verhältnis zu dem Wert des Anteils am Gesamtgrundstück und bestimmt danach den Anteil am vereinbarten Kaufpreis.

Nicht zu beanstanden ist im Grundsatz auch, dass das Berufungsgericht für die Ermittlung der Werte auf den Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts abstellt (Palandt/Putzo, BGB, 65. Aufl., § 467 Rdn. 2). Dabei verbietet sich aber eine schematische Anwendung; sie bedarf beispielsweise einer Korrektur, wenn sich durch die Teilung des Kaufgegenstandes infolge der Ausübung des Vorkaufsrechts Wertverschiebungen ergeben (MünchKomm-BGB/H.-P. Westermann, 4. Aufl., § 467 Rdn. 3; Staudinger/Mader, BGB [2004], § 467 Rdn. 3). Vorliegend ist - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - zu berücksichtigen, dass sich in dem hier langen Zeitraum von mehreren Jahren zwischen dem Abschluss des Kaufvertrages (1996) und der Ausübung des Vorkaufsrechts (2002) Wertverschiebungen durch bauliche Maßnahmen des Käufers ergeben haben. Diese den Wert des Hausgrundstücks erhöhenden Maßnahmen müssen bei der Wertberechnung nach § 467 Satz 2 BGB unberücksichtigt bleiben. Dem kann, wie aber das Berufungsgericht meint, nicht entgegen gehalten werden, dass man anderenfalls auch die Verwendungen unberücksichtigt lassen müsse, die der Käufer in der Zeit zwischen Vertragsschluss und Ausübung des Vorkaufsrechts auf dem dem Vorkaufsrecht unterliegenden Grundstück vorgenommen habe. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Ob Verwendungsersatzansprüche bestehen, richtet sich allein nach den Vorschriften der §§ 994 ff. BGB (vgl. Senat, BGHZ 75, 288, 293; 87, 296, 298; 144, 323). Für die Berechnung des nach §§ 467 Satz 1, 1100 BGB zu erstattenden Kaufpreisanteils spielen sie keine Rolle.

III.

Der Verfahrensfehler wie auch der materielle Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Berufungsurteils insgesamt und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Eine solch weitgehende Aufhebung ist auch dann möglich, wenn das angefochtene Urteil nur in Bezug auf den Teil der Entscheidung rechtsfehlerhaft ist, der die Zug um Zug zu bewirkende Gegenleistung betrifft (Senat, Urt. v. 30. Sept. 1966, V ZR 140/65, NJW 1966, 2356, 2357).

Das Berufungsgericht wird bei der erforderlichen Neubewertung zu prüfen haben, ob nicht in dem Gutachten selbst - im Gegensatz zu den Ausführungen im Berufungsurteil - möglicherweise die nach § 467 Satz 2 BGB gebotene Korrektur bei der Bestimmung des Wertverhältnisses schon vorgenommen worden ist. Es könnte sein, dass die von den Beklagten nach dem Erwerb des Hausgrundstücks vorgenommenen Werterhöhungen durch Renovierungen und Instandsetzungen bereits abgezogen und bei der Ermittlung des Sachwertes des Gebäudes berücksichtigt worden sind.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DB 2006 S. 2009 Nr. 37
DNotZ 2006 S. 858 Nr. 11
NJW-RR 2006 S. 1449 Nr. 21
WM 2006 S. 1598 Nr. 33
ZAAAC-02025

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: ja; BGHR: ja