BGH Urteil v. - I ZR 25/02

Leitsatz

[1] Es ist Sache des Urheberberechtigten, im Rechtsstreit zweifelsfrei klarzustellen, ob er mit seiner Klage auch Rechte wegen Verletzung ihm im Ausland zustehender Nutzungsrechte geltend machen will.

Zur Frage des urheberrechtlichen Schutzes und seiner Reichweite hinsichtlich einer plastischen Hundefigur, die sich an eine Hunderasse anlehnt und comictypische Übertreibungen naturgegebener Merkmale aufweist.

Gesetze: UrhG § 2 Abs. 2; UrhG § 23; UrhG § 24; UrhG § 97

Instanzenzug: LG Bielefeld

Tatbestand

Der Künstler J. R. übertrug mit Vertrag vom der Klägerin zu 1 die Nutzungsrechte an der von ihm geschaffenen Hundefigur Bill, die zusammen mit der Figur des Jungen Boule eine Hauptfigur zahlreicher Comics ist (vgl. nachstehende Abbildung).

Nach der Comicfigur Bill ist die nachstehend abgebildete Hundefigur gestaltet worden.

Die Klägerin zu 1 und die am Rechtsstreit nicht mehr beteiligte Klägerin zu 2 haben die Ansicht vertreten, die Beklagte habe durch die Herstellung und den Vertrieb der im Klageantrag wiedergegebenen Spardose in Form eines Hundes die Rechte an der Comicfigur Bill und der plastischen Hundefigur verletzt.

Die Klägerinnen haben im Wege der Stufenklage beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

a) es zu unterlassen, die nachfolgend abgebildete Figur herzustellen, herstellen zu lassen, zu vertreiben oder vertreiben zu lassen:

b) den Klägerinnen Auskunft über die Namen und Anschriften der Hersteller bzw. Lieferanten der Figur sowie die Mengen der von ihr selbst oder Dritten hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Figuren zu erteilen;

c) die noch im Besitz der Beklagten befindlichen Vervielfältigungsstücke der Figur an die Klägerinnen zum Zwecke der auf Kosten der Beklagten durchzuführenden Vernichtung herauszugeben.

Als noch nicht bezifferten Leistungsantrag haben die Klägerinnen den Antrag gestellt, die Beklagte zu verurteilen, den Schaden, der ihnen aus den vorstehend unter a) bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird, zu erstatten.

Die Beklagte hat vorgebracht, sie habe die Comicfigur Bill, die ihrerseits eine unzulässige Nachahmung des Hundes Idefix aus der Comicserie "Asterix" sei, nicht gekannt. Die von ihr hergestellte und vertriebene Hundefigur unterscheide sich ganz erheblich von der Comicfigur und der plastischen Hundefigur Bill. Die Beklagte hat weiter bestritten, daß J. R. auch Urheber der plastischen Figur sei und die Rechte an der Comicfigur und der plastischen Hundefigur auf die Klägerin zu 1 übertragen habe. Urheberrechtliche Ansprüche seien jedenfalls verwirkt.

Das Landgericht hat durch Teilurteil die Klage der Klägerin zu 2 abgewiesen. Die Klageanträge der Klägerin zu 1 (im folgenden: Klägerin) hat das Landgericht in der ersten Stufe (Unterlassungs-, Auskunfts- und Vernichtungsanspruch) in vollem Umfang zugesprochen.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

Gründe

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I. Die Rüge der Revision, das Landgericht habe den Auskunftsanspruch zu Unrecht durch Teilurteil nach § 301 ZPO zuerkannt, ohne zugleich über den Schadensersatzanspruch zu entscheiden, greift allerdings nicht durch. Die Klägerin konnte ihren auf § 101a UrhG gestützten Auskunftsanspruch, der die Bezifferung des zugleich erhobenen Schadensersatzanspruchs ermöglichen sollte, im Wege der Stufenklage nach § 254 ZPO verfolgen. Sie war nicht gehalten, die Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung mit einem Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten zu verbinden (vgl. dazu , GRUR 2001, 1177, 1178 = WRP 2001, 1164 - Feststellungsinteresse II; vgl. auch Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 51 Rdn. 40).

II. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch als begründet angesehen.

Die Hundefigur Bill sei unabhängig von den konkreten Einzeldarstellungen der Comicserie, die sie zusammen mit der weiteren Hauptfigur Boule präge, ein Werk der bildenden Künste. Dies gelte auch für die Einzeldarstellungen des Hundes und die plastische Gestaltung der Hundefigur. J. R. genieße als belgischer Staatsangehöriger in Deutschland Urheberrechtsschutz. Als Urheber der Comicfigur sei er auch Berechtigter hinsichtlich der als Vervielfältigungsstück geschaffenen plastischen Hundefigur. Dafür - jedenfalls für seine Miturheberschaft - spreche schon die nicht widerlegte Vermutung des § 10 UrhG, weil auf der Unterseite dieser Figur ein auf ihn hindeutender Copyright-Nachweis angebracht sei. Durch Vertrag vom habe J. R. sämtliche Nutzungsrechte auf die Klägerin übertragen.

Die Beklagte habe durch die Herstellung und den Vertrieb ihrer im Jahr 1998 in Belgien verkauften Hundespardose die Nutzungsrechte der Klägerin verletzt. Die Hundespardose sei eine Bearbeitung der urheberrechtlich geschützten Figur Bill. Deren schöpferische Eigenart komme in dem verhältnismäßig großen Kopf, den großen Augen, der großen runden schwarzen Nase und den großen, beweglichen und vom Körper abstehenden Ohren ebenso zum Ausdruck wie in dem Haarhäubchen und der Manschette unter dem Halsband. Diese Merkmale fänden sich auch bei der plastischen Figur Bill, bei der zudem die ruhige, vertrauensvolle Sitzhaltung und die großen Füße auffielen.

Von diesen besonderen Merkmalen halte die Spardose der Beklagten nicht den nötigen Abstand. Diese sei der plastischen Hundefigur Bill trotz der unterschiedlichen Größe und Farbe sehr ähnlich. Kopfhaltung, Nase, Ohren, das Häubchen und die Sitzhaltung entsprächen einander. Die Unterschiede bei den Augen und der Manschette könnten den entscheidenden Gesamteindruck nicht bestimmen. Wer die Figur kenne, die Bill in Ruhe darstelle, erkenne vielmehr gerade ihre bestimmenden Züge in der Figur der Beklagten in derselben oder ganz ähnlicher Form wieder.

Der Unterlassungsanspruch und die weiteren Ansprüche seien nicht verwirkt.

III. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die bisher getroffenen Feststellungen tragen die von den Vorinstanzen ausgesprochene Verurteilung der Beklagten nicht.

1. Gegenstand der Klage und der Verurteilung durch das Berufungsgericht sind nur behauptete Verletzungen urheberrechtlicher Nutzungsrechte, die der Klägerin im Inland zustehen. Ansprüche aus der Verletzung von im Ausland bestehenden Nutzungsrechten wären im Verhältnis zu Ansprüchen aus der Verletzung von Nutzungsrechten nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz eigene Streitgegenstände. Dem Urheber steht an seinem Werk - auch aus der Sicht der zu seinem Schutz geschlossenen internationalen Abkommen - kein einheitliches Schutzrecht zu, sondern ein Bündel nationaler Schutzrechte (BGHZ 152, 317, 322 - Sender Felsberg). Im Hinblick darauf wäre es Sache der Klägerin gewesen, in den Vorinstanzen zweifelsfrei klarzustellen, daß sie mit ihrer Klage auch die Verletzung im Ausland bestehender Nutzungsrechte geltend machen will (vgl. dazu BGHZ 154, 342, 349 - Reinigungsarbeiten, m.w.N.). Dies ist nicht geschehen. Die Klägerin hat sich vielmehr in den Vorinstanzen allein auf urheberrechtliche Nutzungsrechte nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz gestützt und geltend gemacht, daß J. R. als Urheber der Figur Bill gemäß dem Grundsatz der Inländerbehandlung Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz beanspruchen könne.

Die Klägerin hat in den Vorinstanzen auch nicht vorgebracht, daß ihr nach belgischem Urheberrecht zustehende Nutzungsrechte dadurch verletzt worden seien, daß die Beklagte ihre Spardose in Belgien verkauft habe. Es kann deshalb nicht angenommen werden, daß die Klägerin mit ihrer Klage jedenfalls auch Ansprüche aus ihr in Belgien zustehenden Nutzungsrechten geltend machen wollte. Dies gilt umso mehr, als gegebenenfalls nicht nur die Herstellung der beanstandeten Spardose im Inland (als Eingriff in das Vervielfältigungsrecht aus § 16 UrhG), sondern auch deren Ausfuhr nach Belgien als inländische urheberrechtliche Verletzungshandlung erfaßt werden kann, wenn die Spardose durch Versand nach Belgien schon im Inland in Verkehr gebracht worden ist (§ 17 UrhG; vgl. BGHZ 129, 66, 75 - Mauer-Bilder; , GRUR 2004, 421, 424 - Tonträgerpiraterie durch CD-Export, m.w.N., für BGHSt vorgesehen).

Das Vorbringen der Revisionserwiderung zum Gegenstand der Klage kann den Streitgegenstand nicht erweitern, weil die Einführung neuer Streitgegenstände im Revisionsverfahren grundsätzlich unzulässig ist (vgl. , GRUR 2003, 436, 439 = WRP 2003, 384 - Feldenkrais; Urt. v. - I ZR 180/01, GRUR 2004, 435, 437 = WRP 2004, 490 - FrühlingsgeFlüge; Urt. v. - I ZR 265/01, Umdruck S. 9 f. - Lebertrankapseln).

2. Die Klägerin hat ihre auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Vernichtung gerichteten Klageanträge der ersten Stufe in zulässiger Weise auf behauptete urheberrechtliche Nutzungsrechte an verschiedenen Werken gestützt (vgl. , GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 - Telefonkarte), nämlich an der Figur Bill als solcher, an vorgelegten Zeichnungen der Comicfigur Bill sowie an der plastischen Hundefigur Bill in Form einer Spardose.

3. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß die Hundefigur Bill auch als eine allen Einzeldarstellungen der Comicgeschichten, in denen sie als Hauptfigur auftritt, zugrundeliegende Gestalt urheberrechtlichen Schutz genießt (§ 2 UrhG; vgl. BGHZ 122, 53, 56 f. - Alcolix, m.w.N.). Gleichfalls rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht von einem urheberrechtlichen Werkschutz der im Verfahren vorgelegten Einzeldarstellungen der Comicfigur ausgegangen.

Es bestehen auch keine Bedenken, die plastische Spardose Bill als urheberrechtlich schutzfähig anzusehen. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht angenommen hat, daß die plastische Hundefigur ein Vervielfältigungsstück der Comicfigur sei, ist jedoch unzureichend. Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend gewürdigt, daß sich die plastische Hundefigur gerade auch im Gesamteindruck ganz erheblich von der den Einzeldarstellungen zugrundeliegenden Comicfigur Bill unterscheidet. Die Comicfigur ist, soweit den vorgelegten Unterlagen entnommen werden kann, eine ausgeprägte, ausgewachsene Hundepersönlichkeit, eine quicklebendige und quirlige "Promenadenmischung", höchst beweglich und schlank. Das Rassenübergreifende im Äußeren zeigt sich u.a. an den überlangen Ohren, die im Stand bis auf den Boden hängen, der überlangen Zunge sowie den Haarfransen an Kopf, Ohren, Pfoten und Schwanz. Demgegenüber stellt die plastische Hundefigur Bill ein dickliches, fast halsloses und verträumtes Hundekind dar, ein streichelglattes Schoßtier, das einem Cockerspaniel nachempfunden ist. An die Comicfigur erinnern vor allem die Ausgestaltung des überproportional großen Kopfes (mit den comicartig übergroßen Augen, der knolligen Rundnase und den abstehenden langen Ohren), weiter der Halsring und die weiße Brust, die aber bei der Comicfigur ein Brustpelz, bei der plastischen Figur eher ein weißes Lätzchen ist.

4. Das Berufungsgericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin für Ansprüche aus der Verletzung des inländischen Urheberrechts an der Comicfigur Bill rechtsfehlerfrei dargelegt. Als ausschließlich Nutzungsberechtigte ist die Klägerin auch befugt, Unterlassungsansprüche hinsichtlich unfreier Bearbeitungen geltend zu machen (vgl. BGHZ 141, 267, 272 f. - Laras Tochter).

Nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens kann dagegen nicht davon ausgegangen werden, daß die Klägerin für Ansprüche, die auf eine Verletzung des inländischen Urheberrechts an der plastischen Hundefigur Bill gestützt sind, aktivlegitimiert ist. Es ist nicht festgestellt, daß J. R. (als Alleinurheber) die plastische Hundefigur Bill als solche geschaffen hat. Die Klägerin könnte zudem gestützt auf dieses Werk urheberrechtliche Nutzungsrechte nur geltend machen, wenn ihr diese von dem oder den Urheberberechtigten eingeräumt worden sein sollten. Dies ist jedoch nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Der Vertrag der Klägerin mit J. R. vom bezieht sich - soweit hier von Bedeutung - nur auf Nutzungsrechte an der Comicfigur Bill, wie sie in den darin aufgeführten Comicwerken insgesamt und in den Einzelzeichnungen als Gestalt verkörpert ist. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts enthält Anlage IV des Vertrages gemäß dessen Art. 1 Abs. 2 nur einen Vorbehalt der Rechte, die Dritten (wie der Firma S. bezüglich "Figurines PVC") aus früher geschlossenen Verträgen zustanden.

5. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Hundespardose der Beklagten sei eine Bearbeitung der Comicfigur und der plastischen Hundefigur Bill (§ 23 UrhG), ist ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei.

a) Bei der Prüfung, ob eine Bearbeitung vorliegt, ist zunächst im einzelnen festzustellen, welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Originals bestimmen. Maßgebend ist dafür ein Gesamtvergleich mit den vorbekannten Gestaltungen, bei dem vom Gesamteindruck des Originals und der Gestaltungsmerkmale, auf denen dieser beruht, auszugehen ist. Das Ergebnis dieses Gesamtvergleichs bestimmt zugleich den Grad der Eigentümlichkeit, von dem der Schutzumfang abhängt.

aa) Diese Prüfung hat das Berufungsgericht für die Comicfigur Bill noch hinreichend vorgenommen. Es hat dazu ausgeführt, die Comicfigur sei eine verschmitzte, pfiffige und treue rassenübergreifende Tiergestalt eigener Art. Die schöpferische Eigenart der Comicfigur komme in dem verhältnismäßig großen Kopf, den großen Augen, der großen runden Nase und den großen beweglichen und oft vom Körper abstehenden Ohren ebenso zum Ausdruck wie in dem Haarhäubchen, der Manschette und dem Halsband. J. R. habe zwar bei den Zeichnungen auch gebräuchliche Einzelelemente wie die große runde Nase verwendet, bei der Figur Bill aber doch einen eigenartigen Gesamteindruck erzielt, der sich ganz erheblich von der Figur Idefix abhebe. Eine nähere Erörterung, welche gebräuchlichen Einzelelemente Eingang in die Comicfigur gefunden haben, ist allerdings ebenso unterblieben wie die Darlegung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Comicfiguren Bill und Idefix.

bb) Die schöpferische Eigenart der plastischen Hundefigur Bill, die sich - wie dargelegt - von der Comicfigur durchaus unterscheidet, hat das Berufungsgericht dagegen nur unzureichend geprüft; insbesondere ist die - anhand eines Vergleichs mit den vorbekannten Gestaltungen vorzunehmende - Prüfung des Grades der Eigentümlichkeit unterblieben. Es hätte Anlaß bestanden, näher darzulegen, inwiefern die besonderen Merkmale der plastischen Figur - so wie vom Berufungsgericht für die große runde Nase festgestellt - gebräuchliche Einzelelemente sind. Dies anzunehmen liegt jedenfalls für die übergroßen weißen Augen mit den kleinen Pupillen nahe.

b) Bei der Beurteilung, ob nur eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG vorliegt, ist durch Vergleich der sich gegenüberstehenden Werke zu ermitteln, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eigenschöpferische Züge des älteren Werkes übernommen worden sind. Maßgebend für die Entscheidung ist letztlich ein Vergleich des jeweiligen Gesamteindrucks der Gestaltungen, in dessen Rahmen sämtliche übernommenen schöpferischen Züge in einer Gesamtschau zu berücksichtigen sind (vgl. BGHZ 139, 68, 77 - Stadtplanwerk; , GRUR 2000, 703, 704 = WRP 2000, 1243 - Mattscheibe).

aa) Das Berufungsgericht hat diese Prüfung, die in erster Linie eine tatrichterliche Aufgabe ist, hinsichtlich der Comicfigur und der Hundespardose der Beklagten unterlassen. Die Abweichungen der Gestaltung der Hundespardose der Beklagten von der Comicfigur sind allerdings nach den vorgelegten Unterlagen derart erheblich, daß die Annahme einer Bearbeitung kaum in Betracht kommt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß eine abhängige Bearbeitung nicht schon dann anzunehmen ist, wenn das neue Werk auf das ältere deutlich Bezug nimmt. Gerade bei Werken, die - wie nicht selten Hauptfiguren von Comics - sehr bekannt sind, genügen meist nur geringe Andeutungen (insbesondere in äußeren Merkmalen), um einen deutlichen Bezug zu dem älteren Werk herzustellen. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob mit einer solchen Bezugnahme die Übernahme eigenpersönlicher Merkmale verbunden ist (vgl. BGHZ 122, 53, 59 - Alcolix; , GRUR 1994, 191, 194 - Asterix-Persiflagen). Zu beurteilen ist dies - entgegen der Ansicht der Revision - nicht vom Standpunkt der insbesondere jugendlichen Leser der Comicserie, sondern vom Standpunkt eines Betrachters, der die Vorlage kennt, aber auch das für das neue Werk erforderliche intellektuelle Verständnis besitzt (vgl. BGHZ 122, 53, 61 f. - Alcolix). Eine Urheberrechtsverletzung kommt nur in Betracht, wenn die als entlehnt festgestellten Elemente den Schutzvoraussetzungen des § 2 UrhG genügen (vgl. BGHZ 141, 329, 333 - Tele-Info-CD, m.w.N.).

bb) Bei dem Vergleich der plastischen Hundefigur Bill mit der beanstandeten Spardose der Beklagten hat das Berufungsgericht - wie die Revision mit Recht rügt - nicht näher geprüft, inwieweit die festgestellten Übereinstimmungen (insbesondere bei der Sitzhaltung und den großen Pfoten) typischen Gestaltungsmerkmalen derartiger Hundefiguren entsprechen, sich aus der Anlehnung an die Hunderasse des Cockerspaniels ergeben oder - wie die Vergrößerung von Augen, Nase und Pfoten - comictypische Übertreibungen naturgegebener Merkmale sind.

Es ist nicht auszuschließen, daß sich bei einer näheren Würdigung der Umstände, die für die Beurteilung der Gestaltungshöhe der plastischen Hundefigur Bill und des Maßes an eigenpersönlicher Prägung bei den übereinstimmenden Elementen von Bedeutung sind, ergeben kann, daß die Hundespardose der Beklagten nicht als Bearbeitung der plastischen Hundefigur Bill anzusehen ist, zumal die Unterschiede der Gestaltungen auch in Elementen, die den Gesamteindruck bestimmen, weiter gehen, als das Berufungsgericht angenommen hat. Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, daß die Hundespardose der Beklagten einen viel wacheren, agileren Hund darstellt. Dieser hat eine mehr sitzende, stärker gedrehte Haltung, einen weniger überproportional großen Kopf, eine schlankere Schnauze und eine kleinere Nase. Der Hundespardose der Beklagten fehlt zudem die charakteristische Farbgebung der plastischen Hundefigur Bill und das besonders auffallende weiße Lätzchen.

IV. Das Berufungsurteil kann danach - auch hinsichtlich der weiter geltend gemachten Ansprüche - keinen Bestand haben.

Im erneuten Berufungsverfahren werden gegebenenfalls die noch offenen Fragen der Aktivlegitimation der Klägerin und der Verletzung der Urheberrechte an den verschiedenen Werken, die nach dem Vorbringen der Klägerin Grundlage ihrer Klageansprüche sind, zu klären sein. Bisher sind auch noch keine Umstände festgestellt, die ausnahmsweise einen Anspruch auf Vernichtung nach § 98 Abs. 1 UrhG in der Form begründen, daß die im Besitz der Beklagten befindlichen Vervielfältigungsstücke an die Klägerin selbst zum Zweck der Vernichtung herauszugeben sind (vgl. dazu BGHZ 141, 267, 285 - Laras Tochter; 153, 69, 77 - P-Vermerk). Der Vernichtungsanspruch bezieht sich im übrigen - wie die aus dem Vervielfältigungsrecht folgenden Ansprüche (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 23 Rdn. 15) - auch auf die Vervielfältigungsstücke unfreier Bearbeitungen (vgl. BGHZ 141, 267, 285 - Laras Tochter, m.w.N.).

Fundstelle(n):
HAAAB-97055

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja