BGH Beschluss v. - IX ZR 26/01

Leitsatz

[1] a) Eine Beschränkung des Kündigungsrechts kommt nicht in Betracht, wenn die Beiträge bei wirtschaftlicher Betrachtung ihren Ursprung nicht im Vermögen des Mieters oder Pächters haben. Gleiches gilt, wenn sie nicht dazu gedient haben, den Wert des Grundstücks zu erhöhen.

b) Für die Herkunft und die Verwendung der Mittel trägt der Mieter oder Pächter die Beweislast.

Gesetze: ZVG § 57 c Abs. 1 Nr. 2

Instanzenzug: OLG Schleswig LG Itzehoe

Gründe

I.

Die Klägerin, eine durch Grundschulden gesicherte Gläubigerin, hat mit der vorliegenden Klage von der Beklagten, der gewerblichen Zwischenmieterin des Grundstücks, begehrt, daß diese in dem anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren ihre Anmeldungen nach §§ 57 c, 57 d ZVG widerrufe und es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes unterlasse, diese Mieterrechte erneut anzumelden. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. In der Revisionsinstanz haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

II.

Die Anträge der Parteien führen zur Kostenteilung (§ 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).

1. Eine Erledigung der Hauptsache kann auch noch im Revisionsrechtszug erklärt werden (BGHZ 106, 359, 366; 123, 264, 265), und zwar auch außerhalb der mündlichen Verhandlung (vgl. § 91 a Abs. 1 Satz 2 i.d.F. des Rechtspflegeänderungsgesetzes vom , BGBl. I S. 2847). Die Erledigungserklärung der Beklagten konnte auch - wie hier geschehen - von ihrem zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten abgegeben werden, weil die Erklärungen auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erfolgen können, § 91 a Abs. 1 Satz 1 a.F. i.V.m. § 78 Abs. 3 ZPO (BGHZ 123, 264, 266).

2. Ist der Rechtsstreit danach durch übereinstimmende Erklärungen erledigt, hat der Senat unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Das Verfahren gemäß § 91 a ZPO dient nicht der Klärung schwieriger Rechtsfragen grundsätzlicher Art (BGHZ 67, 343, 345 f; , BB 2000, 482 f). Kommt es für die Verteilung der Kosten auf die Erfolgsaussichten des Hauptbegehrens an, werden diese im Rahmen der Kostenentscheidung nur summarisch geprüft.

Die danach gebotene begrenzte Sachprüfung ergibt, daß die Revision der Klägerin voraussichtlich zur Aufhebung und Zurückverweisung geführt hätte, wobei das Endergebnis des Rechtsstreits offen ist.

a) Der Schutz des Mieters oder Pächters durch § 57 c ZVG beruht letztlich auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (, WM 1989, 866, 867). Die Sonderstellung des Mieters oder Pächters gegenüber dem Grundpfandgläubiger nach dieser Vorschrift ist dadurch zu rechtfertigen, daß durch die tatsächlichen Leistungen des Mieters oder Pächters ein Sachwert geschaffen worden ist, der dem Ersteher später in der Form höherer Mieteinnahmen zugute kommt. Wirtschaftlich betrachtet beruht die Wertsteigerung des Grundstücks in den Fällen des § 57 c ZVG auf Leistungen des Mieters oder Pächters, die an sich vom früheren Eigentümer und Vollstreckungsschuldner hätten aufgebracht werden müssen (BGH aaO). Demzufolge setzt die Bestimmung unter anderem voraus, daß der Mieter oder Pächter vor Durchführung der Instandsetzung tatsächlich Beiträge zur Schaffung oder Instandsetzung des Miet- oder Pachtobjekts erbracht hat (vgl. BGH, aaO sowie Urt. v. - IX ZR 234/88, WM 1990, 695, 698), und zwar - bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise - aus seinem eigenen Vermögen ( aaO). Dafür ist im Zivilprozeß der Mieter oder Pächter beweispflichtig, weil er aus diesen Tatsachen ihm günstige Rechtsfolgen herleiten will (vgl. , WM 1959, 120, 122; Mohrbutter/Radtke/Tiedemann, Die Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungspraxis 7. Aufl. Bd. 1 § 57 c Anm. 4). Mangelt es an einer dieser Voraussetzungen, etwa weil der Ursprung der Mittel nicht im Vermögen des Mieters oder Pächters liegt oder die Aufwendungen nicht dazu gedient haben, den Wert des Grundstücks zu erhöhen, würde es Sinn und Zweck des § 57 c ZVG verfehlen, wenn der Mieter oder Pächter sich gleichwohl auf diese Leistungen berufen könnte ( aaO; noch offengelassen von aaO S. 121; ähnlich OLG Hamm MDR 1987, 1034). Die ältere abweichende obergerichtliche Rechtsprechung (OLG Stuttgart MDR 1954, 621 f), die allerdings im Schrifttum teilweise auf Zustimmung gestoßen ist (vgl. Schiffhauer/Gerhardt/Muth, ZVG 12. Aufl. § 57 c Rn. 9 f; Steiner/Teufel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung 9. Aufl. § 57 c Rn. 62; Zeller/Stöber, ZVG 16. Aufl. § 57 c Rn. 2 zu 2.3), ist danach überholt.

b) Im vorliegenden Fall läßt sich nach dem Akteninhalt nicht feststellen, ob und in welchem Umfang mit dem angeblich am an den Vermieter gezahlten Betrag von 250.000 DM die von diesem noch zu erbringenden Ausbau- und Umbauarbeiten in den zur Vermietung herzustellenden Räumlichkeiten fortgeführt worden sind. Das Berufungsgericht hat es sogar als unstreitig angesehen, daß der Vermieter den Betrag jedenfalls nicht in voller Höhe dazu verwandt hat, die ihm nach § 9 des gewerblichen Zwischenmietvertrages vom 20./ obliegenden Arbeiten durchführen zu lassen. Das angefochtene Urteil hätte deshalb keinen Bestand gehabt. Nach Aufhebung und Zurückverweisung wäre auch der nach der Senatsentscheidung vom aaO entscheidungserhebliche Ursprung der Mittel offen gewesen, die nach der bestrittenen Behauptung der Beklagten aus einem ihr gewährten Privatdarlehen herrühren sollen. Der Geschäftsführer der Beklagten hat hierzu ausweislich der Sitzungsniederschrift vom bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht erklärt, er habe zwei bis drei Tage vor dem von einem italienischen Geschäftsmann ein Darlehen über 300.000 DM aufgenommen und die Darlehenssumme von ihm in bar erhalten. Auf die Frage des klägerischen Prozeßbevollmächtigten nach dem Namen des italienischen Geschäftsmanns hat der Geschäftsführer der Beklagten erklärt, daß er den Namen nicht nennen wolle, weil die Informationen, die er der Klägerin bisher gegeben habe, gegen ihn verwandt worden seien. Mit Rücksicht auf diese vagen Angaben erscheint zweifelhaft, daß der angeblich an den Vermieter in bar gezahlte Betrag - wirtschaftlich betrachtet - aus dem Vermögen der Beklagten stammt. Nach Aufhebung und Zurückverweisung wäre auch erneut zu prüfen gewesen, ob ein Baukostenvorschuß tatsächlich gezahlt worden ist, und zwar entgegen dem Wortlaut der schriftlichen Ergänzungsvereinbarung vom und der "Empfangsbestätigung" vom nicht als Erstattung für bereits ausgeführte Umbauarbeiten.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
MAAAC-00619

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein