Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: VBLS § 39 n.F.; VBLS §§ 40 ff. a.F.; VBLS § 40 Abs. 1; VBLS § 40 Abs. 2 a.F.; VBLS § 40 Abs. 4; VBLS § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a; VBLS § 42 Abs. 2 Satz 1 Doppelbuchst. aa; VBLS § 44 a.F.; VBLS § 75 Abs. 2 n.F.; AGBG § 9; BGB § 307
Instanzenzug:
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten mit Wirkung ab eine höhere Zusatzversorgungsrente.
Der am geborene Kläger war vom bis zum (351 Monate) im öffentlichen Dienst und zuvor vom bis zum (226 Monate) außerhalb des öffentlichen Dienstes jeweils sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Seit bezieht er zum einen von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Sozialversicherungsrente, zum andern von der Beklagten Versicherungsrente als Versorgungsrente (§§ 40 Abs. 4, 44 VBLS a.F.; im folgenden Zusatzversorgungsrente).
Die Sozialversicherungsrente des Klägers errechnet sich aus 60,0762 Entgeltpunkten (EP), von denen 38,7998 EP auf die Beschäftigungszeit im öffentlichen Dienst und 21,2764 EP auf sogenannte Vordienstzeiten entfallen. Sie belief sich am auf monatlich 2.918,30 DM (brutto).
Die Zusatzversorgungsrente des Klägers betrug am monatlich 554,19 DM (brutto). Bei der Renten(neu)berechnung zum legte die Beklagte eine gesamtversorgungsfähige Zeit von 464 Monaten (39 Jahren) zugrunde (351 Umlagemonate gem. §§ 42 Abs. 1, 29 Abs. 10 VBLS a.F. und 113 Monate hälftige Vordienstzeiten gem. § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa VBLS a.F.). Weiter ging die Beklagte beim Bruttoversorgungssatz vom Höchstsatz von 75% (§ 41 Abs. 2 Satz 1 VBLS a.F.) und beim Nettoversorgungssatz ebenfalls vom Höchstsatz von 91,75% (§ 41 Abs. 2b Satz 1 VBLS a.F.) aus. Damit gelangte sie zu einem gesamtversorgungsfähigen Entgelt (§ 43 VBLS a.F.) von 5.616,16 DM, errechnete ein fiktives Nettoarbeitsentgelt (§ 41 Abs. 2c VBLS a.F.) von 3.782,04 DM und eine Gesamtversorgung (§ 41 Abs. 1, 2, 2a und 2b VBLS a.F.) von 3.470,02 DM (3.782,04 DM x 91,75%).
Der Kläger wendet hiergegen nichts ein, insbesondere begehrt er nicht die Berücksichtigung weiterer Vordienstzeiten, weil sie auch nach seiner Ansicht nicht zu einer Erhöhung der Gesamtversorgung führen könnte. Er meint jedoch, daß der satzungsrechtlich vorgesehene, ihm als Zusatzversorgungsrente nur die Mindestversorgungsrente (§§ 40 Abs. 4, 44 VBLS a.F.) von monatlich 554,19 DM brutto belassende Abzug der Sozialversicherungsrente in voller Höhe von der Gesamtversorgung (3.470,02 DM - 2.918,30 DM) rechtswidrig sei, weil die zugrunde liegenden Satzungsbestimmungen der §§ 40 ff. VBLS a.F. eine ihn und die von ihm repräsentierte Gruppe der langjährig Versicherten mit erheblichen Vorversicherungszeiten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligten (§§ 9 Abs. 1 AGBG, 242 BGB) und im Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzten. Der Entscheidung des - VersR 2000, 835, nach welcher es nicht angehe, einen Versicherten mit Vordienstzeiten schlechter zu stellen als einen Arbeitnehmer, der vor dem Eintritt in den öffentlichen Dienst überhaupt keine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt habe, könne unter Respektierung der Grundentscheidung des Satzungsgebers, Vordienstzeiten hälftig zu berücksichtigen, in verfassungskonformer Weise nur dadurch Rechnung getragen werden, daß der auf Beschäftigungszeiten im öffentlichen Dienst entfallende Teil der Sozialversicherungsrente mit 38,7998 EP in vollem Umfang, der auf Vordienstzeiten entfallende Teil mit 21,2764 EP hingegen nur zur Hälfte, d.h. mit 10,6382 EP auf die Gesamtversorgung angerechnet werde. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, dem Kläger ab dem eine Zusatzversorgungsrente unter Zugrundelegung einer gesamtversorgungsfähigen Zeit von 464 Monaten und einer anzurechnenden Sozialversicherungsrente aus lediglich 49,4380 EP (38,7998 EP + 10,6382 EP) zu gewähren, wodurch sich die monatliche Zusatzversorgungsrente des Klägers von 554,19 DM auf 1.068,49 DM brutto erhöhe.
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Gründe
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht sieht für das Begehren des Klägers keine Grundlage in der Satzung der Beklagten. Es könne offenbleiben, ob der Kläger von der Entscheidung des - VersR 2000, 835 unmittelbar betroffen sei. Selbst wenn dies jedoch der Fall sein sollte und von einer die Leistungsansprüche des Klägers betreffenden Unwirksamkeit der Regelung zur Halbanrechnung in § 42 Abs. 2 VBLS a.F. auszugehen wäre, könne die Klage keinen Erfolg haben. Denn es stehe eine Grundentscheidung der beteiligten Sozialpartner in Frage, die jedenfalls hier nicht vom Gericht im Wege ergänzender Auslegung eines lückenhaft gewordenen Vertrages geschlossen werden könne. Die Beklagte könne ihr Grundleistungsangebot nicht selbst gestalten, sondern müsse ein von den Sozialpartnern ausgehandeltes Ergebnis umsetzen, das notwendig kompromißhafte Züge trage und deshalb einer Auslegung unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit kaum zugänglich sei. Die geforderten zusätzlichen Leistungen seien, wenn man ihre finanziellen Auswirkungen auf die Beklagte abschätze, nicht etwa nur als Abrundung ihres Angebots zu werten, sondern erschütterten die Beklagte in ihrer wirtschaftlichen Substanz. Für eine zu einer Leistungserhöhung für die klagende Partei führende, ergänzende Auslegung der bisherigen Satzung der Beklagten bleibe darüber hinaus auch deshalb kein Raum, weil die Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung vom das bisherige Gesamtversorgungssystem mit Ablauf des geschlossen und durch ein an dem Grundsatz der Betriebstreue anknüpfendes Punktemodell ersetzt hätten und sich die ordentlichen Gerichte über diese Grundentscheidung nicht hinwegsetzen könnten.
II. Dem ist jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen.
1. Am hat die Beklagte ihre Satzung mit Wirkung vom geändert. Nach der Übergangsregelung in § 75 Abs. 2 VBLS n.F. werden die nach bisherigem Satzungsrecht gezahlten Versorgungsrenten grundsätzlich als Besitzstandsrenten weitergezahlt und entsprechend § 39 VBLS n.F. vom Jahr 2002 an jährlich zum 1. Juli um 1% erhöht. Die vom Kläger geforderte, lediglich hälftige Anrechnung des auf Vordienstzeiten entfallenden Teils seiner Sozialversicherungsrente auf die Gesamtversorgung ist nach wie vor nicht vorgesehen.
2. a) Das auf den sich der Kläger stützt, die Verfassungsbeschwerde einer 1921 geborenen Rentnerin, die seit Anfang 1983 Leistungen von der Beklagten erhielt und im Ausgangsverfahren erfolglos deren Erhöhung wegen Unwirksamkeit von Satzungsbestimmungen verlangt hatte, nicht zur Entscheidung angenommen. Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die volle Berücksichtigung ihrer Sozialversicherungsrente bei der Bestimmung der Höhe der Zusatzversorgung einerseits, aber die nur halbe Berücksichtigung von Zeiten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst bei der Bemessung der gesamtversorgungsfähigen Zeit andererseits gewandt hatte, hat das Bundesverfassungsgericht die Regelung in § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa VBLS a.F. zwar im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG beanstandet, eine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin aber "(noch) nicht" festgestellt. Die Ungleichbehandlung sei zwar gravierend, halte sich derzeit jedoch noch im Rahmen einer zulässigen Generalisierung. Der Satzungsgeber sei wegen der hochkomplizierten Materie zu gewissen Vereinfachungen gezwungen. Dabei dürfe er Ungleichbehandlungen in Kauf nehmen, solange davon nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betroffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv sei. Das treffe auf die Rentnergeneration der Beschwerdeführerin zu, wie das Bundesverfassungsgericht feststellt.
Für die jüngeren Versichertengenerationen sei ein bruchloser Verlauf der Erwerbsbiographie im öffentlichen Dienst angesichts stark gestiegener Teilzeitarbeit und einer stärkeren Diskontinuität des Erwerbslebens allerdings nicht mehr in hinreichender Weise typisch. Angesichts dieser Entwicklung könne die Benachteiligung der Rentner durch volle Anrechnung der in Vordienstzeiten erworbenen Rentenansprüche bei nur hälftiger Berücksichtigung dieses Teils ihrer Lebensarbeitszeit im Rahmen der Berechnung der gesamtversorgungsfähigen Dienstzeit nicht länger als bis zum Ablauf des Jahres 2000 hingenommen werden.
b) Dieser Beschluß des Bundesverfassungsgerichts mag bei dem Kläger die Erwartung geweckt haben, ihm stehe vom Jahr 2001 an eine höhere Rente zu, wie sie sich bei weiterhin hälftiger Berücksichtigung der Vordienstzeiten, aber nur noch hälftiger Anrechnung des aus Vordienstzeiten resultierenden Teils der Sozialversicherungsrente auf die nach der Satzung der Beklagten ermittelte Gesamtversorgung ergeben würde. Er gehört jedoch nicht zu jenen jüngeren Versichertengenerationen, für die die angegriffene Vollanrechnung der Sozialversicherungsrente bei lediglich hälftiger Berücksichtigung der Vordienstzeiten nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr hinnehmbar ist. Er bezieht bereits seit eine Zusatzversorgungsrente von der Beklagten. Für ihn und für die Generation, der er angehört, ist die Vollanrechnung der Sozialversicherungsrente bei lediglich hälftiger Berücksichtigung der Vordienstzeiten also noch hinzunehmen.
c) Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom (IV ZR 186/02 - VersR 2004, 183) angenommen hat, verstößt die Anwendung des § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa i.V. mit § 40 Abs. 1 und 2 VBLS a.F. bei der Berechnung der Versorgungsrente für solche Versicherte, die - wie der Kläger - bis zum versorgungsrentenberechtigt geworden sind, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Auch ein Verstoß gegen §§ 9 AGBG, 307 BGB liegt nicht vor. Dabei kann auf sich beruhen, ob den Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zur Ungleichbehandlung der hiervon betroffenen Versichertengruppe trotz der Kritik der Beklagten in jedem Punkte zu folgen ist (vgl. auch Hebler, ZTR 2000, 337 ff.). Denn mit dem Bundesverfassungsgericht ist der Senat der Auffassung, daß - ist mit der hier streitigen Berechnung der Zusatzversorgungsrente eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Versicherten verbunden, die ihr ganzes Berufsleben im öffentlichen Dienst verbracht haben - sich die Ungleichbehandlung jedenfalls im Rahmen einer zulässigen Typisierung und Generalisierung einer komplizierten, eine sehr große Gruppe von Versicherten betreffenden Materie hielt. Diese Ungleichbehandlung hat ein Versicherter, der bis zum Ablauf des Jahres 2000 Zusatzversorgungsrentenempfänger geworden ist, nicht zuletzt auch im Interesse der Erhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Versorgungsträgers hinzunehmen, selbst wenn für die Zukunft eine andere, die Ungleichbehandlung für zukünftige Rentenempfänger vermeidende Regelung zu treffen ist.
3. Im übrigen greifen die vom Kläger hier gegen die volle Anrechnung seiner Sozialversicherungsrente auf die ihm nach der alten Fassung der Satzung der Beklagten zustehende Gesamtversorgung vorgetragenen Bedenken nicht durch.
a) Daß sich die Zusatzversorgung der Beklagten auf eine Aufstockung der (vollen) gesetzlichen Rente bis zu einer der Beamtenversorgung vergleichbaren Gesamtversorgung beschränkt (§ 40 Abs. 1 und 2 Buchst. a VBLS a.F.), gehört zu dem einer Inhaltskontrolle von Geschäftsbedingungen entzogenen Bereich der Leistungsbeschreibung (BGHZ 142, 103, 110; Senatsurteil vom - IV ZR 56/03 - VersR 2004, 453 unter I 2 b). Mehr als eine solche Aufstockung hat die Beklagte nicht versprochen; sie zahlt jedoch mindestens eine (nicht mehr am Versorgungszweck ausgerichtete) Versicherungsrente gemäß § 44 VBLS a.F. als versicherungstechnischen Gegenwert für die geleisteten Beiträge (vgl. Senatsurteil vom aaO unter II 2 b).
b) Zwar trifft es zu, daß der Kläger als langjährig Versicherter einerseits den höchstmöglichen Gesamtversorgungssatz der Beklagten erreicht hat und andererseits wegen der erheblichen Dauer (fast 19 Jahre) seiner schon vor Beginn der Versicherung bei der Beklagten zurückgelegten, in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigen Tätigkeit eine verhältnismäßig hohe Sozialversicherungsrente erhält. Die Beklagte zahlt ihm nicht die verbleibende Differenz (3.470,02 DM - 2.918,30 DM = 551,72 DM), sondern gemäß § 40 Abs. 4 i.V. mit § 44 VBLS a.F. immerhin als Mindestversorgungsrente die Versicherungsrente in Höhe von (brutto) 554,19 DM. Soweit der Kläger geltend macht, er stehe schlechter als ein Versicherter ohne Vordienstzeiten, trifft dies nicht zu. Die Gesamtversorgung, von der die Beklagte bei ihrer Berechnung ausgeht (3.470 DM), wäre für einen solchen Versicherten auch nicht höher; nicht anders als beim Kläger müsste die Beklagte davon die volle Sozialversicherungsrente abziehen. Wenn der zum Vergleich herangezogene Versicherte ohne Vordienstzeiten allerdings länger als der Kläger bei der Beklagten versichert gewesen wäre, würde sich die ihm als Mindestversorgung zustehende Versicherungsrente der Beklagten gegenüber der dem Kläger gezahlten Versicherungsrente erhöhen. Das liegt indessen allein daran, daß in einem solchen Falle über längere Zeit hinweg Umlagen und Beiträge an die Beklagte gezahlt worden sind. Dem steht jedoch gegenüber, daß auch der Kläger in seinen fast 19 Vordienstjahren außerhalb des öffentlichen Dienstes die Möglichkeit gehabt hätte, sich mit Beiträgen eine weitere Zusatzversorgung aufzubauen. Danach ist nicht ersichtlich, daß der Kläger gleichheitswidrig benachteiligt würde.
c) Der Kläger wird auch gegenüber Versicherten, deren Rente sich nach der ab geltenden Neufassung der Satzung der Beklagten richtet, nicht in rechtlich erheblicher Weise benachteiligt. Das Niveau der von der Beklagten in Zukunft aufgrund ihrer neuen Satzung zu leistenden Renten ist generell niedriger als bisher; den Berechtigten wird daneben eine ergänzende Altersvorsorge angeboten, die aus eigenen Beiträgen aufgebaut werden muß. Daß der Kläger trotz der dynamisierten Besitzstandsrente, die er nach § 75 Abs. 2 VBLS n.F. erhält, wirtschaftlich im Ergebnis schlechter stehe als Berechtigte, deren Rente nach neuem Satzungsrecht berechnet wird, ist von ihm weder dargetan noch ersichtlich. Die vom geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken sind für die Zukunft ausgeräumt. Im Hinblick darauf stehen Rentenempfängern alten Rechts wie dem Kläger über die Wahrung ihres Besitzstandes hinaus auch nach dem keine weitergehenden Ansprüche aus Gründen der Gleichbehandlung zu.
Fundstelle(n):
OAAAB-99202
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein