BGH Urteil v. - II ZR 386/02

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: VerbrKrG § 9 Abs. 3; VerbrKrG § 9 Abs. 2 Satz 4; VerbrKrG § 9 Abs. 4; VerbrKrG § 9 Abs. 1; VerbrKrG § 9 Abs. 2; BGB § 255

Instanzenzug: OLG Frankfurt am Main vom LG Darmstadt vom

Tatbestand

Die Parteien streiten um die wechselseitigen Ansprüche aus zwei wegen Zahlungsverzugs gekündigten Darlehen, die die Klägerin dem Beklagten auf seinen Antrag vom zur Finanzierung seines Beitritts zur G.-GbR, W. Straße 146, D., Fonds Nr. 16 (im folgenden: Fonds, Fondsgesellschaft), gewährte.

Die Fondsgesellschaft war von der Do. Gesellschaft mbH (im folgenden: Do. GmbH) und deren Geschäftsführer W. Gr. gegründet worden. Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Bebauung, wirtschaftliche Ausnutzung und Verwaltung des Grundstücks W. Straße 146 in D.. Die am gezeichnete Einlage des Beklagten betrug 120.000,00 DM und wurde in vollem Umfang durch einen mit einer Tilgungslebensversicherung besicherten Festkredit und einen Tilgungskredit der Klägerin finanziert. Die Klägerin zahlte die Darlehensvaluta, wie nach den Kreditverträgen vorgesehen, an den Treuhänder des Fonds. Die Fondsbeteiligung und deren Finanzierung war dem Beklagten von einem Mitarbeiter der F.er Versicherungsmaklerin M. GmbH vermittelt worden.

Die in dem Fondsprospekt veranschlagten Mieten konnten nicht erwirtschaftet werden. Die Do. GmbH, die für fünf Jahre eine Mietgarantie gegenüber der Fondsgesellschaft übernommen hatte, stellte ihre Zahlungen ab Juni 1996 ein. Ein Konkursantrag wurde mangels Masse abgelehnt. Der Initiator des Fonds, W. Gr., wurde 1999 wegen Kapitalanlagebetrugs, u.a. hinsichtlich des Fonds 16, rechtskräftig verurteilt. Er hatte sich oder der Do. GmbH ohne Wissen der Anleger von der Grundstücksverkäuferin und Bauträgerin einen Teil der für den Erwerb und die Bebauung des Grundstücks vorgesehenen 5,6 Mio. DM, nämlich 2,2 Mio. DM, zurückzahlen lassen, so daß von dem insgesamt aufgebrachten Kapital des Fonds in Höhe von 8,5 Mio. DM nur 3,4 Mio. DM und damit weniger als die Hälfte des Fondskapitals in das Bauvorhaben geflossen war.

Der Beklagte stellte die Bedienung der Kredite Ende 1997 ein. Mit Anwaltsschreiben vom ließ er die Darlehensverträge wegen arglistiger Täuschung anfechten und von der Klägerin Schadensersatz wegen seiner auf Grund des Darlehensvertrages erbrachten Zahlungen fordern. Während des Rechtsstreits erklärte er mit Schreiben vom die fristlose Kündigung seiner Fondsmitgliedschaft.

Mit der Klage verlangt die Klägerin Rückzahlung der offenen Darlehensbeträge in Höhe von 141.984,19 DM sowie Verzugszinsen von 8.211,59 DM. Der Beklagte hat Widerklage erhoben und die Klägerin auf Erstattung von 40.668,64 DM (Zins- und Tilgungsleistungen sowie Lebensversicherungsprämien abzüglich der Ausschüttungen des Fonds) Zug um Zug gegen Abtretung seiner Rechte aus der Tilgungslebensversicherung in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage und die Verurteilung der Klägerin nach seinem Widerklageantrag.

Gründe

Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung dahin, daß die Klage abgewiesen und die Widerklage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wird.

I. Der Beklagte braucht der Klägerin die Darlehen nicht zurückzuzahlen und hat seinerseits gegen die Klägerin Anspruch auf Rückgewähr bereits erbrachter Leistungen. Das ergibt sich aus § 9 Abs. 3, Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG in seiner bis zum geltenden Fassung.

1. Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob es sich bei den Darlehensverträgen und der Fondsbeteiligung um ein verbundenes Geschäft handelt. Ein Einwendungsdurchgriff scheitert nach seiner Auffassung daran, daß dem Beklagten ein fälliger Anspruch gegen die Fondsgesellschaft nicht zusteht, weil er von einem ihm wegen Täuschung durch die Fondsinitiatoren möglicherweise zustehenden Anfechtungs- oder Kündigungsrecht nicht zeitnah nach Kenntniserlangung von der Täuschung im Jahre 1996 Gebrauch gemacht hat.

Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

2. a) Zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Sen. Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1593 f.; ebenso Urteile vom - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405, sowie , WM 2003, 2232, 2233 f.) geht das Oberlandesgericht stillschweigend allerdings davon aus, daß auf einen Kredit zur Finanzierung einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft gemäß § 9 Abs. 4 VerbrKrG die Vorschriften des § 9 Abs. 1-3 VerbrKrG Anwendung finden.

b) Der Beitritt des Beklagten zur Fondsgesellschaft und die zu seiner Finanzierung geschlossenen Darlehensverträge der Parteien sind ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 Abs. 1 VerbrKrG. Dessen Voraussetzungen liegen nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn sich die Fondsgesellschaft und die Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594; v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1396, 1398 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1405). Das war hier der Fall. Die Klägerin hat sich bei der Darlehensgewährung des von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vermittlungsunternehmens bedient, indem sie ihm ihre Vertragsformulare zur Verfügung stellte.

c) Der Beklagte kann sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, ohne daß es auf die Kündigung seines Fondsbeitritts und deren vom Berufungsgericht - zu Unrecht - angenommene Unwirksamkeit (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1594 f.; v. - II ZR 374/02, ZIP 2004, 1407, 1408 f.) ankäme, gegenüber der Klägerin nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG darauf berufen, daß ihm gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds, die Do. GmbH und W. Gr., Schadensersatzansprüche u.a. aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß zustehen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851, 1852).

Wie der Senat in seinen Urteilen vom (II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406) entschieden hat, kann der bei seinem Eintritt in eine Fondsgesellschaft getäuschte Anleger bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus dem Kreditinstitut alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter des Fonds hat, weil diese in dem Dreiecksverhältnis des Verbundgeschäfts Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu behandeln sind. Wie dem Senat aus einer Reihe von Parallelfällen bekannt ist und der Beklagte unter Einreichung einer Urteilskopie unwidersprochen vorgetragen hat, ist W. Gr. wegen Kapitalanlagebetrugs, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts u.a. auch im Zusammenhang mit dem hier betroffenen Fonds 16, rechtskräftig verurteilt worden. Anhaltspunkte dafür, daß die Verurteilung zu Unrecht erfolgt sein oder gerade der Beklagte nicht zu den Betrugsopfern gehört haben könnte, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.

d) Die gegenüber den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden Schadensersatzansprüche sind darauf gerichtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätte mit dem den Beitritt finanzierenden Institut keinen Darlehensvertrag geschlossen (Sen.Urt v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1406).

Danach hat der Beklagte der Klägerin nur die Fondsbeteiligung, die er ihr bereits sicherungshalber abgetreten und mit Anwaltsschreiben vom zur Verfügung gestellt hat, sowie in entsprechender Anwendung von § 255 BGB seine Schadensersatzansprüche gegen die Do. GmbH und W. Gr. zu überlassen. Die Darlehensvaluta, die nicht an ihn, sondern an den Treuhänder geflossen ist, braucht der Beklagte der Klägerin nicht zurückzuzahlen. Im Wege des Rückforderungsdurchgriffs entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl. Sen. Urt. v. - II ZR 387/02, ZIP 2003, 1592, 1595) kann er Rückgewähr der von ihm auf Grund des Darlehensvertrages an die Klägerin erbrachten Leistungen verlangen, soweit diese aus seinem eigenen Vermögen und nicht aus den Erträgnissen des Fonds stammen. Steuervorteile, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamts gegenüberstehen, muß er sich nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs jedoch darauf anrechnen lassen (vgl. Sen.Urt. v. - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400 und II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1407).

Ob neben Zins- und Tilgungsleistungen auch Lebensversicherungsprämien als auf Grund der Darlehensverträge gezahlt zu gelten haben, kann nach dem bisherigen Vortrag der Parteien nicht festgestellt werden. Die Frage wäre allenfalls dann zu bejahen, wenn der Abschluß der zur Tilgung des Festkredits bestimmten und der Klägerin als Sicherheit abgetretenen Kapitallebensversicherung des Beklagten eine Voraussetzung für die Darlehensgewährung gewesen wäre.

II. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die zur Höhe des Rückzahlungsanspruchs des Beklagten noch offenen Fragen in Bezug auf die Lebensversicherung und bleibende Steuervorteile des Beklagten klärt. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht auch die Gelegenheit, dem Vortrag der Klägerin über die Rückzahlung von Zwischenfinanzierungszinsen an den Beklagten durch den Treuhänder nachzugehen.

Vorsorglich weist der Senat für den Fall, daß der Beklagte in der neuen Berufungsverhandlung den Widerruf des Darlehensvertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz geltend machen sollte, auf seine Entscheidung vom - II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402, 1403 ff. hin.

Fundstelle(n):
EAAAB-98093

1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein