Leitsatz
[1] Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 VermG gehen auf den Berechtigten auch nicht dinglich gesicherte Kreditverbindlichkeiten über, die der Finanzierung von Baumaßnahmen auf dem restituierten Grundstück dienen.
Gesetze: VermG § 16 Abs. 2 Satz 1; VermG § 16 Abs. 2 Satz 2
Instanzenzug: LG Berlin
Gründe
I.
Der Kläger wurde als Rechtsnachfolger der Restitutionsberechtigten I. H. am Eigentümer des Mehrfamilienhauses Z.-Straße 6 in B. . Er übertrug der Beklagten mit Vertrag vom die Grundstücksverwaltung.
Das Haus hatte früher in Volkseigentum (Rechtsträger: VEB Wohnungsverwaltung B. ), von 1994 an im Eigentum des Landes B. , dann von 1995 bis zur Restitution im Jahre 1999 im Eigentum der Wohnungsbaugesellschaft F. GmbH, der Rechtsnachfolgerin des vorgenannten VEB und Streithelferin zu 2, gestanden. Die Investitionsbank B. , die Streithelferin zu 1, hatte 1992 mit dem Land B. Förderverträge zur Modernisierung des Hauses geschlossen und der Streithelferin zu 2 durch am geschlossenen Vertrag ein nicht dinglich gesichertes Darlehen über 303.351 DM gewährt. Unter dem Gesichtspunkt der Vertragsübernahme (§ 16 Abs. 2 Satz 1 VermG) nahm sie den Kläger auf Rückzahlung eines Teilbetrages in Anspruch. Der Kläger bestritt, in den Darlehensvertrag anstelle der Streithelferin zu 2 eingetreten zu sein, und lehnte die Zahlung ab.
Mit an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom forderte die Streithelferin zu 1 den Kläger erneut auf zu zahlen. Die Beklagte überwies daraufhin die geforderten 39.913,36 DM vom "Hauskonto", ohne die Einwilligung des Klägers einzuholen.
Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe mit dieser Zahlung den Hausverwaltervertrag verletzt; sie schulde ihm Schadensersatz in Höhe von 39.913,36 DM nebst Zinsen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt; das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet; Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) sind nicht gegeben.
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde meint, die Revision sei zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Der Fall gebe Anlaß, eine Einschränkung der Vertragsübernahme nach § 16 Abs. 2 Satz 1 VermG klarzustellen. Nach dieser Vorschrift gingen vertragliche Verpflichtungen nur dann auf den Restitutionsberechtigten (oder dessen Rechtsnachfolger) über, wenn die vertragstypische Leistung zwangsläufig der Werterhaltung oder -steigerung des restituierten Grundstücks zugute komme. Das sei nicht der Fall bei einem Darlehen, das - wie hier - nicht dinglich gesichert sei; die Darlehenssumme könne tatsächlich oder rechtlich auch anderweit Verwendung finden.
2. Der aufgeworfenen Frage kommt die von der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachte über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) indes nicht zu. Sie kann, ohne daß es der vertieften Nachprüfung in einem Revisionsverfahren bedürfte, auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zu § 16 Abs. 2 Satz 1 VermG entschieden werden.
a) § 16 Abs. 2 Satz 1 VermG regelt einen Fall der gesetzlich angeordneten Vertragsübernahme (vgl. BGHZ 141, 203, 205 und Senatsbeschluß vom - III ZB 34/95 - MDR 1996, 304 zu § 17 VermG). Mit der Rückübertragung von Eigentumsrechten oder der Aufhebung der staatlichen Verwaltung (oder mit der vorläufigen Einweisung nach § 6a VermG) tritt der Berechtigte in alle in bezug auf den jeweiligen Vermögenswert bestehenden Rechtsverhältnisse ein (§ 16 Abs. 2 Satz 1 VermG). Dies gilt für vom staatlichen Verwalter geschlossene Kreditverträge nur insoweit, als die darauf beruhenden Verbindlichkeiten im Falle ihrer dinglichen Sicherung gemäß § 16 Abs. 9 Satz 2 VermG gegenüber dem Berechtigten, dem staatlichen Verwalter sowie deren Rechtsnachfolgern fortbestünden (§ 16 Abs. 2 Satz 2 VermG).
b) Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 VermG gehen auch schuldrechtliche Rechtsverhältnisse, die in bezug auf den Vermögenswert bestehen, auf den Berechtigten über. Das ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 11/7831 S. 11) und aus § 16 Abs. 2 Satz 2 VermG, der durch Art. 1 Nr. 14 des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes vom (BGBl. I S. 1257, 1261) eingefügt worden ist. Die Einfügung bestätigt, daß grundsätzlich auch dinglich nicht gesicherte Kreditverbindlichkeiten vom Rechtsübergang nach § 16 Abs. 2 Satz 1 VermG erfaßt werden. § 16 Abs. 2 Satz 2 VermG regelt nach Wortlaut und Systematik nicht etwa den Rechtsgrund für den Übergang derartiger Verbindlichkeiten. Die Bestimmung setzt vielmehr voraus, daß ungesicherte Kreditverbindlichkeiten als Teil grundstücksbezogener Rechtsverhältnisse nach § 16 Abs. 2 Satz 1 VermG übergehen können. Sie ordnet lediglich Beschränkungen an, um eine Gleichbehandlung mit dinglich gesicherten Krediten zu gewährleisten, die gemäß § 16 Abs. 9 Satz 2 VermG nur insoweit übergehen, als sie - was hier außer Streit steht - der Finanzierung von Baumaßnahmen dienen sollten und eine hierdurch bewirkte Wertsteigerung nach vorhanden ist (vgl. BGHZ aaO S. 206 m.w.N. zur Gesetzgebungsgeschichte; Kinne in Rädler/Raupach/Bezzenberger <Hrsg.> Vermögen in der ehemaligen DDR <Stand August 2003> § 16 VermG Rn. 10; Lorff, Offene Vermögensfragen nach der Einigung Deutschlands <Stand Juni 2003> § 16 VermG Rn. 2; s. ferner Senatsurteil BGHZ 144, 271, 278). Für die Frage des Übergangs der Kreditverpflichtung auf den Berechtigten kommt es auf die dingliche Sicherung mithin nicht an. Entscheidend ist der nicht trennbare Bezug der vertragstypischen Leistung, beim Darlehensvertrag die Gewährung des Darlehens, zu dem restituierten Vermögenswert (vgl. BGHZ 141, 203, 205; Senatsurteil vom - III ZR 329/98 - BGHR VermG § 16 Abs. 2 Satz 1 Verwaltervertrag 1). Er wird bei dem ungesicherten wie bei dem grundpfandlich gesicherten Baukredit durch dessen Zweckbestimmung für ein konkretes Grundstück hergestellt; die von der Nichtzulassungsbeschwerde für entscheidend gehaltene rechtliche und tatsächliche Sicherheit, daß der Kredit für werterhaltende oder -steigernde Baumaßnahmen verwandt wird, besteht weder in dem einen wie in dem anderen Fall.
c) An der schon genannten Zielsetzung des § 16 Abs. 2 Satz 2 VermG, nicht gesicherte (Bau-)Kredite wie dinglich gesicherte zu behandeln, hat die Neufassung des § 16 Abs. 9 Satz 2 VermG durch Art. 1 Nr. 8 des am in Kraft getretenen Vermögensrechtsbereinigungsgesetzes (BGBl. I S. 3180, 3181) nichts geändert. § 16 Abs. 9 Satz 2 VermG in der Fassung des Vermögensrechtsbereinigungsgesetzes schuf lediglich eine Sonderregelung für den Übergang dinglich gesicherter Kredite, die - im Interesse der Gleichbehandlung - von § 16 Abs. 2 Satz 2 VermG auch für ungesicherte Kredite in Bezug genommen wird; eine Einschränkung des Übergangs der Rechtsverhältnisse nach dem allgemein formulierten § 16 Abs. 2 Satz 1 VermG auf solche, die - über den vorbeschriebenen Bezug zum Vermögenswert hinaus - in einem rechtlichen Zusammenhang mit dem Vermögenswert stehen, weil sie unmittelbar Rechte an oder Pflichten aus ihm begründen, läßt sich der Änderung des § 16 Abs. 9 Satz 2 VermG nicht entnehmen (vgl. Pfeifer EWiR 1999, 1077, 1078; teilweise abweichend Plesse in Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/
Verstegen, VermG <Stand Dezember 2000> § 16 Rn. 7a und 32).
3. Die Zulassung der Revision ist ferner nicht im Hinblick auf die weiteren schadensrechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts geboten. Die Beschwerde legt insoweit auch keinen Zulassungsgrund dar (§ 544 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DAAAB-98640
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein