Leitsatz
[1] Die Einstellung eines Betriebes zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens stellt grundsätzlich keinen wichtigen Grund dar, der die außerordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses rechtfertigt.
Gesetze: BGB § 242 Bc
Instanzenzug:
Tatbestand
Die Parteien machen mit Klage und Widerklage Ansprüche aus mittlerweile beendeten Lagerverträgen geltend. Die sich in Liquidation befindende Klägerin hat bis Ende 1998 in B. ein Tanklager betrieben. Sie nimmt den Beklagten auf Zahlung von Lagerentgelt und Ersatz für angeblich zuviel ausgelagertes Gasöl in Anspruch. Der Beklagte begehrt von der Klägerin Schadensersatz wegen unberechtigter vorzeitiger Beendigung der Vertragsverhältnisse.
Die Parteien schlossen im April 1998 einen Rahmenlagervertrag und auf dessen Grundlage im April und Mai 1998 zwei Einzellagerverträge über die Einlagerung von Gasöl mit einer jeweiligen Laufzeit bis Ende März 2000. Der Rahmenlagervertrag enthielt u.a. folgende Regelungen:
§ 1
Lagerung
(1) ...
(2) ...
(3) ... Neue gesetzliche Bestimmungen und behördliche Auflagen, deren Einhaltung für den Lagerhalter unverhältnismäßige Belastungen in der Durchführung des Einzellagervertrages bedeuten würde, geben ein Kündigungsrecht für die von den neuen gesetzlichen Bestimmungen oder behördlichen Auflagen betroffenen Einzellagerverträge gem. § 11 (3).
...
§ 11
Vertragsdauer des Einzellagervertrages
(1) ...
(2) ...
(3) Einzellagerverträge können von jeder Partei mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalendermonats außerordentlich gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (z.B. Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen des Lagerhalters).
In der Gesellschafterversammlung vom beschlossen die Gesellschafter der Klägerin, deren Tätigkeit zum zu beenden und die Lagerverträge zu diesem Zeitpunkt zu kündigen. Bereits mit Anordnung des Bezirksamtes N. vom war der Klägerin u.a. aufgegeben worden, bestimmte Tankbehälter bis zum mit einem doppelten Boden nachzurüsten.
Mit Schreiben vom kündigte die Klägerin die Vertragsverhältnisse mit dem Beklagten zum unter Hinweis darauf, daß sie den Betrieb zu diesem Zeitpunkt einstellen müsse. Der Beklagte widersprach der Kündigung. Daraufhin kündigte die Klägerin die mit dem Beklagten geschlossenen Lagerverträge mit Schreiben vom außerordentlich, weil sie die Auflagen der Umweltbehörden nicht erfüllen könne.
Der Beklagte ließ das bei der Klägerin eingelagerte Gasöl in der Folgezeit abfahren. Die Auslagerung zog sich bis zum hin, weil technische Schwierigkeiten an der Anlage der Klägerin auftraten. Zur Beseitigung dieser Mängel schaltete der Beklagte Drittfirmen ein, an die er insgesamt 20.432,24 DM zahlte. Diesen Betrag brachte er von der für Dezember 1998 geschuldeten Lagervergütung in Höhe von 32.854,51 DM in Abzug und zahlte nur 12.422,27 DM an die Klägerin. Bei der Auslagerung des Gasöls wurde eine Mehrauslagerung von 116.540 Litern gegenüber dem festgehaltenen Einlagerungsbestand gemessen, weshalb der Beklagte der Klägerin am eine Gutschrift in Höhe von 19.429,80 DM erteilte.
Die Klägerin macht mit der Klage für Dezember 1998 eine restliche Lagervergütung in Höhe von 20.432,24 DM, für die Zeit vom 1. bis zum eine anteilige Vergütung in Höhe von 6.358,53 DM sowie für die von ihr behauptete Mehrauslagerung von Gasöl einen Betrag von 19.429,80 DM geltend.
Sie hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 46.220,57 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung der Lagerverträge sei unberechtigt gewesen, so daß sie ihm zum Schadensersatz verpflichtet sei. Wegen der vorzeitigen Kündigung habe er Mehrkosten in Höhe von 381.433,05 DM für neue Lagerstätten sowie 63.576,46 DM für Fracht gehabt. Die Klägerin könne weder eine anteilige Lagervergütung für Januar 1999 noch eine Ersatzforderung für die von ihr behauptete Mehrauslagerung von Gasöl beanspruchen.
Der Beklagte hat mit einem ersten Teilbetrag der geltend gemachten Mehrkosten für neue Lagerstätten gegenüber der Klageforderung (hilfsweise) aufgerechnet und wegen eines zweiten Teilbetrages in Höhe von 50.000 DM Widerklage erhoben. Die Klägerin ist dem Schadensersatzverlangen des Beklagten entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte habe gegenüber den begründeten Klageansprüchen mit einer ihm zustehenden Schadensersatzforderung wirksam aufgerechnet. Der Widerklage hat es stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat der Klage unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin in Höhe von 19.429,80 DM nebst Zinsen stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat die Klage in Höhe von 19.429,80 DM nebst Zinsen für begründet erachtet und sie im übrigen - ebenso wie die Widerklage - abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt:
Soweit die Klägerin Zahlung von 19.429,80 DM entsprechend der ihr von dem Beklagten am erteilten Gutschrift "Zahlbar ohne Abzug auf Ihr Konto" beanspruche, sei die Klage begründet. Die Parteien hätten in § 6 des Rahmenlagervertrages eine Abrechnung bei Differenzen von Ein- und Auslagerungsmengen vereinbart.
Die Widerklage des Beklagten sei unbegründet. Die Klägerin habe die mit dem Beklagten geschlossenen Lagerverträge wirksam zum gekündigt. Der zwischen den Parteien im April 1998 vereinbarte Rahmenlagervertrag, der auch für die beiden im April und Mai 1998 geschlossenen Einzellagerverträge gelte, sehe in § 11 Abs. 3 für beide Seiten ein Recht zur außerordentlichen Kündigung vor, wenn ein wichtiger Grund hierfür bestehe. Von dem eingeräumten Kündigungsrecht habe die Klägerin wirksam Gebrauch gemacht. Die Betriebseinstellung zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens stelle einen wichtigen Grund i.S. von § 11 Abs. 3 des Rahmenlagervertrages dar.
II. Die Revision hat Erfolg. Soweit das Berufungsgericht zum Nachteil des Beklagten erkannt hat, führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
1. Die Revision wendet sich allerdings vergeblich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe für die von ihr behauptete Mehrauslagerung von Gasöl entsprechend der Gutschrift des Beklagten vom ein Zahlungsanspruch in Höhe von 19.429,80 DM zu. Denn insoweit ist das Berufungsurteil der rechtlichen Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen.
a) Das Landgericht hat die mit der Klage geltend gemachten Zahlungsansprüche, zu denen auch der Ersatzanspruch wegen der behaupteten Mehrauslagerung von Gasöl gehörte, in vollem Umfang für begründet erachtet. Zur Abweisung der Klage ist das Landgericht nicht deswegen gelangt, weil es einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten in dieser Höhe verneint hätte, sondern nur, weil es die vom Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch hat durchgreifen lassen. Damit hat das Landgericht eine der Rechtskraft fähige Entscheidung sowohl über die Klageforderung als auch (in Höhe der Klageforderung) über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung getroffen (§ 322 Abs. 1 ZPO). Ein solches Urteil enthält zwei prozessual selbständige Elemente des Streitstoffs mit der Folge, daß jeder Teil nur insoweit in die Rechtsmittelinstanz gelangt, als er von der jeweils beschwerten Partei durch Einlegung eines (Anschluß-)Rechtsmittels angefochten wird (vgl. BGHZ 109, 179, 188 f.; , NJW-RR 1999, 1736).
b) Da allein die Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt hat, hätte schon das Berufungsgericht nicht mehr überprüfen dürfen, ob die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche grundsätzlich begründet waren. Denn dieser Teil des Streitgegenstandes war mangels Einlegung eines Rechtsmittels seitens des Beklagten nicht in die Berufungsinstanz gelangt (vgl. BGH NJW-RR 1999, 1736), sondern bereits vom Landgericht abschließend entschieden worden (vgl. BGHZ 109, 179, 189).
c) War das Bestehen dieses Klageanspruchs schon der Überprüfung durch das Berufungsgericht entzogen, kann der Beklagte eine solche Überprüfung im Revisionsverfahren auch nicht mehr erreichen.
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, daß das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Beklagten verneint hat. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die von der Klägerin erklärte Kündigung aus wichtigem Grund wirksam sei. Vielmehr steht dem Beklagten gegen die Klägerin infolge der unwirksamen Kündigung ein Schadensersatzanspruch aus § 326 Abs. 1 BGB a.F. jedenfalls in Höhe von 69.429,80 DM zu. Mit dieser Gegenforderung hat der Beklagte in Höhe von 19.429,80 DM die Aufrechnung erklärt. Im übrigen hat die Widerklage Erfolg.
a) Die von der Klägerin erklärte Kündigung aus wichtigem Grund ist unwirksam.
aa) Bei dem hier in Rede stehenden Rahmenlagervertrag handelt es sich ebenso wie bei den beiden Einzellagerverträgen um Dauerschuldverhältnisse. Ein Dauerschuldverhältnis kann grundsätzlich auch ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung aus wichtigem Grund gekündigt werden (vgl. BGHZ 133, 316, 320 - Altunterwerfung I; , TranspR 1999, 168, 169 = NJW 1999, 1177; vgl. nunmehr: § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 473 Abs. 2 Satz 1 HGB, die auf den vorliegenden Fall noch nicht anzuwenden sind, Art. 229 § 5 EGBGB). In § 11 Abs. 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenlagervertrages ist bestimmt, daß jeder Vertragsteil berechtigt ist, Einzellagerverträge mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendermonats außerordentlich zu kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Seiten die Fortsetzung des Vertrages bis zu dessen vereinbarter Beendigung oder bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (vgl. BGHZ 133, 316, 320 - Altunterwerfung I; 147, 178, 190 - Lepo Sumera; 154, 146, 153; BGH TranspR 1999, 168, 169; , TranspR 2000, 214, 216 = NJW-RR 2000, 1560). Ob bestimmte Umstände als wichtiger Grund für eine Kündigung zu werten sind, ist in erster Linie eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, diese kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt hat, ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, ob es insbesondere wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat oder ob es Erfahrungssätze verletzt hat (vgl. BGHZ 154, 146, 153; BGH TranspR 2000, 214, 216).
bb) Auch dieser eingeschränkten Nachprüfung halten die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung bejaht hat, nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stellt die Einstellung des Betriebs zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens keinen wichtigen Grund dar, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnte. Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht wesentlichen Tatsachenstoff und maßgebliche rechtliche Gesichtspunkte außer acht gelassen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat schon nicht hinreichend berücksichtigt, daß es sich bei der finanziellen Lage der Klägerin, ihrer Rentabilität und dem Fortbestand ihres Unternehmens um Umstände handelt, die grundsätzlich in ihren Risikobereich als Unternehmerin fallen (vgl. , WM 1971, 243, 244; Urt. v. - KZR 7/86, BGHR BGB § 242 Kündigung, wichtiger Grund 4; Urt. v. - I ZR 68/94, NJW-RR 1996, 1120, 1121). Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund kann im allgemeinen nicht auf Umstände gestützt werden, die im Risikobereich des Kündigenden liegen (vgl. BGHZ 133, 316, 320 f. - Altunterwerfung I; BGH TranspR 2000, 214, 217). Die finanzielle Notlage eines Unternehmens, dessen Fortführung mit dem Risiko verbunden ist, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen zu müssen, berechtigt daher für sich allein nicht zur außerordentlichen Kündigung bestehender Verträge aus wichtigem Grund (vgl. BGH WM 1971, 243, 244; Blümer, ZMR 1996, 440).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich auch aus § 11 Abs. 3 des Rahmenlagervertrages nichts anderes. Dort ist als wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung beispielhaft die Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen des Lagerhalters genannt. Abgesehen davon, daß die drohende Eröffnung des Insolvenzverfahrens in § 11 Abs. 3 nicht genannt ist, widerspräche es dem Sinn und Zweck der Insolvenzordnung, einem Lagerhalter allein mit Blick auf ein ihm drohendes Insolvenzverfahren ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bestehender Lagerverträge zuzubilligen. Denn der Einlagerer würde in einem derartigen Fall schlechter gestellt, als er bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens stünde, das der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger dient (§ 1 Abs. 1 InsO). Im übrigen läßt sich der im Vertrag genannte Beispielsfall zwanglos in der Weise verstehen, daß dem Einlagerer im Falle der Insolvenz des Lagerhalters ein Kündigungsrecht zustehen soll. Dem kann nicht entgegengehalten werden, es sei nicht gerechtfertigt, die wirtschaftliche Notlage der Klägerin zugunsten des Beklagten als wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung anzuerkennen, nicht aber zugunsten der Klägerin. Denn die wirtschaftliche Notlage, in die die Klägerin geraten ist, fällt - wie dargelegt - allein in ihren Risikobereich; es ist daher nicht ausgeschlossen, daß die Notlage einer Vertragspartei nicht dieser, sondern nur der anderen Vertragspartei ein Recht zur außerordentlichen Kündigung gibt.
(2) Der Bundesgerichtshof hat allerdings von dem Grundsatz, daß die wirtschaftliche Notlage eines Unternehmens dieses nicht zur außerordentlichen Kündigung bestehender Verträge aus wichtigem Grund berechtigt, Ausnahmen zugelassen. Danach kann der wirtschaftliche Niedergang eines Unternehmens dieses, je nach den Umständen des Einzelfalls, zur außerordentlichen Kündigung eines Handelsvertretervertrags aus wichtigem Grund berechtigen (vgl. , VersR 1958, 243, 244 f.). Dasselbe gilt für den von einer GmbH mit ihrem Geschäftsführer geschlossenen Dienstvertrag (vgl. , WM 1975, 761 f.; vgl. auch Urt. v. - II ZR 353/00, NJW 2003, 431, 433). Diese Ausnahmen von dem dargestellten Grundsatz sind jedoch durch ein über gewöhnliche Austauschverträge hinausgehendes, regelmäßig besonders enges Vertrauensverhältnis zwischen einem Unternehmen und seinem Geschäftsführer bzw. den in seinen Vertrieb eingebundenen Handelsvertreter sowie durch deren besonders enge Bindung an den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens geprägt. Der wirtschaftliche Niedergang des Unternehmens liegt daher in den genannten Fällen als Kehrseite der Beteiligung an dessen wirtschaftlichem Erfolg nicht nur in der Risikosphäre des Unternehmens, sondern auch in der seines Geschäftsführers oder des mit ihm vertraglich verbundenen Handelsvertreters (vgl. BGH VersR 1958, 243, 244; vgl. auch Ende, BB 1996, 2260, 2261 f. für Vertragshändlerverträge). An einer solchen Bindung des Beklagten am wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin fehlt es bei den hier in Rede stehenden Lagerverträgen.
(3) Das Berufungsgericht hat des weiteren nicht genügend berücksichtigt, daß die Klägerin den Rahmenlagervertrag und die beiden darauf basierenden Einzellagerverträge zu einem Zeitpunkt abgeschlossen hat, als ihr die Notwendigkeit von aufwendigen Nachrüstungsmaßnahmen seit langem bekannt war. Sie mußte daher damit rechnen, daß im Falle der Vollziehung der Anordnung des Bezirksamtes N. in B. vom erhebliche Kosten auf sie zukommen würden.
(4) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann ein Recht der Klägerin zur außerordentlichen Kündigung der Einzellagerverträge nicht daraus hergeleitet werden, daß die vorzeitige Vertragsbeendigung auch im Interesse des Beklagten gelegen hat. Der Beklagte hatte vielmehr ein Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung der Lagerverträge seitens der Klägerin. Wenn die Klägerin dieser Verpflichtung schuldhaft nicht nachgekommen wäre und den Beklagten dadurch zu einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund veranlaßt hätte, hätte sie dem Beklagten Ersatz des durch die Auflösung der Lagerverträge entstandenen Schadens leisten müssen (vgl. , NJW 2002, 3237, 3238). Dieser Verpflichtung kann sich die Klägerin nicht dadurch entziehen, daß sie ihrerseits die Lagerverträge aus wichtigem Grund kündigt.
cc) Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen anderen Kündigungsgrund stützen. Zwar enthält der Rahmenlagervertrag in § 1 Abs. 3 Satz 3 eine Bestimmung, nach der "neue gesetzliche Bestimmungen und behördliche Auflagen, deren Einhaltung für den Lagerhalter unverhältnismäßige Belastungen in der Durchführung ... bedeuten würde", dem Lagerhalter ein Kündigungsrecht geben. Jedoch stammt der Bescheid des Bezirksamtes N. , auf den sich die Klägerin in diesem Zusammenhang stützt, aus dem Jahre 1996, war also im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Frühjahr 1998 seit langem bekannt. Soweit die Revisionserwiderung auf einen zweiten Bescheid hinweist, den das Umweltamt T. am erlassen hat, handelt es sich um neues Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden kann.
b) Dem Beklagten steht ein Schadensersatzanspruch aus § 326 Abs. 1 BGB a.F. zu. Da es für die von der Klägerin erklärte außerordentliche Kündigung der bis zum befristeten Einzellagerverträge an einem wichtigen Grund fehlte, hatten die Verträge bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit Bestand. Die Klägerin ist durch die unberechtigte Kündigung und ihre Weigerung, ihrer Verpflichtung zur Lagerung des Gasöls des Beklagten über den hinaus nachzukommen, in Verzug geraten. Einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung bedurfte es unter diesen Umständen nicht. Die Klägerin ist dem Beklagten daher dem Grunde nach zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihm durch die anderweitige Einlagerung des Gasöls zu höheren Kosten entstanden ist.
c) Feststellungen zur Schadenshöhe hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht getroffen. Einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht aus diesem Grund bedarf es indessen nicht. Der Senat kann die insoweit erforderlichen Feststellungen aufgrund des unstreitigen Sachverhalts sowie anhand der von dem Beklagten zu den Akten gereichten Unterlagen selbst treffen.
Der Beklagte hat in seinem die Widerklage betreffenden Schriftsatz vom sowie durch die Vorlage einer "Übersicht über die umgelagerten Mengen und abweichende Lagervergütungen" im einzelnen dargelegt, bei welchen anderen Lagerhaltern er in welchem Umfang und zu welchen Mehrkosten das ursprünglich bei der Klägerin eingelagerte Gasöl im Zeitraum vom bis zum eingelagert hat. Zudem hat er die entsprechenden Lagerverträge vorgelegt. Daraus ergibt sich, daß dem Beklagten durch die Umlagerung insgesamt Mehrkosten in Höhe von 381.433,05 DM entstanden sind. Nachdem der Beklagte die Kosten für die Neuanmietung von Lagerstätten belegt hatte, hat die Klägerin ihr pauschales Bestreiten zwar zunächst noch aufrechterhalten; sie ist hierauf in der Berufungsinstanz aber nicht mehr zurückgekommen.
Unter diesen Umständen gilt der Vortrag des Beklagten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz im übrigen weder gegen die vom Landgericht zur Schadenshöhe getroffenen Feststellungen noch gegen das von diesem angenommene Fehlen eines Verstoßes des Beklagten gegen die Schadensminderungspflicht Einwendungen erhoben. Sie hat sich vielmehr nur auf den Standpunkt gestellt, dem Beklagten stehe ein Schadensersatzanspruch schon deshalb nicht zu, weil sie zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen sei.
d) Der dem Beklagten zustehende Schadensersatzanspruch wegen erhöhter Lagerkosten ist nur in Höhe von 69.429,80 DM Gegenstand des Revisionsverfahrens. Im Umfang der schon vom Landgericht rechtskräftig zuerkannten Klageforderung in Höhe von 19.429,80 DM führt er aufgrund der vom Beklagten erklärten Aufrechnung zum Erlöschen der Klageforderung (§ 389 BGB). In Höhe des Restbetrages von 50.000 DM rechtfertigt er die Widerklage.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der Widerklageforderung ergibt sich aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision des Beklagten aufzuheben, soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen hat. Die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil ist auch in diesem Umfang zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstelle(n):
GAAAB-96896
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja