Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 574 Abs. 2; InsO § 7; InsO § 20 Abs. 2; InsO § 287 Abs. 1 Satz 2
Instanzenzug: LG Frankfurt/Main vom AG Frankfurt/Main vom
Gründe
I.
Ein Gläubiger stellte am Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Mit Schreiben vom übersandte das Amtsgericht den Insolvenzantrag dem Schuldner zur Kenntnis und wies ihn darauf hin, daß er Restschuldbefreiung erlangen könne, wenn er binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises einen entsprechenden Antrag stelle. Von einem eigenen Antrag auf Insolvenzeröffnung war nicht die Rede. Durch Beschluß vom wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Erst danach beantragte der Schuldner die Restschuldbefreiung. Dieser Antrag wurde vom Amtsgericht - Insolvenzgericht - wegen Verfristung verworfen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners, mit der er zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragte, blieb ohne Erfolg (, NZI 2004, 511).
Bereits zuvor - am - hatte der Schuldner "vorsorglich" seinerseits die Eröffnung des (Regel-)Insolvenzverfahrens und erneut die Restschuldbefreiung beantragt. Das Amtsgericht - Insolvenzgericht - hat "den Antrag" verworfen. Er sei unzulässig, weil die Eröffnung eines zweiten Insolvenzverfahrens über dieselbe Vermögensmasse nicht möglich sei. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.
1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 7 InsO statthafte und nach § 574 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde führt nicht deshalb zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weil sich dieser keine hinreichenden Feststellungen zum Sachverhalt entnehmen lassen. Grundsätzlich müssen zwar Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben (, NJW 2002, 2648, 2649 und ständig). Im vorliegenden Fall kennt indes der Senat den Sachverhalt aus dem Parallelverfahren, auf das in dem angefochtenen Beschluß hingewiesen worden war.
2. Der Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung ist zu Recht als unzulässig abgelehnt worden. Wie der Senat in einer Parallelentscheidung vom heutigen Tage (IX ZB 176/03, z.V.b. in BGHZ) im einzelnen dargelegt hat, kann gegen den Schuldner grundsätzlich nur ein einziges Insolvenzverfahren betrieben werden. Mehrere Insolvenzanträge gegen denselben Schuldner werden mit der Eröffnung zusammengefaßt; solange ein eröffnetes Insolvenzverfahren nicht abgeschlossen ist, sind spätere Eröffnungsanträge grundsätzlich unzulässig. Damit ist auch ein Eigenantrag nicht mehr zulässig, nachdem auf Antrag eines Gläubigers das Insolvenzverfahren bereits eröffnet worden ist.
3. Nicht Rechtens ist demgegenüber die Zurückweisung des Restschuldbefreiungsantrags.
a) Zwar kann die Restschuldbefreiung dem Schuldner - sowohl im Verbraucherinsolvenzverfahren als auch im Regelinsolvenzverfahren - grundsätzlich nur gewährt werden, wenn er einen eigenen Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt hat (, NZI 2004, 511; v. - IX ZB 209/03, NZI 2004, 593), der im vorliegenden Fall - wie unter 1 ausgeführt - nicht mehr zulässig ist.
b) Die Aussicht auf Restschuldbefreiung darf dem Schuldner jedoch nicht aus Rechtsunkenntnis verloren gehen (Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 287 Rn. 14). Deshalb hat sich, falls nur ein Gläubigerantrag vorliegt, der durch § 20 Abs. 2 InsO gebotene Hinweis auch darauf zu erstrecken, daß der Schuldner zur Erreichung der Restschuldbefreiung neben dem dahin gehenden Antrag selbst noch einen Insolvenzantrag stellen muß. Für den Restschuldbefreiungsantrag gilt die zweiwöchige Frist aus § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO. Hierauf hat das Insolvenzgericht den Schuldner aufmerksam zu machen. Auch für den Eröffnungsantrag ist diesem eine Frist zu setzen (Senatsbeschluß vom heutigen Tage in der Sache IX ZB 176/03).
Diesen Anforderungen genügte der im vorliegenden Fall erteilte Hinweis des Insolvenzgerichts nicht. Es fehlte der Hinweis auf das Erfordernis eines eigenen Insolvenzantrags, und für dessen Nachholung war keine Frist gesetzt worden.
c) Ein fehlerhafter, unvollständiger oder verspäteter Hinweis des Insolvenzgerichts, durch den regelmäßig das Recht des Schuldners auf das rechtliche Gehör verletzt wird, und eine unterlassene Fristsetzung dürfen jenem nicht zum Nachteil gereichen. Insbesondere läuft in diesem Fall für den Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung keine Frist. Hat der Gläubigerantrag bereits zur Verfahrenseröffnung geführt und ist ein Eigenantrag des Schuldners deshalb nicht mehr zulässig, muß es zur Erhaltung der Aussicht auf Restschuldbefreiung genügen, daß der Schuldner nunmehr einen Restschuldbefreiungsantrag stellt. Dies gilt sowohl im Regel- als auch im Verbraucherinsolvenzverfahren (Senatsbeschluß vom heutigen Tage in der Sache IX ZB 176/03).
d) Dem Erfolg des Restschuldbefreiungsantrags steht die formell rechtskräftige Zurückweisung eines gleichartigen Antrags im Vorverfahren nicht entgegen. Dieser Beschluß ist nicht in materielle Rechtskraft erwachsen (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, § 6 Rn. 79). Unanfechtbare Entscheidungen kann das Insolvenzgericht in gewissen Grenzen von Amts wegen abändern (MünchKomm-InsO/Ganter, § 6 Rn. 88). Dazu besteht hier Anlaß. Die Frist nach § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO hat der Antragsteller nicht versäumt, weil diese nicht lief, solange es an dem Eigenantrag fehlte. Daß dieser nicht rechtzeitig gestellt worden ist und nun nicht mehr gestellt werden kann, hat der Schuldner nicht zu verantworten.
4. Die Sache ist an das Amtsgericht (zu dieser Möglichkeit vgl. , NJW 2004, 2976, z.V.b. in BGHZ) zurückzuverweisen, damit erneut über den Restschuldbefreiungsantrag entschieden wird.
Fundstelle(n):
LAAAB-99696
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein