Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: VBLS § 39 n.F.; VBLS §§ 40 ff. a.F.; VBLS § 44 a.F.; VBLS § 44a a.F.; VBLS § 76 Abs. 2; BetrAVG § 1 Abs. 1 a.F.; BetrAVG § 2 a.F.; BetrAVG § 2 Abs. 1; BetrAVG § 16; BetrAVG § 30d; BetrAVG § 30f n.F.; ZPO § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a; AGBG § 9 Abs. 1
Instanzenzug: AG Karlsruhe 2 C 675/01 vom LG Karlsruhe 6 S 37/02 vom
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der beklagten Versorgungseinrichtung für den öffentlichen Dienst eine höhere und dynamische Zusatzrente.
Die am geborene Klägerin war vom bis zum und vom bis zum bei zwei verschiedenen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes beschäftigt und in dieser Zeit bei der Beklagten pflichtversichert. Sie ist am aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden, um sich der Betreuung ihrer am geborenen Tochter zu widmen, die an Epilepsie litt.
Die Beklagte errechnete für die Klägerin in der Mitteilung vom eine Versicherungsrente nach § 44 der damals geltenden Satzung (VBLS a.F.) in Höhe von brutto 56,85 DM monatlich.
Die Klägerin meint, der Rentenberechnungsmodus des § 44 VBLS a.F. und die fehlende Dynamisierung würden sie im Vergleich mit Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft und auch gegenüber Beziehern von Versicherungsrenten nach § 44a VBLS a.F. und Versorgungsrenten nach §§ 40 ff. VBLS a.F. sachwidrig ungleich behandeln. Insbesondere seien Frauen, denen es vor allem nach der Kindererziehungszeit allein schon aufgrund ihres Alters meist nicht gelinge, wieder in den öffentlichen Dienst einzutreten, durch § 44 VBLS a.F. verfassungswidrig und europarechtswidrig diskriminiert.
Die Klägerin beantragt festzustellen, dass § 44 VBLS a.F. unwirksam und die Beklagte verpflichtet sei, diese Bestimmung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durch eine grundrechtskonforme Regelung zu ersetzen (Anträge Ziffer 1 und 2). Bei der Satzung der Beklagten handele es sich nicht um privatrechtliche Allgemeine Versicherungsbedingungen, sondern um dem öffentlichen Recht zuzuordnende Rechtsnormen, die entsprechend einer Normenkontrollklage und einer verwaltungsgerichtlichen Bescheidungsklage angegriffen werden könnten. Die Klägerin beantragt weiter, die Beklagte in entsprechender Anwendung von § 2 BetrAVG a.F. zur Zahlung einer um 100,07 DM höheren Monatsrente zu verurteilen (Anträge Ziffer 3 und 4). Alle vier in den Vorinstanzen abgewiesenen Anträge verfolgt die Klägerin mit der Revi-sion weiter.
Gründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. 1. Das Berufungsgericht hält ebenso wie das Amtsgericht die Klageanträge Ziffer 1 und 2 für unzulässig. Es hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts ausführlich dargelegt, dass die Mitteilungen der Beklagten und deren Satzungsbestimmungen keinen Akt öffentlicher Gewalt darstellten.
2. Soweit die Revision diese Anträge weiterverfolgt, ist sie unzulässig. Die Revisionsbegründung setzt sich nicht, wie es § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a ZPO verlangt, mit der Begründung des Berufungsgerichts auseinander.
II. 1. Im Übrigen ist das Berufungsgericht der Ansicht, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine höhere Zusatzrente in entsprechender Anwendung von § 2 BetrAVG. Die Berechnung der Rente nach § 44 VBLS a.F. und deren fehlende Dynamisierung seien nicht zu beanstanden. Insbesondere führe die Anwendung dieser Bestimmung zu keiner Diskriminierung von Frauen.
2. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis richtig entschieden. Die Beklagte hat die Berechnung der Rente mit Recht nach § 44 VBLS a.F. vorgenommen.
a) Die Berechnung der Versicherungsrente nach § 44 VBLS a.F. benachteiligt die Versicherten nicht entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt: § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) und verletzt auch nicht im Rahmen der Inhaltskontrolle zu beachtende Grundrechte, wie der Senat im Urteil vom eingehend dargelegt hat (IV ZR 56/03 - VersR 2004, 453 unter II 2 b). Den aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Bediensteten wird damit ein versicherungstechnischer Gegenwert für die geleisteten Beiträge gewährt. Den Versicherten bleibt damit in jedem Fall eine gewisse Anwartschaft erhalten. Im Vergleich zu Arbeitnehmern außerhalb des öffentlichen Dienstes werden dadurch insbesondere Versicherte begünstigt, die wie die Klägerin noch keine nach § 1 Abs. 1 BetrAVG a.F. unverfallbare Anwartschaft erworben hatten. Schon deshalb scheidet eine Berechnung der Versicherungsrente nach den Maßstäben der §§ 2 Abs. 1, 16 BetrAVG a.F. aus.
b) Aus den neuen Regelungen des Betriebsrentenrechts durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom (BGBl. I 1914) und das Altersvermögensgesetz vom (BGBl. I 1310) kann die Klägerin - was die Revision nicht verkennt - wegen der Übergangsregelungen in §§ 30d, 30f BetrAVG n.F. keine weitergehenden Ansprüche herleiten. Das ist auch nach der mit Wirkung vom in Kraft getretenen neuen Satzung der Beklagten nicht der Fall. Zu einer rückwirkenden Neuregelung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes waren der Gesetzgeber und die Beklagte auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht verpflichtet (vgl. BVerfGE 98, 365, 402 f. und VersR 2000, 835, 837 f.). Das gilt auch, soweit der Gesetzgeber mit der Verkürzung der Unverfallbarkeitsfristen das Ziel verfolgt hat, eine Benachteiligung von Frauen zu vermeiden. Dem Gesetzgeber steht bei der Erfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrags aus Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 6 Abs. 1, Art. 6 Abs. 4, Art. 3 Abs. 2 GG ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der es ihm gestattet, Benachteiligungen mit Rücksicht auf die finanziellen Folgen schrittweise abzubauen; er ist nicht gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (vgl. BVerfGE 87, 1, 35 ff.; 60, 68, 74). Eine weitergehende grundrechtlich oder sozialstaatlich begründete Rechtspflicht der Beklagten besteht hierzu nicht ( - VersR 2004, 364 unter II 2 b dd).
Der Umstand, dass die Klägerin keine unverfallbare Anwartschaft und keinen Anspruch auf eine Versicherungsrente nach § 44a VBLS a.F. erworben hat, steht im Übrigen in keinem Zusammenhang mit der Kindererziehung. Als sie zum nach neun Jahren und fast sechs Monaten aus den Diensten ihres ersten Arbeitgebers ausschied, war sie 39 Jahre alt. Ohne Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätte sie Mitte 1978 die Voraussetzungen des § 44a VBLS a.F. erfüllt gehabt. Ihre Tochter wurde aber erst drei Jahre später geboren.
Der Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einer Dynamisierung der Zusatzrente (VersR 2000, 835, 838) hat die Beklagte durch ihre neue Satzung hinreichend Rechnung getragen, wie der Senat im Urteil vom ausgeführt hat (aaO unter II 2 c). Seit dem werden nach §§ 76 Abs. 2, 39 VBLS n.F. auch Versicherungsrenten einmal jährlich zum 1. Juli um 1% erhöht. Dementsprechend beträgt die Rente der Klägerin laut Mitteilung der Beklagten vom ab 29,36 €.
c) Der von der Revision gerügte Verstoß gegen das im europäischen Gemeinschaftsrecht normierte Gebot der Gleichbehandlung von Männern und Frauen liegt nicht vor. Der Grundsatz des gleichen Entgelts aus betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit deckt nur Leistungen ab, die für Beschäftigungszeiten nach dem gewährt werden (EuGH NZA 2005, 347 f.; EuGH, Rs. C-262/88, Barber, Slg. 1990, I-1889, 1955 f. Rdn. 40 ff.). Schon deshalb kann die Klägerin aus dem Senatsurteil vom (IV ZR 100/02 - VersR 2005, 1228) nichts für sich herleiten.
Fundstelle(n):
SAAAB-99364
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein