Leitsatz
[1] 1. Liegen gleichqualifizierte Bewerbungen zu einem öffentlichen Amt vor, so verbleibt dem Arbeitgeber ein Auswahlermessen. Dieses wird im Land Rheinland-Pfalz eingeschränkt durch den in den §§ 7, 9 LGG geregelten Vorrang für Frauen, soweit und solange diese in der für das Amt maßgeblichen Vergütungsgruppe unterrepräsentiert sind.
2. Die in § 7 Abs. 1 LGG geregelte vorrangige Berücksichtigung von Frauen verstößt schon deshalb nicht gegen Art. 3 Abs. 3 GG, weil in der Person eines Mitbewerbers liegende schwerwiegende Gründe die vorrangige Berücksichtigung der Frau ausschließen können.
3. § 7 Abs. 1 LGG verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 3 der Richtlinie 76/207/EWG vom . Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie läßt Maßnahmen zur Frauenförderung zu. Der in § 7 Abs. 1 LGG geregelte Vorrang ist eine zulässige Maßnahme der Frauenförderung. Die in § 9 LGG getroffene Härtefallregelung hält den öffentlichen Arbeitgeber stets zu einer Einzelfallprüfung an, so daß weiblichen Mitbewerberinnen kein absoluter und unbedingter Vorrang eingeräumt ist.
Gesetze: GG Art. 33 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 3; Richtlinie 76/207/EWG Art. 2 Abs. 1; Richtlinie 76/207/EWG Art. 2 Abs. 4; Richtlinie 76/207/EWG Art. 3; SGB IV § 29; Landesgleichstellungsgesetz Rheinland-Pfalz § 4; Landesgleichstellungsgesetz Rheinland-Pfalz § 7; Landesgleichstellungsgesetz Rheinland-Pfalz § 9
Instanzenzug: ArbG Koblenz 6 Ca 1338/00 vom LAG Rheinland-Pfalz 6 Sa 984/01 vom
Tatbestand
Der 1962 geborene Kläger verlangt die Übertragung einer am ausgeschriebenen Stelle als Schwerpunktsachbearbeiter der Besoldungsgruppe A 10 in der Zweigstelle A.
Er ist seit August 1980 bei der Beklagten als Sozialversicherungsfachangestellter beschäftigt und seit September 1990 unter Höhergruppierung in die VergGr. IV b BAT als Sachbearbeiter in der Leistungsabteilung der Zweigstelle A tätig.
Im Ausschreibungstext heißt es ua.:
"Die Bewerbung ist offen für Beamtinnen und Beamte der Besoldungsgruppen A 9 g.D. und A 10 sowie für Angestellte der Vergütungsgruppen Vb - Fallgruppe 1 a - und IV b BAT..."
Neben dem Kläger bewarb sich ua. auch die Verwaltungsinspektorin K. Die 1971 geborene Mitbewerberin ist seit September 1993 bei der Beklagten tätig, seit Mai 1995 unter Höhergruppierung in die Besoldungsgruppe A 9 als Sachbearbeiterin in der Leistungsabteilung der Zweigstelle A.
Zur Durchführung von Beförderungen wandte die Beklagte zunächst ihre internen Beförderungsgrundsätze vom an.
Diese lauten soweit maßgeblich wie folgt:
"Wenn mehrere in ihrer Qualifikation gleichwertige Bedienstete für die Besetzung einer Stelle in Frage kommen, muß das Prinzip der Anciennität den Vorrang haben; das bedeutet, daß zunächst das höhere Dienstalter entscheidend sein soll, wobei in der Regel die Dienstzeit in der letzten Besoldungsgruppe/Vergütungsgruppe zum Vergleich herangezogen wird, nicht jedoch die Dienstzeit in der gesamten Laufbahn."
Der Berechnung des höheren Allgemeinen Dienstalters (ADA) der Mitbewerberin K. legte die Beklagte eine Regelung aus einer internen Beförderungsrichtlinie vom zugrunde:
"Beginn des ADA mit der ersten Verleihung eines Amtes (Anstellung) bzw. mit der Verleihung eines Beförderungsamtes."
Im Landesgleichstellungsgesetz Rheinland-Pfalz vom (GVBl. Rheinland-Pfalz 1995 S. 209; im folgenden LGG genannt) heißt es zu Beförderungen:
"§ 7
Einstellung und Beförderung
(1) Frauen sind bei Einstellung, Beförderung, Höhergruppierung und Aufstieg in die nächsthöhere Laufbahn bei gleichwertiger Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu berücksichtigen, soweit und solange eine Unterrepräsentanz (§ 4 Abs. 3) vorliegt.
§ 4
Begriffsbestimmungen
(3) Unterrepräsentanz liegt vor, wenn im Geltungsbereich eines Frauenförderplanes der Frauenanteil innerhalb einer Besoldungs-, Vergütungs- oder Lohngruppe sowie in Funktionen mit Vorgesetzten- oder Leitungsaufgaben weniger als die Hälfte beträgt und nicht aufgabenspezifische Abweichungen begründet sind.
§ 9
Härteklausel
§ 7 Abs. 1 und § 8 gelten nicht, wenn in der Person eines Mitbewerbers so schwerwiegende Gründe vorliegen, daß sie auch unter Beachtung des Gebotes zur Gleichstellung der Frauen überwiegen."
Nach Inkrafttreten des LGG modifizierte die Beklagte in einem "Vermerk" vom ihre Beförderungsgrundsätze. Hiernach bleiben die Grundsätze vom weiterhin maßgeblich. Bei gleicher Qualifikation soll vorrangig das Prinzip der Anciennität gelten. Maßgeblich ist danach das Dienstalter in der letzten Besoldungsgruppe/Vergütungsgruppe. "Bis zum Ergehen einer anderslautenden Rechtsprechung" ist nunmehr ergänzend geregelt:
"Um einer bestehenden Unterrepräsentanz von Frauen entgegen zu wirken, soll jedoch ein bis 59 Monate ungünstigeres ADA auf seiten der Bewerberin unschädlich sein. Erst wenn der Unterschied im ADA 60 Monate und mehr beträgt, wird in der Person des männlichen Bewerbers ein Härtefall im Sinne der Härtefallregelung erblickt mit der Folge, daß auf der Beförderungsstelle der männliche Bewerber zu berücksichtigen ist."
Aus Anlaß ihrer Bewerbung erhielten der Kläger und die Mitbewerberin K. eine dienstliche Beurteilung mit der Gesamtnote "gut - befriedigend". Die Gesamtnote setzte sich aus unterschiedlich gewichteten Einzeldurchschnittsnoten zusammen. Der Kläger erhielt die Gesamtdurchschnittsnote "2,46", die Mitbewerberin die Gesamtdurchschnittsnote "2,56". Ausgehend vom Zeitpunkt der letzten Beförderung des Klägers im September 1990 berechnete die Beklagte ein um 56 Monate höheres ADA des Klägers gegenüber der zuletzt im Mai 1995 beförderten Mitbewerberin.
Mit Schreiben vom teilte die Beklagte mit, daß beabsichtigt sei, die Stelle an die Mitbewerberin K. zu übertragen. Sie wurde im April 2000 ohne Beförderung und endgültige Übertragung des Amtes vorläufig mit den Aufgaben der ausgeschriebenen Stelle beauftragt.
Der Kläger hat beantragt,
das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom - 6 Sa 984/01 - aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die im Juli 1999 ausgeschriebene Stelle als Schwerpunktsachbearbeiter, an den Kläger zu übertragen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Der Kläger verfolgt mit der Revision seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt deren Zurückweisung.
Gründe
A. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I. Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 ZPO). Er konkretisiert die Beschäftigung, die dem Kläger als Schwerpunktsachbearbeiter Besoldungsgruppe A 10 in der Leistungsabteilung übertragen werden soll (vgl. Senat - 9 AZR 668/96 - BAGE 87, 171).
II. Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger kann den Anspruch auf Übertragung der ausgeschriebenen Stelle weder auf Art. 33 Abs. 2 GG noch auf einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt stützen.
1. Art. 33 Abs. 2 GG eröffnet jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Die Vorschrift sichert auch den Zugang von Angestellten zu Beförderungsämtern zu (vgl. - zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Die Stelle, deren Übertragung der Kläger verlangt, fällt in den Schutzbereich des Art. 33 Abs. 2 GG. Die von der Beklagten als rechtsfähiger Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 29 SGB IV) zu besetzende Stelle ist ein Amt iSv. Art. 33 Abs. 2 GG. Ein Beförderungsanspruch wächst dem Bewerber nur dann zu, wenn sich nach den Verhältnissen im Einzelfall jede andere Entscheidung als rechtswidrig darstellt und mithin die Berücksichtigung dieses Bewerbers die einzig rechtmäßige Entscheidung ist (Senat - 9 AZR 668/96 - BAGE 87, 171, mwN; - 9 AZR 445/96 - BAGE 87, 165). Ist dies nicht der Fall, können die Gerichte die angegriffene Auswahlentscheidung des Arbeitgebers nicht durch eine eigene Beurteilung ersetzen ( (A) - BAGE 82, 211).
2. Die Übertragung der ausgeschriebenen Stelle auf den Kläger stellt sich nicht als die einzig mögliche rechtmäßige Auswahlentscheidung der Beklagten dar.
a) Die Revision rügt ohne Erfolg, der Kläger sei gegenüber der ausgewählten Bewerberin K. besser qualifiziert. Beide Bewerber sind gleich qualifiziert, weil beide die Gesamtnote "gut - befriedigend" erhalten haben.
aa) Bei der Feststellung der in Art. 33 Abs. 2 GG bezeichneten Qualifikationsmerkmale steht dem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Sind Feststellungen zur Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerber im Rahmen von dienstlichen Beurteilungen getroffenen worden, so beschränkt sich deren gerichtliche Überprüfung darauf, ob der Arbeitgeber bei seiner wertenden Entscheidung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet hat und ein fehlerfreies Verfahren eingehalten hat ( - BVerwGE 115, 58; (A) - BAGE 82, 211). Die Gewichtung der einzelnen Qualifikationsmerkmale ist wesentlicher Bestandteil des Beurteilungsspielraums des Arbeitgebers ( - DVBl. 1994, 118; - 2 A 3/00 - aaO; -; vgl. - ZBR 1994, 278).
bb) Mit der Beurteilung der Qualifikation beider Bewerbungen als gleichwertig hat die Beklagte ihren Bewertungsspielraum gewahrt. Entgegen der Revision ist zur Beurteilung der Gleichwertigkeit der Qualifikation nicht auf die Einzelnoten aus den jeweiligen Beurteilungen abzustellen. Die Beklagte hat die abschließende Bewertung der Qualifikation erst getroffen, nachdem sie das Gewicht der jeweiligen Einzelnoten festgestellt und hieraus eine Gesamtnote errechnet hat. Danach haben sowohl der Kläger als auch die Mitbewerberin die Notenstufe erreicht, die eine Gesamtbeurteilung als "gut - befriedigend" rechtfertigt. Die geringfügige Differenz zwischen den rechnerischen Notendurchschnitten von 2,46 und 2,56 ist nicht so erheblich, daß sich daraus eine "bessere" Endnote ergeben müßte.
b) Die zugunsten der gleich qualifizierten Mitbewerberin K. getroffene Auswahlentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Sind zwei Bewerber gleich qualifiziert, verbleibt dem Arbeitgeber ein weitgehendes Auswahlermessen; denn das Kriterium der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG ist dann gewahrt ( - DVBl. 1994, 118). Art. 33 Abs. 2 GG schreibt für die noch offene Auswahlentscheidung nichts weiter vor ( - BAGE 73, 269). Der Arbeitgeber kann zu seiner weiteren Entscheidungsfindung Hilfskriterien heranziehen. Diese dürfen nicht sachwidrig sein ( (A) - BAGE 82, 211).
Im Streitfall wird das Ermessen bei der Auswahl gleichqualifizierter Bewerber zugunsten der Mitbewerberin K. durch die gesetzliche Pflicht der Beklagten nach § 7 Abs. 1 LGG beschränkt. Nach dieser landesrechtlichen Bestimmung sind bei Unterrepräsentanz weibliche Bewerberinnen bevorzugt zu berücksichtigen, es sei denn, die Bevorzugung der Frau wäre für den männlichen Bewerber ein besonderer Härtefall. Ein derartiger Härtefall (§ 9 LGG) ist in der Person des Klägers nicht gegeben.
aa) Die Voraussetzungen des Förderungsanspruchs nach § 7 Abs. 1 LGG sind erfüllt. Die Beklagte hat als mittelbare Landesverwaltung (§ 2 Abs. 1 LGG) das LGG anzuwenden (Schiek Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder 2. Aufl. § 2 LGG Rh-Pf Rn. 2596). Beide Bewerber haben vorliegend die gleiche Qualifikation. Das Landesarbeitsgericht hat für das Revisionsgericht bindend festgestellt, daß eine Unterrepräsentanz iSd. § 4 Abs. 3 LGG vorliegt. Es hat zu Recht nicht zwischen den Beschäftigtengruppen der Angestellten und Beamten unterschieden (vgl. Senat - 9 AZR 668/96 - BAGE 87, 171).
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers ist der in § 7 Abs. 1 LGG in Verbindung mit § 9 LGG geregelte Vorrang verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen folgt aus dem Gebot des Art. 3 Abs. 2 GG, die Gleichberechtigung der Geschlechter auch tatsächlich durchzusetzen. Danach dürfen faktische Nachteile, die typischerweise Frauen treffen, durch begünstigende Regelungen ausgeglichen werden ( - BVerfGE 85, 191).
Entgegen der Revision ist diese Art der Frauenförderung nicht durch Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ausgeschlossen. Die Abgrenzung zwischen einer zulässigen Maßnahme zur Durchsetzung der Gleichberechtigung (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG) und einer verbotenen Diskriminierung (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG) ist mit dem Mittel der praktischen Konkordanz zu lösen. Sie wird hier durch die vorausgesetzte gleichwertige Qualifikation (§ 7 Abs. 1 LGG), die Unterrepräsentanz von Frauen nach § 4 Abs. 3 LGG sowie die Härtefallregelung in § 9 LGG gewährleistet. Damit ist auch eine unverhältnismäßige Belastung von männlichen Bewerbern ausgeschlossen. Sie können sich wegen der Härtefallregelung im Einzelfall auch gegenüber den nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG geförderten Frauen durchzusetzen (vgl. - BAGE 73, 269; Senat - 9 AZR 668/96 - BAGE 87, 171).
cc) Die in §§ 7 und 9 LGG getroffene Vorrangsregelung ist auch mit europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar. Die Härtefallregelung in § 9 LGG verhindert, daß automatisch weiblichen Bewerbern der Vorrang eingeräumt wird.
Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 3 der Richtlinie 76/207/EWG vom verbietet eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts bei den Bedingungen des Zugangs zur Beschäftigung einschließlich der Auswahlkriterien. Art. 2 Abs. 4 Richtlinie 76/207/EWG läßt jedoch ausnahmsweise Maßnahmen zu, die das Ziel haben, bestehende faktische Ungleichheiten zu beseitigen oder zu verringern. Darunter sind Maßnahmen zu verstehen, die Frauen bei gleicher Qualifikation in einem Bereich, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, einen Vorrang einräumen (vgl. auch: Begründungserwägung zur Empfehlung des Rates 84/635/EWG vom zur Förderung positiver Maßnahmen für Frauen; Abl. L 331, S. 34). Da Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie 76/207/EWG eine Ausnahmeregelung zum Diskriminierungsverbot des Absatzes 1 enhält, muß die Vorschrift eng ausgelegt werden ( - EuGHE I 1995, 3051). Maßnahmen, die Frauen absolut und unbedingt einen Vorrang einräumen, überschreiten die Grenzen der Ausnahmeregelung. Sie dienen nicht mehr der Förderung der Chancengleichheit. Eine nationale Regelung zur Frauenförderung, die den weiblichen Bewerbern automatisch den Vorrang eingeräumt, verstößt gegen europäisches Gemeinschaftsrecht ( - aaO). Die Grenzen einer zulässigen Förderungsmaßnahme hält eine Vorrangsregelung nur ein, wenn die Bevorzugung entfällt, sofern in der Person eines männlichen Mitbewerbers schwerwiegende Gründe vorliegen ( - EuGHE I 1997, 6363; - C-158/97 - EuGHE I 2000, 1875, zu § 10 Gleichberechtigungsgesetz Hessen). Die Härtefallregelung in § 9 LGG stellt eine Begrenzung der Frauenförderung dar, wie sie der EuGH verlangt; denn sind die in der Person des Bewerbers liegenden Gründe so schwerwiegend, daß sie das Gebot der Gleichstellung unterrepräsentierter Frauen überwiegen, darf die Mitbewerberin nicht bevorzugt berücksichtigt werden.
Die durch § 7 LGG geregelte Ausnahme von dem in der Richtlinie verankerten Recht der Gleichbehandlung von Männern und Frauen ist auch verhältnismäßig (vgl. - EuGHE I 2002, 2891). Sie geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Ziels angemessen und erforderlich ist.
c) Die Beklagte durfte bei der Auswahlentscheidung das 56 Monate höhere Allgemeine Dienstalter (ADA) des Klägers unberücksichtigt lassen.
aa) Ob das höhere ADA des Klägers so schwer wiegt, daß es als gewichtiger anzusehen ist als die Gleichstellung unterrepräsentierter Frauen, muß nach dem europa- und verfassungsrechtlich legitimierten Ziel des Gleichstellungsgesetzes beurteilt werden.
bb) Die Bestimmung der Gründe, die einer Bevorzugung einer Frau entgegengehalten werden können, ist Aufgabe der nationalen Gerichte ( - EuGHE I 1997, 6363; - C-158/97 - EuGHE I 2000, 1875). Diese haben dabei die Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Richtlinie anzuwenden und zu beachten, daß diese Gründe ihrerseits keine diskriminierende Wirkung gegenüber Frauen haben ( - aaO; - C-158/97 - aaO; - C-407/98 - EuGHE I 2000, 5539; (A) - BAGE 82, 211; Mallossek Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Gleichbehandlungsrichtlinie 76/207/EWG und ihre Auswirkungen auf das deutsche Arbeitsrecht S. 161; Schiek Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder 2. Aufl. Rn. 281 f., 2634).
cc) Die Berücksichtigung des Dienstalters ist im Rahmen einer Härtefallregelung nicht ausgeschlossen (vgl. - EUGHE I 2000, 1875; - C-407/98 - EUGHE I 2000, 5539). Sie darf allerdings nicht dem gemeinschaftsrechtlich zugelassenen Ziel der Frauenförderung zuwiderlaufen. Mit dem LGG ist eine Beschleunigung der geschlechterparitätischen Besetzung der (Beförderungs-) Stellen bezweckt. Das europa- und verfassungsrechtliche Gebot der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen soll so zeitnah verwirklicht werden. Mit dieser Zielsetzung ist es unvereinbar abzuwarten, bis das Dienstalter geeigneter Bewerberinnen das der männlichen Bewerber erreicht. Die schrankenlose Berücksichtigung des höheren Dienstalters zugunsten eines männlichen Bewerbers führte zu einer mittelbaren Diskriminierung des anderen Geschlechts; denn die Tatbestände, die zu einem geringeren ADA führen, insbesondere der spätere Eintritt in das Berufsleben oder die Unterbrechung der Berufstätigkeit wegen Kindererziehungszeiten, betreffen überwiegend Frauen.
dd) Die Handhabung der Beklagten, zugunsten der männlichen Bewerber erst ein mindestens 60 Monate längeres ADA als Hilfskriterium heranzuziehen, vermeidet diese Diskriminierung. Sie gleicht einen typischen Nachteil von Frauen aus.
ee) Die Revision rügt ohne Erfolg, es sei rechtswidrig, einen Härtefall erst bei einem höheren Dienstalter als 59 Monate beginnen zu lassen und ihn wegen der Unterschreitung um wenige Monate auszuschließen. Eine derartige am Stichtagsprinzip orientierte Regelung ist nicht zu beanstanden. Sie dient der objektiven Überprüfbarkeit von Auswahlentscheidungen und gewährleistet eine weitgehende Gleichbehandlung der Bewerber.
d) Sonstige in der Person des Klägers liegende schwerwiegende Gründe gem. § 9 LGG liegen nicht vor.
B. Der Kläger hat gem. § 97 ZPO die durch seine erfolglose Revision verursachten Kosten zu tragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2003 S. 2296 Nr. 43
TAAAB-94968
1Für die Amtliche Sammlung: Ja; Für die Fachpresse: Nein