Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: StPO § 349 Abs. 2; StPO § 349 Abs. 4; BtMG §§ 29 ff.; BtMG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; StGB § 30 Abs. 2; StGB § 31 Abs. 1 Nr. 2
Instanzenzug:
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und einen Betrag von 6.142,97 € für verfallen erklärt. Dagegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge.
Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit der Angeklagte im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt ist. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Das Landgericht hat zu Fall II. 1. Folgendes festgestellt:
Der Angeklagte hatte bereits in der Strafhaft, die er auf Grund einer Verurteilung wegen eines Betäubungsmitteldelikts verbüßte, einem Zellengenossen von der geplanten Errichtung eines Amphetaminlabors zusammen mit einem Chemiker berichtet, und diesen um Herstellung von Kontakten mit Amphetaminabnehmern gebeten. Nachdem sich der Zellengenosse gegenüber dem Landeskriminalamt offenbart hatte, setzte sich ein verdeckter Ermittler mit dem zwischenzeitlich entlassenen Angeklagten in Verbindung. Bei einem ersten Treffen im Juni 2004 bot der Angeklagte diesem 50 kg Amphetamin mit einem fünfzigprozentigen Wirkstoffgehalt an, das er allerdings erst in drei Monaten liefern könne, da er zur Zeit noch finanzielle Mittel dafür benötigte. "Sobald alles stehe", könne er dann in weiteren zwei bis drei Wochen erneut 50 kg Amphetamin liefern. Der verdeckte Ermittler bekundete sein Interesse. Eine Einigung über den Preis und über einen Übergabeort - beides wurde diskutiert - erfolgte noch nicht. In der Folge kam es neben telefonischen Kontakten zunächst im August 2004, sodann im Dezember 2004 und im April 2005 zu weiteren persönlichen Treffen, in denen der Angeklagte erklärte, dass es Schwierigkeiten unter anderem bei der Grundstoffbeschaffung gebe. Zu erwägen sei etwa die Schaffung einer Scheinfirma in Rumänien oder ein Diebstahl in Polen. In jedem Fall seien weitere 15.000 € erforderlich, die dem Angeklagten, der den verdeckten Ermittler nach seiner Bereitschaft zu einem finanziellen Engagement fragte, ersichtlich nicht zur Verfügung standen. Bei dem letzten Treffen im April 2005 gab er an, dass das Labor noch nicht aufgebaut sei und er noch weitere finanzielle Mittel benötige. Im Anschluss daran wurde der Angeklagte festgenommen.
Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich in diesem Fall des unerlaubten vollendeten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht, begegnet durchgreifenden Bedenken.
Der Begriff des Handeltreibens im Sinne von §§ 29 ff. BtMG ist allerdings, wie in der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs in Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung ausgeführt worden ist (NJW 2005, 3790 f.), weit auszulegen. Danach ist Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit. So liegt ein vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bereits dann vor, wenn der Verkäufer dem Kaufinteressenten ein verbindliches und ernsthaftes Verkaufsangebot unterbreitet (BGH NStZ 2000, 207, 208; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 19, 61; Körner, BtMG § 29 Rdn. 242, 319 f., 327; Weber, BtMG 2. Aufl. § 29 Rdn. 157, 159, 304). Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob es zu Umsatzgeschäften tatsächlich gekommen ist (BGHSt 29, 239, 240; 30, 359, 361), ob der Täter über das angebotene Rauschgift verfügen konnte (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 31) oder ob er eine gesicherte Lieferantenzusage hatte (BGH NStZ 2000, 207, 208 m. w. N.). Das Führen ernsthafter Verkaufsverhandlungen reicht sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer grundsätzlich zur Annahme eines vollendeten Handeltreibens aus.
Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar.
Der Angeklagte verfügte nicht nur nicht über das angebotene Rauschgift, sondern dieses war - wie auch dem potentiellen "Käufer" bewusst war - noch gar nicht auf dem Markt, sondern sollte erst hergestellt werden. Die geplante Herstellung des Amphetamins hing dabei von weiteren Bedingungen ab, deren Eintritt ungewiss war. Denn für die Einrichtung eines Labors als Voraussetzung für die Produktion von Amphetamin mussten erhebliche Geldbeträge beschafft werden, für die der Angeklagte bei dem ersten Verkaufsgespräch ersichtlich noch keine konkreten Möglichkeiten aufgetan hatte. Auch in der Folgezeit gelang ihm dies nicht in dem erforderlichen Umfang. Die durch weitere Betäubungsmittelgeschäfte erlangten Erlöse - Taten II. 2. und 3. - reichten bei weitem nicht aus. Zudem mussten aber auch die Grundstoffe besorgt werden. Ob dies gelang - die von dem Angeklagten bei dem Treffen im Dezember 2004 aufgezeigten Möglichkeiten bewegten sich eher im Spekulativen - war jedenfalls zweifelhaft. Unter diesen Umständen entbehrten die im Juni 2004 genannten Liefermengen und Lieferzeiten - wie auch die weitere Entwicklung zeigte - einer realistischen Grundlage. Die Inaussichtstellung etwaiger Amphetaminlieferungen lag noch weit im Vorfeld des beabsichtigten Güterumsatzes und erfüllte deshalb noch nicht einmal den Versuch des Handeltreibens. Nach den Feststellungen kommt jedoch in Betracht, dass der Angeklagte durch das Angebot einer künftigen Lieferung von 50 bis 100 kg Amphetamin eine strafbare Vorbereitungshandlung nach § 30 Abs. 2 StGB begangen hat.
Die Verurteilung wegen vollendeten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kann danach keinen Bestand haben. Die Sache bedarf erneuter Prüfung, wobei der neue Tatrichter insbesondere auch § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu beachten haben wird.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
NJW 2007 S. 1221 Nr. 17
XAAAB-95298
1Nachschlagewerk: nein