BAG Beschluss v. - 7 ABR 37/04

Leitsatz

[1] Vergrößert sich die Zahl der Mitglieder des Gesamtbetriebsrats und dadurch nach § 51 Abs. 1 Satz 2 BetrVG auch die Zahl der Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses, weil die Betriebsräte der nach § 613a BGB übergegangenen Betriebe ebenfalls Mitglieder in den Gesamtbetriebsrat entsandt haben, sind alle weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses nach dem Prinzip der Verhältniswahl neu zu wählen. Ein Nachrücken von Ersatzmitgliedern oder eine Nachwahl, beschränkt auf die zusätzlichen Sitze, ist unzulässig.

Gesetze: BetrVG § 51 Abs. 1; BetrVG § 47 Abs. 1; BetrVG § 47 Abs. 2; BetrVG § 47 Abs. 4; BetrVG § 27 Abs. 1; BetrVG § 21; BetrVG § 22; BetrVG § 13 Abs. 2; ArbGG § 83 Abs. 3

Instanzenzug: ArbG Stuttgart 7 BV 261/02 vom LAG Baden-Württemberg 5 TaBV 6/03 vom

Gründe

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob nach einer Vergrößerung des Gesamtbetriebsrats infolge von Betriebsübergängen die weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses neu zu wählen sind oder zumindest die Nachwahl von zwei weiteren Ausschussmitgliedern neu vorzunehmen ist und nach welchen Verfahrensgrundsätzen eine Neu- bzw. Nachwahl zu erfolgen hat.

Die zu 1) bis 7) beteiligten Antragsteller sind bzw. waren Mitglieder des zu 9) beteiligten Gesamtbetriebsrats im Unternehmen der zu 10) beteiligten Arbeitgeberin. Die zu 8) beteiligte Antragstellerin ist die Gewerkschaft IG Metall.

Die Arbeitgeberin übernahm zum die Betriebe der C C GmbH (im Folgenden: CC GmbH). Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte die Arbeitgeberin in der Bundesrepublik Deutschland 6.635 Arbeitnehmer in Betrieben, für die zehn Betriebsräte gebildet waren. Im Unternehmen der Arbeitgeberin war auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung vom zur abweichenden Regelung der Mitgliederzahl nach § 47 Abs. 4 BetrVG ein aus 18 Mitgliedern bestehender Gesamtbetriebsrat gebildet. Die CC GmbH beschäftigte zur Zeit der Übernahme in zehn Betrieben mit zehn Betriebsräten insgesamt 2.144 Arbeitnehmer. Infolge der Übernahme dieser zehn Betriebe durch die Arbeitgeberin erhöhte sich die Zahl der Gesamtbetriebsratsmitglieder auf der Grundlage der genannten Betriebsvereinbarung von 18 auf 29 Mitglieder.

Die erste Sitzung des auf 29 Mitglieder vergrößerten Gesamtbetriebsrats fand am 11./ statt. Dort wurde einstimmig beschlossen, den Gesamtbetriebsausschuss von sieben auf neun Mitglieder zu vergrößern. Die noch vorhandenen Ersatzmitglieder verzichteten auf ihr Nachrücken mit Ausnahme des Ersatzmitglieds R. Daraufhin wurde nur noch ein Mitglied des Gesamtbetriebsausschusses nachgewählt. Ausweislich des Protokolls wurden für die Wahl in den Gesamtbetriebsausschuss B und C vorgeschlagen. Nach dem bekannt gegebenen Wahlergebnis wurde C mit 5.718 Stimmen in den Gesamtbetriebsausschuss gewählt, während auf B 2.993 Stimmen entfielen.

Mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift haben die Beteiligten zu 1) bis 7) und die zu 8) beteiligte Gewerkschaft geltend gemacht, die Nachwahl von Ausschussmitgliedern verstoße gegen Grundsätze des Betriebsverfassungsgesetzes zu Wahlen im Gesamtbetriebsrat.

Sie haben die Auffassung vertreten, durch den Übergang der Betriebe der CC GmbH habe sich die Unternehmensstruktur und dementsprechend auch die Struktur des Gesamtbetriebsrats geändert, so dass eine Neukonstituierung des Gesamtbetriebsrats einschließlich einer Neuwahl des Gesamtbetriebsausschusses erforderlich gewesen sei. Zudem habe sich die gesamte Struktur des Gesamtbetriebsausschusses dadurch geändert, dass sich die Zahl der weiteren Ausschussmitglieder gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 BetrVG von fünf auf sieben erhöht habe. Demgemäß hätte der Gesamtbetriebsrat nicht nur eine Nachwahl, sondern eine Neuwahl aller weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses im Wege der Verhältniswahl durchführen müssen.

Die Antragsteller haben erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass der Gesamtbetriebsrat verpflichtet ist, die Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses, hilfsweise die weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses neu zu wählen,

2. festzustellen, dass der Gesamtbetriebsrat verpflichtet ist, bei der Wahl gemäß Antrag Ziffer 1 nach den Grundsätzen der Verhältniswahl vorzugehen, wenn mehr als ein Wahlvorschlag vorliegt.

Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Er hat gemeint, die Nachwahl nur eines weiteren Mitglieds des Gesamtbetriebsausschusses sei rechtlich zulässig gewesen. Entgegen der Ansicht der Antragsteller habe es einer "Neukonstituierung" des Gesamtbetriebsrats und einer Neuwahl sämtlicher Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses infolge des Übergangs der Betriebe der CC GmbH nicht bedurft. Vielmehr hätten die Betriebsräte der übernommenen Betriebe nunmehr ihre Mitglieder in den im Unternehmen der Arbeitgeberin (fort-)bestehenden Gesamtbetriebsrat entsenden können. Auf Grund der Erhöhung der Anzahl der weiteren Ausschussmitglieder des Gesamtbetriebsausschusses von fünf auf sieben sei ein Nachrücken der vorhandenen Ersatzmitglieder möglich gewesen, soweit diese hierauf nicht verzichtet hätten. Hiernach sei das Ersatzmitglied R angesichts des von ihm nicht erklärten Verzichts als weiteres Mitglied in den Gesamtbetriebsausschuss nachgerückt. Dementsprechend habe lediglich ein weiteres Mitglied in den Gesamtbetriebsausschuss nachgewählt werden können. Die Nachwahl des weiteren Ausschussmitglieds C sei rechtmäßig im Wege der Mehrheitswahl erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge als unzulässig zurückgewiesen. In der Beschwerdeinstanz haben die Antragsteller ihre Anträge geändert und zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass der Gesamtbetriebsausschuss rechtswidrig zusammengesetzt und deshalb rechtsunwirksam ist, sowie den Gesamtbetriebsrat zu verpflichten, eine Neuwahl der weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses durchzuführen, äußerst hilfsweise die Zuwahl von zwei weiteren Mitgliedern des Gesamtbetriebsausschusses erneut durchzuführen,

2. festzustellen, dass der Gesamtbetriebsrat verpflichtet ist, bei der Wahl der weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses nach den Grundsätzen der Verhältniswahl vorzugehen, wenn mehr als ein Wahlvorschlag vorliegt,

und hilfsweise zum Antrag zu 1.

festzustellen, dass der Antragsgegner verpflichtet ist, die weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses, hilfsweise die beiden zusätzlichen weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses neu zu wählen.

Das Landesarbeitsgericht hat den Anträgen der Beteiligten zu 1) bis 7) hinsichtlich des im Antrag zu 1 enthaltenen "Feststellungsantrags" sowie hinsichtlich des Antrags zu 2 stattgegeben, den im Antrag zu 1 enthaltenen "Verpflichtungsantrag" hingegen zurückgewiesen. Die Anträge der zu 8) beteiligten Gewerkschaft hat das Landesarbeitsgericht als unzulässig zurückgewiesen. Mit ihren Rechtsbeschwerden begehren der zu 9) beteiligte Gesamtbetriebsrat und die zu 10) beteiligte Arbeitgeberin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Antragsteller zu 1) bis 7) beantragen, die Rechtsbeschwerden zurückzuweisen. Die Antragsteller zu 1), 3), 4), 6) und 7) sind mittlerweile aus dem Gesamtbetriebsrat ausgeschieden.

B. Die zulässigen Rechtsbeschwerden des Gesamtbetriebsrats und der Arbeitgeberin sind teilweise begründet, im Wesentlichen aber unbegründet. Die Rechtsbeschwerden haben aber nur insoweit Erfolg, als die Antragsbefugnis der Beteiligten zu 1), 3), 4), 6) und 7) entfallen ist. Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass auf Grund der Vergrößerung des Gesamtbetriebsausschusses von fünf auf sieben Mitglieder alle weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses im Wege der Verhältniswahl neu zu wählen sind. Die darauf gerichteten, insoweit auszulegenden Anträge der Beteiligten zu 2) und 5) sind im Wesentlichen zulässig und begründet und nur teilweise unbegründet. Die Rechtsbeschwerden sind deshalb unter entsprechender Anpassung des arbeitsgerichtlichen Tenors insoweit zurückzuweisen (§ 561 ZPO).

I. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig. Die Rechtsmittelbefugnis folgt aus der Beteiligtenbefugnis (vgl. - BAGE 53, 385 = AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 13 = EzA BetrVG 1972 § 19 Nr. 24, zu II 1 der Gründe). Der Arbeitgeber ist an einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren immer zu beteiligen, weil er durch die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung stets betroffen ist ( - zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen [zVv.], zu B I der Gründe; - 1 ABR 94/73 - BAGE 27, 46, 51 = AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 10 = EzA BetrVG 1972 § 5 Nr. 17, zu II 2 der Gründe). Das gilt auch bei betriebsratsinternen Auseinandersetzungen. Da die Arbeitgeberin mit ihrem Zurückweisungsantrag vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos war, ist sie durch den angefochtenen Beschluss auch beschwert.

II. Die Rechtsbeschwerden haben nur gegenüber den Anträgen der aus dem Gesamtbetriebsrat ausgeschiedenen Beteiligten zu 1), 3), 4), 6) und 7) Erfolg. Denn deren Antragsbefugnis ist entfallen, nachdem ihr Amt als Mitglied des Gesamtbetriebsrats geendet hat. Im Übrigen sind die Rechtsbeschwerden des Gesamtbetriebsrats und der Arbeitgeberin unbegründet. Die Feststellungsanträge der allein noch antragsbefugten Beteiligten zu 2) und 5) sind nach der gebotenen Auslegung zulässig und begründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass auf Grund der Erhöhung der Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsausschusses sämtliche weiteren Mitglieder durch Verhältniswahl neu zu wählen sind.

1. Die auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu prüfende Antragsbefugnis ist hinsichtlich der die gesamtbetriebsratsinternen Vorgänge betreffenden Feststellungsanträge nur gegeben, wenn der betreffende Antragsteller im Zeitpunkt der Entscheidung über seinen Antrag noch Mitglied des Gesamtbetriebsrats ist und an der begehrten Neuwahl der weiteren Ausschussmitglieder des Gesamtbetriebsausschusses beteiligt sein kann. Das ist bei den aus dem Gesamtbetriebsrat ausgeschiedenen Beteiligten zu 1), 3), 4), 6) und 7) nicht mehr der Fall.

2. Die in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch anhängigen Feststellungsanträge der Antragsteller zu 2) und 5) sind teilweise unzulässig, im Wesentlichen jedoch zulässig. Sie bedürfen insoweit aber der Auslegung.

a) Der Feststellungsantrag zu 1 ist zulässig. Der Feststellungsantrag zu 2 ist zulässig, soweit die Verhältniswahl für die angestrebte Neuwahl der Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses begehrt wird, im Übrigen ist er unzulässig. Insoweit war er zurückzuweisen.

aa) Nach der nicht mit einem Rechtsmittel angegriffenen Zurückweisung des "Verpflichtungsteils" des Antrags zu 1 durch das Beschwerdegericht hatte der Senat über einen sprachlich unverständlichen und inhaltlich missverständlichen Restteil des Antrags zu 1 zu entscheiden. Dieses Fragment hat der Senat so verstanden, dass die Antragsteller mit dem Feststellungsantrag zu 1 die Feststellung begehren, dass der Gesamtbetriebsrat verpflichtet ist, alle weiteren Ausschussmitglieder, hilfsweise zwei weitere Mitglieder, neu zu wählen. Entgegen der vom Landesarbeitsgericht vorgenommenen Auslegung meint der Senat, dass die Antragsteller entsprechend ihrer Antragsbegründung mit dem Antrag zu 1 nicht in erster Linie die Feststellung begehren, dass der Gesamtbetriebsausschuss nicht mehr besteht, dh. sein Amt infolge der Unternehmensübernahme geendet hat. Vielmehr ist Rechtsschutzziel die Neuwahl aller weiteren Ausschussmitglieder. Der sprachlich verunglückte Antrag auf Feststellung, dass der Gesamtbetriebsausschuss rechtswidrig zusammengesetzt und deshalb rechtsunwirksam ist, stellt lediglich die Begründung für die begehrte Neuwahl dar.

bb) Der Feststellungsantrag zu 2 ist im Wesentlichen zulässig, jedoch unzulässig, soweit er sich nicht nur auf die konkret angestrebte Neuwahl bezieht. Nach der Antragsbegründung in der Beschwerdebegründung vom soll der Feststellungsantrag zu 2 nicht nur die streitige Neuwahl, sondern sämtliche Neuwahlen der weiteren Ausschussmitglieder des Gesamtbetriebsausschusses umfassen.

Das nach § 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 ArbGG, § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung ist nur insoweit gegeben, als die Beteiligten darüber streiten, ob die von den Antragstellern begehrte Neuwahl von weiteren Ausschussmitgliedern des Gesamtbetriebsausschusses nach den Grundsätzen der Verhältnis- oder Mehrheitswahl durchzuführen ist. Der Streit der Beteiligten ist nämlich darauf beschränkt, ob und ggf. nach welchen Verfahrensgrundsätzen eine Neu- oder Nachwahl von weiteren Ausschussmitgliedern auf Grund der Erweiterung des Gesamtbetriebsausschusses nach den Betriebsübergängen zu erfolgen hat. An einer weitergehenden abstrakten Klärung der Rechtslage hinsichtlich der künftigen regelmäßigen Neuwahlen der weiteren Ausschussmitglieder besteht bereits deshalb kein schutzwürdiges Interesse an alsbaldiger Feststellung, weil sich hierauf der Streit der Beteiligten nicht bezieht.

3. Die hiernach zulässigen Feststellungsanträge der Beteiligten zu 2) und 5) sind begründet.

a) Der Feststellungsantrag zu 1 ist begründet. Wegen der Erhöhung der Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsausschusses nach § 51 Abs. 1 Satz 2 BetrVG infolge der Erweiterung des Gesamtbetriebsrats von 18 auf 29 Mitglieder sind sämtliche weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses neu zu wählen.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat allerdings zu Unrecht angenommen, dass das Amt des Gesamtbetriebsrats und in Folge dessen auch das Amt des Gesamtbetriebsausschusses zum geendet habe. Der Übergang der zehn Betriebe der CC GmbH auf die Arbeitgeberin hat keinen Einfluss auf den rechtlichen Bestand des Gesamtbetriebsrats. Vielmehr erhöhte sich lediglich dessen Mitgliederzahl von 18 auf 29. Dementsprechend erhöhte sich auch die Zahl der weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses von fünf auf sieben weitere Mitglieder.

(1) Der Gesamtbetriebsrat ist eine Dauereinrichtung mit wechselnder Mitgliedschaft. Er hat - anders als der Betriebsrat - keine Amtszeit und bleibt über die Wahlperiode der einzelnen Betriebsräte hinaus bestehen. Das Amt des Gesamtbetriebsrats als Gremium endet grundsätzlich nur dann, wenn die Voraussetzungen für seine Errichtung entfallen (vgl. - BAGE 101, 273 = AP BetrVG 1972 § 47 Nr. 11 = EzA BetrVG 1972 § 47 Nr. 9, zu B I 1 der Gründe). Ein Betriebsübergang lässt die Rechtsstellung des für den Betrieb gewählten Betriebsrats jedenfalls solange unberührt, wie die Identität des Betriebs beim neuen Arbeitgeber fortbesteht ( - aaO, zu B II 1 der Gründe). Besteht bei dem übernehmenden Unternehmen ein Gesamtbetriebsrat, hat der Betriebsrat des übernommenen Betriebs seine Vertreter in diesen zu entsenden (ErfK/Eisemann 5. Aufl. § 47 BetrVG Rn. 6; Fitting BetrVG 22. Aufl. § 47 Rn. 17). Es erhöht sich dann die Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsrats.

(2) Nach diesen Grundsätzen endete das Amt des Gesamtbetriebsrats nicht. Denn die Voraussetzungen für seine Errichtung nach § 47 Abs. 1 BetrVG lagen weiterhin vor. Hiernach hatten die Betriebsräte der übernommenen Betriebe, deren Rechtsstellung durch den Betriebsinhaberwechsel unberührt geblieben ist, nunmehr ihre Vertreter in den auf 29 Mitglieder vergrößerten Gesamtbetriebsrat zu entsenden. Für die Entsendung der Betriebsratsmitglieder in den Gesamtbetriebsrat galt auch nach der Übernahme der Betriebe der CC GmbH die zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossene Betriebsvereinbarung vom zur abweichenden Regelung der Mitgliederzahl nach § 47 Abs. 4 BetrVG. Eine von § 47 Abs. 2 Satz 1 BetrVG abweichende Regelung der Mitgliederzahl durch Betriebsvereinbarung gemäß § 47 Abs. 4 BetrVG bleibt solange maßgebend, wie die Betriebsvereinbarung gilt. Grundsätzlich gilt die Betriebsvereinbarung auch weiter, wenn weitere Betriebe hinzukommen. Die Kollektivvereinbarung kann nur gegenstandslos werden, wenn ihre Anwendung keinen Sinn mehr ergibt (Fitting BetrVG 22. Aufl. § 47 Rn. 54). Das ist hier nicht der Fall. Die Betriebsvereinbarung vom enthält auch keine Befristung. Vielmehr sieht Nr. 2.2 der Betriebsvereinbarung lediglich vor, dass über diese Regelung neu verhandelt werden muss, wenn sich die anzahlmäßige Zusammensetzung des Gesamtbetriebsrats innerhalb einer Amtsperiode grundlegend verändern sollte. Solange keine neue Vereinbarung getroffen wird, bleibt die Betriebsvereinbarung nach deren Nr. 3 in Kraft. In Übereinstimmung hiermit haben die zehn Betriebsräte der übernommenen Betriebe der CC GmbH ihre Vertreter auf der Grundlage der Betriebsvereinbarung vom in den Gesamtbetriebsrat entsandt, mit der Folge, dass sich dessen Mitgliederzahl von 18 auf 29 erhöht hat.

bb) Die Veränderung der Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsrats wirkt sich auf die Zahlenstaffel des § 51 Abs. 1 BetrVG für die Bildung und Zusammensetzung des Gesamtbetriebsausschusses unmittelbar aus. Falls die Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsrats nicht nur vorübergehend unter die vorgeschriebene Mindestgröße für die Bildung des Gesamtbetriebsausschusses (neun Mitglieder) sinkt, endet daher das Amt des Gesamtbetriebsausschusses (vgl. zum Wirtschaftsausschuss - AP BetrVG 1972 § 106 Nr. 17 = EzA BetrVG 2001 § 106 Nr. 1, zu B II 1 der Gründe). Weiterhin kann eine Veränderung der Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsrats eine Anpassung der Anzahl der weiteren Ausschussmitglieder an die in § 51 Abs. 1 Satz 2 BetrVG festgelegte Zahlenstaffel zur Folge haben. Die zwingende Bildung des Gesamtbetriebsausschusses einschließlich seiner vorgeschriebenen Größe ist unmittelbar an die Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsrats gekoppelt. Der Gesetzgeber hat es für erforderlich gehalten, dass die laufenden Geschäfte ab einer bestimmten Größe des Gesamtbetriebsrats von einem eigenen Ausschuss geführt werden, dessen Größe sich wiederum an der Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsrats zu orientieren hat. Dazu stünde es im Widerspruch, wenn eine Anpassung der Größe des Gesamtbetriebsausschusses nicht zu erfolgen hätte, obwohl sich die Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsrats dergestalt geändert hat, dass die Voraussetzungen für die vorgeschriebene Zusammensetzung des Ausschusses nicht mehr vorliegen (vgl. zum Wirtschaftsausschuss - aaO, zu B II 1 a der Gründe). Vielmehr hat der - verkleinerte oder vergrößerte - Gesamtbetriebsrat in diesem Fall die Besetzung des Gesamtbetriebsausschusses an die in § 51 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorgeschriebene Größe anzupassen.

cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind wegen der Vergrößerung des Gesamtbetriebsausschusses sämtliche weiteren Ausschussmitglieder neu zu wählen. Es kommt weder ein Nachrücken von Ersatzmitgliedern noch eine Nachwahl von zwei weiteren Gesamtbetriebsausschussmitgliedern in Betracht. § 51 Abs. 1 BetrVG regelt zwar nicht ausdrücklich, wie zu verfahren ist, wenn sich die vorgeschriebene Anzahl der weiteren Ausschussmitglieder nach § 51 Abs. 1 Satz 2 BetrVG erhöht. Das Wahlrecht der neu hinzugekommenen Gesamtbetriebsratsmitglieder sowie das Prinzip der Verhältniswahl für die Wahl der Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses erfordern aber eine Neuwahl sämtlicher Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses.

