BAG Urteil v. - 9 AZR 95/03

Leitsatz

[1] 1. Geht ein Betrieb in der Insolvenz über, hat der Betriebserwerber für die Erfüllung bestehender Urlaubsansprüche einzutreten.

2. Das gilt auch für übertragene Urlaubsansprüche und für Ansprüche auf Ersatz für verfallenen Urlaub.

Gesetze: BGB § 613a Abs. 1 Satz 1; InsO § 38; InsO § 53; InsO § 108; InsO § 105

Instanzenzug: ArbG Braunschweig 3 Ca 614/01 vom LAG Niedersachsen 2 Sa 481/02 vom

Tatbestand

In der Revision wird nur noch darüber gestritten, ob die Beklagte als Betriebsübernehmerin verpflichtet ist, dem Kläger sieben Tage Urlaub zu gewähren.

Der Kläger war auf Grund eines Arbeitsvertrages vom bei der späteren Insolvenzschuldnerin, die zuletzt als B GmbH firmierte, als Prokurist tätig. Dieser Vertrag lautet auszugsweise:

"§ 11 Urlaub

1. Der Prokurist hat Anspruch auf einen jährlichen bezahlten Urlaub von 30 Arbeitstagen.

2. Die Aufteilung des Urlaubs wird im Einvernehmen mit der Gesellschaft festgelegt.

3. Kann der Prokurist den Urlaub aus zwingenden geschäftlichen Gründen ganz oder teilweise nicht nehmen, so ist der Urlaubsanspruch abzugelten. ...

...

§ 15 Allgemeine Bestimmungen

1. Der Prokurist erkennt den gültigen Rahmenvertrag der B ... sowie die gültigen Unternehmensleitsätze und Richtlinien für Mitarbeiter(-innen) als verbindlich an und ist verpflichtet, sich danach zu verhalten.

2. Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Kein Vertragspartner kann sich auf eine vom Vertrag abweichende tatsächliche Übung berufen, solange die Abweichung nicht schriftlich festgehalten ist. Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ungültig sein oder werden, so wird die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dieses Vertrages hiervon nicht berührt."

Bei dem in Bezug genommenen Rahmenvertrag handelt es sich um ein allein arbeitgeberseitig unterzeichnetes Regelwerk vom , das auszugsweise wie folgt lautet:

"§ 1

Regelung des Arbeitsverhältnisses

Alle Arbeitsverhältnisse und Arbeitsbedingungen werden durch diesen Rahmenvertrag mit Anlagen, individuelle Arbeitsverträge, ... geregelt. Bei Widersprüchen gilt die aufgeführte Reihenfolge. Die Regelungen dieses Rahmenvertrages können durch ausdrückliche individuelle Vereinbarungen im Arbeitsvertrag verändert werden.

...

§ 4

Arbeitszeit

...

(5) Samstage, Sonntage und gesetzliche Feiertage gelten nicht als Arbeitstage.

...

§ 10

Urlaub

(1) Jede(r) Mitarbeiter(in) hat unter Fortzahlung seines/ihres Gehalts in jedem Jahr Anspruch auf einen bezahlten Erholungsurlaub. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

(2) Anspruch ein auf Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat seit Bestehen des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses hat der/die Mitarbeiter(in), solange noch kein voller Urlaubsanspruch besteht.

(3) Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.

...

(8) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des/der Mitarbeiter(in) zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter(innen), die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. ...

(9) Der Urlaub sollte in zusammenhängenden Teilen von mindestens 10 Urlaubstagen gewährt werden.

Der Urlaub sollte im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Angestellten liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Falle der Übertragung sollte der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden.

...

(13) Der Urlaub darf nur insoweit finanziell abgegolten werden, als infolge Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses die Freizeit nicht mehr gewährt werden kann.

...

§ 13

Ausschlußfristen

(1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

(2) Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von sechs Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

..."

Die Dauer des Urlaubs im "Kalenderjahr (Urlaubsjahr)" war in § 10 Abs. 5 des Rahmenvertrages gestaffelt und auf bis zu 30 Arbeitstage festgelegt.

Zumindest nach Absprache im Einzelfall war es bei der späteren Insolvenzschuldnerin auch möglich, Urlaub nicht nur in das erste Quartal des Folgejahres sondern auch darüber hinaus zu übertragen. Ob eine generelle dahingehende betriebliche Praxis bestand - wie der Kläger behauptet hat -, ist streitig geblieben.

In der vom früheren Betriebserwerber geführten Urlaubskarte für das Jahr 2001 war festgehalten, dass bei Ablauf des Kalenderjahres 2000 dem Kläger noch ein Resturlaubsanspruch von elf Arbeitstagen zustand. Ob dieser Urlaub im Jahre 2000 aus betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte oder ob sich die frühere Betriebsinhaberin mit der Urlaubsgewährung in Verzug befand, ist streitig geblieben. Jedenfalls gewährte die frühere Arbeitgeberin dem Kläger im März und Mai insgesamt auf diesen Resturlaubsanspruch Urlaub an vier Arbeitstagen.

Das Amtsgericht Braunschweig hat am das Insolvenzverfahren eröffnet und den Streithelfer zum Insolvenzverwalter bestellt. Noch am selben Tag übertrug dieser den Betrieb an die Beklagte. In dem den Betriebsübergang zugrunde liegenden Kaufvertrag heißt es ua.:

"Sollte die Käuferin die bis zum Übergabestichtag entstandenen Urlaubsansprüche der übernommenen Mitarbeiter zu erfüllen haben, gleich ob durch Urlaubsgewährung oder Abgeltung, so stellt der Verkäufer die Käuferin von diesen Ansprüchen bis zu einem Betrag von maximal 45.000,-- DM frei."

Am forderte der Kläger die Beklagte als Betriebserwerberin auf, ihm auch den restlichen Urlaub aus 2000/2001 zu gewähren. Das wies die Beklagte mit Schreiben vom zurück.

Mit der am anhängig gemachten Klage hat der Kläger den restlichen Anspruch für 2000 in Höhe von sieben Arbeitstagen und den bis zum Betriebsübergang im Jahre 2001 entstandenen weiteren Urlaubsanspruch von zwölf Arbeitstagen gerichtlich geltend gemacht. Ein entsprechender Abgeltungsanspruch ist zur Tabelle angemeldet und auch festgestellt worden.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe den Urlaub auf Grund des Betriebsübergangs zu gewähren. Insolvenzrechtliche Gesichtspunkte stünden dem nicht entgegen.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm weitere 19 Tage Urlaub (Resturlaub aus den Jahren 2000 und 2001) zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Streitverkündete ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Das Arbeitsgericht hat einen Leistungsantrag des Klägers auf Gewährung des Urlaubs, den es als verkappten Feststellungsantrag behandelt hat, abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht dem nunmehr ausdrücklich gestellten Feststellungsantrag stattgegeben. Es hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Allein der Streitverkündete hat Revision eingelegt. Mit seiner Revision wendet er sich nur noch gegen die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass die Beklagte dem Kläger sieben Tage Resturlaub schuldet.

Gründe

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet.

A. Die Revision ist zulässig. Der Streitverkündete war als Streithelfer berechtigt, Revision einzulegen. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte sich diesem Rechtsmittel nicht angeschlossen hat. Ist - wie hier - der Dritte dem streitverkündenden Beklagten beigetreten, so bestimmt sich nach § 74 Abs. 1 ZPO das Verhältnis zu den Parteien nach den Grundsätzen der Nebenintervention. Aus § 66 Abs. 2 ZPO ergibt sich, dass ein Nebenintervenient selbständig Rechtsmittel einlegen kann. Nach dieser Vorschrift kann der Beitritt zum Rechtsstreit auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels erfolgen. Seine Grenze findet dieses in § 67 ZPO, wonach der Nebenintervenient Prozesshandlungen nur wirksam vornehmen kann, soweit nicht seine Handlung mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in Widerspruch steht. Ein solcher Widerspruch entsteht nicht allein dadurch, dass die Hauptpartei - wie hier - untätig ist. Vielmehr muss sie der Rechtsmitteleinlegung durch den Streithelfer ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten widersprechen ( - AP ZPO § 67 Nr. 4 = EzA ZPO § 67 Nr. 1; - NJW 1985, 2480).

B. Die Revision hat in der Sache keinen Erfolg. Wie das Landesarbeitsgericht erkannt hat, ist die Feststellungsklage zulässig und begründet.

I. Der Kläger hat ein Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO). Klärungsbedürftig ist allein, ob die unstreitig entstandenen Urlaubsansprüche des Klägers von der Beklagten als Betriebserwerberin zu erfüllen sind. Auch im Hinblick auf die Beteiligung Dritter an diesem Rechtsverhältnis ist hier eine Feststellungsklage prozesswirtschaftlich sinnvoll.

II. Die Klage ist begründet. Auf die Beklagte als Betriebserwerberin sind nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis übergegangen. Sie hat daher auch für den Resturlaub von sieben Tagen, der zwar im Jahre 2000 entstanden aber nicht erfüllt worden ist, einzutreten. Insolvenzrechtliche oder sonstige Einwendungen stehen dem nicht entgegen.

1. Zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs im Juni 2001 stand dem Kläger der geltend gemachte Urlaubsanspruch von sieben Tagen zu.

a) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass ursprünglich elf Arbeitstage umfassender Resturlaubsanspruch wirksam auf das Jahr 2001 vertraglich übertragen worden ist. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar lag kein Fall der gesetzlichen Übertragung des Urlaubs nach § 7 Abs. 3 BUrlG vor. Die Parteien können aber im Rahmen der Vertragsfreiheit vereinbaren, dass, wenn im Urlaubsjahr der volle entstandene Urlaubsanspruch nicht gewährt wird, eine entsprechende Zahl von Urlaubstagen der Höhe nach dem im Folgejahr neu entstehenden Urlaubsanspruch hinzutreten soll. Bedenken gegen eine derartige Vereinbarung bestehen - auch hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs - nicht, da sie für den Arbeitnehmer günstiger als die gesetzliche Regelung im BUrlG (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG) ist.

b) Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass dieser Urlaub nicht mit Ablauf des ersten Quartals des Jahres 2001 untergegangen ist. Das folgt aus dem zwischen den Parteien in Bezug genommenen Rahmenvertrag.

Bei dem Rahmenvertrag handelt es sich um eine allgemeine Arbeitsbedingung, deren Geltung die Insolvenzschuldnerin ersichtlich mit einer Vielzahl von Arbeitnehmern vereinbart hat. Die Auslegung einer derartigen typischen Vereinbarung ist vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüfbar (st. Rspr., vgl. nur Senat - 9 AZR 255/97 - AP BGB § 611 Nettolohn Nr. 10 = EzA BGB § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 32; ArbGV/Düwell § 73 Rn. 18). Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts hält diesem Überprüfungsmaßstab stand.

Nach § 10 Abs. 9 Unterabs. 2 Satz 3 des Rahmenvertrages "sollte" der Urlaub im Falle der Übertragung in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. Entgegen der Ansicht der Revision bestand aber keine entsprechende Rechtspflicht. Das folgt schon aus dem umgangssprachlichen Gebrauch des Wortes "sollte", das im Sinne von "soweit nichts dagegen spricht" gebraucht wird. Gleiches ergibt sich aus dem Unterschied zur gesetzlichen Regelung. Danach (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) "muß" der aus dem vorangegangenen Kalenderjahr stammende Urlaub in den ersten drei Monaten des Kalenderjahres genommen werden. Der "Rahmenvertrag" zeichnet sich durch bis ins Einzelne gehende präzise Formulierungen aus. Daraus kann entnommen werden, dass diese Abweichung vom Bundesurlaubsgesetz bewusst gewählt wurde, um eine starre Regelung zu vermeiden. Damit ist der automatische Verfall des aus dem vorhergehenden Urlaubsjahr stammenden Urlaubs mit Ablauf des ersten Quartals des Folgejahres nicht zu vereinbaren.

Es kann dahingestellt bleiben, ob eine derartige Regelung auch für den gesetzlichen Mindesturlaub als günstigere Regelung (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG) zulässig ist (vgl. für die Übertragungsansprüche aus dem Urlaubsjahr in das erste Quartal des Folgejahres: Senat - 9 AZR 174/02 - DB 2003, 2180, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Da die Insolvenzschuldnerin dem Kläger innerhalb des ersten Quartals 2001 drei Urlaubstage gewährte und den Anspruch insoweit erfüllte (§ 362 Abs. 1 BGB), verblieb zum Ende des Übertragungszeitraums lediglich ein Resturlaub von acht Arbeitstagen. Angesichts des Urlaubsanspruchs des Klägers von 30 Arbeitstagen war der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen nach § 3 BUrlG, der 20 Arbeitstagen entspricht (vgl. dazu Senat - 9 AZR 261/01 - AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 27 = EzA BetrVG 2001 § 38 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen), bereits vor Ablauf des ersten Quartals 2001 erfüllt. Hinsichtlich des übergesetzlichen Urlaubs unterliegen die Parteien keinen Beschränkungen. Sie können frei vereinbaren, wann er gewährt werden soll ( - BAGE 100, 189).

c) Entgegen der Ansicht der Revision stand einem Anspruch auf Urlaubsgewährung durch die Insolvenzschuldnerin auch nicht § 11 Nr. 3 des Arbeitsvertrages entgegen.

Nach der genannten Bestimmung ist der Urlaubsanspruch abzugelten, soweit er aus zwingenden geschäftlichen Gründen ganz oder teilweise nicht genommen werden kann. Die Bestimmung stellt darauf ab, dass es objektiv unmöglich ist, den Urlaub noch zu gewähren. Die Regelung nimmt keine bestimmten Übertragungszeiträume in Bezug. Sie greift daher nur ein, wenn der Urlaub insgesamt nicht mehr gewährt werden kann. Es kann dahingestellt bleiben, ob man dies auf Fälle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beschränken kann, oder sonstige Fälle, in denen eine Urlaubsgewährung im laufenden Arbeitsverhältnis nicht denkbar erscheint, einbezieht. Es ist nichts dazu festgestellt, dass es unmöglich gewesen sein sollte, den Urlaub zu gewähren.

d) Der Anspruch war auch nicht nach der Ausschlussklausel in § 13 des Rahmenvertrages verfallen. Eine derartige Klausel, nach der alle Ansprüche innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Fälligkeit geltend gemacht werden müssen, ist nicht auf Urlaubsansprüche anwendbar. Das folgt aus der gesetzlichen Befristung des Urlaubsanspruchs (vgl. Senat - 9 AZR 549/91 - AP BUrlG § 1 Nr. 23 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 102; Leinemann/Linck Urlaubsrecht § 13 BUrlG Rn. 41 bis 43), an die sich die vertragliche Rahmenregelung der früheren Betriebsinhaberin ersichtlich angelehnt hat.

e) Demnach hatte der Kläger gegen die Insolvenzschuldnerin einen Anspruch von elf Arbeitstagen Urlaub aus dem Jahr 2000. Darauf sind die vier bis einschließlich Mai 2001 gewährten Urlaubstage anzurechnen, da dieser Urlaub im Vergleich zu dem auf das Jahr 2001 bezogenen Urlaub der ältere nach der Vereinbarung der Parteien noch zu berücksichtigende Urlaub ist (§ 366 Abs. 2 BGB). Es verbleibt demnach ein Urlaubsanspruch von sieben Tagen.

2. Die Beklagte hat auf Grund des Betriebsüberganges diesen Urlaub zu gewähren. Insolvenzrechtliche oder sonstige Gründe stehen dem nicht entgegen.

a) Mit dem Betriebsübergang ist die Beklagte in die Rechte und Pflichten aus dem zum Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Insolvenzschuldnerin eingetreten (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB). Das gilt auch für Urlaubsansprüche. Der Wechsel des Arbeitgebers durch Betriebsübergang stellt kein Ende des Arbeitsverhältnisses zum Veräußerer dar, auf Grund dessen sich der Urlaub gesetzlich (§ 7 Abs. 4 BUrlG; dazu - AP BGB § 613a Nr. 202 = EzA BGB § 613a Nr. 189; vgl. auch - ZIP 1998, 483) oder auf Grund vertraglicher Regelungen (hier § 11 Nr. 3 des Arbeitsvertrages der Parteien) in einen Abgeltungsanspruch gegenüber dem Veräußerer umwandelt.

b) Der Verpflichtung der Beklagten stehen auch nicht die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten insolvenzrechtlichen Einschränkungen der Haftung des Betriebserwerbers entgegen.

Nach der noch unter der Konkursordnung entwickelten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend - 3 AZR 160/79 - BAGE 32, 326; vgl. auch bereits Wiedemann/Willemsen RdA 1979, 418), an der auch unter der Geltung der Insolvenzordnung festzuhalten ist ( - AP InsO § 113 Nr. 10 = EzA BGB § 613a Nr. 211), gilt die Haftung des Betriebserwerbers für rückständige Forderungen (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) im Insolvenzverfahren nur eingeschränkt. Soweit die besonderen Verteilungsgrundsätze des Insolvenzrechts eingreifen, gehen diese vor. Solche Verteilungsgrundsätze bestehen nur hinsichtlich der Forderungen, die ein Gläubiger als Insolvenzgläubiger geltend zu machen hat (§§ 38, 174 ff. InsO). Dagegen sind Forderungen, die sich als Masseverbindlichkeiten gegen die Insolvenzmasse richten, aus dieser ohne irgendwelche Beschränkungen vorweg zu berichtigen (§ 53 InsO). Die insolvenzrechtliche Beschränkung der Haftung nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ergreift deshalb lediglich Insolvenz-, nicht jedoch Masseforderungen ( - BAGE 53, 380). Der Anspruch auf Urlaubsgewährung ist Masseforderung.

Nach § 108 Abs. 1 InsO bleibt das Arbeitsverhältnis auch nach der Insolvenzeröffnung bestehen. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis werden nach Abs. 2 der Regelung nur dann Insolvenzforderungen, wenn es sich um solche "für" die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens handelt. Dazu gehören Urlaubsansprüche nicht. Sie sind auf Freistellung von der Arbeitsleistung bei Fortzahlung der Bezüge gerichtet ( - BAGE 37, 382), nicht von einer Arbeitsleistung im Kalenderjahr abhängig und werden damit nicht monatlich verdient. Soweit sie noch nicht zeitlich festgelegt sind, können sie keinem bestimmten Zeitraum zugeordnet werden ( - AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 35 = EzA BUrlG § 7 Nr. 56). Damit verbietet sich auch eine rechnerische Zuordnung bestimmter Urlaubstage auf Zeitpunkte vor und nach Eröffnung der Insolvenz (Senat - 9 AZR 174/02 - DB 2003, 2180, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, für den Fall von Urlaub, der auf das Jahr der Insolvenzeröffnung bezogen ist). Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Freistellung bleibt vielmehr von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt ( - BAGE 54, 59).

Diese Grundsätze gelten auch, wenn - wie hier - nicht der im Jahr der Insolvenzeröffnung entstandene Urlaub in Frage steht, sondern zu dem Urlaubsanspruch des laufenden Jahres auf Grund vertraglicher Vereinbarung der Parteien auch Restansprüche des Vorjahres hinzugetreten sind. Das entspricht dem Zweck der Abgrenzung in § 108 Abs. 2 InsO. Diese Bestimmung entspricht in ihrer Struktur § 105 InsO (Smid Insolvenzordnung § 108 InsO Rn. 8). § 105 InsO betrifft teilbare Leistungen und ordnet an, dass der Anspruch auf die Gegenleistung für den Teil der Leistung, der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits erbracht wurde, Insolvenzforderung ist. Urlaub ist aber keine Gegenleistung für eine bestimmte Arbeitsleistung. Das gilt für das Bundesurlaubsgesetz (grundlegend - BAGE 37, 382) und auch für den übergesetzlichen vertraglichen Urlaubsanspruch des Klägers, da die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien keine vom Bundesurlaubsgesetz abweichende Systematik enthalten.

Auch der nicht auf das Jahr der Insolvenzeröffnung bezogene Urlaubsanspruch richtet sich im Übrigen darauf, dass der Arbeitnehmer von einer bestehenden Arbeitspflicht freigestellt wird, ohne dadurch den Anspruch auf Arbeitsentgelt zu verlieren. Das gilt sowohl, wenn er auf dem Bundesurlaubsgesetz beruht ( - BAGE 45, 184) als auch für den auf den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien, die insoweit keine abweichende Systematik enthalten, beruhenden Urlaub. Auch die Urlaubsansprüche des Klägers sind deshalb unabhängig vom Urlaubsjahr zu gewähren und können daher keinem bestimmten Zeitraum zugeordnet werden, soweit ihre zeitliche Dauer noch nicht vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 7 Abs. 1 BUrlG festgesetzt worden war.

c) Der geltend gemachte Anspruch ist auch nicht durch den bis zur Revisionsverhandlung eingetretenen weiteren Zeitablauf ersatzlos untergegangen.

aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob der vertraglich auf das Jahr 2001 übertragene Urlaub mit dem Ablauf des Jahres 2001 erloschen oder weiter übertragen worden ist. Zu Gunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass der Urlaubsanspruch spätestens mit dem Ende des Jahres 2002 verfallen ist. Dennoch hat die Beklagte den geforderten Urlaub zu gewähren. Hat der Arbeitnehmer nämlich den Urlaubsanspruch vor seinem Erlöschen erfolglos geltend gemacht, hat der Beklagte auf Grund Verzugs für den untergegangenen Anspruch einzustehen (§ 284 Abs. 1, § 286 Abs. 1, § 297, § 249 Satz 1 BGB aF; vgl. Senat - 9 AZR 190/02 - AP BUrlG § 3 Rechtsmissbrauch Nr. 17 = EzA BUrlG § 1 Nr. 25). So ist es hier. Der Kläger hat den Urlaubsanspruch gegenüber der Beklagten am erfolglos geltend gemacht. Damit war die Beklagte mit der Gewährung des Urlaubs in Verzug geraten und hat deshalb Ersatzurlaub zu gewähren.

bb) Die Ausschlussfrist in § 13 des Rahmenvertrages erfasst den urlaubsrechtlichen Erfüllungsanspruch - wie dargelegt - nicht. Ob dies für den Schadensersatzanspruch gilt, kann dahingestellt bleiben. Diese Frist hat der Kläger durch seine schriftliche Geltendmachung vom und die beim Arbeitsgericht am eingegangene Klage gewahrt, da er seine Forderung bereits vor Entstehen eines möglichen Schadensersatzanspruchs bei Ablauf des Jahres 2001 geltend gemacht hat. Ist der Anspruch als Erfüllungsanspruch geltend gemacht, erübrigt sich eine erneute Geltendmachung als Schadensersatzanspruch (Senat - 9 AZR 549/91 - AP BUrlG § 1 Nr. 23 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 102).

d) Die Beklagte hat den Anspruch auch nicht durch Urlaubsgewährung im Jahre 2001 erfüllt. Nach ihrer insoweit maßgeblichen Bestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) sollten die streitbefangenen Urlaubstage gerade nicht gewährt werden.

e) Ebensowenig steht der Geltendmachung des Anspruchs entgegen, dass der Kläger einen entsprechenden Abgeltungsanspruch zur Tabelle angemeldet hat. Diese Anmeldung hindert den Anmeldenden weder daran, den Anspruch außerdem noch als Masseforderung (Senat - 9 AZR 174/02 - DB 2003, 2180, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; - BAGE 62, 88), noch ihn gegenüber Dritten geltend zu machen. Die zügige Anmeldung auch zweifelhafter Forderungen entspricht der ordnungsgemäßen Durchführung des Insolvenzverfahrens. Deshalb ist beim Beschluss über die Insolvenzeröffnung eine Frist zur Anmeldung von Forderungen festzusetzen (§ 28 Abs. 1 InsO).

C. Der auf Seiten der Beklagten dem Rechtsstreit beigetretene Streitverkündete hat die Kosten des Revisionsverfahrens nach § 74 Abs. 1, § 101 Abs. 1 2. Halbsatz ZPO zu tragen.

Fundstelle(n):
BB 2004 S. 1748 Nr. 32
BB 2005 S. 2015 Nr. 37
DB 2004 S. 1267 Nr. 23
SAAAB-95106

1Für die Amtliche Sammlung: Ja; Für die Fachpresse: Nein