Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 850d Abs. 1 Satz 2; ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2; ZPO § 574 Abs. 3 Satz 2; ZPO § 850g Satz 1; ZPO § 318; ZPO § 850g; BSHG § 22
Instanzenzug: LG Chemnitz 3 T 208/04 vom AG Chemnitz vom u.
Gründe
I.
Die Gläubigerinnen betreiben gegen den Schuldner, ihren Vater, aus zwei vollstreckbaren Urkunden des Jugendamtes die Zwangsvollstreckung wegen laufenden und rückständigen Unterhalts. Auf ihren Antrag erließ das Amtsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, in dem der pfändungsfreie Betrag mit monatlich 750,00 € bestimmt wurde. Auf die Erinnerung der Gläubigerinnen setzte das Amtsgericht die Pfändungsfreigrenze auf 558,00 € fest, wobei es den notwendigen Unterhalt des Schuldners im Sinne des § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO nach dem doppelten Sozialhilferegelsatz gemäß § 22 BSHG in Höhe von zweimal 279,00 € errechnete. Das Landgericht wies die vom Schuldner gegen diese Entscheidung eingelegte sofortige Beschwerde mit Beschluß vom zurück.
Im August 2003 hat der Schuldner Erinnerung eingelegt und eine Erhöhung der Pfändungsfreigrenze des § 850d Abs. 1 Satz 2 ZPO beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, daß seit der Sozialhilferegelsatz 282,00 € betrage und schon deshalb der pfändungsfreie Betrag auf 564,00 € (zweimal 282,00 €) anzuheben sei. Außerdem stehe die Entscheidung über die Pfändungsfreigrenze nicht in Einklang mit der inzwischen ergangenen Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs, nach der dem Schuldner bei der erweiterten Pfändung wegen Unterhaltsansprüche als notwendiger Unterhalt gemäß § 850d Abs. 1 Satz 2 in der Regel der notwendige Lebensunterhalt im Sinne der Abschnitte 2 und 4 des Bundessozialhilfegesetzes verbleiben müsse (vgl. IXa ZB 151/03, BGHZ 156, 30, 34). Daraufhin hat die Rechtspflegerin des den notwendigen Selbstbehalt des Schuldners wegen des geänderten Sozialhilferegelsatzes auf 564,00 € festgesetzt und "alle übrigen Bestimmungen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses" aufrechterhalten. Mit Beschluß vom hat die Amtsrichterin die Erinnerung des Schuldners gegen den Beschluß der Rechtspflegerin und seinen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Erinnerungsverfahren zurückgewiesen. Die Rechtsmittel des Schuldners gegen die Hauptsacheentscheidung sowie die Ablehnung von Prozeßkostenhilfe blieben vor dem Landgericht ohne Erfolg. Gegen beide Entscheidungen wendet sich der Schuldner mit den jeweils zugelassenen Rechtsbeschwerden. Gegenstand dieses Rechtsbeschwerdeverfahrens ist die Versagung von Prozeßkostenhilfe für das Erinnerungsverfahren.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig.
Zwar kann die Rechtsbeschwerde im Verfahren über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nur wegen solcher rechtlichen Probleme zugelassen werden, die das Verfahren oder die persönlichen Voraussetzungen betreffen, nicht aber wegen der Frage, ob die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Denn es ist Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wenn die Rechtsverfolgung Probleme aufwirft, die einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen. Wird jedoch - wie hier - die Rechtsbeschwerde rechtsfehlerhaft zugelassen, ist das Rechtsbeschwerdegericht nach § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO daran gebunden (vgl. , NJW 2003, 1126, 1127 und v. - III ZB 29/02, AGS 2003, 213).
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
a) Das Landgericht hat unter Verweisung auf die Gründe seiner Hauptsacheentscheidung (Az: 3 T 173/04) eine Erfolgsaussicht für das Erinnerungsverfahren mit der Begründung verneint, es hätten sich die tatsächlichen Voraussetzungen für die Bemessung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens nicht im Sinne des § 850g Satz 1 ZPO geändert. Eine andere rechtliche Beurteilung der Umstände, über die das abschließend entschieden habe, sei ihm wegen der Bindungswirkung nach § 318 ZPO verwehrt. Der Schuldner bewerte die unverändert gebliebenen Umstände unter Hinweis auf die Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs lediglich rechtlich anders, was eine Abänderung nicht zulasse.
b) Das Beschwerdegericht hat für den Antrag des Schuldners auf Erhöhung des pfändungsfreien Betrages zu Unrecht eine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO) verneint.
Diese ist im Regelfall bereits dann zu bejahen, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung schwieriger Tat- oder Rechtsfragen abhängt. Das Prozeßkostenhilfeverfahren will nämlich den Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern lediglich zugänglich machen. Die im Streitfall zu entscheidende Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine höchstrichterliche Grundsatzentscheidung gemäß § 850d Abs. 1 Satz 2, § 850g ZPO die Abänderung der festgesetzten Pfändungsfreigrenze rechtfertigt, ist in der Rechtsprechung bislang ungeklärt und als schwierig anzusehen. Davon ist das Beschwerdegericht selbst ausgegangen, weil es - wie sich aus der Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen die Hauptsacheentscheidung ergibt - der Ansicht ist, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, oder daß die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Nachdem der Schuldner nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht aufbringen kann, hätte das Beschwerdegericht unter diesen Umständen Prozeßkostenhilfe bewilligen müssen, (vgl. , NJW 2003, 1126, 1127; v. - III ZB 33/02, NJW 2003, 1192; v. - III ZB 29/02, AGS 2003, 213; v. - XII ZB 192/02).
III.
Dem Schuldner ist, weil auch insoweit die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen vorliegen, Prozeßkostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu bewilligen. Der Grundsatz, daß für das Prozeßkostenhilfeverfahren Prozeßkostenhilfe nicht gewährt werden kann (vgl. BGHZ 91, 311), steht nicht entgegen (vgl. , NJW 2003, 1192).
Fundstelle(n):
AAAAC-01245
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein