Leitsatz
[1] Zu den Anforderungen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes, wenn insbesondere die Verfassungswidrigkeit eines nachkonstitutionellen Gesetzes geltend gemacht werden soll.
Gesetze: ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 1; ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2
Instanzenzug: LG Karlsruhe
Gründe
I. Der Kläger, der bei der beklagten Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder vom bis zum sowie vom bis zum über seinen Arbeitgeber zusatzversichert war, bezieht seit 1995 von der Beklagten eine Versicherungsrente, die sich aus je einem Teilbetrag für die beiden versicherten Zeiträume zusammensetzt. Nach dem Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom (BGBl. I S. 1914) berechnete die Beklagte die Zusatzrente des Klägers neu, gelangte aber zu einem geringeren als dem bisher geleisteten Betrag, der deshalb auch weiterhin gezahlt wird. Der Kläger verlangt eine höhere Rente und macht geltend, die gesetzliche Neuregelung der Berechnung von Versorgungsanwartschaften im öffentlichen Dienst in § 18 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (im folgenden: BetrAVG) werde den Anforderungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das die frühere Fassung dieser Vorschrift weitgehend für verfassungswidrig erklärt hatte (BVerfGE 98, 365 ff.), immer noch nicht gerecht. Außerdem sei nicht einzusehen, warum die in den beiden Beschäftigungsverhältnissen jeweils zurückgelegte Versicherungszeit in Anbetracht der verhältnismäßig kurzen Unterbrechung nicht zusammengerechnet würden. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Der Kläger meint, im Hinblick auf die Frage, ob die Neuregelung des § 18 BetrAVG verfassungsgemäß sei, müsse die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden. Auch die Klärung der Frage, unter welchen Voraussetzungen Beschäftigungszeiten zusammengerechnet werden könnten, habe grundsätzliche Bedeutung; sie diene ferner der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde war zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes nicht hinreichend dargelegt worden sind (§ 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
1. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache eine einscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdebegründung dargelegt werden. Hierfür genügt die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht. Der Beschwerdeführer muß insbesondere ausführen, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die betreffende Rechtsfrage umstritten ist (BGHZ 154, 288, 291).
Das gilt auch, wenn die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes geltend gemacht wird. Die Beschwerde läßt jedoch jedwede Ausführungen dazu vermissen, von wem die von den Instanzgerichten und in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/4363 S. 8) näher begründete Auffassung überhaupt in Zweifel gezogen wird, wonach die neu gefaßte Vorschrift des § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG (trotz einer im Vergleich zur gewerblichen Wirtschaft schematisierten Berechnung der Rentenanwartschaft im öffentlichen Dienst) den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts durchaus gerecht werde. Die Beschwerde äußert sich auch nicht dazu, daß der Bundesgerichtshof die neugefaßte Vorschrift des § 18 BetrAVG bereits unbedenklich angewandt hat (vgl. Beschluß vom - XII ZB 139/00 - FamRZ 2002, 608 unter II). Soweit der Kläger seine verfassungswidrige Benachteiligung im Vergleich zu Versorgungsregelungen der gewerblichen Wirtschaft durch eine eigene Rentenberechnung darzulegen versucht hat, ist außer Betracht geblieben, daß ihm in der gewerblichen Wirtschaft für die Beschäftigungszeiten, die er bis zum zurückgelegt hat, im Gegensatz zum öffentlichen Dienst überhaupt keine Anwartschaft zustünde, weil er am das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte (§ 1 b Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Vor allem reicht es für die Darlegung der Verfassungswidrigkeit oder Unangemessenheit der gesetzlichen Regelung nicht aus, wenn der Kläger darlegen könnte, daß bei einer im übrigen vergleichbaren Sachlage in der gewerblichen Wirtschaft in seinem Einzelfall eine höhere Rente als im öffentlichen Dienst gezahlt werden würde. Vielmehr müßte dargelegt werden, daß eine größere, nicht aus Gründen unvermeidlicher gesetzlicher Typisierung zu vernachlässigende Gruppe aus gleichen Gründen wie der Kläger von mehr als nur unbeträchtlichen Nachteilen betroffen sei (vgl. BVerfGE 26, 265, 275 f.; 87, 234, 255 f.; VersR 2000, 835, 837). Dafür ist dem Vortrag des Klägers nichts zu entnehmen. Schließlich geht er nicht auf das Bedenken des Berufungsgerichts ein, die geringe Höhe der von der Beklagten gezahlten Rente beruhe in nicht unerheblichem Umfang gerade nicht auf der von § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG vorgegebenen Art der Berechnung einer Versorgungsanwartschaft, sondern darauf, daß er zum aus seinem Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden ist und erst zum ein neues Beschäftigungsverhältnis begründet hat.
2. Auch insoweit hat der Kläger nicht dargelegt, daß es in Rechtsprechung oder Literatur unterschiedliche Meinungen zur Frage der Auswirkungen einer Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses auf die Versorgungszusage gebe, die eine grundsätzliche Klärung erforderten. Die Beschwerde zieht nicht in Zweifel, daß sich aus der Satzung der Beklagten keine Anhaltspunkte für die Auffassung gewinnen lassen, ein erstes Arbeitsverhältnis sei trotz einer gewissen Unterbrechung mit einem später begründeten zu einer Einheit zusammenzurechnen. Die Beschwerde weist auch keine hier einschlägige Wertentscheidung des Gesetzgebers im Regelungsbereich der Versorgungsanwartschaften auf, die ein dem Kläger günstigeres Verständnis der Satzung der Beklagten rechtfertigen könnte. Vielmehr zieht - worauf bereits das Berufungsgericht hingewiesen hat - das Bundesarbeitsgericht aus der heute in § 1 b Abs. 1 Satz 3 BetrAVG verankerten Regelung in ständiger Rechtsprechung den Umkehrschluß, daß die Dauer eines früheren Arbeitsverhältnisses, auch wenn es von einer Versorgungszusage begleitet war und bei demselben Arbeitgeber bestand, grundsätzlich nicht mit der Laufzeit späterer Arbeitsverhältnisse zusammengerechnet werden kann, um die für eine Unverfallbarkeit der Versorgungszusage erforderliche Frist zu erreichen; Ausnahmen gelten nur, soweit die Vordienstzeit nahtlos an das Arbeitsverhältnis heranreicht, das eine neue Versorgungsanwartschaft begründet, oder soweit die Versorgungszusage von vornherein für einen schwankenden, unzusammenhängenden Bedarf an Urlaubs- oder Krankenvertretungskräften gegeben worden ist (BAG NZA 2001, 1310, 1312; DB 1998, 2328 f.). Im Hinblick auf diese, von der Beschwerde zu Unrecht für widersprüchlich gehaltene Rechtsprechung kommt auch der von der Beschwerde angeführte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hier nicht in Betracht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
JAAAB-99033
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein