Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe
I.
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Untreue in zwei Fällen jeweils zu einer (Gesamt-)Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen zu je 130 Euro verurteilt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Die Angeklagten wenden sich mit der Sachrüge insbesondere gegen die Beweiswürdigung in den ihre Verurteilung betreffenden Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe (Tatkomplex Werbe-CD). Die Revisionen der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden, richten sich ausschließlich gegen die Teilfreisprüche der Angeklagten im Komplex "Hotel R. GmbH". Die Rechtsmittel erweisen sich im Ergebnis insgesamt als unbegründet.
II. Revisionen der Angeklagten
Tatkomplex Werbe-CD (Fälle II. 1 und II. 2 der Urteilsgründe)
1. Der Verurteilung der Angeklagten wegen Untreue in zwei Fällen liegen folgende Feststellungen des Landgerichts zugrunde: Die Angeklagten waren alleinige Vorstandsmitglieder einer Wohnungsbaugenossenschaft sowie Mitglieder des Aufsichtsrates einer GmbH, an der die Genossenschaft als Gesellschafterin zu 50 Prozent beteiligt war. Im Sommer 1999 erfuhren die Angeklagten von dem seit März dieses Jahres auch für die GmbH tätigen Zeugen Sch. , dass es angeblich ein Komplott eines Personenkreises um den Geschäftsführer der GmbH gebe "mit dem Ziel, die Angeklagten aus ihren Posten herauszudrängen". Die Angeklagten, die an die Möglichkeit eines solchen Komplotts glaubten, waren an detaillierten Informationen durch Sch. interessiert. Sch. machte den Angeklagten klar, dass er für weitere Informationen Geld wollte. Deshalb übergaben ihm die Angeklagten am einen auf ein Konto der Wohnungsbaugenossenschaft bezogenen Scheck über 31.320 DM. Im Gegenzug erhielten sie von Sch. eine auf diesen Betrag lautende Rechnung über die Erstellung einer Werbe-CD für die GmbH. Danach übergab ihnen Sch. ein von ihm am selben Tag bei einer Anwaltskanzlei unterschriebenes "Protokoll", in dem die Bezichtigungen über die an dem angeblichen Komplott Beteiligten näher ausgeführt waren. Der überwiegende Teil der darin enthaltenen Behauptungen war erfunden. Auf Grund der Vorführung der Werbe-CD war den Angeklagten klar, dass die CD auf Grund ihrer dilettantischen Machart und zahlreicher Fehler als Werbemittel völlig wertlos war. Die Zahlung der 31.320 DM an Sch. diente in Wahrheit nicht als Gegenleistung für die CD, sondern für die Informationsbeschaffung durch Sch. (Fall II.1 der Urteilsgründe).
Am schlossen die Angeklagten für die Wohnungsbaugenossenschaft mit der GmbH einen Darlehensvertrag, in der der GmbH ein Darlehen in Höhe von 231.320 DM gewährt wurde. Dabei wurde der Teilbetrag von 31.320 DM mit einer angeblich für die GmbH vorfinanzierten Rechnung "verrechnet". Den Angeklagten war beim Darlehensabschluss klar, dass eine solche Verbindlichkeit nicht bestand. Es ging ihnen vielmehr darum, den der Wohnungsbaugesellschaft durch die Zahlung an Sch. entstandenen Schaden durch die Verlagerung auf die GmbH zu verschleiern (Fall II. 2 der Urteilsgründe).
2. Das von den Beschwerdeführern geltend gemachte Verfahrenshindernis fehlender Anklage der ihre Verurteilung betreffenden Fälle liegt, wie der Generalbundesanwalt bereits in seinen Antragsschriften vom zutreffend ausgeführt hat, nicht vor.
3. Die Verurteilung beider Angeklagter hält auch der sachlichrechtlichen Nachprüfung des angefochtenen Urteils stand.
Rechtsfehlerfrei hat sich das Landgericht die Überzeugung verschafft, dass die von dem Zeugen Sch. erstellte Werbe-CD wertlos war und ihr Kauf durch die Angeklagten für die Genossenschaft lediglich als Scheingeschäft der Verschleierung der tatsächlich bezweckten Informationsbeschaffung über das angebliche Komplott diente. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Beschwerdeführer stellen nur den revisionsrechtlich unzulässigen Versuch dar, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der des Tatrichters zu setzen.
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist die Beweiswürdigung auch nicht insoweit lückenhaft und deshalb rechtsfehlerhaft, als sie die Feststellung des Landgerichts betrifft, die Angeklagten hätten den Betrag von 31.320 DM zu Lasten der Wohnungsbaugenossenschaft an den Zeugen Sch. bewusst allein für sie persönlich betreffende Informationen gezahlt, ohne dass diese Informationen für die Genossenschaft wirtschaftlichen Wert gehabt hätten. Dieser Schlußfolgerung der Strafkammer steht insbesondere nicht entgegen, dass der Zeuge Sch. in seiner "eidesstattlichen Versicherung" vom auch einzelne Handlungsweisen der am Komplott beteiligten Personen behauptete, die - ihre Richtigkeit unterstellt - für die Wohnungsbaugenossenschaft schädigend gewesen wären. Denn bei den im Urteil mitgeteilten vorangegangenen Treffen der Angeklagten mit dem Zeugen war ersichtlich nur von dem angeblichen Komplott die Rede. Es bedurfte unter diesen Umständen keiner näheren Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Zahlung auf eine nicht bestehende Forderung aus Unternehmensmitteln der Wohnungsbaugenossenschaft mit dem Ziel, auf diese Weise an für die Genossenschaft nützliche Informationen zu gelangen, einem Untreuevorsatz der Angeklagten entgegenstehen könnte. Dies gilt umso mehr, als sich die Angeklagten hierauf auch nicht berufen haben.
III. Revisionen der Staatsanwaltschaft
Tatkomplex Hotel R. GmbH
1. Die zugelassene Anklage wirft den Angeklagten unter Tatkomplex II. Fälle 8. bis 20. vor, als Vorstand der bereits erwähnten Wohnungsbaugenossenschaft in der Zeit vom bis zum der Hotel R. GmbH, deren Anteile im Tatzeitraum zu einhundert Prozent von der Wohnungsbaugenossenschaft gehalten wurden, mehrfach Krediterhöhungen gewährt zu haben, obwohl ihnen bekannt war, dass die Darlehensforderungen in unvertretbar hohem Maße mit wirtschaftlichem Ausfall bedroht waren und die gewährten Sicherheiten in Höhe von 2,5 Mio. DM gegenüber den nunmehr ausgereichten Darlehensvolumen zur Absicherung des Ausfallrisikos ungenügend waren.
Vom Anklagevorwurf in diesen Fällen hat das Landgericht die Angeklagten freigesprochen (VII. "5. bis 17." der Urteilsgründe). Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren Revisionen die Freisprüche im Zusammenhang mit der Kreditgewährung an die Hotel R. GmbH lediglich für den Zeitraum in den Jahren 1998 bis 2000, in dem das satzungsmäßige Kreditlimit von 7,5 Mio. DM überschritten wurde (Fälle 10 bis 20 der Anklage).
Die so wirksam beschränkten - vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen - Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
2. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen hat das Landgericht allerdings zu Recht den objektiven Tatbestand der Untreue in der Missbrauchsalternative durch die Angeklagten verwirklicht gesehen. Gleichwohl hat es die Angeklagten aus subjektiven Gründen vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Nicht ausschließbar hätten die Angeklagten in der über 7,5 Mio. DM hinausgehenden weiteren Kreditbewilligung zugunsten der Hotel R. GmbH bis zur Fusion mit der Genossenschaft eine nachvollziehbare Maßnahme zur Erhaltung der Sachwerte der GmbH gesehen und deshalb "nur bewußt fahrlässig und damit tatbestandslos" gehandelt.
Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft ohne Erfolg.
3. Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er sich von der Schuld des Angeklagten nicht zu überzeugen vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen. Die revisionsgerichtliche Beurteilung ist auf die Prüfung beschränkt, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlichrechtlicher Hinsicht insbesondere der Fall, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft ist oder erkennen läßt, dass das Gericht überspannte Anforderungen an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung gestellt hat. Hieran gemessen, hält der angefochtene Teilfreispruch der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Angeklagten haben sich unwiderlegt dahin eingelassen, die weiteren Kredite seien für die Aufrechterhaltung des Betriebes der Hotel R. GmbH erforderlich gewesen, die von der Insolvenz bedroht gewesen sei; eine Insolvenz sei ihnen aber als die ungünstigere Alternative zu einer Fusion erschienen. Wenn das Landgericht hiervon ausgehend nicht auszuschließen vermochte, dass die Angeklagten darauf vertraut haben, den Schaden für die Genossenschaft durch die weiteren Kredite geringer zu halten, als wenn die GmbH in die Insolvenz ginge, so stellt dies nicht nur eine abstrakt-theoretische Möglichkeit dar. Vielmehr trägt die Wertung des Landgerichts der Rechtsprechung zu unternehmerischen Entscheidungen Rechnung, nach der den Verantwortlichen auch bei risikobehafteten Investitionen ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen ist (vgl. dazu ). Das gilt hier zumal deshalb, weil die Angeklagten - worauf das Landgericht bei seiner Würdigung abgestellt hat - nicht eigennützig gehandelt haben und die Hotel R. GmbH im Tatzeitraum bereits eine hundertprozentige Tochter der Genossenschaft war. Zudem wurde im Tatzeitraum die Fusion bereits betrieben, die alsbald nach Ausreichung des letzten Kredits auch vollzogen wurde. Nahezu gleichzeitig damit wurde auch die Kreditlinie erhöht.
Nach alledem hat es bei dem angefochtenen Urteil sein Bewenden.
Fundstelle(n):
wistra 2006 S. 266 Nr. 7
RAAAB-95595
1Nachschlagewerk: nein