(1) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kommt ein automatisches Nachrücken von Ersatzmitgliedern auf die erstmals zu besetzenden Sitze im Gesamtbetriebsausschuss nicht in Betracht. Denn es geht nicht um die Ersetzung ausgeschiedener Ausschussmitglieder, sondern um die erstmalige Besetzung zusätzlicher Ausschusssitze, die auf einer Vergrößerung des Gesamtbetriebsrats beruht. Ein Nachrücken würde des Weiteren gegen das Wahlrecht der von den Betriebsräten auf Grund des Betriebsübergangs neu entsandten Gesamtbetriebsratsmitglieder verstoßen. Denn sie waren an der ursprünglichen Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsausschusses nicht beteiligt. Die Erweiterung des Gesamtbetriebsausschusses beruht aber gerade auf der Erhöhung der Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsrats infolge der Betriebsübernahmen, so dass die neu hinzugekommenen Gesamtbetriebsratsmitglieder an der erforderlichen Neubesetzung des Gesamtbetriebsausschusses zu beteiligen sind.

(2) Eine Nachwahl von weiteren Ausschussmitgliedern auf Grund der Vergrößerung des Gesamtbetriebsausschusses ist wegen des Verhältniswahlprinzips ebenfalls nicht zulässig.

(aa) Nach der Neufassung des § 51 Abs. 1 Satz 2 BetrVG durch das am in Kraft getretene BetrV-Reformgesetz vom werden nunmehr auch die weiteren Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt, wie sich aus der Bezugnahme auf den gesamten § 27 Abs. 1 BetrVG und damit auf die Verhältniswahl für die Wahl der weiteren Mitglieder des Betriebsausschusses nach § 27 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ergibt ( - AP BetrVG 1972 § 51 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 51 Nr. 1, zu B II 1 der Gründe). Lediglich bei nur einem Wahlvorschlag erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl (§ 51 Abs. 1 Satz 2, § 27 Abs. 1 Satz 4 BetrVG). Das Verhältniswahlprinzip gewährleistet, dass der die laufenden Geschäfte des Gesamtbetriebsrats führende Gesamtbetriebsausschuss ein verkleinertes Abbild des Gesamtbetriebsrats darstellt. Durch die Listenwahl wird den im Gesamtbetriebsrat vertretenen Minderheiten eine Mitarbeit im Gesamtbetriebsausschuss ermöglicht. Insbesondere erhalten die im Gesamtbetriebsrat vertretenen Minderheitskoalitionen einen Minderheitenschutz bei der Besetzung des Gesamtbetriebsausschusses. Dieses für die erstmalige Besetzung der Sitze der weiteren Ausschussmitglieder vorgeschriebene Prinzip der Verhältniswahl steht einer gesonderten Nachwahl von weiteren Ausschussmitgliedern im Falle einer Erhöhung der Mitgliederzahl des Gesamtbetriebsausschusses entgegen.

(bb) Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat zur Folge, dass auf Grund der Vergrößerung des Gesamtbetriebsausschusses nach § 51 Abs. 1 Satz 2 BetrVG eine Neuwahl aller Mitglieder des Gesamtbetriebsausschusses vorzunehmen ist, an der die neu hinzugekommenen Gesamtbetriebsratsmitglieder beteiligt werden müssen. Eine Nachwahl von nur zwei Mitgliedern im Wege der Mehrheitswahl kommt nicht in Betracht. Sie widerspräche dem in § 51 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 27 Abs. 1 Satz 3 BetrVG aufgestellten Grundsatz, nach dem die Wahl der weiteren Ausschussmitglieder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl zu erfolgen hat. Eine Nachwahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl würde im vorliegenden Fall dazu führen, dass nur zwei der sieben Ausschusssitze nach den auf die Vorschlagslisten entfallenden Höchstzahlen vergeben würden. Das ist mit dem durch das Prinzip der Verhältniswahl gewährleisteten Minderheitenschutz nicht vereinbar. Dieser erfordert, dass alle weiteren Ausschussmitglieder in einem Wahlgang gewählt werden.

Der Senat hatte nicht zu entscheiden, ob diese Grundsätze auch gelten, wenn Betriebsräte auf Grund von Betriebsübergängen zu einem Unternehmen hinzukommen, ohne dass sich die Zahl der Mitglieder im Gesamtbetriebsausschuss erhöht.

b) Dem Feststellungsantrag zu 2 ist aus den vorgenannten Gründen zu entsprechen. Die von den Antragstellern begehrte Neuwahl aller weiteren Ausschussmitglieder gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 27 Abs. 1 BetrVG hat nach den Grundsätzen der Verhältniswahl zu erfolgen, wenn mehr als ein Wahlvorschlag gemacht wird.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BB 2005 S. 2360 Nr. 43
DB 2005 S. 1696 Nr. 31
KAAAB-94611

1Für die Amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein