BGH Urteil v. - I ZR 297/00

Leitsatz

[1] Eine strafbewehrte Unterlassungsvereinbarung nach beendetem Merchandisingvertrag ist regelmäßig nicht auf die Verwendung der darin im einzelnen bezeichneten Bilder der vermarkteten Persönlichkeit beschränkt, wenn diese keinen Anlaß hatte anzunehmen, der Unterlassungsschuldner nehme ein Recht zur Veröffentlichung anderer Bilder in Anspruch.

Gesetze: BGB § 339

Instanzenzug: LG Wuppertal

Tatbestand

Die Klägerin ist Dressurreiterin und hat mehrere Goldmedaillen bei Olympischen Spielen gewonnen. Die Beklagte handelt mit Reit- und Sportmoden.

Die Parteien schlossen am einen Vertrag, in dem die Klägerin gegen Zahlung einer monatlichen Vergütung von 2.000 DM nebst Umsatzsteuer der Beklagten u.a. das Recht einräumte, mit ihrem Namen und Foto auf Messen, in Fachzeitschriften und Prospekten zu werben. Das Vertragsverhältnis kündigte die Beklagte zum . Gleichwohl erschienen im Jahre 1997 Anzeigen der Beklagten in Fachzeitschriften und Katalogen, in denen Bilder der Klägerin Verwendung fanden. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gefordert hatte, gab die Beklagte am folgende Erklärung ab:

"... verpflichtet sich meine Mandantin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber rechtsverbindlich, gegenüber Frau M. T. , G. , S. , es bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen, von Frau M. T. nach billigem Ermessen zu bestimmenden, im Streitfall vom zuständigen Landgericht zu überprüfenden Vertragsstrafe ab sofort zu unterlassen, unter Verwendung des Namens und/oder einer Abbildung von Frau M. T. für Produkte der Firma K. GmbH in der aus der Anlage A, Anlage B und Anlage C ersichtlichen Form zu werben."

Im Oktober 1997 erschienen in den Auktionskatalogen "H. - Meisterwerke der Zucht" und im Juni 1998 in einem Katalog für ein Reitturnier in B. weitere Anzeigen der Beklagten, in denen die Klägerin nunmehr auf einem anderen Bild dargestellt war.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von 18.400 DM für die Veröffentlichung ihres Bildes in den Monaten Januar bis August 1997, von 12.000 DM als Vertragsstrafe für die nach dem erfolgten weiteren Anzeigen und weitere 1.068,12 DM Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 31.468,12 DM nebst Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, die Anzeigen mit Namen oder Abbildungen der Klägerin seien in den Jahren 1997 und 1998 aufgrund von Fehlern der Verlage erschienen.

Das Landgericht hat die Beklagte aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung zur Zahlung von 12.180 DM für die bis Oktober 1997 erschienenen Anzeigen mit Fotos der Klägerin verurteilt und hat die weitergehende Klage abgewiesen.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung von weiteren 9.068,12 DM nebst Zinsen verurteilt und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Mit ihrer (zugelassenen) Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung der Klägerin weiter.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat über den vom Landgericht zuerkannten Betrag von 12.180 DM hinaus eine Vertragsstrafenforderung über 8.000 DM und einen Anspruch auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.068,12 DM für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:

Die Beklagte habe gegen die Verpflichtung aus der Unterlassungserklärung durch die Werbung mit Bildern der Klägerin in den zwei Katalogen "H. - Meisterwerke der Zucht" vom Oktober 1997 verstoßen. Diese seien nach Abgabe der Unterlassungserklärung gedruckt und ausgeliefert worden. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin beschränke sich nicht auf die in der Erklärung der Beklagten angeführten Fotos, sondern umfasse alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen. Dazu zählten die unberechtigte Verwendung des Namens und des zuvor nicht verwendeten Bildes der Klägerin.

Die Beklagte habe den Nachweis nicht geführt, daß sie die Zuwiderhandlungen nicht zu vertreten habe. Das Rundschreiben an die Verlage mit der Aufforderung, mit dem Foto und dem Namen der Klägerin für die Beklagte nicht mehr zu werben, sei nicht ausreichend gewesen. Die Beklagte hätte vielmehr die Filme und die weiteren Unterlagen von den Verlagen herausverlangen und bei Fortdauer von Anzeigenaufträgen neues Bildmaterial übersenden müssen.

Für den ersten Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung könne die Klägerin 3.000 DM und für die zweite Zuwiderhandlung 5.000 DM beanspruchen.

Die Klägerin habe ferner einen Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten für die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs. Die Kosten von 1.068,12 DM, die zur Rechtsverfolgung erforderlich gewesen seien, seien nicht Gegenstand der Kosten des vorliegenden Rechtsstreits und deshalb gesondert erstattungsfähig.

II. Die hiergegen gerichtete Revision hat keinen Erfolg.

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, daß der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von zwei Vertragsstrafen in Höhe von insgesamt 8.000 DM zusteht (§ 339 BGB).

a) Die Beklagte hatte nach dem Unterlassungsvertrag vom die Verpflichtung übernommen, nicht mehr unter Verwendung des Namens und/oder einer Abbildung der Klägerin für Produkte der Beklagten in der aus drei in Bezug genommenen Anlagen ersichtlichen Form zu werben. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Unterlassungsanspruch der Klägerin habe sich jedoch nicht allein auf die in der Unterlassungserklärung angeführten Fotos bezogen, sondern alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen erfaßt. Die Beklagte sei auch nicht berechtigt gewesen, mit anderen als den drei in der Unterlassungserklärung bezeichneten Fotos der Klägerin zu werben. Die Unterlassungserklärung habe ihren Zweck nur erfüllen können, wenn sie sich auf alle Handlungen erstreckte, die dem Charakteristischen der verletzenden Handlung entsprochen hätten. Die Unterlassungserklärung sei daher so auszulegen, daß jede Verwendung von Bildern der Klägerin untersagt sein sollte. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

Die tatrichterliche Auslegung des Unterlassungsvertrags verletzt keine gesetzlichen oder allgemein anerkannten Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze (vgl. hierzu , WRP 2003, 756, 757 - Hotelfoto). Maßgebend für die Reichweite einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB), zu dessen Auslegung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände, insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihr Zweck und die Interessenlage der Vertragschließenden heranzuziehen sind.

Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, daß von der Verpflichtungserklärung der Beklagten über den Wortlaut der Erklärung hinaus auch im Kern gleichartige Verletzungsformen erfaßt werden sollten. Diese Auslegung entspricht dem Zweck des Unterlassungsvertrags, der regelmäßig darin liegt, nach einer Verletzungshandlung die Vermutung der Wiederholungsgefahr auszuräumen und die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens entbehrlich zu machen. Die Vermutung der Wiederholungsgefahr greift jedoch nicht allein für die identische Verletzungsform ein, sondern umfaßt auch alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen. Dies gilt auch im Streitfall, in dem eine Verletzung des Namensrechts und des Rechts am eigenen Bild in Rede stehen (vgl. , GRUR 2000, 709, 711 = WRP 2000, 746 - Marlene Dietrich, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 143, 214, 217).

Entgegen der Ansicht der Revision ist der Unterlassungsvertrag nicht wegen seines Zustandekommens bewußt eng auf die konkrete Verletzungsform bezogen auszulegen. Auch wenn die Beklagte in die von ihr abgegebene Unterlassungserklärung die zunächst verlangte, einschränkungslos auf sämtliche Bilder der Klägerin bezogene Unterlassungsverpflichtung nicht übernommen hat, läßt sich daraus eine lediglich auf die drei angeführten Abbildungen der Klägerin beschränkte Unterlassungspflicht nicht ableiten. Die Klägerin hat in dem Abmahnschreiben vom nach der zum wirksam gewordenen Kündigung eine fortlaufende unberechtigte Weiterverwendung ihres Namens und Bildes geltend gemacht. In ihrem Antwortschreiben vom , das die Unterlassungserklärung enthielt, hatte die Beklagte nicht für sich in Anspruch genommen, mit dem Namen und Bild der Klägerin weiter werben zu dürfen, sondern hatte die Verlage für die beanstandeten Veröffentlichungen als verantwortlich bezeichnet. Ging der Streit der Parteien aber nur um die Frage, ob die Beklagte die weiteren Veröffentlichungen im Jahre 1997 zu verantworten hatte und nicht um eine weitere Verwendung des Namens und des Bildes der Klägerin, durfte die Klägerin die Unterlassungserklärung dahin auffassen, die Beklagte werde im Kern gleiche Verletzungshandlungen durch Veröffentlichung anderer Bilder der Klägerin ebenfalls nicht vornehmen und sich auch insoweit strafbewehrt unterwerfen. Die Klägerin hatte aufgrund der Unterlassungserklärung vom auch keine Veranlassung anzunehmen, die Beklagte beschränke ihre Erklärung bewußt auf die Verwendung der drei angeführten Bilder in der Werbung, etwa weil sie sich für berechtigt hielt, andere Fotos zu veröffentlichen. Dies entspricht auch einer beiderseits interessengerechten Auslegung des Unterlassungsvertrags, weil die Beklagte nach der Kündigung des Vertrags der Parteien zum kein Recht mehr hatte, den Namen und Bilder der Klägerin in der Werbung zu verwenden.

b) Erfolglos bleiben die Angriffe der Revision auch, soweit sie sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts richten, die Beklagte habe die im Oktober 1997 erfolgten zwei Veröffentlichungen von Bildern der Klägerin zu vertreten. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, das Rundschreiben der Beklagten an die Verlage, in Anzeigen den Namen und Bilder der Klägerin nicht mehr zu verwenden, sei nicht ausreichend gewesen. Die Beklagte habe Filme und sonstige Unterlagen herausverlangen und bei Fortdauer von Anzeigenaufträgen neues Material den Verlagen zur Verfügung stellen müssen. Diese Beurteilung läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.

Die Beklagte hat den ihr obliegenden Nachweis eines fehlenden Verschuldens (vgl. , GRUR 1998, 471, 473 = WRP 1998, 164 - Modenschau im Salvatorkeller, m.w.N.) nicht geführt. Nach den mit ihrem Vortrag übereinstimmenden Feststellungen des Landgerichts ist in der Zeit von Januar bis August 1997 in sechs verschiedenen Monaten in Zeitungen und Zeitschriften Werbung der Beklagten mit drei unterschiedlichen Bildern der Klägerin veröffentlicht worden, ohne daß die Beklagte dies nach ihrem Vortrag veranlaßt hat. Erfolgte die Werbung in Zeitungen und Zeitschriften durch die Verlage aber ohne vorherige verbindliche Abstimmung mit ihr, durfte sich die Beklagte nicht darauf verlassen, aufgrund eines einfachen Rundschreibens würden in Zukunft weitere Werbeveröffentlichungen mit dem Namen und mit Bildern der Klägerin zuverlässig ausgeschlossen.

Anders als die Revision meint, ist ein Verschulden auch nicht deshalb zu verneinen, weil nach Behauptung der Beklagten Änderungen der im Oktober 1997 erschienenen Kataloge, in denen sich die in Rede stehenden Anzeigen befanden, schon lange vor dem Zeitpunkt der Drucklegung nicht mehr möglich gewesen seien. Unstreitig sind die Prospekte für die Veranstaltung am 10./ am und für die Veranstaltung am 22./ am gedruckt worden. Daß die Beklagte nach dem Zustandekommen des Unterlassungsvertrags am keine Änderungen ihrer Werbung in diesen Katalogen mehr veranlassen konnte, hat sie nicht substantiiert dargelegt.

2. Erfolglos wendet sich die Revision auch gegen die durch das Berufungsgericht zuerkannte Erstattung der Rechtsanwaltskosten der Klägerin. Nach den im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen entfallen die Rechtsanwaltskosten auf die außergerichtliche Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs der Klägerin. Die Erstattungspflicht der Beklagten folgt aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677, 683, 670 BGB (vgl. BGHZ 149, 371, 374 f. - Mißbräuchliche Mehrfachabmahnung). Diese Grundsätze kommen ebenfalls zur Anwendung, wenn es um eine Verletzung des Namensrechts (§ 12 BGB) oder des Rechts am eigenen Bild (§§ 22 ff. KUG) geht. Der Gegenstand des Klageverfahrens - Zahlung einer Entschädigung und von Vertragsstrafen - ist mit der außergerichtlichen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs nicht identisch (§ 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO).

Die Höhe der Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs (7,5/10 Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO aufgrund eines Gegenstandswerts bis 35.000 DM zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer) ist ebenfalls angemessen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Fundstelle(n):
DAAAB-97159

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja