BGH Beschluss v. - I ZR 172/04

Leitsatz

[1] a) Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist und das Rechtsmittel dazu dient, diese Beschwer zumindest teilweise zu beseitigen.

b) An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn das Verbot eine Werbeaktion betrifft, die aus zwei kumulativ genannten Bestandteilen besteht - und hier wegen dieser beiden Bestandteile als wettbewerbswidriges Gewinnspiel untersagt ist -, sich die Revision des Beschwerdeführers aber nur gegen den vermeintlichen Ausspruch des Verbots einer Werbemaßnahme mit nur einem dieser Bestandteile richten soll.

Gesetze: ZPO § 544

Instanzenzug: LG Hamburg

Gründe

I. Die Beklagte führte in ihren Kaufhäusern im Oktober 2003 sog. "Glücks-Bon-Tage" durch. Bei dieser Aktion wurde jeder 1.000ste Kassenbon in einer Filiale von der Beklagten "storniert". Der jeweilige Kunde brauchte die gekaufte Ware nicht zu bezahlen und nahm zusätzlich an der Verlosung eines Warengutscheins im Wert von 10.000 € teil.

Der klagende Wettbewerbsverein hat dies wegen Koppelung des Warenabsatzes mit einem Gewinnspiel als wettbewerbswidrig beanstandet.

Der Kläger hat beantragt, der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, wie folgt zu werben:

"Mit etwas Glück einkaufen ohne zu bezahlen! - Glücksbon-Tage - Wir stornieren jeden 1.000sten Kassenbon!"

und im Zusammenhang damit die Verlosung eines Warengutscheins in Höhe von 10.000 € wie folgt anzukündigen:

"Was für die Kunden noch einen besonderen Reiz bietet, ist der Jackpot. Denn K. verlost nach dem 18. Oktober unter allen Gewinnern zusätzlich einen Warengutschein über 10.000 €!"

und entsprechend den vorstehenden Ankündigungen zu verfahren.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Nach Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht hat die Beklagte sich dem Kläger gegenüber verpflichtet, es zukünftig zu unterlassen, mit der Ankündigung der zusätzlichen Verlosung eines Warengutscheins über 10.000 € zu werben und entsprechend dieser Ankündigung zu verfahren. Der Kläger hat diese Unterlassungserklärung der Beklagten angenommen. Unter Hinweis auf diese Unterlassungserklärung hat die Beklagte in der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde angeführt, sie wolle mit der Revision ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren nur insoweit weiterverfolgen, als ihr auch unabhängig von der zusätzlichen Verlosung verboten worden sei, damit zu werben "Mit etwas Glück einkaufen ohne zu bezahlen - Glücksbon-Tage - Wir stornieren jeden 1.000sten Kassenbon" und entsprechend dieser Ankündigung zu verfahren.

Sie hat beantragt, im Umfange der beabsichtigten Anfechtung die Revision gegen das Berufungsurteil zuzulassen.

II. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist unzulässig.

1. Wie jedes Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur zulässig, wenn der Rechtsmittelführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist und das Rechtsmittel dazu dient, diese Beschwer zumindest teilweise zu beseitigen (vgl. , NJW 2003, 2172, 2173; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., Vor § 511 Rdn. 10 m.w.N.). Das Zulassungsbegehren des Beschwerdeführers muß sich daher im Rahmen seiner Beschwer halten, die sich nach dem der Rechtskraft fähigen Inhalt des Berufungsurteils bestimmt (vgl. , NJW 1999, 3564, m.w.N.). Begehrt der Beschwerdeführer nur eine Teilzulassung, so muß sich sein Begehren auf einen Teil des Streitstoffs beziehen, auf den das Berufungsgericht die Zulassung der Revision hätte beschränken können.

2. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Entgegen der Ansicht der Beschwerde enthält das Berufungsurteil nicht das Verbot, auch unabhängig von der zusätzlichen Verlosung mit der Ankündigung, jeden 1.000sten Kassenbon zu stornieren, zu werben und entsprechend dieser Ankündigung zu verfahren. Ein solches isoliertes Verbot ist nicht Streitgegenstand der Vorinstanzen gewesen und ist auch nicht von der Entscheidung des Berufungsgerichts umfaßt.

a) Maßgeblich für den die Beschwer der Beklagten bestimmenden rechtskraftfähigen Inhalt des Berufungsurteils ist der aus der Urteilsformel unter Heranziehung von Tatbestand und Entscheidungsgründen erkennbare Streitgegenstand, über den in dem Urteil entschieden worden ist (vgl. , GRUR 1993, 157, 158 = WRP 1993, 99 - Dauernd billig; Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 12 UWG Rdn. 2.113). Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag und den dazu vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten, m.w.N.).

b) Mit seinem Klageantrag hat der Kläger die als wettbewerbswidriges Gewinnspiel beanstandete Werbeaktion der Beklagten dahin umschrieben, daß "im Zusammenhang" mit der Werbung, es werde jeder 1.000ste Kassenbon "storniert", die Verlosung eines Warengutscheins in Höhe von 10.000 € angekündigt und sodann entsprechend verfahren werde. Damit hat er eine Werbemaßnahme beanstandet, die beide im Antrag umschriebenen Bestandteile aufweist. Aus dem zur Begründung angeführten Vorbringen des Klägers ergibt sich gleichfalls, daß sich sein Unterlassungsbegehren gegen eine als Einheit verstandene Aktion der Beklagten richtet, die wegen ihrer beiden im Klageantrag angeführten Bestandteile als ein Gewinnspiel beanstandet wird. Die Wettbewerbswidrigkeit ist vom Kläger aus dem (gleichzeitigen) Vorliegen beider Umstände hergeleitet worden. Seinem Klagevorbringen läßt sich dagegen nicht entnehmen, daß sein Begehren auch darauf gerichtet sein sollte, die beanstandete Werbeaktion schon dann als wettbewerbswidriges Gewinnspiel zu untersagen, wenn nur jeweils einer der beiden als unlauterkeitsbegründend angeführten Umstände gegeben ist.

c) In diesem Sinne hat auch das Berufungsgericht das Unterlassungsbegehren des Klägers verstanden, wie sich aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergibt. Das Berufungsgericht ist ersichtlich von einem (einheitlichen) Gewinnspiel ausgegangen, das beide Bestandteile ("Stornierung" des 1.000sten Kassenbons, Auslosung eines Einkaufsgutscheins im Wert von 10.000 €) aufweist und deshalb wettbewerbswidrig ist. Der Verbotsausspruch des Berufungsgerichts erfaßt daher nur ein beide Bestandteile aufweisendes Gewinnspiel. Das Verbot eines Gewinnspiels, das nur aus der Werbung mit der "Stornierung" des 1.000sten Kassenbons besteht, bei dem jedoch die Verlosung eines Warengutscheins über 10.000 € nicht angekündigt wird, ist, anders als die Beschwerde meint, auch nicht als Teil des Streitgegenstands von dem Verbotsausspruch des Berufungsurteils umfaßt. Das Unterlassungsbegehren des Klägers geht dahin, daß die beiden im Klageantrag angeführten Bestandteile der beanstandeten Werbeaktion der Beklagten nicht als unabhängig voneinander gegebene, jeweils selbständig die Unlauterkeit begründende Umstände, sondern als in ihrer Verbindung ("im Zusammenhang damit") das beanstandete Gewinnspiel kennzeichnende Elemente angesehen werden. Ist eines dieser beiden Elemente nicht gegeben, so handelt es sich bei dem durch den verbleibenden Teil umschriebenen Rest nicht um einen Teil des (umfassenderen) Streitgegenstands, sondern um einen durch einen anderen Antrag und einen anderen Lebenssachverhalt beschriebenen neuen Streitgegenstand. Auf die Frage, ob der rechtlichen Begründung des Berufungsurteils möglicherweise entnommen werden kann, daß das Berufungsgericht bereits eine auf die "Stornierung" des 1.000sten Kassenbons beschränkte Aktion gleichfalls als ein wettbewerbswidriges Gewinnspiel ansehen würde, kommt es schon deshalb nicht an, weil allein in einer Belastung durch die Gründe keine mit einem Rechtsmittel angreifbare Beschwer der Beklagten läge (vgl. Wenzel, NJW 2002, 3353, 3357 m.w.N.).

III. Danach ist die Beschwerde der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

Fundstelle(n):
BB 2005 S. 2100 Nr. 39
NJW-RR 2006 S. 356 Nr. 5
IAAAB-96878

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja