BGH Beschluss v. - V ZB 17/03

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: ZPO § 574 Abs. 2

Instanzenzug:

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten, die Benutzung eines Kellers zu unterlassen. Mit ihr am zugestelltem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am Montag, dem , Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am bei dem Oberlandesgericht eingegangen.

Mit Schriftsatz vom hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Sie hat behauptet und glaubhaft gemacht, die ausgebildete und erfahrene Mitarbeiterin im Büro ihrer Prozeßbevollmächtigten, Frau L. , habe trotz Einweisung in die durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozeßrechts vom geänderte Fristberechnung den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist fehlerhaft auf den in den Fristenkalender eingetragen. Bei der Besprechung der in der Arbeitswoche vom 7. bis zum zu erledigenden Fristsachen am habe Frau L. den sachbearbeitenden Rechtsanwalt M. auf die vermeintlich am ablaufende Frist hingewiesen und ihm am die Akte vorgelegt. An diesem Tag habe Rechtsanwalt M. die Berufungsbegründung diktiert. Frau L. habe diese geschrieben und am an das Oberlandesgericht übermittelt.

Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Es hat ausgeführt, die Versäumung der Frist sei den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vorzuwerfen. Die ordnungsgemäße Organisation des Fristenwesens erfordere es, nicht nur die Berufungsbegründungsfrist zu notieren, sondern zuvor eine Vorfrist von etwa einer Woche Dauer. Wäre diesem Erfordernis genügt worden, hätte Rechtsanwalt M. den Fehler der Notierung der Berufungsbegründungsfrist durch Frau L. noch vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erkennen und die Frist wahren können. Auch sei eine Überwachung der Mitarbeiter im Büro ihrer Prozeßbevollmächtigten nicht dargetan. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

Die statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Es fehlt an den Voraussetzungen von § 574 Abs. 2 ZPO.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

a) Daß zur ordnungsgemäßen Organisation einer Anwaltskanzlei die allgemeine Anordnung gehört, daß bei Prozeßhandlungen, deren Vornahme ihrer Art nach mehr als nur einen geringen Aufwand an Zeit und Mühe erfordert, wie dies regelmäßig bei Rechtsmittelbegründungen der Fall ist, außer dem Datum des Fristablaufs noch eine Vorfrist notiert werden muß, ist in der Rechtsprechung seit langem geklärt (, NJW 1994, 2551, 2552 mit zahlreichen Nachweisen). Die Vorfrist dient dazu, sicherzustellen, daß auch für den Fall von Unregelmäßigkeiten und Zwischenfällen noch eine ausreichende Überprüfungs- und Bearbeitungszeit bis zum Ablauf der zu wahrenden Frist verbleibt (, VersR 1998, 77; v. , VI ZB 22/99, VersR 2000, 202; u. v. , VersR 2002, 506, 507). Die Dauer der Vorfrist hat grundsätzlich etwa eine Woche zu betragen (, aaO) und darf nur bei Vorliegen besonderer Umstände anders bemessen werden (, VersR 1988, 941).

b) Ebenso ist in der Rechtsprechung geklärt, daß bei Verletzung der Verpflichtung zur Notierung einer Vorfrist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der zu wahrenden Frist auch dann nicht in Betracht kommt, wenn der Rechtsanwalt die vermeintlich zu wahrende Frist eingehalten hat, er bei pflichtgemäßer Notierung einer Vorfrist die Fehlerhaftigkeit der notierten Frist jedoch hätte erkennen können (, aaO; u. v. , VI ZB 43/01, NJW 2002, 443, 444).

2. Eine Entscheidung über die Beschwerde ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO).

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob in anderer Weise als durch die Notierung einer Vorfrist die für die Begründung eines Rechtsmittels notwendige Überprüfungs- und Bearbeitungszeit gewährleistet werden kann, stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Selbst wenn Frau L. ohne Notierung einer Vorfrist zu Beginn einer jeden Woche mit dem jeweils sachbearbeitenden Rechtsanwalt die von diesem in der begonnenen Woche zu erledigenden Sachen bespricht und dies auf einer allgemeinen Organisationsanordnung beruht, gewährleistet eine solche Besprechung nicht hinreichend sicher die Wahrung der zur Begründung eines Rechtsmittels ablaufenden Frist, wenn die Frist, wie im vorliegenden Fall, am übernächsten Tag nach der Besprechung abläuft und die Akte dem Rechtsanwalt einen Tag vor Fristablauf zur Bearbeitung vorgelegt wird. Der Abstand zwischen Besprechung, Aktenvorlage und Fristende ist zu gering (vgl. , aaO).

3. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist schließlich nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der von einem Rechtssatz abweicht, den der Bundesgerichtshof oder ein anderes Oberlandesgericht aufgestellt hat.

III.

Damit kann dahin gestellt bleiben, ob das Berufungsgericht die Versagung der Wiedereinsetzung ohne einen Hinweis auch darauf stützen durfte, daß die Klägerin nicht dargelegt habe, ob und in welcher Weise die Mitarbeiter im Büro ihrer Prozeßbevollmächtigten überwacht werden. Hierauf kommt es nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
WAAAC-01764

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein