Leitsatz
[1] In Rechtsstreitigkeiten über die Zuteilung oder den Übergang von Milchreferenzmengen ist der Wert des Streitgegenstands in der Regel auf den innerhalb eines Wirtschaftsjahres durch die Anlieferung von Milch erzielbaren Ertrag festzusetzen; er kann pauschalierend mit 0,10 € pro Kilogramm der streitigen Referenzmenge veranschlagt werden. Auf den durch die Veräußerung der Referenzmenge erzielbaren Erlös kann dagegen nur abgestellt werden, wenn eine solche Art der Verwertung beabsichtigt ist.
Gesetze: ZPO § 3
Instanzenzug: AG Bad Neuenahr-Ahrweiler
Gründe
I.
Die Eltern der Klägerinnen schlossen am einen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag. Nach dem Tod des Vaters verpachtete die Mutter mit Vertrag vom dem Vater des Beklagten die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche des Betriebs ihres verstorbenen Ehemannes. Der Vater des Beklagten beantragte am mit Zustimmung der Mutter der Klägerinnen eine "Bescheinigung nach § 9 Abs. 2 Ziff. 3 MGVO vom für die Übertragung von Referenzmengen im Rahmen der Pacht"; diese Bescheinigung wurde an demselben Tag erteilt. Am vereinbarten die Mutter der Klägerinnen und der Vater des Beklagten die Übertragung der Milch-Referenzmenge auf ihn gegen Zahlung eines Entgelts. In der Folgezeit bewirtschafteten der Vater des Beklagten und ab 1996 der Beklagte selbst die Pachtflächen.
Die Klägerinnen erlangten im Dezember 1999 Kenntnis von dem Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag. Mit Schreiben vom kündigten sie die Vereinbarungen vom und .
Die Klägerinnen haben von dem Beklagten die Herausgabe der Pachtflächen und der Milch-Referenzmenge verlangt. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Beklagten zur Herausgabe der Flächen bis zum verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerinnen, mit der sie - nachdem der Beklagte während des Berufungsverfahrens die Flächen herausgegeben hat - die Feststellung beantragt haben, daß sie Inhaber der Milch-Referenzmenge von 29.446 kg sind, ist erfolgreich gewesen. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen.
II.
Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt.
Nach der Übergangsregelung in § 26 Nr. 8 EGZPO setzt die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) voraus, daß der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt. Dieser Wert bemißt sich nach dem von dem Beschwerdeführer innerhalb der für die Nichtzulassungsbeschwerde geltenden Begründungsfrist darzulegenden wirtschaftlichen Interesse an einer Abänderung der anzufechtenden Entscheidung (, NJW 2002, 2720, 2721). Mit der beabsichtigten Revision will der Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils erreichen, durch das festgestellt worden ist, daß die Klägerinnen Inhaber einer Milchreferenzmenge von 29.456 kg sind. Daß die mit dieser Feststellung verbundene Beschwer des Beklagten die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, läßt sich seinem Vorbringen in der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.
Der Beklagte geht davon aus, daß der Wert seiner Beschwer mit dem Streitwert der Feststellungsklage identisch ist und dem Wert der von den Klägerinnen geltend gemachten Milchreferenzmenge entspricht. Dies träfe allenfalls dann zu, wenn die Milchreferenzmenge tatsächlich dem Beklagten zustünde, ihm also mit der zugunsten der Klägerinnen getroffenen Feststellung eine eigene Rechtsposition abgesprochen würde. Daß der Beklagte Inhaber der streitigen Milchreferenzmenge wäre, hat er jedoch nicht dargetan. Insoweit ist die am durch die zuständige Landesbehörde aufgrund von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV vom [BGBl. I S. 720] in der Fassung der 1. Änderungsverordnung vom [BGBl. I S. 1255]) ausgestellte Bescheinigung, bei der es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt (BVerwG, RdL 1997, 278), bereits deshalb ohne Bedeutung, weil sie ihrem Inhalt nach lediglich die am aufgrund eines Flächenpachtvertrags erfolgte Übertragung der Referenzmenge auf den Vater des Beklagten ausweist; das schließt den späteren Übergang der Referenzmenge auf einen anderen Inhaber ebensowenig aus wie deren Freisetzung zugunsten der Landesreserve. Jedenfalls mit Ablauf des Flächenpachtvertrags - dessen Wirksamkeit und Verbindlichkeit im Verhältnis der Parteien unterstellt -, der spätestens mit Wirksamwerden der Kündigung der Klägerinnen vom am sein Ende gefunden hat (§ 594a Abs. 1 BGB), stand die Referenzmenge dem Beklagten nicht mehr zu. Hieran würde sich auch dann nichts ändern, wenn die Rückgabe der Pachtflächen im November 2002 nicht zu einem Übergang der Referenzmenge auf die Klägerinnen gemäß § 12 Abs. 2 Zusatzabgabenverordnung (ZAV vom [BGBl. I S. 27] in der Fassung der 1. Änderungsverordnung vom [BGBl. I S. 586]), § 7 Abs. 5 Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV in der Fassung der Bekanntmachung vom [BGBl. I S. 586], zuletzt geändert durch die Verordnung vom [BGBl. I S. 535]) geführt haben sollte, weil es ihnen, wie von dem Beklagten behauptet, an der nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. L 405/1 vom ) erforderlichen (, Thomsen, Slg. 2002, I-5775; , RdL 2003, 279) Eigenschaft eines Erzeugers im Sinne von Art. 9 lit. c der Verordnung Nr. 3950/92 fehlte. In diesem Fall wäre die Referenzmenge, da sie weder dem Pächter noch dem Verpächter zugeordnet werden könnte, nach der gemäß Art. 249 Abs. 2 Satz 2 EG-Vertrag (ABl. Nr. C 325 v. S. 33) unmittelbar anwendbaren Bestimmung des Art. 6 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom mit Durchführungsbestimmungen zur Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl. Nr. L 57/12 v. ) zugunsten der Landesreserve freigesetzt worden (vgl. Günther, AgrarR 2002, 305, 309). Ein Übernahmerecht des Beklagten gemäß § 12 Abs. 3 ZAV hätte nicht bestanden, weil ihm auf der Grundlage seines Vorbringens eine Rückübertragung der Referenzmenge mangels Erzeugereigenschaft der Klägerinnen nicht möglich gewesen wäre und es deshalb an einer in § 12 Abs. 3 Satz 1 ZAV vorausgesetzten Rückgewährpflicht gefehlt hätte (§ 275 Abs. 1 BGB). Im Hinblick auf Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 kann das Übernahmerecht nur im Verhältnis zwischen zwei aktiven Milcherzeugern ausgeübt werden (Günther, AgrarR 2002, 305, 309). Im übrigen hat der Beklagte nicht dargelegt, daß er den für das Wirksamwerden des Übernahmerechts erforderlichen Zahlungsnachweis gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 ZAV erbracht hat. Stünde die Milchreferenzmenge damit dem Beklagten nicht zu, könnte er durch die Feststellung, daß die Klägerinnen Inhaber dieser Referenzmenge sind, selbst dann nicht beschwert sein, wenn sie der materiellen Rechtslage nicht entspräche.
Selbst wenn man jedoch für die Bewertung der mit dem anzufechtenden Feststellungsurteil verbundenen Beschwer auf den Wert der Milchreferenzmenge abstellte, könnte dieser entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ohne weiteres nach dem bei einer Veräußerung der Referenzmenge über die zuständige Verkaufsstelle erzielbaren Erlös bemessen werden. Eine solche Veräußerung stellt nur eine von mehreren in Betracht kommenden Arten der Verwertung einer Milchreferenzmenge dar. In erster Linie soll sie es ihrem Inhaber ermöglichen, Milch in einer bestimmten (Referenz-)Menge abgabenfrei anzuliefern (vgl. BGHZ 114, 277, 280; Senat, BGHZ 115, 162, 167; 118, 351, 353; , NJW 1995, 126, 127). Nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist deshalb für die Bewertung von Streitigkeiten über die Zuteilung oder den Übergang von Milchreferenzmengen grundsätzlich auf den innerhalb eines Wirtschaftsjahres durch die Anlieferung von Milch erzielbaren Ertrag abzustellen, der pauschalierend mit 0,10 € pro Kilogramm der streitigen Referenzmenge veranschlagt wird (VGH Kassel, RdL 1994, 322; VGH Mannheim, RdL 2002, 268, jeweils m. w. Nachw.). Auf den durch die Veräußerung der Referenzmenge erzielbaren Erlös kann dagegen nur dann abgestellt werden, wenn eine solche Art der Verwertung überhaupt beabsichtigt ist. Dies kann zwar für die Klägerinnen angenommen werden, da sie nach dem Vorbringen des Beklagten keine Milcherzeuger sind. Daß es dem Beklagten nicht möglich wäre, die streitige Referenzmenge im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes zu beliefern, oder daß er aus sonstigen Gründen eine Veräußerung der Referenzmenge beabsichtigte, hat er indes nicht dargelegt. Aus seinem Vorbringen ergibt sich auch nicht, daß er im Fall der Belieferung der Referenzmenge einen 0,10 € pro Kilogramm übersteigenden Gewinn erzielen könnte. Damit beläuft sich der Wert seiner Beschwer allenfalls auf (0,10 € x 29.456 kg =) 2.945,60 €.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
ZAAAC-01416
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja