BGH Urteil v. - I ZR 21/02

Leitsatz

[1] Ein Apotheker, der über eine Genehmigung zur Versorgung eines oder mehrerer Krankenhäuser mit Arzneimitteln verfügt, handelt nicht wettbewerbswidrig, wenn er Justizvollzugsanstalten mit für die Versorgung von Krankenhäusern bestimmten Klinikpackungen beliefert.

Gesetze: UWG § 1; ApoG § 14 Abs. 4; ApoG § 14 Abs. 5; AMPreisV § 1 Abs. 3 Nr. 2

Instanzenzug: OLG Schleswig vom LG Kiel

Tatbestand

Der Beklagte betreibt eine öffentliche Apotheke in W. und versorgt u.a. aufgrund einer Genehmigung nach § 14 Abs. 5 ApoG Krankenhäuser mit Arzneimitteln. Außerdem beliefert er aufgrund von Vereinbarungen mit den zuständigen Behörden Justizvollzugsanstalten in den Bundesländern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Saarland im Versandwege durch Kurierdienste bis auf Notfälle mit sämtlichen benötigten apothekenpflichtigen Arzneimitteln, überwiegend in sog. Klinikpackungen.

Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe gegen das Versandverbot für Arzneimittel gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) vom (BGBl. I S. 2445) in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 3586; im folgenden: AMG 1998), § 17 Abs. 1 und 2 der Apothekenbetriebsordnung vom (BGBl. I S. 547) in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 1195; im folgenden: ApBetrO 1995) sowie gegen das Verbot aus § 14 Abs. 5 ApoG, Klinikpackungen weiterzugeben, verstoßen und habe damit zugleich wettbewerbswidrig i.S. des § 1 UWG gehandelt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a) Justizvollzugsanstalten mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln im Versandwege zu beliefern und/oder

b) Klinikpackungen weiterzugeben, es sei denn, die Packungen sind ausschließlich für Krankenhaus versorgende Apotheken oder Krankenhausapotheken zum Zwecke der Versorgung von Personen, die in Krankenhäusern vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär behandelt oder ambulant operiert werden, bestimmt;

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 315,65 DM nebst 8,42 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der für die Abmahnkosten verlangten Zinsen stattgegeben und den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung des Beklagten hatte nur hinsichtlich des Verbots der Weitergabe von Klinikpackungen Erfolg.

Der Beklagte hat gegen das Berufungsurteil Revision eingelegt, mit der er weiterhin die vollständige Abweisung der Klage begehrt. Mit ihrer Anschlußrevision verfolgt die Klägerin ihren auf das Verbot der Weitergabe von Klinikpackungen gerichteten Klageantrag weiter.

Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom (BGBl. I S. 2190) hat die Klägerin den Rechtsstreit hinsichtlich des auf das Versandverbot gerichteten Klageantrags in der Hauptsache für erledigt erklärt. Nachdem sich der Beklagte der Erledigterklärung nicht angeschlossen hat, beantragt sie festzustellen, daß der Rechtsstreit in diesem Umfange in der Hauptsache erledigt sei. Die Revision verfolgt auch insoweit den Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, der Beklagte verstoße gegen § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO 1995, § 43 Abs. 1 AMG 1998 und damit zugleich gegen § 1 UWG, indem er unerlaubterweise Arzneimittel an Justizvollzugsanstalten versende. Zur Begründung hat es ausgeführt: Seinem Wortlaut nach gelte das in § 17 ApBetrO 1995 geregelte Versandverbot uneingeschränkt und unabhängig davon, an wen die Arzneimittel versandt würden. Es umfasse daher nicht nur den Versand von Arzneimitteln an Patienten, sondern auch denjenigen an Ärzte. Das vom Verordnungsgeber generell angeordnete Versendungsverbot dürfe nicht durch eine Interpretation der Bestimmungen durch die Gerichte verändert werden. Ein Verstoß gegen das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit der Apotheker liege nicht vor, weil die Einschränkung des Grundrechts durch das Versandverbot durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspreche.

Unbegründet sei die Klage dagegen, soweit der Beklagte - außerhalb des ihm zu verbietenden Versandes - sog. Klinikpackungen an Justizvollzugsanstalten abgebe. Justizvollzugsanstalten dürften mit Klinikpackungen versorgt werden, wenn dies nicht im Wege des Versandhandels erfolge. § 14 Abs. 5 ApoG erlaube dem Inhaber einer Apotheke unter bestimmten Voraussetzungen und auf der Grundlage eines schriftlichen Vertrags, Krankenhäuser mit Arzneimitteln zu versorgen. Die Abgabe der für die Krankenhäuser bestimmten Arzneimittel dürfe nur zur Versorgung von Personen, die in dem Krankenhaus behandelt würden, und nur an Personen erfolgen, die in dem Krankenhaus beschäftigt seien; die Packungen dürften nicht außerhalb von Krankenhäusern zum Zwecke des Einzelverkaufs veräußert werden. Dies beruhe darauf, daß der Vertriebsweg mit unterschiedlichen Preisen für den Klinikbedarf einerseits und für die Versorgung außerhalb von Krankenhäusern andererseits entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 3 Nr. 1 der Arzneimittelpreisverordnung, nach der die Krankenhausapotheken seit jeher deutlich unter den für die öffentlichen Apotheken geltenden Bezugspreisen beliefert würden, die Krankenhäuser privilegiere. Dieses Preisgefüge würde in verschiedener Hinsicht gestört, wenn die Krankenhausapotheken und die Krankenhaus versorgenden Apotheken berechtigt wären, die für den Krankenhausbedarf verbilligt bezogenen Arzneimittel zum Zwecke des Wiederverkaufs zu veräußern. Ein solches Verhalten würde nicht nur das von der Rechtsordnung anerkannte Krankenhausprivileg gefährden, sondern auch in den Wettbewerb der öffentlichen Apotheken untereinander eingreifen. Die Arzneimittelpreisverordnung privilegiere jedoch ebenso wie Krankenhausapotheken und Krankenhäuser in § 1 Abs. 3 Nr. 2 auch Justizvollzugsanstalten und Jugendarrestanstalten. Diese nähmen damit die gleiche Sonderstellung ein und dürften ohne Bindung an die Verordnung preisgünstige Arzneimittel beziehen. Deshalb begegne es keinen rechtlichen Bedenken, wenn der Beklagte außerhalb des ihm untersagten Vertriebsweges für Krankenhäuser bestimmte Arzneimittelpackungen an Justizvollzugsanstalten abgebe. Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der ihr durch die Abmahnung entstandenen Kosten bleibe wegen der Verurteilung zur Unterlassung des Versandhandels bestehen.

II. Der Antrag der Klägerin festzustellen, daß sich der Rechtsstreit hinsichtlich der auf das Versandverbot gerichteten Klage erledigt hat, ist unbegründet. Soweit das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der Weitergabe von sog. Klinikpackungen an Justizvollzugsanstalten verneint hat, hält das Berufungsurteil den Angriffen der Anschlußrevision stand.

1. Die Erledigung der Hauptsache kann im Revisionsverfahren einseitig erklärt werden, wenn das Ereignis, das die Hauptsache erledigt haben soll (hier: Aufhebung des Versandverbots von Arzneimitteln durch das GKV-Modernisierungsgesetz), als solches außer Streit steht (, GRUR 2004, 349 = WRP 2004, 496, 497 - Einkaufsgutschein II; Urt. v. - I ZR 161/01, Umdr. S. 4). In diesem Falle ist zu prüfen, ob die Klage bis zu dem geltend gemachten Ereignis zulässig und begründet war und ob sie durch dieses Ereignis erledigt, also unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen; andernfalls ist die Klage abzuweisen (BGH GRUR 2004, 349 - Einkaufsgutschein II, m.w.N.).

Die Klage war, soweit sie auf Unterlassung des Versandes von Arzneimitteln an Justizvollzugsanstalten gerichtet war, von Anfang an unbegründet. Sie hat sich folglich durch das Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes nicht erledigt.

a) Das Berufungsgericht ist ersichtlich entsprechend dem Vorbringen der Parteien davon ausgegangen, daß der Beklagte die Arzneimittel nicht unmittelbar an Insassen der Justizvollzugsanstalten versendet, sondern die aufgrund entsprechender Anforderungen an die Justizvollzugsanstalten versandten Arzneimittel zu den Anstaltsärzten gelangen, die sie an die betreffenden Patienten abgeben. Das Berufungsgericht hat allerdings gemeint, das Versandverbot gemäß § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO 1995 umfasse nicht nur den Versand von Arzneimitteln an Patienten, sondern auch denjenigen an Ärzte. Dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden.

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte ein Verbot, Arzneimittel an Ärzte zu versenden, aus § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG 1998 und § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO 1995 nicht hergeleitet werden.

aa) Soweit die genannten Vorschriften dem Apotheker verboten, Impfstoffe an Ärzte zu versenden, hat das Bundesverfassungsgericht sie mit Beschluß vom (1 BvR 1972/00, 1 BvR 70/01, NJW 2003, 1027) für mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig erklärt. Wird im Laufe eines Rechtsstreits ein Gesetz vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt, so ist dies kein Fall der nachträglichen Erledigung der Hauptsache, sondern die auf die nichtige Vorschrift gestützte Klage ist von Anfang an unbegründet ( Ib ZR 183/62, NJW 1965, 296, 297). Da das allgemein auf den Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gerichtete Unterlassungsbegehren der Klägerin den Versand von Impfstoffen einschloß, war die Klage bezüglich des Versandes von Impfstoffen folglich schon wegen der in diesem Umfange gegebenen Nichtigkeit der Vorschriften der § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG 1998, § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO 1995 von Anfang an unbegründet.

bb) Die Verfassungswidrigkeit des Versandverbots von Impfstoffen an Ärzte hat das Bundesverfassungsgericht damit begründet, das Versandverbot gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG 1998, § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO 1995 diene der Vermeidung solcher Risiken, die mit der Ver- oder Anwendung des Arzneimittels durch den Endverbraucher zusammenhingen, wenn es an einer mit der Abgabe in den Apothekenbetriebsräumen verbundenen Beratung und Information durch den Apotheker fehle. Mit der Berufung auf die Beratungs- und Informationsaufgaben des Apothekers lasse sich ein Versandverbot an Ärzte aber nicht rechtfertigen. Denn Ärzte müßten nach ihrer fachlichen Ausbildung in der Lage sein, die Wirkungen und Risiken von Arzneimitteln zu erkennen (BVerfG NJW 2003, 1027, 1028 f.). Die den Ärzten gegenüber nach § 20 ApBetrO 1995 bestehende Beratungspflicht der Apotheker sei eingeschränkt auf die Fälle, in denen dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erforderlich sei, sich also bei zugelassenen Fertigarzneimitteln Änderungen ergäben, die den Ärzten (noch) nicht bekannt seien. Das werde eher selten und nur bei besonderem Anlaß der Fall sein (BVerfG aaO).

Ob die vom Bundesverfassungsgericht angeführten Gründe für die Verfassungswidrigkeit des Versandverbots für Impfstoffe an Ärzte - über das in jenem Verfahren allein zu entscheiden war - allgemein für die Versendung von Arzneimitteln an Ärzte Geltung beanspruchen können und somit auch für andere Arzneimittel als Impfstoffe ein Versandverbot an Ärzte nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn für die vorliegende Fallgestaltung, bei der es um die Versorgung von Insassen von Justizvollzugsanstalten mit Arzneimitteln geht, sind die Vorschriften der § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG 1998, § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO 1995 verfassungskonform dahin auszulegen, daß hier ein "begründeter Einzelfall" i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 ApBetrO 1995 vorliegt, in dem die Versendung aus der Apotheke oder die Zustellung durch Boten zulässig ist.

Insassen einer Justizvollzugsanstalt ist es nicht möglich, nach Belieben die Betriebsräume einer öffentlichen Apotheke aufzusuchen, um sich dort Arzneimittel aushändigen zu lassen. Ihnen muß daher eine andere Möglichkeit eröffnet werden, die von ihnen benötigten Arzneimittel zu erwerben. Die unmittelbare Zusendung von Arzneimitteln durch eine Apotheke an die Insassen selbst wäre eine ungeeignete Maßnahme, weil in diesem Falle für die erforderliche Beratung und Information der Patienten nicht gesorgt wäre. Dem Interesse der Patienten entspricht es aber, wenn ihre Versorgung mit Arzneimitteln über den jeweiligen Anstaltsarzt erfolgt, dem die Arzneimittel auf dem Versandwege von der Apotheke geliefert werden. Weder der Zweck des Versandverbots gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG 1998, § 17 Abs. 1 und 2 ApBetrO 1995, durch Beratung und Information solche Risiken zu vermeiden, die mit der Verwendung oder Anwendung des Arzneimittels durch den Endverbraucher zusammenhängen, noch sonstige Gründe der Arzneimittelsicherheit gebieten es, daß der Anstaltsarzt anstelle des Patienten die Betriebsräume einer öffentlichen Apotheke aufsuchen müßte.

2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, daß der Beklagte durch die Weitergabe von Klinikpackungen an Justizvollzugsanstalten nicht gegen § 1 UWG i.V. mit § 14 Abs. 4 und 5 ApoG verstößt.

a) Dem Beklagten ist gemäß § 14 Abs. 5 ApoG die Genehmigung zur Versorgung eines oder mehrerer Krankenhäuser mit Arzneimitteln erteilt worden. Für die Abgabe von Arzneimitteln an Krankenhäuser gilt die Arzneimittelpreisverordnung vom (BGBl. I S. 2147, zuletzt geändert durch Art. 24 des GKV-Modernisierungsgesetzes; im folgenden: AMPreisV) nicht, wie sich aus deren § 1 Abs. 3 Nr. 2 ergibt. Sofern von Arzneimittelherstellern für die Belieferung an Krankenhäuser aus diesem Grunde Arzneimittel in sog. Anstalts- oder Klinikpackungen angeboten werden, die zu niedrigeren Preisen als die für die Abgabe an die Endverbraucher bestimmten Arzneimittel erworben werden können, hat der erkennende Senat es als eine Wettbewerbsverzerrung auf dem Arzneimittelmarkt angesehen, wenn verbilligt bezogene Klinikpackungen außerhalb des Krankenhauses weiterverkauft werden. Krankenhaus versorgende Apotheken dürfen die für den Klinikbedarf bestimmten Anstaltspackungen aus diesem Grunde nicht zum Zwecke des Einzelverkaufs außerhalb der Krankenhäuser abgeben (, GRUR 1990, 1010, 1012 - Klinikpackung I).

b) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß beim Weiterverkauf von sog. Anstalts- oder Klinikpackungen an Justizvollzugsanstalten die Gefahr einer vergleichbaren Wettbewerbsverzerrung auf dem Arzneimittelmarkt nicht gegeben ist.

Der Zweck der Vorschriften des § 14 Abs. 4 und 5 ApoG besteht neben der Verbesserung der Arzneimittelsicherheit im Bereich der Krankenhäuser darin, durch die Beschränkung der Abgabe von Arzneimitteln an Krankenhäuser eine nicht vertretbare Verzerrung des Verhältnisses zwischen Krankenhausapotheken und Krankenhaus versorgenden Apotheken i.S. des Absatzes 5 auf der einen und öffentlichen Apotheken auf der anderen Seite zu vermeiden (vgl. Begründung der Fassung von § 14 Abs. 4 und 5 nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen v. , BT-Drucks. 8/1812, S. 8). Insbesondere soll verhindert werden, daß Krankenhausapotheken oder Krankenhaus versorgende Apotheken verbilligt gelieferte Klinikpackungen an Endverbraucher abgeben und dadurch eine größere Gewinnspanne erzielen als diejenigen öffentlichen Apotheken, die ihre Arzneimittel über die von den Herstellern belieferten Großhändler beziehen müssen (BGH GRUR 1990, 1010, 1012 - Klinikpackung I).

In den Wettbewerb der Krankenhausapotheken und der Krankenhaus versorgenden Apotheken mit den öffentlichen Apotheken wird aber mit der Weitergabe von Klinikpackungen an Justizvollzugsanstalten nicht zu deren Nachteil eingegriffen. Denn die Abgabe von Arzneimitteln an Justizvollzugsanstalten ist von jeher im Hinblick auf das Preisgefüge, dessen Aufrechterhaltung § 14 Abs. 4 und 5 ApoG auch dienen soll, der Abgabe an Krankenhäuser gleichgestellt gewesen. Bei Inkrafttreten der Arzneimittelpreisverordnung sind in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AMPreisV die Wörter "sowie an Justizvollzugsanstalten und Jugendarrestanstalten" auf den Vorschlag des Bundesrates aufgenommen worden. Diese Ergänzung gegenüber der vom Bundesminister für Wirtschaft vorgeschlagenen Fassung ist wie folgt begründet worden:

"Nach der Begründung zu § 1 der Verordnung soll die Regelung über die Einengung des Anwendungsbereiches in Absatz 3 die Bereiche erfassen, in denen vor Inkrafttreten der Verordnung über Preisspannen für Fertigarzneimittel - Preisspannenverordnung - vom (BGBl. I S. 789) am überwiegend Preise vereinbart wurden, die unterhalb der durch die Deutsche Arzneitaxe gezogenen preislichen Höchstgrenzen lagen (status quo). Zu diesem Bereich gehören die Justizvollzugsanstalten und die Jugendarrestanstalten.

Vor Inkrafttreten der Preisspannenverordnung am haben diese Anstalten die zur medizinischen Versorgung der Insassen benötigten Arzneimittel von öffentlichen Apotheken zu Preisen bezogen, die deutlich unterhalb der durch die Deutsche Arzneitaxe gezogenen preislichen Höchstgrenzen lagen. Zur Wahrung des status quo müssen daher diese Anstalten in den Kreis der nach § 1 Absatz 3 dieser Verordnung ausgenommenen Einrichtungen einbezogen werden. ..." (BR-Drucks. 265/80).

Die Abgabe von verbilligt bezogenen Arzneimitteln an Justizvollzugsanstalten widerspricht folglich nicht dem Preisgefüge der aufgrund von § 78 AMG ergangenen Arzneimittelpreisverordnung. Der Preiswettbewerb zwischen öffentlichen Apotheken wird, soweit die Abgabe von Arzneimitteln an Endverbraucher betroffen ist, durch die Abgabe an Justizvollzugsanstalten nicht berührt. Es ist auch nicht ersichtlich, daß sich eine Krankenhaus versorgende Apotheke i.S. des § 14 Abs. 5 ApoG in anderer Hinsicht einen (unzulässigen) Wettbewerbsvorteil gegenüber öffentlichen Apotheken verschafft, wenn sie von ihr bezogene Klinikpackungen an Justizvollzugsanstalten weiterverkauft. Die Versorgung von Justizvollzugsanstalten mit Arzneimitteln bedarf anders als die Versorgung von Krankenhäusern keiner besonderen Genehmigung. Justizvollzugsanstalten sind weder Krankenhäuser i.S. des § 14 Abs. 6 Satz 1 ApoG noch sind sie diesen gemäß § 14 Abs. 6 Satz 2 ApoG gleichgestellte Einrichtungen. Es ist folglich jedem zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke berechtigten Inhaber gestattet, (verbilligte) Anstalts- oder Klinikpackungen von Arzneimittelherstellern zu beziehen und an Justizvollzugsanstalten weiterzuverkaufen.

3. Da die geltend gemachten Unterlassungsansprüche schon zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht bestanden, kann die Klägerin auch nicht Ersatz der Kosten der Abmahnung verlangen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
IAAAB-96972

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja