Leitsatz
[1] Eine Treuhandvereinbarung, die auf Grund einer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreienden Vollmacht zum Nachteil des Vertretenen durch Insichgeschäft getroffen wird, ist wegen Mißbrauchs der Vollmacht nichtig.
Zu den Anforderungen an die Substantiierungspflicht.
Instanzenzug: OLG Hamburg LG Hamburg
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren geschiedenen Ehemann, auf Zustimmung zu Grundbuchberichtigungen in Anspruch. Der Beklagte hatte ab April 1989, gestützt auf eine Generalvollmacht der Klägerin, über deren Beteiligungen an vier Grundstücksgesellschaften bürgerlichen Rechts verfügt und die Löschung der Klägerin als Mitgesellschafterin in den Grundbüchern bewirkt.
Die Parteien streiten im wesentlichen darüber, ob die Klägerin die Gesellschaftsbeteiligungen treuhänderisch für den Beklagten hielt, wie dieser behauptet.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren weiter.
Gründe
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.
I. Das Berufungsgericht hat die Gesellschafterbeschlüsse, die dem Ausscheiden der Klägerin aus den Grundstücksgesellschaften zugrunde liegen, für unwirksam gemäß § 138 BGB erachtet. Der Beklagte hatte die Beschlüsse auf der Grundlage einer ihn vom Verbot des Selbstkontrahierens befreienden Generalvollmacht der Klägerin vom für die Klägerin in deren Vertretung gefaßt. Nach Ansicht des Berufungsgerichts war die Klägerin bei der Beschlußfassung nicht wirksam vertreten, weil der Beklagte unter Mißbrauch der Vollmacht gehandelt habe. Er sei als ihr Vertreter gehalten gewesen, die Interessen der Klägerin, seiner Auftraggeberin, zu wahren. Wie er und die übrigen Beteiligten erkannt hätten, liefen die Beschlüsse den Interessen der Klägerin jedoch zuwider. Die Rechtslage wäre zwar anders zu beurteilen, wenn die Klägerin die Gesellschaftsbeteiligungen lediglich treuhänderisch für den Beklagten gehalten hätte. Der Beklagte habe eine Treuhandabsprache jedoch nicht in ausreichend substantiierter Weise dargetan und könne sich auch nicht mit Erfolg auf den jeweils als Insichgeschäft am formlos und am dann auch in notarieller Form geschlossenen Treuhandvertrag berufen, weil auch insoweit ein Mißbrauch der Vollmacht vorliege.
Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht in allen Punkten stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Anforderungen an die Substantiierungspflicht in bezug auf die behauptete Treuhandvereinbarung überspannt und den angebotenen Beweis nicht erhoben.
II. 1. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht allerdings die Gesellschafterbeschlüsse ebenso wie den Treuhandvertrag wegen Vollmachtsmißbrauchs für den - von ihm als gegeben angesehenen - Fall als unwirksam angesehen, daß der Beklagte dazu nicht auf Grund einer Abrede berechtigt war, kraft derer die Klägerin ihre Anteile an den verschiedenen Grundstücksgesellschaften lediglich als (uneigennützige) Treuhänderin für den Beklagten halten sollte.
Die Gesellschaftsbeteiligungen waren werthaltig. Sie verkörperten jeweils eine Beteiligung an dem Wert des von der betreffenden Gesellschaft gehaltenen Grundstücks. Da in Ermangelung eines gegenteiligen Parteivortrags von der Werthaltigkeit dieser Grundstücke auszugehen ist, lag in dem Entzug der Gesellschaftsbeteiligungen eine Verletzung vermögenswerter Interessen der Klägerin und damit ein Mißbrauch der Generalvollmacht, sofern der Beklagte zu seinem Vorgehen nicht auf Grund einer mit der Klägerin getroffenen Treuhandabrede befugt war.
Eine solche Befugnis ergibt sich auch nicht ohne weiteres aus dem von dem Beklagten unter Benutzung der ihm erteilten Vollmacht unter dem Datum des zunächst formlos geschlossenen, nach den Behauptungen der Klägerin rückdatierten und nachträglich am auch notariell beurkundeten Treuhandvertrag. Er räumt dem Beklagten zwar eine entsprechende Berechtigung ein, wäre aber aus den bereits genannten Gründen seinerseits wegen Vollmachtsmißbrauchs nichtig, wenn die Klägerin die Gesellschaftsbeteiligungen nicht lediglich als uneigennützige Treuhänderin für den Beklagten halten sollte.
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht jedoch, wie die Revision mit Erfolg rügt, auf einem Verfahrensfehler, weil das Berufungsgericht das Vorbringen des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten über eine zwischen ihm und der Klägerin hinsichtlich der vier in Rede stehenden Grundstücksbeteiligungen getroffene Treuhandabrede als nicht ausreichend substantiiert angesehen und den angebotenen Beweis, Parteivernehmung der Klägerin, deshalb nicht erhoben hat.
Der Beklagte hat sich, ohne insoweit nähere Einzelheiten zu nennen, auf eine Einigung der Parteien berufen und zudem vorgebracht, daß die Klägerin 1988/1989 ihm und Dritten gegenüber wiederholt erklärt habe, sie wolle nicht länger mit ihrem Namen und ihrer persönlichen Haftung in die Grundstücksangelegenheiten eingebunden sein, sie wolle mit seinen Grundstücksangelegenheiten nichts zu tun haben. Sein Vortrag genügt damit den Anforderungen, die unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles an die Substantiierung seiner Behauptungen gestellt werden können.
Es kann nicht erwartet werden, daß die Parteien Jahre zurückliegende Vorgänge im Zusammenhang mit den Grundstücksgeschäften des Beklagten noch datieren und hinsichtlich der jeweiligen Umstände ins einzelne gehend schildern können. Sie waren miteinander verheiratet und hatten, bevor es in ihrer Ehe zu Spannungen und Differenzen kam, keine Veranlassung, sich über Jahre hinweg Daten und Umstände von Vereinbarungen bezüglich der Grundstücke zu merken oder diese gar aufzuzeichnen. Daß der Beklagte zu diesen Punkten keine Angaben machen konnte, genügt daher nicht, um seinen Vortrag für unschlüssig zu halten. Er hat seine Darlegung zudem mit der Wiedergabe von verschiedenen Äußerungen der Klägerin abgerundet, so daß sie entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts einer Beweisaufnahme zugänglich ist. Daß er hinsichtlich der in Rede stehenden Gesellschaftsbeteiligungen der Klägerin keinen Grund angegeben hat, weshalb eine Treuhandabrede ebenso wie im Falle des der Klägerin 1972 geschenkten Miteigentumsanteils am Grundstück E.straße 54 sinnvoll gewesen sei, bedeutet nicht, daß es einen solchen Grund nicht gegeben hat; er mag in den mit den Grundstücksgeschäften verfolgten wirtschaftlichen Zielen des Beklagten gelegen haben, die er nicht offenbaren will.
III. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderliche Beweisaufnahme durchführt und die Klägerin als Partei vernimmt sowie, sofern dies nach der Vernehmung der Klägerin geboten erscheint, den Beklagten anhört.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2002 S. 942 Nr. 18
DStR 2002 S. 1057 Nr. 25
LAAAB-98069
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja