Leitsatz
[1] Der zur Vornahme einer vertretbaren Handlung verurteilte Schuldner kann im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht geltend machen, die Vornahme der Handlung sei für ihn unzumutbar (geworden) oder führe nicht zum Erfolg.
Gesetze: ZPO § 887 Abs. 1; BGB § 242 Ba
Instanzenzug: AG Kamen vom
Gründe
I. Der Schuldner war gemäß dem nach mündlicher Verhandlung vom ergangenen rechtskräftigen verpflichtet, näher bezeichnete Mängel in verschiedenen Räumen der von ihm an die Gläubiger vermieteten Wohnung zu beseitigen. Da er die Mängel nicht behoben hat, haben die Gläubiger beantragt, sie zu deren Beseitigung durch einen von ihnen zu beauftragenden Fachhandwerker zu ermächtigen und den Schuldner zur Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 44.883,06 DM (= 22.925,34 €) zu verurteilen.
Das Amtsgericht hat die Gläubiger zur Vornahme der Mängelbeseitigung ermächtigt und den Schuldner unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags der Gläubiger verurteilt, an diese 5.385,80 € als Kostenvorauszahlung zu leisten. Hiergegen haben beide Parteien im Umfang ihres Unterliegens sofortige Beschwerde eingelegt. Das Rechtsmittel der Gläubiger hatte keinen, das des Schuldners nur insofern Erfolg, als das Landgericht die Ermächtigung auf die Ausführung eines Teils der Arbeiten beschränkt und den Betrag des vom Schuldner zu zahlenden Kostenvorschusses auf 4.176,79 € herabgesetzt hat.
Mit seiner vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde hat der Schuldner seinen Antrag auf Zurückweisung der Vollstreckungsanträge weiterverfolgt; hilfsweise hat er begehrt, die Vollstreckungsanträge nur Zug um Zug gegen eine von den Gläubigern zu leistende Bankbürgschaft in Höhe des vom Gericht festgesetzten Betrags zuzusprechen.
Im Verlauf des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Parteien übereinstimmend vorgetragen, daß das Haus, in dem sich die Wohnung der Gläubiger befunden hat, mittlerweile durch einen Brand völlig zerstört worden sei. Die Gläubiger haben daher den Vollstreckungsantrag in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Schuldner ist der Erledigungserklärung entgegengetreten.
II. Die Erledigung der Hauptsache kann von der das Verfahren betreibenden Partei im Rechtsbeschwerdeverfahren (hier: den Gläubigern) jedenfalls dann noch einseitig erklärt werden, wenn das Ereignis, das die Hauptsache erledigt haben soll (hier: die Zerstörung der Wohnung der Gläubiger), als solches außer Streit steht ( IXa ZB 281/03, WuM 2005, 139, 140 = BGH-Rep 2005, 677 m.w.N.). Zu prüfen ist daher nunmehr, ob der Vollstreckungsantrag bis zu dem geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und, wenn dies der Fall war, ob er durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind beide Voraussetzungen erfüllt, ist die Hauptsacheerledigung festzustellen; anderenfalls ist der Vollstreckungsantrag abzulehnen (BGH WuM 2005, 139, 140).
III. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat die Vollstreckungsanträge, soweit sie Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens geworden sind, ohne Rechtsfehler als begründet angesehen. Nachdem eine Erfüllung der noch in Rede stehenden Ansprüche wegen der Zerstörung des von den Gläubigern gemieteten Hauses nicht mehr in Betracht kommt, ist festzustellen, daß sich diese Vollstreckungsanträge erledigt haben.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt:
Der Umstand, daß die Behebung der festgestellten Putzschäden nach der Auffassung des Sachverständigen B. zu keiner Wertverbesserung führte, sei nach dem Teilurteil bedeutungslos und begründe, da anderenfalls dessen Rechtskraft durchbrochen würde, auch kein im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigendes sittenwidriges Verhalten. Das von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehende und widerspruchsfreie Gutachten des unzweifelhaft sachkundigen Sachverständigen B. widerlege die Darstellung des Schuldners, die Mängel seien ohne eine Komplettrenovierung des gesamten Hauses nicht zu beheben und die im Teilurteil vorgesehene Ausbesserung sei nicht möglich, weil insbesondere beim Einbau der Fenster die ganze Wand zusammenfallen würde. Die vom Schuldner behauptete Weigerung der Gläubiger, die diesen angebotenen Arbeiten im Badezimmer durchführen zu lassen, sei zudem nicht treuwidrig gewesen; denn der Schuldner habe nach seinem eigenen Vorbringen dort nicht nur das Fenster erneuern, sondern auch weitere Arbeiten durchführen wollen, wobei nicht ersichtlich sei, daß die Gläubiger diese dulden müßten, und eine Aufklärung dieser Frage im Vollstreckungsverfahren nicht in Betracht komme. Entgegen der Darstellung des Schuldners hätten die Gläubiger nach dem Teilurteil auch nicht an den auszuführenden Renovierungsarbeiten mitzuwirken.
2. Die von der Rechtsbeschwerde gegen diese Beurteilung erhobenen Rügen haben keinen Erfolg. Die Einwände des Schuldners beruhen auf dessen Einschätzung, die Erfüllung der titulierten Ansprüche sei für ihn unzumutbar oder könne nicht zu dem gewünschten Erfolg führen. Für die Berücksichtigung eines solchen Vorbringens ist im Vollstreckungsverfahren kein Raum.
a) Der IXa-Zivilsenat hat allerdings den Einwand des Schuldners, der vollstreckbare Anspruch sei erfüllt, auch im Zwangsvollstreckungsverfahren zugelassen ( IXa ZB 32/04, NJW 2005, 367, 369, zur Veröffentlichung in BGHZ 161, 67 vorgesehen; zustimmend Becker-Eberhardt, LMK 2005, 31 und Brehm, WuB VI D § 767 ZPO 1.05; ablehnend Schuschke, BGH-Rep 2005, 197 f.). Er hat sich hierbei namentlich darauf gestützt, daß schon der Wortlaut des § 887 ZPO dafür spreche, die Nichterfüllung der geschuldeten Handlung als tatbestandliche Voraussetzung für den Erlaß des Ermächtigungsbeschlusses anzusehen. Auch sei der Gesetzgeber bei der Neufassung der Kostenvorschrift des § 891 Satz 3 ZPO mit der Zweiten Zwangsvollstreckungsnovelle vom von der Erheblichkeit des Erfüllungseinwands ausgegangen. Die Prüfung dieses Einwands im Ermächtigungsverfahren nach § 887 ZPO statt erst bei der Vollstreckungsgegenklage könne zudem prozeßökonomisch sinnvoll sein. Das Vollstreckungsverfahren werde auch nicht beschleunigt, wenn man den Schuldner auf den Weg der Vollstreckungsgegenklage verweise. Sinnvoll sei die Zuständigkeit des Prozeßgerichts als Vollstreckungsgericht insbesondere dann, wenn es um die von diesem aufgrund seiner Kenntnis vom Inhalt des Rechtsstreits am ehesten zu entscheidende Frage gehe, ob eine vom Schuldner unstreitig vorgenommene Handlung dasjenige sei, was der Titel ihm gebiete.
b) Diese Gründe gelten nicht für den Fall, daß sich der Schuldner darauf beruft, die Vornahme der titulierten Handlung belaste ihn unzumutbar oder könne nicht zum Erfolg führen. Über solche Einwendungen hat das Vollstreckungsgericht nicht zu befinden. Für den Fall, daß der Schuldner für seine den titulierten Anspruch betreffenden Einwendungen nach dem gemäß § 767 Abs. 2 ZPO maßgeblichen Zeitpunkt entstandene Gründe anführen kann, steht ihm die Möglichkeit offen, eine Vollstreckungsgegenklage zu erheben. Dabei trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß die Einwendungen erst nachträglich entstanden sind (vgl. BGHZ 34, 274, 281; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 767 Rdn. 44; Münch, NJW 1991, 795, 796).
IV. Nach allem erweist sich die Rechtsbeschwerde des Schuldners als im Ergebnis unbegründet. Sie ist daher mit der im Hinblick auf die Zerstörung des Hauses, die die Erfüllung der titulierten Ansprüche unmöglich gemacht hat, gebotenen Maßgabe zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW-RR 2006 S. 202 Nr. 3
WM 2005 S. 1953 Nr. 41
QAAAB-96550
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja